Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) ist eine Verhaltens- und emotionale Störung. ADS (Aufmerksamkeits-Defizit-Störung) oder ADD (Attention Deficit Disorder) bezeichnet eine international anerkannte Aufmerksamkeitsstörung. Betroffene können sich schwer konzentrieren, sind leicht ablenkbar, impulsiv etc. ADHS gilt heute als eine Störung der Selbstregulation und Selbstkontrolle.
Wenn das Gehirn ein Orchester wäre, dann müsste jeder Teil davon perfekt zusammenarbeiten, um schöne Musik zu machen. Bei ADHS ist es, als ob der Dirigent - das Selbstmanagement-System - ein bisschen aus dem Takt gerät. Einige Instrumente spielen zu schnell, andere zu langsam, und das Ergebnis ist eine Musik, die mal wunderschön und voller Energie, mal chaotisch und schwer zu folgen ist.
Ursachen von ADHS
Wie es zu ADHS kommt, ist noch nicht gänzlich geklärt. Man vermutet unter anderem eine Fehlregulation des Stoffwechsels der Botenstoffe Dopamin, Serotonin und Noradrenalin. Aktuelle bildgebende neurologische Untersuchungen (Gehirnstruktur, Aktivierung einzelner Hirnareale, Neurorezeptoren) weisen u.a. auf eine Störung im Dopamin- und Noradrenalin-System als einer wesentlichen Ursache der Symptome hin. Eine diesbezügliche Fehlregulierung wirkt sich besonders deutlich auf das gleichmäßige Funktionieren des sogenannten „Wachheitsnetzwerkes“ im Gehirn aus.
Als Ursache einer Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitätsstörung (ADHS) werden in der Literatur Besonderheiten in bestimmten aufmerksamkeits- und steuerungslenkenden Hirnfunktionen und ein Ungleichgewicht im zentralnervösen Botenstoffsystem für die Reizweiterleitung diskutiert.
Die genetische Veranlagung für ADHS kann nur schwer nachgewiesen werden. Zwillingsstudien haben jedoch gezeigt, dass die Erblichkeit der Störung zwischen 50 und 80 Prozent liegen kann. Dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, ADHS zu entwickeln, stark von den genetischen Faktoren abhängt. Darüber hinaus wurden bestimmte Umweltfaktoren identifiziert, die das Risiko einer ADHS-Erkrankung erhöhen können.
Lesen Sie auch: Wirkung von Medikamenten auf oppositionelles Verhalten bei ADHS
Symptome von ADHS
Typische Symptome für ADHS sind eine Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwäche, eine ausgeprägte Impulsivität und extreme Unruhe (Hyperaktivität). Die Symptome sind individuell verschieden. Gemeinsam sind Probleme im Bereich der Aufmerksamkeit sowie das Auftreten von Hyperaktivität und Impulsivität.
Die Auswirkungen von ADHS können vielfältig sein und sich in verschiedenen Lebensbereichen zeigen. Typische Verhaltensweisen bei ADHS umfassen Aufschieben, Unkonzentriertheit, Ablenkbarkeit, innere Unruhe sowie flüchtiges risikoreiches Verhalten. Kinder mit ADHS können Schwierigkeiten haben, sich auf eine bestimmte Aufgabe zu konzentrieren und werden leicht von äußeren Reizen abgelenkt. Dies kann zu Beeinträchtigungen im Alltagsverhalten führen, wie beispielsweise Problemen in der Schule oder im sozialen Umfeld.
Ein Schulkind mit ADHS könnte während des Unterrichts Schwierigkeiten haben, zuzuhören, da seine Aufmerksamkeit stattdessen auf den Straßenverkehr, die Mitschüler*innen oder andere reizerregende Objekte gerichtet ist.
Kernsymptome von ADHS
- Unaufmerksamkeit: Schwierigkeiten, längere Zeit aufmerksam zu sein, Einzelheiten zu beachten, zuzuhören und Anweisungen zu befolgen, Aufgaben/Aktivitäten zu beenden bzw. zu organisieren, Schwierigkeiten bei längerer geistiger Anstrengung, Gegenstände werden oftmals verlegt, erhöhte Vergesslichkeit, leichte Ablenkbarkeit durch äußere Reize.
- Hyperaktivität: Ständige Unruhe in Händen und Füßen, Schwierigkeiten, ruhig zu sitzen bzw.
ADHS-Symptome nach Altersgruppen
Die ADHS-Symptome äußern sich allerdings bei Säuglingen, Kleinkindern, Jugendlichen und Erwachsenen unterschiedlich.
- Säuglinge: Eine sichere Diagnose von ADHS ist im Säuglingsalter noch nicht möglich. Babys mit Regulationsstörung schreien oft und lang, schlafen schlecht und lassen sich manchmal nur schwer füttern. Sie sind zudem sehr unruhig und wirken oft schlecht gelaunt. Manche Säuglinge, die später im Leben ADHS entwickeln, lehnen Körperkontakte ab.
- Kleinkindalter: Auch bei Kleinkindern ist ADHS nur schwer zu erkennen. Ein ADHS-Kleinkind schreit in der Regel sehr viel, hat keine Lust zu spielen und nur eine geringe Fähigkeit zur Aufmerksamkeit. Typische ADHS-Symptome sind in diesem Alter ausgeprägte motorische Unruhe und Rastlosigkeit.
- Grundschulalter: Zu den häufigsten ADHS-Symptomen in diesem Alter zählen: geringe Frustrationstoleranz und Wutanfälle, unpassende Mimik und Gestik, übermäßig vieles Sprechen und anderen ins Wort Fallen, Ungeschicklichkeit und häufige Unfälle beim Spielen, geringes Selbstbewusstsein, kann sich schwer an Regeln halten, langsames und unsystematisches Aufgabenlösen, schnelle Ablenkbarkeit, Lese-Rechtschreib- oder Rechenschwäche, oft schlecht leserliche Schrift und chaotisches Ordnungsverhalten.
- Jugendalter: Jugendliche mit ADHS sind weiterhin unaufmerksam und entwickeln oft eine „Null-Bock-Mentalität“. Sie verweigern erforderliche Leistungen und flüchten sich in eine aggressive Anti-Haltung.
- Erwachsene: Die überschießende Motorik verliert sich ab der Pubertät meist. Im Vordergrund steht nun meist Schusseligkeit, Vergesslichkeit oder Unorganisiertheit. Auch Symptome wie impulsives Verhalten und unüberlegte Handlungen sind weiterhin vorhanden.
Im Laufe der Entwicklung kann die Hyperaktivität bei ADHS oft in den Hintergrund treten, was die Diagnose im Erwachsenenalter erschweren kann. Dennoch können auch im Erwachsenenalter Symptome wie Impulskontrollstörungen, Aufmerksamkeitsstörungen, Desorganisation, Stressintoleranz, Reizoffenheit und motorische Störungen auftreten.
Lesen Sie auch: Mehr über die ADHS-Trainer Ausbildung
Bei monotonen Tätigkeiten sind unmittelbare Zeichen von Ermüdung, vermehrter Unruhe und Tonusverlust erkennbar. Die meisten Erwachsenen AD(H)S-Betroffenen haben inzwischen gelernt, sich besser zu beherrschen, die innere Unruhe und das Gefühl des „Getrieben-Seins“ jedoch bleibt. Hinsichtlich der motorischen Unruhe merkt man häufig nur noch ein stetiges Wippen der Füße bzw. ein andauerndes Herumspielen mit irgendetwas (z.B.
Bei Erwachsenen rückt die motorische Hyperaktivität in den Hintergrund, während innere Unruhe, Ruhelosigkeit, das „Gefühl der Getriebenheit“ und Vergesslichkeit zunehmen.
Diagnose von ADHS
Um eine adäquate Diagnose mit Verdacht auf ADHS zu stellen, ist ein umfangreiches Verfahren erforderlich, das verschiedene psychologische Testungen in mehreren Instanzen umfasst. Die Diagnose erfolgt infolge einer ausführlichen Anamnese, einer neurologischen Untersuchung sowie zahlreichen psychologischen Tests und Verhaltensbeobachtungen.
Behandlung von ADHS
Da die Ursache der Erkrankung unklar ist, können nur die Verhaltensauffälligkeiten behandelt werden. Dabei kommen psychosoziale, pädagogische, psychotherapeutische (v.a.
Wichtig ist, dass das gesamte Behandlungskonzept individuell auf die kindlichen bzw. jugendlichen Betroffenen abgestimmt und das soziale Umfeld (Eltern, andere Verwandte, Lehrer/ Lehrerinnen, Freunde/ Freundinnen etc.) miteinbezogen wird.
Lesen Sie auch: Unruhige Beine bei ADHS?
Ist eine medikamentöse Therapie erforderlich, ist Methylphenidat das Mittel der ersten Wahl. Die Substanz hemmt die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin, wodurch deren Konzentration in den nachgeordneten Rezeptoren der Hirnzellen erhöht wird. Als Alternative steht der Wirkstoff Atomoxetin zur Verfügung. Dieser hemmt die Wiederaufnahme von Noradrenalin und verbessert dadurch ebenfalls die ADHS-Symptomatik. Es ist Mittel der 1. Wahl, wenn gleichzeitig eine Angsstörung, Tic-Störung oder Suchterkrankung vorliegt.
Darüber hinaus sind bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS zwei weitere, gut wirksame Substanzen zugelassen: Lisdexamfetamin und Guanfacin. Lisdexamfetamin ist Mittel der 2. Wahl. Die Substanz erhöht die Freisetzung der Neurotransmitter und blockiert vermutlich die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin. So werden bei 75% der Betroffenen die Symptome gelindert. Lisdexamfetamin ist auch für Erwachsene zugelassen und hat keinen Suchtmittelstatus. Guanfacin ist Mittel der 3. Wahl. Es aktiviert bestimmte Rezeptoren im Zentralnervensystem (die postsynaptischen Alpha-2A-Adrenorezeptoren) und optimiert dadurch die Signalübertragung. In der Folge verbessern sich Aufmerksamkeit, organisiertes und geplantes Handeln sowie Impulskontrolle.
Safran bzw. sein Inhaltsstoff Crocetin kann depressive Symptome lindern und ist dabei gut verträglich. Das zeigten nicht nur Untersuchungen bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen wurde der Pflanzenstoff bereits erfolgreich eingesetzt. Neben der stimmungsaufhellenden Wirkung wurden auch konzentrationsfördernde und beruhigende Eigenschaften dargestellt.
Aktuell gibt es für Ernährungsmaßnahmen keine eindeutig belegte Wirksamkeit. Einige Studien liefern jedoch Hinweise auf einen positiven Einfluss durch die Zufuhr von ungesättigten Fettsäuren, vor allem Omega- 3-Fettsäuren. Denn diese spielen eine wichtige Rolle bei der Weiterleitung von Informationen zwischen den Nervenzellen.
Wenn seitens der Eltern, der Schule oder anderer Bezugspersonen der Verdacht auf ADHS besteht, ist es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein erster Schritt wäre die Kontaktaufnahme mit einer*einem Ärztin*Arzt oder einer Beratungsstelle, die Erfahrung in der Diagnose und Behandlung von ADHS hat.
Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, Anzeichen von ADHS bemerken, zögern Sie nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
tags: #motorische #unruhe #adhs #ursachen