Eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine psychische Erkrankung, die nach einem oder mehreren traumatischen Ereignissen auftreten kann. Traumatische Erlebnisse sind gefährliche oder beängstigende Situationen, die das Leben oder die Sicherheit bedrohen.
Was ist eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)?
Eine Posttraumatische Belastungsstörung ist eine psychische Erkrankung, die in Folge eines traumatischen Erlebnisses auftreten kann.Traumatische Erlebnisse sind gefährliche oder beängstigende Situationen, die das Leben oder die Sicherheit bedrohen. Beispiele dafür sind Naturkatastrophen, schwere Unfälle, Kriege, lebensbedrohliche Erkrankungen sowie Gewalttaten.
Trauma: Eine psychische Ausnahmesituation
Ein Trauma ist eine psychische Ausnahmesituation, die durch überwältigende Ereignisse (wie Gewalt, Tod oder Krankheit) ausgelöst wird. Nicht immer muss das traumatische Ereignis außerhalb normaler menschlicher Erfahrungen liegen. Das heißt, die Situation, die PTBS auslöst, kann Teil des Arbeitsalltags sein.
Je nach Einzelfall und Persönlichkeit können z. B. leicht verletzte Kinder oder eine schwierige Geburt, bei der dennoch alles gut verläuft, eine PTBS auslösen. Ein Trauma ist immer individuell und ohne „Mindestanforderungen“. Deshalb gibt es auch keine “Regeln”, wie sich PTBS äußert oder eine davon betroffene Person fühlt.
Die Ursache einer Posttraumatischen Belastungsstörung ist daher egal: ob ein Altenpfleger morgens einen friedlich verstorbenen Patienten im Bett vorfindet, oder ob eine Chirurgin ein Gewaltopfer nach einem Terroranschlag „zusammenflickt“.
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Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen einer Posttraumatische Belastungsstörung sind eine oder mehrere traumatische Ereignisse (z. B. Unfall, Gewalt, Notfall). Es ist daher schwierig, eine Liste von Ursachen anzuführen.
Das bloße Erleben eines traumatischen Ereignisses führt aber nicht zwingend zur Entwicklung einer PTBS, da Menschen sehr unterschiedlich auf traumatische Situationen reagieren können. Während beispielsweise für eine erfahrene Chirurgin ein offener Schädelbasisbruch Routine sein kann, kann ein Apotheker vom Aushändigen eines Schwangerschaftstests an eine Zwölfjährige nächtelang wachliegen.
Weil eben nur ein gewisser Prozentsatz von Traumatisierten eine PTBS entwickelt, geht man davon aus, dass bestimmte Faktoren das Risiko für eine PTBS deutlich erhöhen. Ein großer Teil der Betroffenen kann ein Trauma aus eigener Kraft verarbeiten, ohne dass Spätfolgen auftreten.
In erster Linie sind dies aggressive und sexuelle Gewaltanwendungen gegen Kinder und Frauen, Folterhandlungen, Entführungen, Lagerhaft. Man unterscheidet Monotraumata, dass bedeutet traumatische Einzelereignisse, von Mehrfachtraumatisierungen, die etwa bei länger dauernden Kriegshandlungen auftreten können.
Die Wahrscheinlichkeit der Allgemeinbevölkerung, an einer PTBS zu erkranken, liegt demnach generell zwischen einem und sieben Prozent, kann aber bei exponierten Personen wie z. B. In kindlichen Risikogruppen (z. B. Kinder mit Fluchterfahrungen, aus dysfunktionalen Familien etc.) entwickeln bis zu 58 % eine PTBS.
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Die Prävalenz zur Entwicklung einer PTBS liegt bei sexuellem Missbrauch in der Kindheit bei 30 % und nach einer Vergewaltigung bei 50 %. Bezüglich sexueller Gewalt geben rund 28 % der Österreicherinnen an, in ihrer Kindheit sexuelle Gewalterfahrungen gemacht zu haben; bei Österreichern sind es rund 12 %.
Jede dritte Frau in der EU (33 %) wird nach ihrem 15. Lebensjahr Opfer körperlicher und / oder sexueller Gewalt. 31 % berichten von körperlicher Gewalt, 11 % haben sexuelle Gewalt erlebt. Eine von 20 Frauen (5 %) wird Opfer einer Vergewaltigung, eine etwas höhere Zahl (6 %) hat eine versuchte Vergewaltigung erlebt.
Eine aktuelle Studie der TU Dresden in Zusammenarbeit mit Peter Zimmermann aus dem Berliner Bundeswehrkrankenhaus kommt zu diesem Ergebnis: Bei Soldaten, die von einem Auslandseinsatz zurückkehren, erkranken 2,9 % an PTBS, 3,6 % an Angststörungen, 1,8 % an Depressionen und 1,5 % entwickeln ein Suchtproblem.
Symptome
Die typischen Merkmale einer PTBS treten während der ersten Wochen nach dem Trauma auf. Direkt nach dem Trauma (Stunden und Tage danach) sind psychische Schockreaktionen (z. B. Versteinern oder Herumhampeln) und akute Belastungsreaktionen (z. B. Gefühl, dass man selbst oder Dinge bzw. Veränderung der Wahrnehmung und des Zeiterlebens.
Man kann sich selbst dabei als abwesend und „leer“ (ohne Gefühle) empfinden. In diesem Zusammenhang spricht man bei den genannten Symptomen von Dissoziation. Sehr starke Schuld- und Schamgefühle sowie Stimmungsbeeinträchtigungen können ebenso auftreten.
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Symptome (nicht notwendigerweise alle) können sich zudem unmittelbar nach dem traumatischen Ereignis zeigen und bessern sich in der Regel in einem Zeitraum von vier bis zu maximal acht Wochen. Erst wenn die Symptome danach anhalten, spricht man von einer posttraumatischen Belastungsstörung.
Gelegentlich kommt es aber auch zu einer verzögerten Reaktion, das heißt, die Symptome treten erst einige Zeit später auf. Ab einem Zeitraum von sechs Monaten spricht man dann von einer chronischen posttraumatischen Störung.
Einige Menschen erleben aufdringliche Erinnerungen an die traumatische Situation (Nachhallerinnerungen) oder Albträume, die Angst und körperliche Reaktionen (z. B. Anspannung, Schmerzen) hervorrufen können.
Betroffene vermeiden Gedanken und Erinnerungen sowie Aktivitäten, Situationen oder Personen, die mit dem traumatischen Ereignis verbunden sind. Auch lange nach der traumatischen Situation kann es sein, dass sich Betroffene durch die mögliche Wiederkehr neuer traumatischer Erlebnisse bedroht fühlen.
Das anhaltende Gefühl von Bedrohung kann dazu führen, dass Betroffene eine erhöhte Schreckhaftigkeit aufweisen, z. B. Neben den o.g. drei Hauptsymptomen sind generelle Angespanntheit, Angst und Gereiztheit Zeichen einer Posttraumatischen Belastungsstörung.
In einigen Fällen tritt aber auch das Gegenteil auf: Gefühle und Interessen flachen immer mehr ab, bis man auf nichts mehr reagiert.
Hauptsymptome im Detail
- Unwillkürliches Erinnern und Wiedererleben des Traumas (Intrusionen und Flashbacks): Menschen mit PTBS werden spontan von aufkommenden Erinnerungen an das traumatische Erlebnis überwältigt und sind nicht fähig, dies willkürlich zu kontrollieren oder zu unterdrücken.
- Vermeidung, Verdrängung und Vergessen des Geschehens: Zum eigenen Schutz vermeiden viele Menschen mit PTBS jene Gedanken, Situationen und Aktivitäten, welche die Erinnerung an das Geschehen möglicherweise wecken.
- Nervosität, Angst und Reizbarkeit (Hyperarousal): Viele Traumaopfer sind sehr empfänglich für Reize, und ihre Nerven liegen sprichwörtlich blank. Die Betroffenen sind überaus wachsam (hypervigilant), da sie sich unterbewusst stets in Gefahr wähnen.
- Verflachung der Interessen und der Gefühle (Numbing): Die Lebensfreude ist eventuell durch eine posttraumatische Belastungsstörung nachhaltig beeinträchtigt. Oft verlieren die Betroffenen jegliche Interessen und ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück.
Diagnose
Liegt der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) vor, steht zuerst das vertrauliche Patientengespräch mit der Ärztin/dem Arzt oder etwa der Psychotherapeutin/dem Psychotherapeuten im Mittelpunkt.
Dabei wird die bisherige Krankengeschichte (Anamnese) erhoben und behutsam nach den belastenden Ereignissen gefragt sowie Symptome erfasst. Mitunter werden auch standardisierte Fragebögen eingesetzt.
Es ist notwendig, körperliche bzw. andere Erkrankungen auszuschließen, ggf. werden weitere Untersuchungen veranlasst. Zum Beispiel eine neurologische Untersuchung oder eine Bildgebung (z.B. MRT), wenn gleichzeitig eine Verletzung (z.B. des Kopfes) vorliegt.
Da auch oft körperliche Schmerzen auftreten, müssen auch diesbezüglich mögliche organische Ursachen dafür abgeklärt werden. Diagnostische Kriterien werden in ICD-10 und DSM-5 beschrieben. Diese Klassifikationssysteme unterscheiden sich zum Teil. In Österreich wird die Diagnose nach ICD-10 gestellt.
Behandlung
Posttraumatische Belastungsstörungen lassen sich mit Psychotherapie behandeln. Die meisten Menschen werden in den Tagen und Wochen nach einem traumatischen Ereignis Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung erleben.
Wer Schwierigkeiten bei der Bewältigung hat - v.a. wenn die Beschwerden mit der Zeit nicht besser werden - sollte professionelle Hilfe aufsuchen. Der erste Schritt sollte zum Hausarzt führen, mit dem man über seine Beschwerden spricht.
Posttraumatische Belastungsstörungen können bei beiden Geschlechtern und in jedem Alter nach dem Erleben einer traumatischen Situation auftreten und verlaufen meist über mehrere Monate.
Therapiemöglichkeiten
- Psychotherapie: Im Vordergrund der Verhaltenstherapie steht die Aufarbeitung, in welcher die Patienten durch den Psychotherapeuten angeleitet werden, das Trauma zu schildern und zu verarbeiten.
- EMDR-Methode: Bei der EMDR-Methode (Eye Movement Desensitization and Reprocessing = Desensibilisierung und Verarbeitung durch Augenbewegung) führen zusätzliche gezielte Augenbewegungen dazu, dass das Gehirn bilateral stimuliert wird.
- Medikamente: Neben der Verhaltenstherapie sind bestimmte Medikamente wie Antidepressiva oder Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer in der Behandlung von Posttraumatischen Belastungsstörungen wirksam.
Krankheitsverlauf und Prognose
Posttraumatische Belastungsstörungen haben in der Mehrzahl der Fälle gute Heilungschancen, sofern eine geeignete Therapie eingeleitet wird. Etwa die Hälfte der Betroffenen wird sogar ohne Behandlung gesund (sog. Spontanremission).
Eine PTBS dauert mit adäquater Behandlung durchschnittlich 36 Monate, ohne Therapie durchschnittlich 64 Monate.
Umgang mit Betroffenen
Nahestehende Menschen sollten Betroffene und ihre Posttraumatische Belastungsstörung verstehen und Verhaltensänderungen (z. B. Reizbarkeit) dementsprechend einordnen. Wenn Betroffene mit ihren nahestehenden Menschen über das Erlebte sprechen wollen, kann dies sehr hilfreich sein.
Hier ist es besonders empfehlenswert zuzuhören, nicht über das Erzählte zu urteilen und keine ungebetenen Ratschläge zu geben. Dennoch sollten nahestehende Menschen ihre eigenen Belastungsgrenzen wahrnehmen und nicht überschreiten. Insbesondere wenn man die traumatische Situation selbst miterlebt hat, bietet es sich an, Hilfe von außen einzuschalten.
Ansprechstellen
Wenn Sie den Verdacht haben, an den Folgen eines psychischen Traumas zu leiden, können Sie sich vor allem an folgende Ansprechstellen wenden. Ärztinnen/Ärzte für Psychiatrie (und psychotherapeutische Medizin) bzw. Kriseninterventionseinrichtungen (z.B. Ambulanzen für Psychiatrie, Psychosomatik bzw. Psychotherapie.
Harvard Kriegs-Trauma Tool
Das Harvard Kriegs-Trauma Tool basiert auf dem Harvard Trauma Questionnaire (HTQ; Mollica et al., 1992) und misst sowohl traumatische Ereignisse als auch Symptome, die im Fragebogen enthalten sind. Im ersten Abschnitt werden Stressoren, die Flüchtlinge erlebt haben, wie z. B. Folter, Vergewaltigung, Mord und Mangel an Nahrung oder Wasser, erhoben.
Danach erfolgt der Symptomteil, der auch den ICD-10 Kriterien entspricht, sowie Fragen nach anderen Aspekten von Stress. Es wird der Grad einer ev. vorhandenen Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS, ICD 10 Code: F43.1) berechnet und eine darauf abgestimmte Ampelschaltung inkl. Interpretationstext ausgegeben.
Die PTBS entsteht als eine verzögerte Reaktion auf ein belastendes Ereignis (Trauma) oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.
Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten.
Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten.
Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Konzentrationssteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten.
Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz (Verzögerung), die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden, bei frühzeitigem Therapiebeginn.
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