Viele Menschen fragen sich, ob sie eine Überweisung von ihrem Hausarzt benötigen, um eine Psychotherapie in Anspruch zu nehmen. Dieser Artikel soll Ihnen helfen, diese Frage zu beantworten und Ihnen einen Überblick über die verschiedenen Aspekte der Psychotherapie in Österreich zu geben.
Überweisung: Wann ist sie erforderlich?
Für den direkten Besuch einer Psychotherapeutin oder eines Psychotherapeuten ist grundsätzlich keine Überweisung erforderlich. Jedoch gibt es Situationen, in denen eine Überweisung notwendig oder zumindest empfehlenswert ist:
- Kostenzuschuss: Um einen Kostenzuschuss von Ihrer Krankenkasse für eine Psychotherapie bei einem Wahltherapeuten zu erhalten, benötigen Sie in der Regel eine ärztliche Bestätigung. Diese Bestätigung muss spätestens vor der zweiten Psychotherapiesitzung vorliegen und dient dazu, eventuelle körperliche Erkrankungen auszuschließen, die die seelische Problematik beeinflussen könnten.
- Vertragspartner der Krankenkasse: Wenn Sie eine Psychotherapie bei einem Vertragspartner Ihrer Krankenkasse in Anspruch nehmen möchten, kann eine Überweisung erforderlich sein, um die Formalitäten zu erleichtern. Dies ist jedoch von Krankenkasse zu Krankenkasse unterschiedlich.
Die Rolle des Hausarztes
Bei vielen Erkrankungen oder bei speziellen Gesundheitsfragen können Allgemeinmediziner - also Hausärztinnen und Hausärzte - oft helfen. In den meisten Fällen sind sie die erste Ansprechstelle. Der Hausarzt kann:
- körperliche Ursachen für psychische Beschwerden ausschließen.
- eine erste Einschätzung der psychischen Situation vornehmen.
- Sie an einen geeigneten Psychotherapeuten oder Facharzt überweisen.
Psychotherapie als Sachleistung oder mit Kostenzuschuss
Psychotherapie kann bei Vereinigungen zur Erbringung psychotherapeutischer Leistungen, bei einem zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Psychotherapeuten, bei einem entsprechend ausgebildeten Vertragsarzt, in einer Vertragsambulanz einer Krankenanstalt oder in einem Vertragsambulatorium auch bei einer Vertragsorganisation als Sachleistung in Anspruch genommen werden.
Wenn Sie die Psychotherapie bei niedergelassenen Psychotherapeut*innen durchführen, die nicht in ein Finanzierungsmodell eingebunden sind, haben Sie die Möglichkeit, einen Antrag auf Kostenzuschuss durch die Krankenversicherung zu stellen. Wird dieser genehmigt, erstatten Ihnen die Kassen einen Teil des an den*die Psychotherapeut*in bezahlten Honorars zurück.
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Kostenzuschüsse der verschiedenen Krankenkassen
Die Höhe der Kostenzuschüsse für Psychotherapie variiert je nach Krankenkasse. Hier ein Überblick über die Leistungen der wichtigsten Kassen:
Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK)
Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) hat in den vergangenen Jahren das Angebot für kostenlose Psychotherapie laufend erweitert und bietet nunmehr eine flächendeckende Versorgung der Versicherten und deren anspruchsberechtigten Angehörigen an. Wenn die Psychotherapie bei einem Vertragspartner der ÖGK erfolgt und alle Voraussetzungen vorliegen, übernimmt die ÖGK die Kosten.
Für eine Psychotherapie beim sogenannten Wahltherapeuten kann ein Kostenzuschuss beantragt werden. Unabhängig von der tatsächlichen Höhe des Honorars, das WahltherapeutInnen selbst festlegen können, beträgt der Kostenzuschuss für Behandlungen (je 60 Minuten (Einzelsitzung) EUR 33,70. (Stand 2025) Auch hier muss eine ärztliche Untersuchung stattfinden (spätestens vor der zweiten Psychotherapie-Sitzung), damit die Krankenkasse zahlt. Die Honorar-Note des Wahltherapeuten muss der Krankenkasse vorgelegt werden. Die Kostenübernahme bei einer klinisch-psychiatrischen Behandlung, also in einem Spital, ist abhängig von den durchgeführten Untersuchungen und der Diagnose.
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB)
Die Kosten einer Psychotherapie bei einem Vertragspartner der BVAEB werden weitgehend von der BVAEB übernommen. Der übliche Behandlungsbeitrag von 10 % ist vom Patienten im Nachhinein zu bezahlen (Gleichstellung mit ärztlicher Hilfe). Für einkommensschwache Patienten wird dieser Selbstbehalt reduziert oder gänzlich erlassen.
Wird die Psychotherapie nicht bei einem Vertragspartner der BVAEB durchgeführt (freiberufliche/r, zur selbständigen Berufsausübung berechtigte/r PsychotherapeutIn, entsprechend ausgebildeter Vertragsarzt ohne BVA-Vertrag für psychotherapeutische Leistungen), erhält der Versicherte einen Zuschuss. Die genaue Höhe des Zuschusses wird von der Art der Behandlung bestimmt z.B.:
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- Einzelsitzung:
- ab 25 Minuten EUR 28,40
- ab 50 Minuten EUR 48,80
- Gruppensitzung:
- ab 45 Minuten, je Anspruchsberechtigten EUR 11,50
- ab 90 Minuten, je Anspruchsberechtigten EUR 16,40
Der Versicherte muss der BVAEB und dem Psychotherapeuten/der Psychotherapeutin die Durchführung einer ärztlichen Untersuchung spätestens vor der zweiten Sitzung der Behandlungsserie nachweisen. Vor der elften Sitzung muss ein Bewilligungsantrag an die Versicherung gestellt werden.
Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS)
Die SVS hat verschiedene Vertragspartner in Österreich. Diese können Sie mit Ihrer E-Card aufsuchen. Die SVS übernimmt dann den Großteil der Kosten für die Sitzung, Der Patient bezahlt lediglich 20 % Selbstbehalt. Dies entspricht in Wien normalerweise 10,60 € pro Sitzung.
Nach der ersten Psychotherapie-Sitzung ist eine Überweisung des Allgemeinmediziners oder Facharztes notwendig, um weitere Therapiesitzungen per E-Card zu besuchen. Ist der Psychotherapeut kein Mitglied eines Partnervereins der SVS, gewährt die Kasse einen Zuschuss von 45 Euro.
Klinisch-psychologische Behandlung
Seit 1. Jänner 2024 erbringt die BVAEB einen Kostenzuschuss für klinisch-psychologische Behandlungen. Die Psychologinnen und Psychologen müssen in die vom Bundesministerium geführte Psychologenliste eingetragen sein.
Der bzw. die Versicherte muss der BVAEB und der klinischen Psychologin oder dem klinischen Psychologen die Durchführung einer ärztlichen Untersuchung vor oder nach der ersten, jedenfalls aber vor der zweiten klinisch-psychologischen Behandlung nachweisen. Die ersten zehn Sitzungen bedürfen keiner Bewilligung. Ab der elften Sitzung ist die klinisch-psychologische Behandlung bewilligungspflichtig.
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Es gelten folgende Beträge:
- Einzelsitzung ab 25 Minuten EUR 28,40
- Einzelsitzung ab 50 Minuten EUR 48,80
- Gruppensitzung ab 45 Minuten, je Anspruchsberechtigten EUR 11,50
- Gruppensitzung ab 90 Minuten, je Anspruchsberechtigten EUR 16,40
Zu beachten ist, dass Behandlungseinheiten unter 25 Minuten nicht vergütet werden. Bei Gruppentherapien unter 45 Minuten Dauer oder mit mehr als zehn Teilnehmern ist kein Kostenzuschuss möglich.
Zusammenfassung
Ob eine Überweisung vom Hausarzt für eine Psychotherapie notwendig ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der Art der Behandlung (Sachleistung oder Kostenzuschuss) und den Bestimmungen der jeweiligen Krankenkasse. Es ist ratsam, sich vorab bei der Krankenkasse zu informieren, um sicherzustellen, dass alle Voraussetzungen für eine Kostenübernahme erfüllt sind.
Krankenkasse | Einzelsitzung (ca. 50 Min.) | Gruppensitzung | Bedingungen |
---|---|---|---|
ÖGK | ca. 33,70 € | Variiert | Ärztliche Untersuchung vor der 2. Sitzung |
BVAEB | 48,80 € | 11,50 € - 16,40 € | Ärztliche Untersuchung vor der 2. Sitzung, Bewilligung ab der 11. Sitzung |
SVS | Teilweise Kostenübernahme, 20% Selbstbehalt | - | Überweisung nach der 1. Sitzung |
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