Depressionen beim Partner: Was tun, wenn der Partner sich zurückzieht?

Die Diagnose und der Umgang mit Depressionen beim Partner stellen eine große Herausforderung dar. Es ist wichtig, sich zu informieren und zu verstehen, wie man am besten helfen kann, ohne sich selbst zu überfordern. Dieser Artikel soll Ihnen dabei helfen, die Situation besser zu verstehen und konstruktive Schritte einzuleiten.

Wie wirken sich Depressionen des Partners auf die Liebesbeziehung aus?

Die Erkrankung macht sich oft nur schleichend bemerkbar, sodass man sie nicht gleich erkennt. Depressionen entstehen nicht über Nacht, sie bauen sich langsam auf. Manchmal glauben Partner:innen, die erkrankte Person sei vielleicht nicht mehr so interessiert an der Beziehung. Die heikelste Phase ist daher oft jene, in der die Lage bereits unangenehm ist, es aber noch keine Diagnose gibt.

Welche Anzeichen gibt es bei einer Erkrankung? Woher weiß ich als Partner:in, dass es sich um eine depressive Episode handelt?

Man kann zuerst einen kleinen LOS-Test machen und sich fragen, ob der:die Partner:in antriebslos, freudlos, hoffnungslos oder auch schlaflos und appetitlos ist.

Was kann ich als Partner:in im Verdachtsfall einer Depression tun?

Es kann helfen, die betroffene Person darauf anzusprechen und zu erzählen, dass man über Depressionen gelesen hat und gleichzeitig fragen, ob sich der- bzw. diejenige davon angesprochen fühlt. Gerne vorsichtig nachfragen: „Ist da was dran? Der heikelste Moment für Paarbeziehungen? Dann ist das zur Kenntnis zu nehmen. Dennoch darf man ruhig offenlegen, dass man sich dadurch in einem Dilemma befindet. Eine Seite macht sich Sorgen und möchte, dass die erkrankte Person die richtige Unterstützung bekommt, die andere Seite weiß, man sollte sie besser nicht mehr darauf ansprechen. Als Partner:in möchte man nicht lästig und gleichzeitig nicht fahrlässig sein. Hilfe soll wertschätzend, liebevoll und deutungsoffen sein - mit einer Haltung des Wohlwollens. Die erkrankte Person ist dabei der:die Expert:in für sich selbst, das sollte auch so kommuniziert werden. Folgende Fragen können sehr hilfreich sein: „Was ist das Beste, das ich dir jetzt anbieten kann? Als Partner:in darf ich dieses Thema transparent und offen ansprechen, aber die Entscheidung treffen Betroffene allein. Vielleicht hilft es, zu betonen, dass die erste Stunde bei Psychotherapeut:innen meist ein unverbindliches, kostenloses Kennenlernen ist. Die Vorstellung, zweimal die Woche auf die Couch zu kommen ist für Skeptiker:innen wahrscheinlich nicht sehr angenehm.

Wie kann man den Betroffenen helfen?

Für Partner, Familienangehörige und Freunde eines depressiven Menschen ist es häufig schwer, mitzuerleben, wie schlecht es dieser Person geht. Sie fragen sich, wie sie bei Depressionen am besten helfen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Menschen mit Depressionen den Umgang mit der Erkrankung zu erleichtern:

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Unterstützung beim Arztbesuch

Ist jemand über einen längeren Zeitraum hinweg niedergeschlagen, freudlos und antriebslos, ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen. Bei diesem ersten Schritt sind viele Betroffenen auf die Unterstützung ihrer Angehörigen angewiesen. Depressiven Menschen fehlt oft der nötige Antrieb, um einen Arzttermin zu vereinbaren oder sie glauben nicht daran, dass ihnen dort geholfen wird.

Zudem wirkt die Diagnose "Depression" bedrohlich - viele Menschen haben Angst davor. Doch es ist oft auch eine Erleichterung, zu wissen, dass die fehlende Lebensfreude Folge einer Erkrankung ist, die sich behandeln lässt. Zudem entlastet die Diagnose die Patienten, weil klar wird, dass es nicht ihr Fehler ist, wenn sie sich ständig niedergeschlagen fühlen. Nutzen Sie diese Informationen, um Angehörige mit einer Depression dazu zu motivieren, sich Hilfe zu suchen.

Geduld haben

Menschen mit Depressionen ziehen sich zurück und wirken auf ihr Umfeld oft ablehnend. Depressive melden sich vielleicht nicht mehr so häufig und gehen auf Abstand. Sozialer Rückzug und die Vernachlässigung der beruflichen und alltäglichen Pflichten sind typische Auswirkungen schwerer Depressionen.

Angehörige unterstützen den Patienten durch Geduld und Verständnis. Machen Sie sich bewusst, dass das Verhalten des Betroffenen nicht gegen Sie gerichtet ist, sondern Teil einer depressiven Phase ist. Wenden Sie sich nicht ab, auch wenn Ihr depressiver Angehöriger Sie zurückzuweisen scheint.

Hoffnung statt Druck machen

Setzen Sie einen depressiven Menschen nicht mit Bemerkungen wie "Nun reiß dich doch ein bisschen zusammen" unter Druck - denn "Zusammenreißen" ist bei einer Depression nicht möglich. Auch Vorwürfe sind unangebracht und verschlimmern die Lage nur. Die Kranken machen sich ohnehin selbst starke Vorwürfe und leiden unter Schuldgefühlen aufgrund ihrer Depression. Die Beziehung aufrecht zu halten und den Betroffenen nicht aufzugeben, hilft, die Krankheit zu bewältigen.

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Ebenfalls wichtig: Streiten Sie nicht mit Ihrem depressiven Angehörigen darüber, ob seine negative Sichtweise der Situation "objektiv" gerechtfertigt ist oder nicht. Auch das hat keine Aussicht auf Erfolg. Werten Sie die intensiv erlebten körperlichen Missempfindungen des Depressiven und seine Ängste vor einer körperlichen Erkrankung nicht als übertrieben oder "nur psychisch bedingt" ab. Denn depressive Menschen übertreiben ihr Erleben nicht.

Gut gemeinte Ratschläge vermeiden

Seien Sie vorsichtig mit gut gemeinten Ratschlägen: Empfehlen Sie einem depressiven Menschen beispielsweise nicht, mal richtig abzuschalten und für ein paar Tage zu verreisen. Gerade Menschen mit schweren Depressionen erleben in einer nicht vertrauten Umgebung ihre Freudlosigkeit manchmal noch weitaus schmerzhafter.

Wenn jemand sich vollständig vom gesellschaftlichen Leben zurückzieht, liegt es nahe, ihn aufmuntern oder motivieren zu wollen. Gute Ratschläge, die gesunden Menschen mit Problemen helfen, fruchten aber bei Depressiven nicht. Sie setzen den Patienten vielmehr unter Druck.

Keine Ratschläge zu erteilen, ist natürlich eine schwierige Aufgabe für Angehörige. Eine Depression ist aber definitiv nicht durch Aktivitäten und schöne Erlebnisse zu heilen. Depressive Menschen sind in ihren negativen Gedanken und Gefühlen gefangen und benötigen daher eine medikamentöse und/oder psychotherapeutische Behandlung.

Suizidgedanken ernstnehmen

Bei einer schweren Depression verlieren Betroffene manchmal den Lebensmut. Suizidgedanken sind Teil der depressiven Störung und werden durch Hoffnungslosigkeit und starke Selbstzweifel verstärkt. Wenn Menschen mit einer Depression davon sprechen, sich das Leben zu nehmen, ist das ein ernstzunehmendes Warnsignal!

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Meist steckt dahinter nicht ein wirklicher Sterbewunsch, sondern vielmehr die fehlende Kraft, SO weiter zu leben, beziehungsweise der Verlust der Hoffnung, dass die Situation sich auch wieder zum Besseren wenden kann.

Auch wenn es schwerfällt: Sprechen Sie die Betroffenen darauf an, wenn er sich entsprechend äußert. Das können auch Sätze sein wie "Ohne mich wärt ihr besser dran" oder "ich bin für alle eine Last" oder auch nur "Ich mag nicht mehr". Konkrete Pläne, wie der Suizid umzusetzen wäre, deuten drauf hin, dass der Schritt zur Durchführung nicht mehr weit sein könnte.

Bieten Sie an, gemeinsam in eine psychiatrische Notfallklinik zu fahren.

Co-Depression, Selbstschutz und Abgrenzung

Der Selbstschutz spielt eine Rolle, wenn Schuldgefühle im Spiel sind. Trotz der Depression von Partner:innen darf ich natürlich gut auf mich selbst schauen. Oft ist es aber so, dass ein schlechtes Gewissen besteht. Dann kann eine ungesunde Dynamik entstehen, vor allem bei einer sehr lang andauernden depressiven Erkrankung. Manche werden co-depressiv. Eine Selbsthilfegruppe oder eine Beratung bei einer Selbsthilfestelle können sehr hilfreich sein, wenn es um Abgrenzung und Selbstschutz geht. Manche trauen sich nicht aus dem Vollen zu schöpfen und das Leben zu genießen, wenn sein:e oder ihr:e Partner:in an Depressionen leidet.

Therapie-Bausteine kombinieren

Eine Therapie besteht aus mehreren Bausteinen und es empfiehlt sich eine Kombination aus Medikamenten, therapeutischen Gesprächen und speziell für die Depression entwickelter Psychotherapie. Aber auch Sport und gesunde Ernährung sind für Patient:innenein wichtiges Thema, denn sie heben die Stimmung und verbessern das Wohlbefinden. Ihre Psychiater:innen beraten Sie gerne. Sprechen Sie mit ihr:ihm offen über Ihre Wünscheund Bedenken. Nur so kann sie:er Sie gut begleiten. Therapie-Angebote können in einer Arztpraxis, einer Ambulanz oder auch stationär in einer Klinik wahrgenommen werden.

Welche Arten der Behandlung gibt es?

Meistens empfehlen Ärzt:innen als Behandlung eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie.

  1. Psychotherapie: Bei einer leichten Depression eignen sich besonders zwei Arten von Psychotherapie als Behandlung:
    1. Die kognitive Verhaltenstherapie: Hier arbeitet man als Patient:in mit seinen Ärzt:innen daran, seine Probleme selbst unter Kontrolle zu bringen. Patient:innen lernen, sich selbst zu beobachten, Probleme zu identifizieren und individuelle Blockaden zu erkennen. Dann werden Alternativen entwickelt und ausprobiert sowie die Denkmuster und Verhaltensweisen neu bewertet: Zum Beispiel indem Patient:innen sich bewusst distanzieren, etwas positiv umdeuten oder ein Problem als Herausforderung sehen.
    2. Die interpersonelle Psychotherapie (IPT): Dies ist ein evidenzbasierter, Leitlinien-empfohlener Ansatz zur Behandlung von Depressionen. Die Interpersonelle Psychotherapie nach Klerman und Weissman gehört zu den am umfassendsten untersuchten und wirksamsten psychologischen Depressionstherapien.
  2. Behandlung mit Medikamenten: Gegen Depressionen gibt es verschiedene Medikamente. Mediziner:innen sagen zu Medikamenten gegen Depressionen auch Antidepressiva. Bei mittelschweren Depressionen können Medikamente wirksam sein. Medikamente bringen die Chemie im Gehirn wieder in Ordnung. Dadurch fühlen Sie sich besser, die Beschwerden gehen zurück.
  3. Weitere mögliche Behandlungen: Die Elektrokrampf-Therapie ist eine Behandlung gegen eine schwere Depression, bei der andere Behandlungen nicht gewirkt haben. Während einer kurzen Narkose bekommt das Gehirn der Patientin elektrische Reize.
  4. Gesunde Lebensführung: Durch Bewegung und gesunde Ernährung können Sie ganz viel für Ihren Körper tun. Wenn Sie gerade genug Kraft haben, treffen Sie auch Freund:innen und Kolleg:innen.

Wichtige Punkte für Angehörige

  • Seien Sie sich darüber im Klaren, dass Depression eine Krankheit ist.
  • Sprechen Sie das Thema Depression auch in Ihrem Umfeld an.
  • Bleiben Sie in Kontakt mit der depressiven Person, auch wenn das oft schwierig ist.
  • Mitfühlen, aber nicht mitleiden.
  • Ermutigen Sie den Betroffenen zu Aktivitäten, machen Sie Angebote, immer und immer wieder.
  • Achten Sie auf Ihre eigenen Ressourcen und Grenzen.

Zusammenfassung

Eine Beziehung mit einem depressiven Partner ist nicht immer leicht. Man möchte helfen, weiß aber nicht wie. Dazu kommt häufig die Sorge um eine gemeinsame Zukunft: Wird es immer so bleiben? Es ist wichtig, sich über die Krankheit zu informieren, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten und Geduld zu haben. Gemeinsame Kinder benötigen besondere Aufmerksamkeit und eine kindgerechte Aufklärung.

Es ist normal, dass verschiedene Gefühle auftauchen, zum Beispiel Angst, Traurigkeit, Schuldgefühle oder etwa Wut. Zudem ist es sehr gut nachvollziehbar, dass eine solche Situation überfordern kann und man alleine nicht mehr weiter weiß. Sich über die Erkrankung informieren: Symptome und Krankheitsverlauf zu kennen hilft, Anzeichen richtig zuzuordnen und Betroffene besser zu verstehen sowie zu unterstützen. Darüber reden: Mit jemandem Vertrauten über die eigene Situation zu sprechen entlastet meist. Professionelle Helfer:innen oder andere Angehörige bringen zudem eine andere Sicht auf die Dinge mit.

Denken Sie daran: Sie sind nicht allein. Es gibt Hilfe und Unterstützung für Sie und Ihren Partner.

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