Pflege bei Depressionen: Erkennen, Handeln und Lebensfreude finden

Depressionen können den Pflegealltag schwer belasten - für Pflegebedürftige ebenso wie für Dich als Pflegende oder Pflegenden. Doch mit Empathie, Wissen und den richtigen Ansätzen kannst Du Licht in dunkle Momente bringen. Erfahre, wie Du Anzeichen erkennst, Dich selbst schützt und neue Wege für mehr Lebensfreude findest.

Die Herausforderungen im Pflegealltag

Die Pflege ist ein Beruf, der Dich täglich an Deine Grenzen bringt - sowohl emotional als auch körperlich. Die ständige Verantwortung und die Nähe zu den Menschen, die Du betreust, erzeugen oft eine tiefe emotionale Belastung. Du spürst die Sorgen und Ängste der Pflegebedürftigen, und auch wenn Du weißt, dass Du ihnen hilfst, hinterlässt der ständige Druck Spuren. Doch auch die körperlichen Anforderungen sind nicht zu unterschätzen.

Langes Stehen, schweres Heben und die körperliche Nähe zu den Pflegebedürftigen hinterlassen ihre Spuren. Hinzu kommt die Gefahr der sozialen Isolation - insbesondere 24-Stunden-Betreuerinnen und Betreuer sind häufig von Familie, Freunden und anderen sozialen Kontakten entfernt. Das führt zu einem Gefühl der Einsamkeit und verstärkt die psychische Belastung. Ein weiterer Aspekt, der oft übersehen wird, ist die Winterdepression. Die dunklen, kalten Monate bringen viele Menschen in eine Phase der Niedergeschlagenheit, und auch Pflegekräfte sowie Pflegebedürftige sind davon nicht ausgenommen. Pflegekräfte, die ohnehin emotional und körperlich stark gefordert sind, spüren diese Erschöpfung möglicherweise noch intensiver.

Depressionen erkennen: Symptome und Warnsignale

Depressionen schleichen sich oft unbemerkt ein - wie ein Schatten, der langsam länger wird. Doch wer genauer hinsieht, erkennt die Zeichen und kann frühzeitig handeln. Pflegebedürftige stehen vor großen Veränderungen in ihrem Leben, die oft mit Verlustgefühlen einhergehen. Ein ständiges Gefühl der Traurigkeit, der Rückzug von geliebten Menschen oder der Verlust von Freude an Dingen, die früher glücklich gemacht haben, sind weitere ernstzunehmende Anzeichen auf eine Depression.

Auch Du als Pflegerin oder Pfleger bist nicht immun gegen die Belastungen des Pflegealltags. Emotionale Erschöpfung, das Gefühl, innerlich ausgebrannt zu sein, oder eine zunehmende Distanzierung von Deinen Aufgaben können erste Warnsignale sein. Schlaflosigkeit, häufige Kopfschmerzen oder Verspannungen und das Gefühl, immer wieder krank zu sein, gehören zu den körperlichen Warnsignalen. Reizbarkeit, die oft aus heiterem Himmel auftritt und Dich selbst überrascht, kann ein erstes Alarmsignal sein. Du merkst vielleicht, dass Dich Kleinigkeiten auf die Palme bringen, die Du früher gelassen hingenommen hättest. Hinzu kommen Konzentrationsprobleme und das nagende Gefühl, nicht genug zu sein, weder für die Pflegebedürftigen noch für Dich selbst.

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Wir wissen, wie fordernd der Pflegealltag sein kann und wie oft Pflegende an ihre Grenzen kommen. Umso wichtiger ist das Erkennen dieser Symptome als erster Schritt, um die Spirale aus Überforderung und emotionaler Belastung zu durchbrechen. Nimm die Warnsignale ernst - ob bei Dir selbst oder bei Deinen Liebsten.

Behandlungsmöglichkeiten und Unterstützungsangebote

Depressionen sind in der Pflege weit verbreitet, sowohl bei Pflegebedürftigen als auch bei den Pflegenden selbst. Glücklicherweise gibt es Behandlungs- und Unterstützungsmöglichkeiten, die helfen, die dunklen Phasen zu überwinden. Besonders die durch die Belastungen der Wintermonate ausgelöste Depression kann die oft bereits angespannte Situation nochmals erschweren.

  • Psychotherapie: Ein bewährter Ansatz, um den Ursachen der Depression auf den Grund zu gehen. Bei einer Winterdepression, die besonders in den dunklen, kalten Monaten auftritt, hilft oft auch die Kombination von Gesprächstherapie und Lichttherapie.
  • Medikamente: Für viele Menschen ist auch die Einnahme von Medikamenten ein wichtiger Schritt, um sich aus der Depression zu befreien.
  • Entlastungspflege: Eine hervorragende Möglichkeit für pflegende Angehörige, sich eine wohlverdiente Pause zu gönnen.
  • Selbsthilfegruppen: Bieten eine weitere wertvolle Unterstützung, da der Austausch mit anderen Pflegenden oft Verständnis und Bestärkung gibt.

Strategien für den Alltag: Mehr Lebensqualität gewinnen

Depressionen können den Alltag in der Pflege stark belasten. Doch es gibt wirksame Strategien, die helfen, die Stimmung zu heben und mehr Lebensqualität zu gewinnen. In den dunklen Wintermonaten kann eine strukturierte Tagesroutine besonders wichtig sein. Sie gibt Halt und Orientierung, damit sich weder Pflegebedürftige noch Pflegekräfte von der Dunkelheit erdrücken lassen. Eine regelmäßige Tagesstruktur mit festen Mahlzeiten, Ruhezeiten und geplanten Aktivitäten fördert das Wohlbefinden und hilft, den Tag positiv zu gestalten.

  • Bewegung: Eine der besten Methoden, um Winterdepressionen zu bekämpfen.
  • Soziale Kontakte: Winterdepressionen gehen oft mit sozialer Isolation einher.

Unterstützung in Österreich

In Österreich haben Pflegekräfte Zugang zu verschiedenen Ressourcen, wie Entlastungsdiensten, Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen. Auch Hotlines und Online-Angebote unterstützen sie bei der Stressbewältigung.

Als unterstützende Maßnahme für pflegende Angehörige wird vom Sozialministerium österreichweit das „Angehörigengespräch“ angeboten, das von Psychologinnen und Psychologen geführt wird. Dieses Gespräch kann sowohl zu Hause, an einem anderen Ort, telefonisch oder online erfolgen. Bei Bedarf können bis zu fünf Termine vereinbart werden.

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Die Rolle des Roten Kreuzes

Das Rote Kreuz kann Sie bei der Pflege Ihres Angehörigen unterstützen und entlasten. Ob in einem individuelle Beratungsgespräch oder durch den Austausch in einer Selbsthilfegruppe - über Erfahrenes zu sprechen und sich auszutauschen ist für vielfältige Lebenssituationen eine wichtige Stütze und kann Ihnen bei der Bewältigung von Krisensituationen helfen. Der Rotkreuz-Online-Kurs „Pflege zuhause“ vermittelt Ihnen, wie Sie sich selbst schützen und wie Sie ihr Leben organisieren können, wenn Sie einen erkrankten Angehörigen pflegen müssen.

Palliativ- und Hospizteams: Das Rote Kreuz unterstützt und betreut schwer kranke Person und ihre An- und Zugehörigen mit hochprofessionellen Palliativteams wie auch mit ausgebildeten Freiwilligen im Hospizdienst. Auch wenn keine Aussicht auf Heilung mehr besteht, gibt es immer noch viele Unterstützungsmöglichkeiten: Schmerztherapie, Symptombehandlung und Maßnahmen, um die bestmögliche Lebensqualität zu gewährleisten. Wichtig ist uns dabei, die Wünsche der betreuten Person zu erfüllen und somit ihre Selbstbestimmung zu wahren.

Medikamentöse Behandlung von Depressionen

Sogenannte Antidepressiva sind Medikamente gegen Depressionen, denen ein ähnliches Prinzip zugrunde liegt. Diese sollen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen die Konzentration von sogenannten Neurotransmittern im Gehirn, vor allem von Serotonin bzw. Noradrenalin oder Dopamin, erhöhen.

Es gibt verschiedene Arten von Antidepressiva:

  • Alpha2-Rezeptor-Antagonisten: Diese erhöhen ebenfalls die Konzentration von Serotonin und Noradrenalin.
  • Monoaminooxidase-Inhibitoren (MAO-Hemmer): Diese blockieren die Wirkung des Enzyms Monoaminooxidase.
  • Nicht selektive Monoamin-Rückaufnahme-Inhibitoren (NSMRI) erhöhen die Konzentration von Serotonin und Noradrenalin.

Es dauert ungefähr 14 Tage, bis Antidepressiva wirken. Nach ungefähr drei bis vier Wochen rechnet man mit der vollen Wirkung. Dann bespricht die Ärztin oder der Arzt mit der betroffenen Person, ob die Symptome weniger geworden sind. Studien zeigen, dass Antidepressiva Beschwerden einer Depression lindern und Rückfälle verhindern können. Jedoch wirken sie nicht bei allen Betroffenen gleich gut. Ein Teil hat weiterhin Beschwerden.

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Weitere Therapieansätze

Bei der Behandlung einer Depression können auch andere Medikamente als Antidepressiva zum Einsatz kommen. Auch Benzodiazepine oder Antipsychotika können zur Anwendung kommen. Zum Beispiel zur Beruhigung oder bei einer Psychose im Rahmen einer Depression.

Es gibt unterschiedliche Methoden der Psychotherapie. Eine Psychotherapie kann einzeln, in der Gruppe oder auch als Paartherapie erfolgen.

  • Elektrokonvulsionstherapie (EKT): Bei der Elektrokonvulsionstherapie, kurz EKT oder auch Elektrokrampftherapie genannt, erfolgt in einer Kurznarkose eine Verabreichung von Stromimpulsen über Elektroden an der Kopfhaut.
  • Repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS): Bei der repetitiven Transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) wird eine Spule an die Kopfhaut angelegt.
  • Bewegungstherapie und sporttherapeutische Maßnahmen: Neben Bewegungstherapie hat sich vor allem Sport in der Gruppe als sporttherapeutische Maßnahme bewährt.
  • Musiktherapie: Bei der Musiktherapie kommen musikalische Mittel zum Einsatz.
  • Lichttherapie: Bei Depressionen, die einen Zusammenhang mit den Jahreszeiten zeigen, empfehlen Fachleute mitunter Lichttherapie.
  • Schlafentzugstherapie: Diese findet in einem Krankenhaus auf einer Station oder in einer spezialisierten Ambulanz statt.

Phasen der Behandlung

  • Akuttherapie: Diese dient u.a. der Linderung des Leidensdrucks, der Behandlung der Symptome, Wiederherstellung der beruflichen sowie psychosozialen Leistungsfähigkeit sowie sozialer Teilhabe.
  • Erhaltungstherapie: Nach einer Akuttherapie erfolgt eine weiterführende Einnahme der Medikamente über vier bis neun Monate bzw.
  • Rückfall-Vorbeugung: Vor allem bei einem hohen Risiko eines Rückfalls bzw. eines chronischen Verlaufs rät die Ärztin oder der Arzt zu einer Rückfall-Vorbeugung.

Wichtige Informationen für Angehörige

Auch für Angehörige kann es sehr schwer sein, wenn ein nahestehender Mensch an einer Depression erkrankt. Depressionen eines Elternteils können etwa Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben. Es kann z.B. zu einer verlangsamten Entwicklung, Verhaltensauffälligkeiten oder Problemen in der Schule kommen.

Der feine Unterschied: Traurigkeit vs. Depression

Wir alle kennen Traurigkeit und schlechte Tage. Doch eine Depression ist mehr als nur eine vorübergehende Niedergeschlagenheit. Es handelt sich um eine ernsthafte psychische Störung, die das Denken, Fühlen und die Fähigkeit zur Bewältigung alltäglicher Aktivitäten tiefgreifend beeinflusst. Im Gegensatz zu normaler Traurigkeit und Niedergeschlagenheit die in direktem Zusammenhang mit spezifischen Ereignissen steht, kann eine Depression ohne erkennbaren Grund auftreten und hält signifikant länger an. Betroffene erleben häufig eine anhaltende, unerklärliche Traurigkeit, die ihre tägliche Funktionsfähigkeit stark beeinträchtigt.

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