Wir kennen das alle: es gibt schwierige Phasen im Leben, an denen wir ordentlich zu knabbern haben. Oft fühlen wir uns in solchen Situationen sehr unwohl und fallen in ein Stimmungstief, das eine Weile anhält. Je nach Charakter des Menschen und Stärke der Krise erholen wir uns oft nach einer gewissen Zeit wieder und entwickeln positivere Gefühle.
Was ist eine depressive Verstimmung?
Ein Seelentief erlebt jeder einmal. Dazu gehören meist Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Müdigkeit. Die Stimmung ist gedrückt und man fühlt sich traurig, mutlos und die Energie fehlt. Doch in der Regel halten diese Gefühle nicht lange an und wechseln sich mit positiven Emotionen ab.
Was umgangssprachlich funktioniert, wird aus medizinischer Sicht anders beurteilt. Bei einer einfachen Verstimmung sagt man oft, man sei deprimiert oder depressiv. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist der Faktor Zeit.
Sind spontane, von einem akuten Ereignis ausgelöste Stimmungsschwankungen wie Unentschlossenheit, Desinteresse, Müdigkeit und unmittelbare Traurigkeit normal und schnell überwunden - Fachleute nennen dies „Schwingungsfähigkeit“ -, ist die echte depressive Verstimmung oder Depression noch weit weg. Treten diese Empfindungen wiederholt und ohne ersichtlichen Grund auf, halten sie an, werden sogar stärker und verändern den Alltag, das soziale Miteinander, Verhalten und Körperfunktionen, dann sollte ein Facharzt über den weiteren Verlauf entscheiden.
Eine solche Verstimmung stellt sich meist nach einem tragischen Ereignis, permanentem privaten oder beruflichem Stress oder Enttäuschungen ein und verschwindet oft wieder, sobald die Krise überwunden ist. Auch können trübes Wetter, wenig Sonnenlicht Hormonschwankungen und Arzneinebenwirkungen eine depressive Verstimmung auslösen. Halten Traurigkeit und weitere Symptome an, besteht Handlungsbedarf.
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Leichte Verstimmung oder chronisch-depressive Verstimmung?
Bei einer depressiven Verstimmung ist das oft anders. Auch wenn der Begriff nicht einheitlich benutzt wird, wird er häufig als leichte Depression bezeichnet. So ein Stimmungstief hält normalerweise länger als 2 Wochen an. Es kann aber genauso gut sein, dass die gedrückte Stimmung zwischendurch verschwindet, aber regelmäßig stark ausgeprägt wiederkommt. Auch das gilt oft als depressive Verstimmung und ist kein normales Seelentief mehr.
In der Fachsprache wird eine länger anhaltende depressive Verstimmung auch Dysthymie genannt. Die Symptome sind schwächer ausgeprägt als bei einer Depression, halten aber dafür über Monate oder Jahre an. Betroffene können den Alltag oft nur unter starker Anstrengung bewältigen.
Wie erkenne ich, ob ich an einer depressiven Verstimmung leide?
Neben der Niedergeschlagenheit, der fehlenden Energie und Müdigkeit kann sich eine depressive Verstimmung auch noch anders äußern. Es gibt verschiedene Symptome, die eine depressive Verstimmung begleiten können. Betroffene neigen teilweise dazu, ständig zu grübeln und sie haben nicht selten das Gefühl, dass sie keiner versteht. Ein Gefühl der inneren Leere macht sich breit. Genauso sind körperliche Beschwerden denkbar, für die es keine organischen Ursachen gibt.
In einigen Fällen können sich die Symptome einer depressiven Verstimmung auch umkehren. Statt fehlender Energie äußert sich das dann mit einer Überaktivität. Viele der Anzeichen, wie Niedergeschlagenheit, Erschöpfung und innere Leere, können auch für das Burnout-Syndrom sprechen.
Es geht nicht darum, dass man mal traurig ist. Auch vorübergehende Motivationsmangel ist noch kein Grund, sofort den Arzt aufzusuchen und womöglich nach Psychopharmaka zu fragen. Depressive Verstimmungen/Episoden stellen sich komplexer dar und sind ganz offiziell und international nach ICD-10 klassifiziert.
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Trauer oder Unzufriedenheit sind ganz natürliche Empfindungen, und ihnen sollte im Leben Raum gegeben werden, damit die Psyche gesunden kann. Vielen Menschen hilft es, sich in solchen stimmungstiefen Phasen für ein paar Tage zu Hause zu verkriechen und die Außenwelt zu ignorieren. Völlig normal, wenn Tränen fließen, meist nicht besonders wertvolle Nahrungsmittel verspeist werden und das Fernsehprogramm in Dauerschleife läuft. Stellt sich jedoch keine Verbesserung ein, ist es ratsam, doch einen Arzt aufsuchen. Andernfalls besteht die Gefahr, mit der Zeit in eine in eine Depression zu geraten, unter der in Deutschland ca. fünf Prozent der Bevölkerung leiden.
Schwerere Formen depressiver Verstimmungen basieren meist auf der Veränderung des Gehirnstoffwechsels. Die für den Botenstofftransport von Nervenzelle zu Nervenzelle zuständigen Neurotransmitter Serotonin, Dopamin und Noradrenalin sind dann deutlich reduziert, was die Kommunikation der Nervenzellen untereinander beeinträchtigt.
Ein vorübergehendes Stimmungstief und eine mehr oder minder starke depressive Verstimmung sind in der Ausprägung der Symptome oft sehr ähnlich. Es kann also nur die im Rahmen der Beurteilung sämtlicher Beschwerden und Symptome erforderliche Differenzialdiagnostik seitens eines Facharztes zu einer Abgrenzung führen.
Tipps für einen besseren Umgang mit depressiver Verstimmung
Wesentlich für einen erfolgversprechenden Umgang mit depressiven Verstimmungen sind Faktoren, die helfen, den Wert des oft als „Glückshormon“ bezeichneten Botenstoffes Serotonin im Blut zu erhöhen. Dieser ist maßgeblich für eine Stimmungsaufhellung zuständig. Im Alltag können Betroffene ein paar einfache Regeln befolgen, die Besserung und damit wieder mehr Lebensfreude bewirken. Bei Vorliegen schwererer depressiver Verstimmungen oder gar „echter“ Depressionen muss jedoch eine entsprechende therapeutische Begleitung erfolgen.
- Licht und Helligkeit: Der natürliche „Feind“ des Serotonins ist das Melatonin, das auch als Schlafhormon bezeichnet wird. Es macht müde und träge. Licht, auch bestimmtes Kunstlicht, ist geeignet, den Serotoninspiegel zu erhöhen. Zwischen 2.500 und 10.000 Lux sollte es haben. Das Beste ist vormittägliches Tageslicht.
- Frische Luft: Frischluft bewirkt, dass das Blut mit mehr Sauerstoff angereichert wird, was die Gehirnaktivität anstößt und die Hormone, also auch das Serotonin, „motiviert“.
- Bewegung und Sport: Schon ein Spaziergang tut der Psyche gut. Und Sport erhöht nicht nur die Menge an Serotonin, Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin. Auch das Wachstum von Neuronen wird begünstigt. Ferner wirkt sich ein bestimmtes Neuropeptid und Protein, das VGF, positiv auf die Zellfunktion und damit auf den gesamten Stoffwechsel sowie die optimale Verschaltung und Flexibilität der Nervenzellen aus.
- Ein positives Miteinander: Freunde und Familie können gute Stabilisatoren sein. Doch manchmal fehlen menschliche Kontakte. Wie gut, dass die Technik heute viele Möglichkeiten auch der virtuellen Kontaktaufnahme bietet.
- Gesunde Ernährung: Ausgewogen und vitaminreich sollte sie sein. Gerade im Herbst und Winter ist die Zufuhr von Vitamin C und Zink wichtig, und bei dauerhaft wenig Licht braucht der Körper Vitamin D3. Über ab und zu ein Stück dunkler Schokolade freut sich die Serotonin-Produktion.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten
Bei leichten Depressionsformen kann die Behandlung ohne medikamentöse Therapie erfolgen. Dabei sind nicht medikamentöse Maßnahmen wie Modifizierung des Lebensstils, Stressmanagement, Schlafhygiene, ausgewogene Ernährung, Bewegung, Entspannungstechniken und soziale Kontakte essenziell.
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Weitere Therapieformen:
- Bewegungstherapie und sporttherapeutische Maßnahmen
- Musiktherapie
- Lichttherapie
- Schlafentzugstherapie
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