Die posttraumatische Belastungsstörung (post-traumatic stress disorder: PTSD) ist eine psychische Erkrankung, deren Symptome nach einem potenziell traumatischen Ereignis in Erscheinung treten. Hierzu gehören das Wiedererleben des Ereignisses bzw. die Vermeidung von Situationen, die Erinnerungen daran oder verstärkte negative Gefühle auslösen.
Damit in Verbindung stehen zahlreiche Überempfindlichkeitsreaktionen wie Reizbarkeit, Erregung, Ärger oder verstärkte Wachsamkeit. Das traumatische Ereignis (stressor) geht - definitionsgemäß - stets mit direkter Betroffenheit von drohendem Tod bzw. körperlicher Versehrtheit bzw. der unmittelbaren Beobachtung ebendieser Szenarien einher.
Wegen der psychiatrischen Erkrankung ist die Alltagsbewältigung (z.B. Familien- und Sozialleben, Arbeit und Ausbildung, Kindererziehung) meist mit großen Problemen und Schwierigkeiten behaftet.
Laut dem National Epidemiologic Survey sind in den Vereinigten Staaten 6,1% der Bevölkerung von PTSD betroffen. Nur etwas mehr als die Hälfe der Betroffenen (57,5%) nimmt eine psychologische Behandlung in Anspruch. Dabei ist gerade die Früherkennung und angemessene Behandlung von Menschen mit PTSD entscheidend für die Reduzierung der Dauer und Schwere der Symptome, der funktionellen Beeinträchtigungen und der damit verbundenen Kosten.
Allerdings gibt es hierbei keinen klar definierten "bevorzugten" Ansatz zur Behandlung von PTSD. Viele der bestehenden Behandlungsrichtlinien unterstützen jedoch entweder die Anwendung von traumafokussierten psychologischen Behandlungen.
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Als gesichert gilt, dass einige der psychologischen und pharmakologischen Interventionen sich als effektive Behandlungsformen für PTSD eignen. Trotz dieser Nachweise des Nutzens gestaltet sich die individuelle Auswahl für KlinikerInnen schwierig. Hierbei empfiehlt es sich die Umstände der PatientInnen mit zu berücksichtigen, d.h. die Präferenz der PatientInnen, die Verfügbarkeit und Leistbarkeit der Behandlungen, die Behandlungsgeschichte der PatientInnen und etwaige Begleiterscheinungen (wie z.B. Suchtverhalten).
Psychotherapeutische Behandlung
Bei der Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung steht die Psychotherapie im Mittelpunkt. Spezielle traumatherapeutische Methoden kommen dabei zum Einsatz (Traumatherapie/Traumapschotherapie). Begleitend können weitere Maßnahmen sinnvoll sein. Etwa die Einnahme von Medikamenten. Gute soziale Unterstützung ist ebenso wichtig.
Verschiedene Therapieansätze
- EMDR (Eye Movement Desensitization und Reprocessing): Mithilfe von gezielten Augenbewegungen soll eine Verarbeitung des Traumas angeregt werden. Zugleich wird das Trauma erinnert. Die Maßnahmen schließen mit positiven Gedanken für die Zukunft ab.
- Psychoedukation: Begleitend findet Psychoedukation (Verständnis für die Störung fördern, Umgang damit schulen etc.), statt.
- Psychoanalytische Psychotherapie oder KIP: Bei diesen Behandlungsformen spielt das Unbewusste eine große Rolle sowie das Verstehen von Zusammenhängen zwischen emotionalem Erleben, Erfahrungen und aktuellem Verhalten und Symptomen.
- MPTT (mehrdimensionale psychodynamische Traumatherapie) und PITT (psychodynamisch imaginative Traumatherapie): Bei der MPTT wird die Patientin/der Patient angeregt, das Schema der eigenen Verarbeitung zu verstehen und neue Bewältigungsmechanismen aufzubauen. Die PITT arbeitet mit inneren Vorstellungen (Imaginationen), die einen Gegenpol zu den bedrohlichen immer wieder auftauchenden Bildern des Erlebten bilden sollen.
- Gesprächspsychotherapie: Mittels Gesprächen mit der Therapeutin/dem Therapeuten bzw. der Ärztin/dem Arzt finden Betroffene wieder Vertrauen in das Leben und sich selbst. Gesprächspsychotherapie ist Baustein mehrerer Methoden der Psychotherapie. Gefühle werden ausgedrückt, das Geschehene wird verarbeitet.
- Hypnosepsychotherapie: Auch Hypnosepsychotherapie wird eingesetzt.
- Gruppentherapien: Es gibt zudem Gruppentherapien. Hier können sich Gruppenmitglieder austauschen, miteinander fühlen und sich gegenseitig unterstützen. Soziale Kompetenzen werden gefördert und das Gefühl, „allein“ zu sein, wird abgeschwächt bzw. schwindet. Während dieser Gruppensitzungen kommen je nach psychotherapeutischer Methode unterschiedliche Techniken zur Anwendung.
- Körpertherapeutische Aspekte sowie kreative Ausdrucksmöglichkeiten: Weitere Therapieansätze beschäftigen sich mit körpertherapeutischen Aspekten sowie kreativen Ausdrucksmöglichkeiten (z.B. Stabilisierung: Herstellung innerer und äußerer Sicherheit. Körperliche und seelische Kräfte werden mobilisiert und gestärkt. Traumabearbeitung: Wenn die Symptome über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen unvermindert anhalten, können spezielle traumatherapeutische Interventionen (z.B. EMDR) sinnvoll sein. Es geht um das Erinnern und Rekonstruieren des Traumas. In bestimmten Fällen ist eine direkte Auseinandersetzung mit dem Trauma nicht angezeigt (z.B. bei akuter Suizidalität oder einer Psychose, bei fortgesetztem Kontakt mit der Täterin/dem Täter). Integration: Die Erlebnisse sollen in die Lebensgeschichte integriert werden - als Teil der eigenen Biografie. Neue Wege zur Bewältigung bzw.
Medikamentöse Behandlung
Bezüglich dem Einsatz von Medikamenten zur frühen Behandlung eines Traumas gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine wissenschaftlich eindeutigen Empfehlungen. Ist bereits eine PTBS eingetreten, können Medikamente die Behandlung unterstützen. Sie sollten jedoch nicht alleine - ohne begleitende Therapiemaßnahmen (vor allem Psychotherapie) - zur Anwendung kommen.
Infrage kommende Medikamente sind dabei Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), in Ausnahmefällen Trizyklische Antidepressiva und sogenannte Stimmungsstabilisatoren. Diese Gruppen von Medikamenten finden auch bei anderen psychischen Erkrankungen Anwendung - besonders bei der Depression. Vor allem SSRIs haben sich dabei bei der PTBS-Behandlung als wirksam erwiesen. Begleitende Ängste, Depressionen oder Zwänge werden dabei mitbehandelt.
Früher wurden auch Beruhigungsmittel (Benzodiazepine) verabreicht. „Von denen nimmt man heute sogar an, dass sie die Belastungsstörung verschlimmern und nicht lindern“, bestätigt Homan.
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Ergänzende Maßnahmen
Neben diesen Behandlungsmöglichkeiten können als ergänzende Maßnahmen hilfreich sein: wohltuende Bewegung, Achtsamkeitstraining, Pflege des sozialen Umfelds und Erfüllung im Beruf, soziale Maßnahmen und Unterstützung durch Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter in sozialrechtlichen Fragen. Ebenso Physiotherapie oder Ergotherapie.
Weitere Informationen und Anlaufstellen
Wenn Sie den Verdacht haben, an den Folgen eines psychischen Traumas zu leiden, können Sie sich vor allem an folgende Ansprechstellen wenden. Ärztinnen/Ärzte für Psychiatrie (und psychotherapeutische Medizin) bzw. Kriseninterventionseinrichtungen (z.B. Ambulanzen für Psychiatrie, Psychosomatik bzw.
Es gibt auch sogenannte Trauma-Kompetenzzentren: Beispielsweise ESRA oder Hemayat. Weiters finden Sie unter Gewalt in der Familie zahlreiche Infos und Anlaufstellen sowie Telefonnummern zu diesem Thema.
Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger.
Informationen zur Kostenübernahme von Psychotherapie finden Sie unter Psychotherapeutin/Psychotherapeut sowie unter Psychotherapie: Angebote & Adressen. Informationen zur Kostenübernahme von klinisch-psychologischer Beratung bzw. Behandlung finden Sie unter Klinische Psychologin/Klinischer Psychologe.
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Wichtiger Hinweis
Der Begriff „Traumatherapie“ ist nicht geschützt. Achten Sie auf die Qualifikation der/des Ausübenden (erlernter offizieller Gesundheitsberuf wie Ärztin/Arzt, Psychotherapeutin/Psychotherapeut, klinische Psychologin/klinischer Psychologe). Denn eine unsachgemäß durchgeführte Traumabehandlung bzw. eine fehlende Abklärung der Schwere der Symptome (z.B. Die sogenannte Psychoedukation kann begleitend einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Therapie leisten. Dabei erhalten Betroffene detaillierte Informationen rund um das Krankheitsgeschehen und die Behandlung. Sie lernen, wie sie sich selbst helfen können. Auch der Umgang mit belastenden Wiedererinnerungen an das Trauma oder Suizidgedanken kann hier thematisiert werden.
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