Nicht immer ist das Wochenbett rosarot und hellblau, nicht immer freudenstrahlend und voller Zufriedenheit. Manchmal ist es anders und alles andere als schön.
Depressionen sind die häufigsten psychischen Probleme nach der Geburt eines Kindes, und sie stellen betroffene Frauen und ihre Angehörigen oftmals vor große Herausforderungen.
Dabei gibt es "die" Wochenbettdepression bzw. "die" postpartale Depression - so der Fachbegriff - gar nicht. Vielmehr ist das ein Oberbegriff für verschiedenste Symptomkonstellationen, deren Verursachungsfaktoren und Verläufe stark variieren können.
Der Unterschied zum Babyblues ist, dass die Depression bleibt und der Babyblues nach ein paar Tagen wieder vergeht. Die Hormonumstellung der Frau nach der Geburt kann für ein paar sogenannte Heultage sorgen und auch hierbei kann die Frau ängstlich, überfordert, weinerlich, etc. sein.
Symptome der Postpartalen Depression
Welche Symptome haben Sie bei einer Depression?
Lesen Sie auch: Kupferspirale: Einflüsse auf das Wohlbefinden
Symptome können sein:
- andauernde schlechte Stimmung, Hoffnungslosigkeit
- Gefühl der Leere und Traurigkeit
- Gefühle der Wertlosigkeit, Gereiztheit, Schlaflosigkeit
- Veränderungen im Appetit
- Gefühl, man schade dem Baby oder man sei kein gutes Elternteil
- nicht erklärbare Angst um das Baby
- wiederkehrende negative Gedanken oder Wunsch nach „Flucht“ oder alles hinter sich zu lassen
Das alles kann von starken Schuldgefühlen oder Scham begleitet sein. Es ist jedoch kein Zeichen von Schwäche, wenn Sie Hilfe in Anspruch nehmen.
Wenn du dich bei mehreren Punkten erkennst, könnte es sein, dass du unter einer Wochenbettdepression bzw. postpartalen Depression (kurz PPD) leidest und es wäre gut, deiner Hebamme, GynäkologIn,... zu sprechen.
Suchen Sie bei anhaltenden Symptomen über zwei Wochen unbedingt eine Ärztin, einen Arzt oder eine Psychotherapeutin bzw. einen Psychotherapeuten auf.
Wie häufig ist Postpartale Depression?
Das Wichtigste ist mir, dir zu sagen, dass es sehr gut behandelbar ist und du nicht alleine bist damit. Circa 15% bis 20% aller Mütter und 10% der PartnerInnen erleiden eine postpartale Depression nach der Geburt ihres Kindes Und ich finde, das ist ziemlich viel und die Dunkelziffer liegt bestimmt noch höher.
Lesen Sie auch: Kognitive Beeinträchtigungen bei Depressionen
Erfahrungsberichte
Als es mich damals vor 18 Jahren erwischt hat - und ich muss sagen, es kam ganz schleichend, was oft der Fall ist bei einer PPD, (sie kann sogar erst 1 Jahr nach Geburt auftreten) - war ich sehr allein und überfordert und ich hatte keine Ahnung was mit mir los war.
Ich wollte seitdem ich Denken konnte ein Kind und dann war dieses Wunschkind endlich da, aber die Freude darüber stellte sich leider nicht wirklich ein. Anfänglich war es ein wenig besser, obwohl ich sehr mit der traumatischen Geburt kämpfen musste.
Nach und nach habe ich gemerkt: mit mir stimmt etwas nicht. Klar, man kommt zu wenig Schlaf und zum Beispiel das Stillen oder auch das nächtliche Flascherl kostet viel Energie, aber mich ließ das Gefühl nicht los, da stimmt was nicht mit mir.
Ich liebte mein Kind sehr, aber der Zustand machte mir große Angst und ich fühlte mich sehr überfordert. „Ich bin jetzt für diese Kind mein Leben lang verantwortlich.“ Uff, ja, das kann einem auch schon mal Angst machen oder überfordern.
Wir müssen erst in die Rolle als Mutter reinwachsen, auch als Paar muss man sich erstmal finden. Und den berühmten Mutterinstinkt gibt es nicht, das wurde zum Glück schon widerlegt. Wir müssen ja erst den neuen Menschen kennenlernen und in der heutigen Zeit meist ohne viel Hilfe oder Unterstützung.
Lesen Sie auch: Erfahrungsberichte Depression
Die Oma oder Tante im Haus nebenan fehlt meistens (früher war das anders, als es ein familiäres Leben im Dorf gab, oder als Großfamilie, da war immer jemand da).
Wie wichtig auch vor allem das Wochenbett für die Mutter und ihr Baby ist, um uns langsam an die neue Situation zu gewöhnen und vor allem auch dem Körper, Geist und Seele die Schwangerschaft und Geburt zu verarbeiten, kommt zum Glück langsam aber doch wieder in unsere Gesellschaft zurück.
Bis ich das erste Mal zufällig eine Broschüre in Händen hielt, in der meine Symptome aufgelistet waren. Und darüber stand dann „Postpartale Depression“. Erst dann kam das große Aha-Erlebnis. Endlich wusste ich, ich bin nicht verrückt, sondern da gibt es etwas, was nach einer Geburt passieren kann und augenscheinlich nicht mal selten vorkommt.
Ich habe als erstes angefangen, die Krankheit anzunehmen und dann habe ich mir Ziele gesetzt. Bis zu meinem Geburtstag wird es mir besser gehen, bis Weihnachten noch besser usw.
Mein Mann war auch eine große Stütze und war immer da für mich, auch wenn es immer hin und wieder vorkam, dass er von der Arbeit sofort nach Hause fahren musste, weil ich eine Panikattacke hatte oder einfach nicht mehr konnte.
Heute kann ich nur von Herzen empfehlen das nicht alleine zu machen. Es gibt tolle Anlaufstellen, welche ich dir im Anschluss verlinken werde.
Bei einer Lesung vor ein paar Monaten zu dem neuen Buch von Ulrike Schrimpf „Mythos Mutterglück“ welches ich dir von Herzen empfehlen kann, habe ich mit einer Psychologin gesprochen und ihr erzählt, dass ich mir damals so sehr gewünscht hätte, eine Ansprechperson zu finden, aber ich hätte auch große Angst davor gehabt, ihr die ganze Wahrheit meiner Gefühle und Gedanken zu sagen. Und sie hat nur gesagt: „Aber nein, dass du solche Gedanken hattest im Zuge der PPD ist ein ganz normales Symptom und wenn die Frauen zu uns kommen, ist das immer die erste Frage. Damit nehmen wir den Frauen den Druck und sie können meistens zum ersten Mal ganz offen darüber reden.
Und natürlich hat mich diese Depression auch noch ein paar Jahre länger beschäftigt. Auch wenn nicht mehr ganz so im Vordergrund, aber sie war da. Auch mit der Beziehung mit meinem Sohn hat es etwas gemacht. Ich hatte ewig Schuldgefühle und habe immer versucht, das irgendwie auszugleichen.
Im Zuge einer Geburtsaufarbeitung (16 Jahre nach der Geburt meines Sohnes) war dann endlich noch der letzte Rest geheilt und die Beziehung zu meinem Sohn ist seither wunderschön und auch der Schwindel, der mich immer wieder mal besuchte, ist seit der Aufarbeitung ausgeblieben.
Postpartale Depression bei Männern
Auch für den Vater bzw. anderen Elternteil kann die neue Rolle sehr herausfordernd sein und negative Gefühle auslösen. Oft sind die Symptome je nach Geschlecht anders: Während bei Frauen eher der Erschöpfungszustand im Vordergrund steht, neigen Männer zu Reizbarkeit, Aggressivität und unüberlegten Handlungen.
Die postpartale Depression bei Männern ist hingegen noch sehr wenig erforscht. Man weiß jedoch: Es wirkt vorbeugend, wenn der Vater seine Beziehung zum Kind aktiv gestaltet und eine sichere Bindung aufbaut.
Wochenbett-Psychose
Die Wochenbett-Psychose ist eine schwere Erkrankung, die bei ein bis zwei von 1000 Müttern auftritt. Der richtige medizinische Begriff lautet „postpartale Psychose“.
Oft entsteht sie in den ersten sechs Wochen nach der Geburt. Meist tritt sie sehr plötzlich innerhalb der ersten zwei Wochen auf. Dabei verändert sich das Verhalten der Frau auffällig. Sie wirkt verändert, antriebs- und teilnahmslos oder auch auffällig unruhig.
Dazu können Konzentrationsstörungen, starke Ängste bis hin zu Panikattacken und Wahnvorstellungen kommen. Auch der Schlaf ist häufig gestört.
Diese Erkrankung kann ähnlich wie die postpartale Depression durch die hormonelle Umstellung nach der Geburt ausgelöst werden. Frauen, die bereits eine psychische Erkrankung hatten, haben ein erhöhtes Risiko für die Wochenbett-Psychose.
Besteht der Verdacht auf eine Wochenbett-Psychose, muss rasch eine Psychiaterin oder ein Psychiater kontaktiert werden.
Wie können Sie psychischen Erkrankungen vorbeugen?
Psychische Erkrankungen lassen sich oft nicht vermeiden und haben verschiedene Gründe. Manchmal kann man die Wahrscheinlichkeit verringern, eine psychische Erkrankung zu entwickeln oder Belastungen verhindern.
Das können Sie selbst tun:
- Sprechen Sie offen über Ihre Gefühle.
- Wenden Sie sich an Vertrauenspersonen wie ein:e Freund:in, Ihre:n Partner:in, eine Hebamme oder andere Gesundheitsfachkräfte.
- Teilen Sie sich die Pflege Ihres Kindes auf - nutzen Sie dafür den Papamonat und Elternkarenz von beiden Elternteilen.
- Bauen Sie ein gutes soziales Netz auf. Versuchen Sie eine gesunde Paarbeziehung aufrechtzuerhalten, indem Sie sich bewusst Zeit zu zweit nehmen.
Psychische Erkrankungen sind weit verbreitet. Unabhängig von den Lebensumständen können sie jede:n treffen.
Das Suchen von Hilfe ist ein mutiger und entscheidender Schritt, um wieder gesund zu werden.
Welche Unterstützung gibt es bei psychischen Belastungen?
Viele erwarten sich, dass die Zeit rund um die Geburt die glücklichste Zeit im Leben ist. Sie schämen sich dafür, wenn das nicht so ist. Psychische Erkrankungen sind weit verbreitet und können uns alle treffen.
Wer sich in so einer Situation befindet, sollte jedoch Folgendes wissen: Verstecken Sie sich nicht, wenn es Ihnen nicht gut geht. Akzeptieren Sie, wenn Sie deprimiert, angespannt, zornig oder verwirrt sind. Holen Sie sich Hilfe, wenn Sie sich hilflos fühlen. Psychische Krankheiten wie eine postpartale Depression kann man oft nicht alleine bewältigen.
Das Suchen von Hilfe ist ein mutiger und entscheidender Schritt, um wieder gesund zu werden. Es ist ein Zeichen von Stärke und Selbstfürsorge.
Umgang mit bekannten Erkrankungen und Medikamenten
Wenn Sie einen Kinderwunsch haben, schwanger sind oder stillen, besprechen Sie Medikamente wie Psychopharmaka mit Ihrer Ärztin oder ihrem Arzt. Verordnete Medikamente sollten Sie generell nur nach ärztlicher Absprache absetzen.
Es gibt einige Medikamente, die Sie auch in dieser Zeit einnehmen dürfen. Lassen Sie sich von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt beraten. Häufig ist eine Verschlimmerung der Erkrankung gefährlicher als das Weiternehmen der Medikamente.
Sollte das bisherige Medikament für diese Zeit ungeeignet sein, so informiert die Ärztin bzw. der Arzt Sie über Alternativen.
Negative Geburtserfahrungen
Eine Geburt ist mit vielen Erwartungen und Ängsten verbunden und meist sehr herausfordernd. Manche Mütter und auch Väter machen zusätzliche negative und belastende Erfahrungen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Negative Geburtserfahrungen erhöhen das Risiko für seelische Belastungen nach der Geburt.
Neben einer guten Vorbereitung auf die Geburt ist es daher auch wichtig, belastende Erfahrungen anzusprechen und sich Unterstützung zu holen.
Viele Mütter erleben die Geburt auch ohne Komplikationen als seelisch belastend. Betroffene Frauen berichten von großer Angst oder Kontrollverlust. Viele fühlen sich von den Fachkräften bei der Geburt nicht wahr- oder ernstgenommen oder von den Ereignissen überrollt.
Unabhängig von Notsituationen sollten Frauen immer die Möglichkeit haben, gut informiert zu sein und Entscheidungen zu treffen. Ansonsten wird eine Geburt womöglich negativ erlebt.
Folgen negativer Geburtserfahrungen
Mögliche Folgen negativer Geburtserlebnisse können Selbstwertstörungen, Selbstzweifel, Vertrauensverlust in den eigenen Körper oder eine postpartale Depression sein. Negative Geburtserfahrungen können sogar als Gewalterfahrungen wahrgenommen werden und seelische Belastungen auslösen. All das kann sich negativ auf die Bindungsfähigkeit und Eltern-Kind-Beziehung oder auf das Neugeborene auswirken.
Berichte über negative Geburtserfahrungen müssen immer ernst genommen werden. Dazu ist es wichtig, über diese Erfahrungen und die eigenen Wahrnehmungen zu reden und schriftlich Feedback zu geben.
Oft kann das in Krankenhäusern wie im Gespräch mit der Hebamme, der Ärztin, dem Arzt oder anderen Beteiligten vor Ort passieren. Manchmal dauert es jedoch einige Zeit, bis Frauen ihre Erfahrungen reflektieren und realisieren können.
Hilfe in Anspruch zu nehmen ist so wichtig.
tags: #postpartale #depression #erfahrungsberichte