Viele kennen das Gefühl, nach einer durchzechten Nacht mit Kopfschmerzen und Unwohlsein aufzuwachen. Bei manchen Menschen werden diese Symptome des Hangovers sogar noch von einem Angstgefühl begleitet - auch Hangxiety genannt. Doch worin liegen die Ursachen für dieses Gefühl?
Was ist Hangxiety?
Hangxiety setzt sich aus den englischen Wörtern „Hangover“ (Kater) und „Anxiety“ (Angst, Panik) zusammen. Es beschreibt das Angst- und Unruhegefühl nach Alkoholkonsum, an dem vor allem schüchterne, introvertierte Personen leiden. Eine Studie aus dem Jahr 2012 hat herausgefunden, dass Hangxiety vor allem Symptome wie Besorgnis, Unruhe, Reue und Verwirrung hervorruft.
Ursachen von Hangxiety
Durch den Konsum von Alkohol wird die Ausschüttung von GABA (Gamma Aminobuttersäure) verstärkt, die dämpfend auf das Nervensystem wirkt. Sie verlangsamt die Weitergabe von Informationen zwischen den Nervenzellen. Damit unser Körper notwendige Bewegungen und Handlungen, wie zum Beispiel Gehen oder Sprechen, noch ausführen kann, schüttet dieser eine große Menge an Glutamat aus, um das Übermaß an GABA auszugleichen. Dies regt die Aktivität der Gehirn- und Nervenzellen wieder an, kann jedoch schwieriger an den passenden Rezeptoren andocken, da Alkohol diese blockiert.
Alkohol nimmt somit Glutamat den Platz weg. Wenn die Alkoholkonzentration im Körper sinkt, werden diese Rezeptoren wieder frei und das überschüssige Glutamat kann andocken. Zusätzlich werden während des Alkoholkonsums die Glückshormone Dopamin und Endorphin freigesetzt, wodurch ein Gefühl der Unbeschwertheit und Sorgenfreiheit während des Rausches entsteht. Der Hormonhaushalt im Gehirn muss in weiterer Folge wiederaufgebaut werden. Durch dieses Ungleichgewicht an Hormonen kann es am nächsten Tag zu depressiven Gefühlsschwankungen kommen.
Da die biologischen Vorgänge im Körper bei Alkoholkonsum dazu führen, dass Personen lockerer sind und selbstsicherer auftreten, greifen vor allem zurückhaltende Personen in ihnen unbekannten, neuen Situationen zu Alkohol. Das wirkt sich natürlich im ersten Moment positiv auf ihr Auftreten aus. Sie wirken dadurch offener und es fällt ihnen leichter, auf fremde Menschen zuzugehen. Doch der Effekt ist nur von begrenzter Dauer. Schon kurze Zeit danach führt der Überschuss an Glutamat schließlich zu einem nicht gewollten Ergebnis. Im schlimmsten Fall kann sich das zu einem Teufelskreis entwickeln: Das Angstgefühl wird mit Alkohol bekämpft.
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In der letzten Zeit ist in den Medien immer häufiger der Begriff „Hangxiety“ zu lesen. Anstelle eines normalen Katers mit Symptomen wie Kopfschmerzen, Übelkeit und starkem Durst, erleben die Konsumenten zusätzlich einen psychischen Kater, der ihnen ein mulmiges Gefühl gibt. Nicht selten erleiden sie ihre erste Panikattacke im Anschluss an einen stimmungsvollen Abend mit viel Alkohol. Am nächsten Tag fühlen sich die Betroffenen depressiv, ängstlich und körperlich unwohl.
Die Gründe liegen auf der Hand. Die am Abend zuvor konsumierte Menge Alkohol hat den Neurotransmitter-Stoffwechsel derart durcheinandergebracht, dass der Körper versucht das entstandene Ungleichgewicht wieder ins Lot zu bringen. Dabei kommt es einerseits zu einer verringerten Produktion von Glückshormonen wie Dopamin und GABA, sowie andererseits zu einem Glutamat-Überschuss, der für einen Anstieg des Erregungsniveaus sorgt. Besonders Menschen, die ohnehin schnell sensibel und emotional reagieren oder sich tendenziell viele Sorgen oder Gedanken machen, beginnen jetzt die negativen psychischen Auswirkungen des Alkoholgebrauchs zu spüren.
Selbst psychisch stabile Menschen, die mit beiden Beinen fest im Leben stehen, können bei einem dauerhaften Alkoholmissbrauch langfristig eine generalisierte Angststörung oder Panikattacken ausbilden, Depressionen entwickeln oder sogar eine Alkoholpsychose erleiden. Der Grund liegt in der bereits beschriebenen Auswirkung des Alkohols auf das zentrale Nervensystem und der zell- und nervenschädigenden Wirkung auf den gesamten Organismus.
Während es sich bei der sogenannten Hangxiety meist nur um einen temporären Zustand handelt, kann der regelmäßige Konsum von Ethanol auf lange Zeit auch ständige Angst hervorrufen, die meist wieder mit Alkohol bekämpft wird.
Alkoholismus in Österreich
Der Alkoholismus in Österreich ist weit verbreitet: Geschätzte 340.000 ÖsterreicherInnen gelten derzeit als alkoholabhängig, nahezu jeder vierte Erwachsene konsumiert Alkohol in einem gesundheitsgefährdenden Ausmaß. In den letzten Jahren hat der relative Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der alkoholkranken Menschen deutlich zugenommen, während jener der Männer leicht sinkt.
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Alkoholabhängigkeit: Ein Teufelskreis
Eine Abhängigkeit von Alkohol liegt dann vor, wenn der/die Betroffene schlecht oder gar nicht kontrollieren kann, wann und wie viel Alkohol er/sie trinkt. Auch ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, zu trinken - auch Craving genannt - ist ein zentrales Merkmal der Alkoholsucht. Trinkt ein/e Betroffene/r keinen Alkohol, kommt es zu Entzugssymptomen wie Zittern, Schwitzen, Schlaflosigkeit, innerer Unruhe und morgendlicher Übelkeit bis hin zum Erbrechen. Diese Symptome werden gelindert, sobald erneut konsumiert wird.
Besonders problematisch bei Alkoholsucht ist eine Toleranzentwicklung und die damit verbundene Dosissteigerung: Immer größere Alkoholmengen werden konsumiert, um denselben Effekt zu erzielen.
Die Rolle von Angststörungen
Menschen, die an einer psychischen Erkrankung wie zum Beispiel einer Angststörung, leiden, versuchen häufig ihre Probleme mit Alkohol zu lösen. Die psychoaktive Substanz wirkt schließlich auf mehreren Ebenen. Alkohol hebt die Stimmung, stärkt das Selbstvertrauen und besitzt einen beruhigenden Effekt. Ist jemand durch seine Angststörung bereits so stark eingeschränkt, dass beispielsweise im sozialen Umfeld Schwierigkeiten auftreten, kann er sich mit Alkohol den sprichwörtlichen Mut antrinken. Ebenso gut kann Alkohol genutzt werden, um Angstgefühle zu betäuben. Bei beiden Varianten ändert der Alkohol allerdings nichts am ursächlichen Problem der psychischen Angsterkrankung.
Eine chronische Alkoholabhängigkeit führt zu zahlreichen körperlichen und psychischen Veränderungen. Angst oder Angststörungen können in gewissen Konstellationen nicht nur Auslöser oder Ursache für den Alkoholismus sein, sondern auch ein begleitendes Symptom. Ein Mensch mit Alkoholkrankheit kann in Folge auch zusätzlich Depressionen entwickeln, Ängste, Halluzinationen oder wahnhafte Phänomene, ebenso Persönlichkeitsveränderungen.
Wer in bestimmten Situationen mit Panik und Angst reagiert, leicht aus der Haut fährt, nervös ist und regelmäßig zu alkoholischen Getränken greift, um sich zu beruhigen, hat vermutlich die Grenze hin zu einem problematischen Konsum bereits überschritten.
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Panikattacken während des Alkoholentzugs
Bei einem kalten Alkoholentzug können Panikattacken auftreten. Sie können während der gesamten Dauer der Entgiftung immer wieder auftreten und in seltenen Fällen sogar dann bestehen bleiben, wenn die körperliche Entgiftung eigentlich schon lange abgeschlossen ist. Ist dies der Fall, sollte untersucht werden, ob die Angst nicht ein eigenes Krankheitsbild ist, welches behandelt werden muss und ursprünglich eher ein Auslöser der Suchtentwicklung war (Stichwort Eigenmedikation).
Behandlung von Alkoholabhängigkeit und Panikattacken
Eine Behandlung der eigenen Alkoholabhängigkeit bedeutet für die Suchtkranken nicht nur den Startschuss in ein neues Leben, sondern auch viel harte Arbeit. Mit der körperlichen Entgiftung ist es nämlich noch lange nicht getan. Die Betroffenen müssen auch eine Entwöhnung durchführen, um sich gedanklich und emotional vom Alkohol zu lösen. Dabei ist es besonders entscheidend, dass die Suchtkranken neue Strategien erlernen, wie sie mit Angst und anderen Problemen zukünftig umgehen können, ohne Alkohol zu trinken. Lernen sie diese Strategien nicht, können bereits kleine Alltagsprobleme einen Rückfall provozieren.
Im Rahmen einer umfangreichen Psychotherapie arbeiten Patienten mit einer Alkoholabhängigkeit deshalb gezielt daran, die Ursachen für ihr Problem zu identifizieren und sich neue Verhaltensweisen anzueignen. Wenn Alkohol zu trinken Ihr Leben bestimmt, scheint die Zukunft ohne das Rauschmittel leer und trostlos. Vielleicht fragen Sie sich, wie Sie mit dem ganzen Stress und den vielen Belastungen klarkommen sollen, wenn Sie keinen Alkohol mehr trinken dürfen. Oder Sie haben Angst, sich vor anderen als Alkoholiker outen zu müssen und negativ bewertet zu werden.
Selbst, wenn Sie sich einfach nur vor den unangenehmen Symptomen des Alkoholentzugs fürchten, sollte Sie dies auf keinen Fall von einer Alkoholentzugstherapie abhalten. Schließlich verläuft der Alkoholentzug in einer Suchtklinik sanft und medikamentengestützt, so dass Sie sich über Symptome wie Panik- oder Angstattacken in der Regel keine Sorgen machen müssen.
Medikamentengestützter Entzug (Warmer Entzug)
Unter einem warmen Entzug versteht man einen medikamentengestützten körperlichen Entzug von Alkohol, bei dem die Patienten medizinisch betreut werden. Wird dieser warme Entzug stationär in einer Klinik durchgeführt, müssen sich die Betroffenen über die körperlichen und psychischen Entzugserscheinungen, zu denen auch Angstgefühle gehören können, grundsätzlich keine Sorgen machen.
Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Medikamente, welche die psychischen und körperlichen Entzugserscheinungen des Alkohols lindern. Oft wird z.B. das klassische Benzodiazepin Oxazepam zur Linderung der körperlichen Entzugserscheinungen in ausschleichender Dosierung gegeben oder Distraneurin. Man gibt aber auf keinen Fall gegen psychische Beschwerden wie innere Unruhe, Angst oder auch Schlafstörungen erneut ein abhängig machendes Mittel, sondern alternative medikamentöse, sedierende Medikamente. Dies wären z.B. müde machende Antidepressiva oder niedrigpotente Neuroleptika wie Quetiapin.
Dank ihrer sedierenden, beruhigenden Wirkung gelingt es ihnen, viele belastende psychische Symptome zu reduzieren, so dass der Patient maximal entlastet wird. Klingen die Beschwerden ab bzw.
Vorbeugung von Hangxiety
Auch die „1:1“-Regel kann dabei helfen, einen Hangover und Hangxiety vorzubeugen. Zwischen jedem alkoholischen Getränk solltest du ein Glas Wasser trinken. Am nächsten Tag hilft es, Wasser zu trinken und Aktivitäten zu planen, die Spaß machen. Sei es einen Spaziergang in der Natur zu unternehmen oder einfach nur den ganzen Tag zu Hause am Sofa zu lümmeln, Stoner Movies zu schauen und sich auf die nächste Netflix Date Night vorzubereiten. Auch ein Telefonat mit Freunden oder Familie kann dabei helfen, die Sorgen leichter zu verarbeiten.
Abzuraten ist von einem „Reparaturbier“, auch „Konterbier“ genannt. Das Bier am Morgen danach.
Komorbidität von Angststörung und Alkoholsucht
Tritt die Angststörung in Verbindung mit einer Alkoholsucht auf, spricht man auch von einer sogenannten Komorbidiät. In diesem Falle muss zusätzlich eine Suchttherapie durchgeführt werden, d. h. eine professionelle Entgiftung und Entwöhnung von Alkohol. Andernfalls besteht das Risiko, dass die Angststörung trotz adäquater Behandlung durch die Sucht erneut hervorgerufen wird. Patienten, die sowohl an einer Angststörung als auch an der Alkoholkrankheit leiden, sollten daher einen stationären Entzug in einer qualifizierten Suchtklinik bzw. Alkoholentzugsklinik durchführen, die sowohl die Abhängigkeit als auch die Angst behandelt.
Weitere Informationen und Hilfe
Das Anton Proksch Institut ist Kooperationspartner der Initiative „Alkohol. Leben können." Das regionale Kompetenzzentrum der Stadt Wien ist die zentrale Anlaufstelle für alle Wienerinnen und Wiener, die Hilfe bei der Behandlung einer Alkoholerkrankung suchen. Sie können während der Öffnungszeiten telefonisch einen Termin für ein persönlichen Gespräch vereinbaren.
Alkohol, Zigaretten oder Drogen können zwar beruhigend wirken, lösen aber keine Probleme. Psychische Erkrankungen wie Phobien, soziale Ängste oder generalisierte Angststörungen haben meist verschiedene, partiell auch konkrete psychische Ursachen. Diese Ursachen und Belastungen im Rahmen einer professionellen psychotherapeutischen Behandlung aufzuspüren und aufzuarbeiten, ist der erste Schritt zurück in ein Leben ohne Angst. Neben gesprächstherapeutischen Ansätzen haben sich vor allem im Zusammenhang mit Angststörungen verhaltenstherapeutische Behandlungskonzepte als hilfreich erwiesen. Wichtig ist es, sich den Situationen, die Angst auslösen, zu stellen und ihnen mit der passenden Strategie zu begegnen. Auf diese Weise können die Patienten neue Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster erlernen und erfahren, dass sie die betreffenden Situationen auch ohne Angst erleben können.
Alkoholismus: Anzeichen und Folgen
Alkoholabhängigkeit (auch: Alkoholkrankheit, Alkoholsucht) ist keine Charakterschwäche, sondern eine psychische Erkrankung. Sie kann jeden und jede treffen: Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten, Junge und Alte, Frauen wie Männer. In Österreich konsumieren die meisten Erwachsenen mehr oder weniger viel Alkohol. Manche trinken gefährlich große Mengen, sind aber dennoch nicht abhängig. Ab welchem Punkt beginnt die Sucht?
Wann ist man Alkoholiker?
Um ein Alkoholabhängigkeitssyndrom zu diagnostizieren, müssen drei der folgenden sechs Kriterien innerhalb eines Jahres zugetroffen haben.
- Starkes Verlangen: Zentrales Symptom einer Alkoholsucht ist ein kaum beherrschbares Verlangen nach Alkohol.
- Kontrollverlust: Alkoholkranke Menschen verlieren die Kontrolle darüber, wann und wie viel sie trinken.
- Toleranzentwicklung: Durch den übermäßigen Konsum entwickelt der Körper mit der Zeit eine Toleranz gegenüber Alkohol.
- Entzugssymptome: Trinken Alkoholkranke mit körperlicher Abhängigkeit weniger oder gar keinen Alkohol, können sich eines oder mehrere körperliche Entzugssymptome zeigen.
- Vernachlässigung anderer Interessen: Die Gedanken kreisen ständig um die Beschaffung und den Konsum von Alkohol.
- Anhaltender Konsum trotz schädlicher Folgen: Alkoholkranke hören auch dann nicht auf zu trinken, wenn der Konsum bereits schädliche körperliche, seelische oder soziale Auswirkungen hat.
Mögliche Folgen des Alkoholismus
- Schäden an Leber, Bauchspeicheldrüse, Magen und Darm
- Herz-Kreislauf-System
- Kognitive Defizite
- Ängste, Depressionen, Suizidgedanken
- Jobverlust
- Zerstörung sozialer Beziehungen
Ursachen des Alkoholismus
- Genetische Veranlagung
- Stress
- Psychische Belastungen
- Seelische Instabilität
- Problematischer Umgang mit Alkohol in Familie und Freundeskreis
Weitere Substanzen und Panikattacken
Viele Drogen (z.B. Amphetamine) verschlimmern Panikattacken. Nikotin verengt die Blutgefäße, wodurch der Blutdruck erhöht wird.
Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und dem Gehirn
Alkohol beeinflusst direkt das Gehirn und das Nervensystem. Er wirkt auf Neurotransmitter wie GABA und Glutamat, die bei der Regulierung von Angst und Erregung eine Rolle spielen.
Therapieansätze bei Panikattacken im Zusammenhang mit Alkoholkonsum
Therapieformen wie Neurofeedback und Achtsamkeitsmeditation bieten vielversprechende Ansätze zur Bewältigung von Panikattacken.
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