Was versteht man unter Behinderung? Behinderung heißt, dass eine Person körperlich oder psychisch beeinträchtigt ist, dass ihre Sinne beeinträchtigt sind oder dass sie Lernschwierigkeiten hat.
In Österreich wird die Definition des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) verwendet. Demnach ist eine Behinderung (§3 BEinstG): „die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilnahme am Arbeitsleben zu erschweren.“
Eine Behinderung ist es aber nur dann, wenn die Person die Beeinträchtigung länger als 6 Monate hat.
Somit kann auch bei Menschen mit einer chronischen Krankheit, sei es eine psychische oder eine körperliche, von Behinderung gesprochen werden, wenn diese Kriterien erfüllt sind. So können auch Menschen mit z. B. Epilepsie, Asthma, Diabetes oder MS ebenso wie Personen mit Depression, Persönlichkeitsstörungen oder Psychosen dieser Definition entsprechen.
Wenn eine Person eine psychische Behinderung hat, dann fühlt, denkt und handelt diese Person oft anders, wie eine Person ohne psychische Behinderung.
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Behinderung heißt auch, dass Personen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft schwerer teilnehmen können, weil sie eine Behinderung haben.
Der subjektive Zugang, ob sich die Person als behindert versteht, ist allerdings sehr unterschiedlich. Weiters hat die Feststellung einer Behinderung und deren Grad hat nichts mit der Einstufung/Einschätzung der Arbeitsfähigkeit zu tun. Man kann zu 100% behindert und gleichzeitig zu 100% arbeitsfähig sein.
Mit dem Begriff der Behinderung ist oftmals eine Stigmatisierung verbunden, die oft mit der Zuschreibung von anderen (negativen) Merkmalen verbunden ist - manche Menschen können sich daher mit dem Begriff der Behinderung identifizieren, andere lehnen den Begriff der Behinderung ab und sprechen lieber von chronischer Krankheit, Beeinträchtigung oder Störung.
Personen mit chronischen Krankheiten und/oder Behinderungen haben die gleichen Bedürfnisse, Wünsche und Forderungen wie solche ohne Behinderung. Zentral sind Themen wie Selbstbestimmung, eine gute Ausbildung, einen guten Beruf, ein gewaltfreies Leben, etc. Frauen mit Behinderungen werden aufgrund ihres Geschlechts und ihrer Behinderung doppelt diskriminiert.
Eine Person mit Behinderung hat bei einer Diskriminierung immer das Recht auf Gleichstellung.
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Eine Person mit Behinderung braucht für die Gleichstellung keine schriftliche Bestätigung, dass sie eine Behinderung hat. Das heißt, eine Person mit Behinderung braucht keinen Behinderten-Ausweis, damit das Gesetz die Person vor Diskriminierung schützt.
Rechtliche Grundlagen und Schutzbestimmungen
2008 hat Österreich das UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ratifiziert. Auf der Grundlage dieser Konvention und einer Novelle zum Bundesbehindertengesetz wurde zur Förderung, zum Schutz und zur Überwachung der Durchführung der Konvention der Monitoringausschuss ins Leben gerufen.
Der Diskriminierungsschutz dieser Gesetze gilt für Menschen mit einer körperlichen, intellektuellen oder psychischen Behinderung sowie einer Sinnesbeeinträchtigung und auch für Menschen, die sich zu ihnen in einem Naheverhältnis befinden (z.B. Angehörige). Um sich auf den Diskriminierungsschutz berufen zu können, muss das Vorliegen einer Behinderung nicht amtlich festgestellt worden sein, es muss allerdings ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Behinderung und Diskriminierung bestehen.
Die Behindertenanwältin/Der Behindertenanwalt ist zuständig für die Beratung und Unterstützung von Menschen, die sich im Sinne des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes oder des Diskriminierungsverbotes des Behinderteneinstellungsgesetzes benachteiligt fühlen.
Der unabhängige Monitoringausschuss ist auch mit Diskriminierung befasst, insoweit diese durch Vollziehungsorgane des Bundes erfolgt oder aber auf mangelhafte Gesetzgebung durch den Bundesgesetzgeber zurückzuführen wäre. In diesem Bereich befasst er sich insoweit mit Einzelbeschwerden, als diese repräsentativ für Versäumnisse in Gesetzgebung und Vollziehung sind.
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Der Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen hat Ende August die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Österreich geprüft. Nun liegt das Ergebnis vor: Österreich setzt die UN-BRK nur mangelhaft um.
pro mente Austria unterstreicht die Handlungsempfehlungen des UN-Fachausschusses. Strukturelle und individuelle Maßnahmen für Menschen mit psychischen Behinderungen fehlen derzeit weitgehend. Psychische Erkrankungen werden noch immer primär dem Gesundheitswesen zugeordnet und nicht mit dem Thema Behinderung in Zusammenhang gebracht.
pro mente Austria Vorstandsmitglied Eva Leutner: „Psychische Behinderungen sind im Gegensatz zu körperlichen Behinderungen meist nicht sichtbar. Gleich sind aber die Folgen von Diskriminierung, der Ausschluss vom gesellschaftlichen Leben und der nichterfüllte Wunsch nach einem gelingenden Leben mit entsprechender Lebensqualität. Niemand ist freiwillig behindert. Ob eine behinderte Person entsprechend der Menschenrechte versorgt wird, hängt derzeit vom Wohnort in Österreich ab. Ein Grundsatzgesetz auf Bundesebene ist notwendig: Es muss Standards vorschreiben, wie Menschen mit Behinderungen ihre notwendigen und wichtigen Unterstützungsleistungen bekommen.
Unterstützungsangebote für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen
Ziel: Psychisch erkrankten Menschen soll durch sozialpsychiatrische Betreuung ein möglichst eigenständiges und integriertes Leben ermöglicht werden. Durch Hilfsangebote im lebenspraktischen und psychosozialen Bereich wird eine Stabilisierung und Verbesserung von psychischem und sozialem Wohlbefinden angestrebt. Die Förderung gesunder Persönlichkeitsanteile soll das Fortschreiten von Chronifizierung verhindern.
Durch das Angebot einer vollzeitbetreuten und gemeindenahen Gemeinschaftswohnform muss es Menschen mit schweren bzw. chronischen psychischen Erkrankungen, die dieser Betreuungsform bedürfen, ermöglicht werden, ein Betreuungsangebot vorzufinden, das ein möglichst hohes Ausmaß an Lebensqualität gewährleistet. Das Leben in der Gemeinschaft hat Beziehungsfähigkeit zu fördern und einer sozialen Isolation entgegenzuwirken. Durch gezielte Interventionen von fachlich qualifiziertem Personal sowie durch die strukturelle Ausrichtung desBetreuungsangebotes an eine möglichst normalisierte Lebensform (Normalisierungsprinzip) wird die soziale Rehabilitation und Reintegration gefördert. Zentrales Element dieser Betreuungsform ist die Beziehungsarbeit, wobei Beziehungs- und Betreuungskontinuität durch ein BezugsbetreuerInnensystem gewährleistet werden muss. Die Schaffung eines positiven sozialen Wohnklimas, welches der Möglichkeit von Gemeinschaftsaktivitäten wie auch dem Bedürfnis nach Rückzug und privater Intimität Rechnung trägt, soll den Rahmen für die Unterstützungsleistungen darstellen. Die Betreuungsdauer richtet sich nach dem Betreuungsbedarf der einzelnen Personen. Die zu betreuenden Personen kommen für ihren Lebensunterhalt selbst auf.
Unterstützung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen je nach Verlauf und Schweregrad der Behinderung - etwa durch primär gemeindenahe Unterstützungsmöglichkeiten wie z. B. einen Maßnahmenplan für inklusive Arbeit, damit Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen passende Arbeitsplätze bekommen bzw.
In Wien unterstützt der Fonds Soziales Wien (FSW) Menschen mit Behinderung bei einem möglichst selbstbestimmten Leben. Er fördert unter anderem Unterstützung im Alltag, Mobilitäts- und Freizeitangebote, verschiedene Wohnformen, Bildung und Arbeit. Es gibt weitere Unterstützungen in Form von Tagesstruktur/Arbeitstherapie für diejenigen, die (derzeit) nicht arbeitsfähig sind. Weitere Unterstützungen können Fahrtendienste oder Tageszentren sein, auch Rehabilitationen sind möglich, eine Behinderung kann auch bei der ArbeitnehmerInnenveranlagung geltend gemacht werden. Umfassende Beratungen zu den Leistungen erteilt u. a. der Fonds Soziales Wien (FSW, s.
Generell steht in Österreich mit dem NEBA-Netzwerk berufliche Assistenz ein Angebot für alle Menschen mit Krankheit und Behinderung zum Thema Arbeitsmarkt zur Verfügung.
Organisationen und Vereine zur Unterstützung
- KOBV - der Behindertenverband: Vertritt die Interessen und Anliegen von allen Menschen mit Behinderungen, gleich welcher Art und Ursache. Mit über 33.000 Mitgliedern sind wir die größte Vereinigung von Menschen mit Behinderungen in Österreich. Alle Menschen mit Behinderungen, chronisch Kranke genauso wie Unfallopfer, DiabetikerInnen, RollstuhlfahrerInnen oder mit einer anderen Behinderung Geborene haben in unserem Land Rechte, Ansprüche und Bedürfnisse. Der KOBV hilft Ihnen, diese durchzusetzen.
- ÖZIV - Bundesverband für Menschen mit Behinderungen: Setzt sich bei der Gestaltung politischer Rahmenbedingungen für eine inklusive Gesellschaft ein. Gleichzeitig versuchen wir durch konkrete Unterstützungsangebote die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen mit Behinderungen in Österreich zu verbessern. Der ÖZIV Bundesverband versteht sich als Interessenvertretung und Dienstleister.
- Verein ChronischKrank: Unterstützt und berät Sie und Ihre Angehörigen. Wenden Sie sich an uns, wenn Sie Unterstützung bei Behördenwegen oder Hilfestellungen in den Bereichen Soziales, Recht, Psyche und Medizin benötigen.
- FEM Süd FRAUENASSISTENZ: Berät Frauen zum Thema chronische Erkrankungen und Arbeitsmarkt. Das Angebot ist für Frauen mit psychischer oder körperlicher Beeinträchtigung, chronischer Krankheit oder Behinderung, die Unterstützung auf dem Weg in den Arbeitsmarkt brauchen oder Probleme am Arbeitsplatz haben bzw. Angst haben, krankheitsbedingt den Job zu verlieren. Ein großes Thema ist die eigenständige Existenzsicherung. Das Team der FEM Süd FRAUENASSISTENZ unterstützt, berät und begleitet Frauen im erwerbsfähigen Alter in den Sprachen Deutsch, Türkisch, Bosnisch, Kroatisch, Serbisch, Arabisch und Englisch. Beratungsinhalte sind Unterstützung und Beratung bei Jobsuche und Bewerbungsprozess, Unterstützung und Beratung bei Problemen am Arbeitsplatz, psychosoziale Beratung zu Gesundheit und Krankheit und Umgang mit körperlicher und psychischer Erkrankung.
Behindertenpass und Vergünstigungen
Um eine Behinderung amtlich nachweisen zu können oder offiziell um Unterstützungsleistungen ansuchen zu können, ist oft ein Nachweis einer Behinderung nötig. Dies kann je nachdem, wofür man den Nachweis benötigt, unterschiedliche Vorteile bringen.
Der Behindertenpass ist ein Lichtbildausweis und dient als Nachweis einer Behinderung (unabhängig von der Art der Behinderung). Zusatzeintragungen: gewisse Vermerke auf der Rückseite des Behindertenpasses können Vergünstigungen zur Folge haben.
Vergünstigungen: in vielen Kultureinrichtungen, Museen, Thermen oder Ähnlichem gibt es günstigeren Eintritt. Bei manchen Rabatten ist ein Behinderungsgrad von 70% gefordert oder eine Zusatzeintragung (z.B.
Menschen, die unter 50% Grad der Behinderung eingestuft werden, erhalten einen Bescheid.
Mit einem Behindertenpass (diesen bekommt man ab einem Grad der Behinderung von mind. 50%) kann für Kinder, Jugendliche und Studierende mit Behinderung erhöhte Familienbeihilfe bezogen werden.
In Wien bekommen Menschen mit Behinderung und Pass, die Mindestsicherung/Sozialhilfe beziehen, einen Behindertenzuschlag.
Achtung! Ein Behindertenpass bedeutet nicht, dass man automatisch einen Parkausweis erhält oder Kündigungsschutz in der Arbeit hat.
Kündigungsschutz
Grundsätzlich: eine Kündigung ist möglich, aber es benötigt ein eigenes Verfahren vor dem Behindertenausschuss.
In einem neuen Job: Ein erhöhter Kündigungsschutz für eine begünstigt behinderte Person, die ein neues Dienstverhältnis beginnt, besteht erst nach 4 Jahren. Wenn Sie ein neues Arbeitsverhältnis beginnen und erst dann “in den Kreis der begünstigt Behinderten” aufgenommen werden, kann der Kündigungsschutz schon ab dem 7. Monat des neuen Jobs (Ausnahme: Arbeitsunfall, Arbeitswechsel im Konzern) gelten.
In einem bestehenden Job: Wenn Sie in einem bestehenden Arbeitsverhältnis (mehr als 6 Monate) sind und erst dann “in den Kreis” aufgenommen werden, gilt der Kündigungsschutz ab Festellung der “Begünstigteneigenschaft”.
Achtung! Das Sozialministeriumservice stellt fest, ob Sie in den “Kreis der begünstigt Behinderten” aufgenommen werden.
Anträge und Feststellung der Behinderung
Es kann sein, dass bei der ärztlichen Untersuchung für einen der hier erwähnten Anträge ein Grad der Behinderung festgestellt wird, der unter 50% ist. Dann wird dies in einem Gutachten festgehalten. Der Antrag muss beim Wohnsitzfinanzamt gestellt werden. Dafür braucht man unterschiedliche Anträge. Wofür Sie diese Anträge brauchen könnten, erfahren Sie auf der Seite über unsere Beratungsthemen.
Statistik
Derzeit leben rd. 760.300 Menschen mit „registrierter Behinderung“ in Österreich. Von dieser Zahl umfasst ist jener Teil der österreichischen Wohnbevölkerung, der in Registern der Bundesverwaltung zu Personen mit Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen aufscheint.
Für all diese Personengruppen ist wichtig, dass die Behindertenpolitik Rahmenbedingungen schafft, von denen möglichst viele Menschen profitieren.
Die Rechte von Menschen mit Behinderungen müssen in Österreich endlich im 21. Jahrhundert ankommen. Die Baustellen sind schon lange bekannt und wachsen aktuell sogar. Es ist ein Armutszeugnis der Verantwortlichen - egal, ob Bund oder Länder - wichtige Menschenrechte jenen Menschen zu verweigern, die ohnedies mit verschiedensten Schwierigkeiten und Barrieren im Alltag zu leben haben.
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