Bulimie (auch Ess-Brech-Sucht genannt) ist eine psychische Erkrankung. Typische Bulimie-Symptome sind Heißhungerattacken, bei denen die Betroffenen unkontrolliert große Mengen an Nahrung verzehren. Um nicht zuzunehmen, ergreifen sie anschließend drastische Gegenmaßnahmen wie selbst herbeigeführtes Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln oder sie treiben exzessiv Sport. Häufig ist eine Diät der Einstieg in die Ess-Brech-Sucht.
Was ist Bulimie?
Die Bulimie (Bulimia nervosa) zählt zu den Essstörungen. Umgangssprachlich wird sie auch als Ess-Brech-Sucht bezeichnet.
Psychische Hintergründe
Menschen mit Bulimie streben eine Figur an, die dem herrschenden, überschlanken Schönheitsideal entspricht. Dadurch erhoffen sie sich Anerkennung und Zuneigung. Zuzunehmen erscheint ihnen bedrohlich, da sie sich vor Ausgrenzung fürchten. Aber auch für die Regulation negativer Emotionen kann ein Essanfall ein Ventil bedeuten.
Diagnosekriterien der Bulimie
Nach dem Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM-V) gelten folgende Merkmale als Bulimie-Anzeichen:
- wiederholte Episoden von Fressattacken
- wiederholte Anwendung von unangemessenen, einer Gewichtszunahme gegensteuernden Maßnahmen
- Essattacken und unangemessenes Kompensationsverhalten treten mindestens drei Monate lang mindestens einmal pro Woche auf.
- Figur und Körpergewicht haben einen übermäßigen Einfluss auf die Selbstbewertung.
- Symptome treten nicht ausschließlich im Zusammenhang mit einer Magersucht auf.
Zur Erfassung der Diagnosekriterien hat man einen speziellen Fragebogen entwickelt: das Strukturierte Interview für Anorexie und Bulimie (SIAB).
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Dafür gibt es zwei Varianten:
- eine Fragebogenversion zur Selbsteinschätzung mit 87 Items (SIAB-S)
- ein Experteninterview mit 85 Fragen, die die Ärztin oder der Psychologe gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten durchgeht (SIAB-EX).
Sie umfassen neben den Symptomen einer Essstörung auch Anzeichen anderer psychischer Erkrankungen, wie Ängste und Depressionen, sowie Störungen der sozialen Kompetenz, die oft gemeinsam mit einer Bulimie auftreten.
Behandlung von Bulimie
Die Bulimie ist eine ernst zu nehmende psychische Störung. Trotz der erheblichen Scham und des Leidensdrucks, die mit der Erkrankung einhergehen, stehen sie einer Therapie meist zwiespältig gegenüber: Sie wollen einerseits die Kontrolle über das Essverhalten zurückerlangen, andererseits haben sie Angst, zuzunehmen. Daher ist professionelle Hilfe bei Bulimie unverzichtbar.
Ziele bei der Behandlung von Bulimie sind vor allem:
- Kurzfristig eine rasche Veränderung des Essverhaltens zu erreichen, um die körperliche Gesundheit wiederherzustellen oder zu erhalten.
- Langfristig den Betroffenen zu helfen, die Ursachen für das gestörte Essverhalten zu erkennen und diese zu beseitigen oder andere Wege zu finden, damit umzugehen.
Normalisierung des Essverhaltens
In leichteren Fällen ist eine Bulimie auch ambulant behandelbar. In schweren Fällen muss jedoch die Ernährung kontrolliert werden, damit die Patienten zu einem gesunden Essverhalten zurückfinden können. Das ist in der Regel nur in einem stationären Rahmen möglich.
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Vertrauen und Motivation aufbauen
Zu Beginn der Behandlung gilt es vor allem, ein Vertrauensverhältnis zwischen Therapeuten oder Therapeutin und der essgestörten Person aufzubauen. Sie ist die Basis für alle nachfolgenden Schritte.
Nicht zu viel und ohne Erbrechen
Gemeinsam mit den Betroffenen erstellt man einen ausgewogenen Essensplan. Ziel ist es, regelmäßig Mahlzeiten zu sich zu nehmen - mindestens drei am Tag. Es geht darum zu essen, ohne in eine Essattacke zu verfallen oder das Essen zu erbrechen.
Angst vor Kalorien nehmen
Die Patientinnen und Patienten lernen auch kalorienreichere Lebensmittel, die sie außerhalb der Ess-Brech-Attacken vermieden haben, ohne Angst zu sich zu nehmen. Sie werden auch bei der Zubereitung des Essens eingebunden. Der Umgang mit Lebensmitteln soll für sie zu einer positiven, entspannten Erfahrung werden.
Normalisierter Essdrang
Durch die regelmäßige und abwechslungsreiche Ernährung wird auch der Drang geringer, sich große Nahrungsmengen einzuverleiben.
Psychotherapie
Häufig wird eine kognitive Verhaltenstherapie zur Behandlung von Bulimie eingesetzt.
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- Realistisches Körperbild: Die Patienten sollen eine realistische Einstellung zu ihrem Körper und ihrem Gewicht entwickeln. Dabei geht es auch darum, die gesellschaftlichen Idealvorstellungen von Schönheit und Schlankheit zu hinterfragen.
- Auslöser suchen: In Zusammenarbeit mit dem Therapeuten ergründen die Bulimie-Patienten, welche Situationen einen Ess-Brech-Anfall hervorrufen. Dabei kann ein Ernährungstagebuch helfen. Daraufhin versucht der Therapeut zusammen mit dem Patienten alternative Wege und Verhaltensweisen zu finden, um mit belastenden Situationen umzugehen.
- Konfrontationstherapie: In der Bulimie-Therapie wird häufig mit sogenannten Konfrontationen gearbeitet. Dabei setzen sich die Betroffenen in therapeutischer Begleitung angstauslösenden Situationen oder Reizen aus. Konkret werden ihnen beispielsweise Lebensmittel vorgelegt, die sonst eine Essattacke ausgelöst hätten. Sie dürfen sie anfassen und beschnuppern, aber nicht verzehren. Die therapeutisch begleitete Auseinandersetzung führt zu einem stetigen Abbau der Ängste.
Breites Therapiespektrum
Bei einem stationären Aufenthalt wird in der Regel ein breites Spektrum an Therapien zur ganzheitlichen Behandlung genutzt. Dazu gehören:
- Einzeltherapie
- Gruppentherapie
- Gestalttherapie
- Kunsttherapie
- Bewegungstherapie
- Musiktherapie
- Entspannungskurse
- Ernährungsberatung
Medikamentöse Behandlung
Zu Beginn der Bulimie-Therapie und in Krisen erhalten manche Patienten vorübergehend antidepressive Substanzen. Vor allem wird hierzu das Medikament Fluoxetin eingesetzt. Es hat nicht nur eine antidepressive Wirkung, sondern reduziert auch die Ess-Brech-Anfälle. Als alleinige Therapie bei Bulimie sind Medikamente nicht geeignet.
Was können Eltern tun?
Eltern sollten versuchen, Ich-Botschaften zu senden. Beginnen Sie Sätze nicht mit “Du hast, aber…”, sondern sagen Sie “Ich bin enttäuscht” oder “Ich würde mich freuen”. Eine Sucht ist zwar ein Hilfeschrei. Hilfe kann aber nur von außerhalb der Familie wirksam sein, denn sonst wäre es nie so weit gekommen.
Stationäre Behandlung in der Diakonie Essstörungsklinik
Die Diakonie Essstörungsklinik (vormals Sarepta Spezialklinik für Essstörungen) bietet für Betroffene von Magersucht (Anorexia nervosa), Ess-Brech-Sucht (Bulimia nervosa) und exzessivem, übermäßigem Essen (Binge Eating Disorder) eine hochspezialisierte, stationäre Behandlung. Pro Turnus werden jeweils zwölf Patient:innen über einen Zeitraum von acht Wochen stationär aufgenommen. Danach erfolgt eine individuelle Nachbetreuung.
Das Therapieangebot ist überaus vielfältig und wird an die individuellen Bedürfnisse der Patient:innen angepasst. Das Konzept stützt sich vorwiegend auf die kognitive Verhaltenstherapie, wie sie speziell für Essstörungen entwickelt wurde. Die Mahlzeiten werden gemeinsam eingenommen und das zu erreichende Zielgewicht vor der Behandlung mit der Patientin / dem Patienten festgelegt.
Eine Anmeldung ist telefonisch von Montag bis Donnerstag unter 04276/2201-951 im Zeitraum von 09:00 bis 12:00 Uhr möglich. Eine Aufnahme ist nur auf ausdrücklichen Wunsch der betroffenen Person und mit einem Mindest-BMI (Body-Mass-Index) von 15 möglich.
Allgemeine Tipps zum Abnehmen
Wer abnehmen will, muss mehr Kalorien verbrauchen, als dem Körper zugeführt werden. Wer sportlich aktiv ist, verbrennt mehr Kalorien. Bei Reduktions- und Crash Diäten ist Vorsicht geboten.
Ein elementares Mittel, um gesund abzunehmen, ist die ausreichende Zufuhr von Wasser. Ob pur oder in Form von (ungesüßten) Tees, die Versorgung des Körpers mit Wasser ist für alle Stoffwechselvorgänge von großer Bedeutung.
Wer sein Körpergewicht dauerhaft reduzieren möchte, der sollte schon im Ansatz langfristig denken. Der beste Weg zu einem gesunden Körpergewicht führt über eine Mischung aus ausgewogener, gesunder Ernährung und regelmäßiger Bewegung.
BMI Tabelle
Als ein erster Anhaltspunkt für mögliches Über- oder Untergewicht kann der sogenannte Body-Mass-Index (BMI) dienen.
BMI | Bewertung |
---|---|
Unter 18,5 | Untergewicht |
18,5 - 24,9 | Normalgewicht |
25 - 29,9 | Übergewicht |
30 und höher | Adipositas |
Es ist wichtig, den BMI nicht zum alleinigen Maßstab für ein gesundes Körpergewicht zu nehmen. Er ist sehr allgemein gehalten und nimmt weder Rücksicht auf Geschlecht und Alter, noch auf sonstige individuelle körperliche Bedingungen.