Psychisch bedingte erektile Dysfunktion: Ursachen und Therapie

Man spricht von einer erektilen Dysfunktion (ED), wenn es über einen längeren Zeitraum nicht möglich ist, eine für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion des Penis zu erreichen und aufrechtzuerhalten. Eine ED kann wiederkehrend auftreten. Die ED wird umgangssprachlich auch als Impotenz bezeichnet.

Das Zustandekommen einer Erektion erfordert ein komplexes Zusammenspiel von Nerven- und Gefäßsystem. Sie wird darüber hinaus von männlichen Geschlechtshormonen beeinflusst. Der Penisschwellkörper verfügt über einen komplexen Aufbau. Dementsprechend mannigfaltig können die Ursachen einer ED sein - z.B. kardiovaskulär oder neurologisch bedingt.

Körperliche Faktoren zählen genauso zu den Ursachen wie psychische (z.B. Stress, mangelndes Selbstvertrauen, Probleme in der Partnerschaft). Auch eine Kombination mehrerer Faktoren kann vorliegen.

Ursachen einer Erektionsstörung

Die Gründe für eine Erektionsstörung sind unterschiedlich. Seelische, aber auch körperliche Beschwerden verursachen sporadische oder dauerhafte Potenzprobleme. Ein Teufelskreis entsteht, wenn die Erektionsstörung wiederholt auftritt, sich daraus eine Versagensangst entwickelt und sich das männliche Selbstbewusstsein und die Identität eintrübt. Vorausgegangene belastende Lebensereignisse können dafür der Auslöser sein. Vor allem in der Altersgruppe ab 50 Jahren finden sich jedoch mehr Erkrankungen als Ursache für diese Potenzstörung.

Damit eine für den befriedigenden Sex ausreichende Erektion entsteht und aufrechterhalten bleibt, müssen verschiedene Körperstrukturen während der sexuellen Erregung miteinander harmonieren. Der Schwellkörper im Penis besteht aus einer schwammartigen Struktur. Erweitern sich bei sexueller Erregung die Arterien, wird der Penis stärker durchblutet und die Schwellkörper füllen sich mit Blut. Gleichzeitig presst die Schwellkörperwand die Venen ab, die für den Blutfluss sorgen, das Blut staut sich in den Schwellkörpern sodass sich der Penis versteift.

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Auch Stoffwechsel-Störungen kommen als Ursache der erektilen Dysfunktion infrage: Bei einem schlecht eingestellten Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) lagern sich Zucker-Eiweiß-Verbindungen an den Gefäßwänden an und vermindern die Durchblutung im gesamten Körper, so auch im Penis. Die zu den Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählende Arteriosklerose („Gefäßverkalkung“) stellt die häufigste Ursache für eine Erektionsstörung dar. Dabei gelangt zu wenig Blut durch die verengten Gefäße in den Schwellkörper des Penis. Gleichzeitig fließt das Blut auch wieder zu schnell aus dem Schwellkörper heraus, sodass der Penis nicht lang genug steif bleibt.

Eine Erektionsstörung kann auch die Folge einer hormonellen Störung sein - genauer: eines Testosteronmangels. Durch einen Bandscheibenvorfall kann die Signalübertragung vom Gehirn an den Penis vermindert sein. Vor allem bei jüngeren Männern ist die Erektionsstörung häufig psychisch bedingt.

Weitere Ursachen

  • chronische Krankheiten, z.B. vaskuläre Faktoren (die Blutgefäße betreffend)
  • Einnahme von Medikamenten
  • endokrine Ursachen
  • neurologische Ursachen, z.B. diabetische Neuropathie, Multiple Sklerose, Verletzungen des Rückenmarks
  • Folgen von Verletzungen im Beckenbereich
  • Folgen von Operationen im Beckenbereich
  • Lebensstilfaktoren, z.B. Rauchen, Alkoholmissbrauch bzw. Alkoholkonsum

Diagnose einer Erektionsstörung

Zur Abklärung einer ED wird eine ausführliche Anamnese durchgeführt, in die nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch Sexualität, Lebensstil und soziales wie partnerschaftliches Umfeld mit einbezogen werden. Dafür kann es sinnvoll sein, auch die Partnerin/den Partner in das Gespräch zu involvieren. Das Ansprechen von „Problemen“, die die Sexualität betreffen, ist oft mit Tabus und Hemmschwellen verbunden. Ein offenes und ehrliches Gespräch ist jedoch für Diagnose und Therapie notwendig.

Für die Diagnose ist außerdem u.a. Abklärung von körperlichen Ursachen/Grunderkrankung. Für die Diagnosestellung sind körperliche Untersuchungen unumgänglich (v.a. der Urogenitalorgane einschließlich einer rektalen Untersuchung). Es werden Erkrankungen, die der ED zugrunde liegen können, abgeklärt (z.B. Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, v.a. Atherosklerose), - u.a. mittels Blutdruckmessung sowie Erhebung eines neurologischer Status mittels Empfindungs- und Reflexprüfungen.

Gegebenenfalls werden Laboruntersuchungen des Blutes angeordnet, z.B. Blutzucker, Blutfettwerte, Hormonstatus. Abhängig von dem Patienten und der Ausgangssituation können verschiedene weitere Blutuntersuchungen erhoben werden (wie rotes und weißes Blutbild, Schilddrüsenwerte, Albumin, PSA-Wert, etc.).

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Bei einigen Patienten können außerdem weitere Untersuchungen notwendig sein, z.B. Schwellkörperinjektionstest, Duplexsonographie des Penis (Ultraschall der Penisarterien) sowie weiterführende bildgebende Verfahren zur Darstellung und Beurteilung der Schwellkörper des Penis (z.B. Cavernosographie - Kontrastmitteldarstellung der Schwellkörper). Dies erfolgt jedoch nur mehr selten.

Therapie der erektilen Dysfunktion

Als Grundlage jeder Behandlung bei einer Erektionsstörung erfolgt ein aufklärendes Gespräch insbesondere über den Einfluss psychischer Faktoren auf die notwendigen körperlichen Vorgänge zur Entstehung einer Erektion (wie v.a. beruflicher und privater Stress). Welche Therapieform passend ist, findet die Ärztin/der Arzt aufgrund der individuellen Voraussetzungen gemeinsam mit dem Patienten heraus. Zudem werden Informationen gegeben zu möglichen Nebenwirkungen der unterschiedlichen Behandlungsmethoden - von Medikamenten, mechanischen und chirurgischen Verfahren.

Eine Reduktion des Alkoholkonsums sowie der Verzicht auf Nikotin können notwendig sein, genauso wie weitere Umstellungen des Lebensstils (z.B. die Therapie kann durch die orale Einnahme von PDE-5-Hemmern (Sildenafil, Vardenafil, Tadalafil, Avanafil) erfolgen. Diese Wirkstoffe unterstützen den Mechanismus der Erektion im Schwellkörper, d.h. sie verstärken und verlängern eine natürlich entstehende Erektion (die Entspannung der Muskelzellen in den Schwellkörpern und ermöglichen eine ausreichende Blutzufuhr für eine Füllung und Versteifung der Schwellkörper). Dazu ist aber eine entsprechende Erregung notwendig.

Die Ärztin/der Arzt informiert über deren richtige Einnahme und Wirksamkeit. Manche Patienten dürfen keine PDE-5-Hemmer einnehmen, z.B. bestimmten medikamentösen Therapien (z.B. bzw. erblich bedingten degenerativen Erkrankungen der Netzhaut des Auges (z.B. Retinitis pigmentosa). In bestimmten Fällen kann eine Testosterontherapie angewendet werden. Zudem können weitere Medikamente von der Ärztin/vom Arzt verordnet werden.

Bei der Schwellkörper-Autoinjektionstherapie (SKAT) wird eine Wirkstofflösung (meist Prostaglandin E1 - eine Substanz, die auch im Körper vorkommt) in einer bestimmten Dosierung unmittelbar vor dem Geschlechtsverkehr mit einer ganz dünnen Nadel in den Schwellkörper gespritzt. Die injizierte Substanz wirkt gefäßerweiternd und führt unabhängig vom Erregungszustand zur Erektion. Die Injektion kann nach Anleitung und Probeanwendungen durch die Ärztin/den Arzt vom Patienten selbst durchgeführt werden. Die Therapieform kann z.B. bei Patienten in Erwägung gezogen werden, bei denen eine orale medikamentöse Behandlung keinen Erfolg brachte.

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Ein stäbchenförmiger Applikator wird bei dieser Therapieform in die Harnröhre eingeführt. Der Applikator enthält den Wirkstoff Prostaglandin in Form eines kleinen Stäbchens (wie ein Reiskorn), das in die Harnröhre abgegeben wird, sodass eine Erektion erreicht werden kann.

Ein Zylinder aus Kunststoff wird auf den Penis aufgesetzt und mithilfe einer Saugpumpe wird durch den entstehenden Unterdruck das Blut in den Penis gesaugt. Ein eigens dafür konstruierter Gummiring wird auf die Peniswurzel abgestreift, sodass das Blut nicht abfließen kann. Nach dem Geschlechtsverkehr wird der Gummiring wieder entfernt.

Schwellköperimplantate werden operativ in den Penisschwellkörper eingesetzt. Sogenannte semirigide (verbieg- bzw. verformbare) Penisprothesen können bei Bedarf hochgebogen werden (z.B. für den Geschlechtsverkehr). Bei den heute fast ausschließlich verwendeten hydraulischen Systemen wird eine kleine Pumpe in den Hodensack implantiert, die vom Patienten selbst betätigt werden kann. Damit kann bei Bedarf Flüssigkeit aus einem unter der Bauchdecke gelegenen Reservoir in zwei in die Penisschwellkörper implantierten Zylinder gepumpt werden, wodurch es zu einer Versteifung des Penis kommt.

Ein relativ neuer Ansatz bei ED ist die ambulant eingesetzte fokussierte Stoßwellentherapie. Durch den mechanischen Stimulus der Stoßwelle soll eine positive Wirkung auf die Gefäßzellen des Schwellkörpergewebes und damit die Durchblutung erzielt werden (gefäßbedingte ED).

Sind psychische Ursachen der Grund für eine ED (wie z.B. Depressionen) oder ist die Situation sehr belastend, kann eine Psychotherapie oder Sexualtherapie sinnvoll sein. Teils lassen sich psychische und körperliche Ursachen bei einer ED nicht völlig trennen. Daher kann eine Psychotherapie auch begleitend zu anderen Therapieformen in Erwägung gezogen werden. Im Idealfall können Partnerschaftsprobleme unter Miteinbeziehen der Partnerin/des Partners besprochen werden.

Bei Auftreten von Erektionsproblemen sollte der Betroffene möglichst frühzeitig ärztliche Hilfe suchen.

Umgang mit Erektionsstörungen in der Partnerschaft

Erektionsstörungen können sowohl für den betroffenen Mann als auch für die Partnerin oder den Partner eine große Herausforderung darstellen. Es ist völlig normal und kommt praktisch bei jedem Mann mindestens einmal im Leben vor, dass der Geschlechtsverkehr nicht funktioniert und der Partner keine ausreichend harte Erektion bekommt. Eine Erektionsstörung liegt jedoch erst vor, wenn über einen längeren Zeitraum bei den meisten Versuchen keine ausreichend harte oder langanhaltende Erektion entsteht, um Geschlechtsverkehr zu haben. Es ist wichtig, erektile Dysfunktionen in der Partnerschaft offen anzusprechen, genauso wie andere Probleme.

Da Potenzprobleme für Männer ein besonders sensibles Thema sind, sollte dieses Gespräch behutsam und in einer ruhigen Atmosphäre durchgeführt werden. Vermeide dabei anklagende Formulierungen oder Mitleid. Es ist auch nicht sinnvoll, darüber zu diskutieren, wer die Schuld an der Erektionsstörung trägt. Derartige Diskussionen sind nutzlos und erschweren es nur, dass Du und Dein Partner eine gemeinsame Lösung findet. Männer tendieren oft dazu, Probleme alleine zu bewältigen und meiden daher offene Gespräche mit ihrer Partnerin oder ihrem Partner. Das Fehlen von Kommunikation und das Tabuisieren des Themas führen jedoch nicht zu einer erfolgreichen Lösung. Stattdessen erzeugen sie Enttäuschung und Frustration auf beiden Seiten und verhindern, dass die Beziehung für beide erfüllend ist.

Glücklicherweise stehen heutzutage gute Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, um das Problem anzugehen. Um das Thema der Erektionsstörungen in der Partnerschaft anzugehen, gibt es einige Schritte, die Du unternehmen kannst. Überlege Dir zunächst, welchen Stellenwert Sexualität in Deinem Leben hat und welche Erwartungen und Bedürfnisse Du hast. Du kannst Dich auch auf das Gespräch vorbereiten, indem Du Dich über mögliche Ursachen der Erektionsstörungen und die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten informierst. Bitte anschließend Deinen Partner um ein Gespräch und vereinbare gegebenenfalls einen passenden Termin. Mache Deinem Partner deutlich, dass Du gemeinsam eine gute Lösung finden willst. Wähle einen Ort, an dem ihr euch beide wohl fühlt und ungestört sprechen könnt. Es ist wichtig, dass Du über Deine eigenen Gefühle und das, was Dir in der Beziehung fehlt, sprichst. Bringe Deine sexuellen Bedürfnisse zur Sprache und betone beispielsweise die Bedeutung einer Erektion für ein erfülltes Sexualleben. Achte darauf, die Erektionsstörung nicht herunterzuspielen. Diskutiere auch die Möglichkeit von alternativen Wegen zum Geschlechtsverkehr, die euch beiden gefallen könnten. Falls Du während des Gesprächs etwas nicht richtig verstanden hast, frage nach, um Missverständnisse zu vermeiden. Falls Du feststellst, dass Du im Gespräch nicht weiterkommst oder weitere Unterstützung benötigst, solltest Du professionelle Hilfe bei einem Sexualtherapeuten in Erwägung ziehen.

Nun stellt sich die Frage, wie man seinen Partner am besten helfen und unterstützen kann. Psychische Ursachen lassen sich häufig der Geschichte des Partners ableiten und können in einem vertrauten Gespräch auf den Grund gegangen werden. Es kann beispielsweise sein, dass der Partner vor der aktuellen Beziehung keine längere Partnerschaft hatte und seine früheren sexuellen Erfahrungen eher kurzlebig waren. In solchen Fällen setzt sich der Mann möglicherweise unbewusst so unter Druck, dass dies zu körperlichen Folgen führt, wie einer erschwerten oder ausbleibenden Erektion. Aber auch negative sexuelle Erfahrungen in der Vergangenheit können die Ursache sein und das ohnehin schon geschwächte Selbstbewusstsein des Partners beeinflusst haben.

Für Dich als Partner ist es auf jeden Fall wichtig, dass Du Verständnis zeigst und Wert darauflegst, dass ihr gemeinsam herausfindet, woher die Erektionsprobleme möglicherweise stammen. Es kann für euch auch hilfreich sein, wenn Ihr einen Urologen aufsucht, um die genaue Ursache für die Erektionsprobleme herauszufinden und die richtige Therapie einzuleiten. Der Urologe kann feststellen, ob es sich um eine psychische oder physische Ursache oder möglicherweise um eine Kombination beider Faktoren handelt.

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