Die Psychologie der "Kleinen Frau": Merkmale und Betrachtungen

Der Begriff "Kleine Frau" beschreibt ein vielschichtiges Phänomen, das sowohl psychologische als auch soziokulturelle Aspekte umfasst. Im Kern geht es um Frauen, die entweder kindliche Züge in ihrem Verhalten bewahren oder aber durch äußere Umstände in einer unselbstständigen Rolle verharren.

Frauen haben unterschiedliche weibliche Anteile, die ihre Identität als Frau ausmachen.

In der Umgangssprache wird von einer „Kind-Frau“ gesprochen, wenn sie zugleich naiv und unschuldig als auch raffiniert und verführerisch erlebt wird. Häufig ist damit auch verbunden, dass sie im Denken und Handeln noch kindlich-unselbständig erlebt wird.

Der Archetyp der Persephone

In der Analytischen Psychologie entspricht der Ausdruck der Kind-Frau einem dahinterstehenden Archetyp, dem Archetyp der Persephone, die man aus der griechischen Mythologie kennt. Die Wirkung des Archetyps macht auch verständlich, warum sie so eine starke Wirkung hat und warum sie häufig in Kunst und Kultur anzutreffen ist, vor allem in Literatur und in Filmen.

Dies wird auch von Jorst-Jürgen Gerigk hervorgehoben: „Dass es Wildes Salome und Nabokovs Lolita zu solcher Prominenz bringen konnten, liegt .

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Fallbeispiel Christelle

Christelle steht in der Mitte des Lebens. In einem Coaching-Gespräch sagt sie, sie möchte zu sich kommen, sie habe sich selbst noch nicht gefunden und fühle sich sehr unsicher. Sie sieht sich selbst als Kindfrau, die Halt braucht und Angst hat, allein zu sein. Sie hat darüber im Internet nachgeforscht, ist dabei auf Kore und Persephone (röm. Proserpina) gestoßen. Das sind die Namen für eine griechischen jungfräulichen Göttin, Tochter der Mutter-Göttin Demeter (röm. Ceres). Persephone ist gleichzeitig ein Archetyp, ein innerer psychischer Anteil, mit dem sich Christelle sehr identifiziert.

Christella wuchs bei ihrer Mutter auf. Ihre Eltern trennten sich, als sie noch ein kleines Kind war. Ihr Vater wurde von der Mutter schlecht gemacht, sie redete nur negativ über ihn. Christella sah nur am Wochenende. Er verstarb noch in ihrer Kindheit. Die Mutter hatte wenig Kontakt nach außen. Da sie auch keine FreundInnen hatte wuchs Christelle fast isoliert in einer Zweierbeziehung mit ihrer Mutter aus. Ihre Mutter hatte viele Ängste und hat Christelle überbehütet, „damit ihr nichts passiert“. Sie hatte keinerlei Freiheiten, sollte auch als Teenager nicht ausgehen, keine Freunde treffen, am besten immer zu Hause bleiben.

Christelle meint, sie selbst war auch immer schon mit Ängsten belastet gewesen, und sie habe diese Ängste von ihrer Mutter übernommen. Dann kam Hades. Ihren Hades lernte sie beim Studium kennen. Dieser Mann raubte ihr der Mutter, indem er ihr „die Augen öffnete“ - über die Mutter, die nur ihr eigenes Spiel spielt und ihre Tochter für ihre Interessen benutzt. Mit ihrem sehr starken und selbstbewussten Hades, an den sie sich anlehnen konnte und der ihr viel Sicherheit gab, holte sie das nach, was sie unter der Obhut der Mutter versäumt hatte.

Sie führte mit ihm sie ein sehr exzessives Leben mit viel Alkohol. Die Beziehung zu ihrer Mutter verschlechterte sich drastisch. Diese akzeptierte ihren Partner nicht. Über einige Zeit hat sie den Kontakt zu ihrer Mutter ganz abgebrochen. Nach einigen Jahren war die Beziehung zu ihrem Hades zu Ende, sie sah ihn nur mehr als (älteren) Bruder, nicht mehr als Mann. Durch Fremdgehen lernt sie ihren neuen Partner kennen, zu dem sie übergangslos zog - für nur wenige Jahre. Bei ihm (und seiner „Uranus-Natur“) lernte sie die Freiheit kennen und was es heißt, in Freiheit miteinander zu leben. Da er sie auch zu Extremsportarten inspirierte, lernte sie auch, diese Ängste zu überwinden.

Christelle war jetzt in einem Alter, in dem sie die Entscheidung für ein Kind nicht mehr lange aufschieben konnte. Mit ihrem Partner war das nicht möglich. Ein neuer Mann trat in ihr Leben - auch über Fremdgehen. Waren alle bisherigen Männer auch ältere Vaterfiguren für Christella, so war dieser Mann sehr viel älter. Aber sie war verliebt und es gelang ihr vor allem, ihn zu einem Kind zu überreden. Aber nach der Geburt kamen wieder Zweifel auf - über ihr Leben und ihre Partnerschaft. Sie wollte nicht wie geplant heiraten und sie wollte auch das alleinige Sorgerecht für ihr Kind. Und er war „sehr materiell orientiert“, enorm sparsam, man könnte auch sagen geizig. De facto sorgt sie allein für das Kind. Das ist der aktuelle Stand.

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Nicht erwähnt wurde, dass Cristella wieder verliebt ist - in einen vergebenen Mann. Sie weiß nicht, wohin das führen wird. Sie sagt, das ist der erste Mann, der sie so akzeptiert, wie sie ist - mit allen Ecken und Kanten. Er akzeptiert sie, wie sie ist, sie aber kann sich selbst nicht akzeptieren. Als erste Intervention versucht Christella Kontakt den Anteil in ihr aufzusuchen, der verschüttet ist, der ihre Selbstzweifel nährt. Das gelingt ihr und sie visualisiert es als dreijähriges kleines Mädchen, das im Sand verschüttet ist.

Dabei fällt ihr ein Foto ein, das sie entdeckt hat. Auf diesem Foto läuft sie als kleines Mädchen aus einem dunklen Raum, in dem sich ihre Oma aufhält. Sie läuft heraus ins Freie, ins Helle, mit offenen Armen. Das Foto hat sie berührt und sie hat das Bedürfnis, die Arme dem Kind entgegen zu strecken und es in die Arme zu nehmen. Und sie führt diese Geste auch aus. Und sie hat das Gefühl, dieses kleine Kind in den Armen zu halten und das berührt sie. Sie fragt das Kind (innerlich), was es braucht und sie bekommt die Antwort: „Es will gesehen und akzeptiert werden.“ Und sie nimmt sich vor, täglich vor dem Einschlafen mit diesem inneren Anteil Kontakt aufzunehmen, vielleicht auch diesem inneren Kind einen Brief zu schreiben.

Der Weg zur Selbstfindung

Shinoda Bolen, eine ‚Neo-Jungianerin‘ hat in ihrem Buch „Göttinen in jeder Frau“ die Archetypen-Lehre von C. G. Jung differenziert und weiterentwickelt und auch den Persephone-(Arche)Typ beschrieben. Dabei hat sie auf den Entwicklungsweg der Persephone hingewiesen, vom ‚Kore-Mädchen‘ zur Göttin der Unterwelt, die den Menschen auf ihrem Entwicklungsweg helfen kann. Der Übergang vom Mädchen zur Führerin der Unterwelt (des Unbewussten) geht aber nicht linear, sondern führt über eine Entwicklungs-Krise.

Christelle ist ein Beispiel für eine Kind-Frau, die in der Mitte des Lebens innerlich an der Schwelle vom Archetyp des Mädchens zum Archetyp der Göttin der Unterwelt stehen kann, von der Kind-Frau, zur weisen Frau, die sich im Unbewussten auskennt und damit anderen Menschen helfen kann. Dazu ist die (positive) Überwindung der Krise und der Eintritt in einen neuen Entwicklungsweg notwendig.

Ursachen und Einflüsse: Die Entwicklung einer "Kleinen Frau" kann vielfältige Ursachen haben:

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  • Überbehütung in der Kindheit: Eltern, die ihre Kinder übermäßig beschützen, können deren Selbstständigkeit und Eigenverantwortung einschränken.
  • Traumatische Erfahrungen: Verlust, Missbrauch oder andere traumatische Erlebnisse können dazu führen, dass sich eine Frau innerlich nicht weiterentwickelt und in kindlichen Mustern verharrt.
  • Gesellschaftliche Rollenbilder: Traditionelle Rollenbilder, die Frauen als hilfsbedürftig und abhängig darstellen, können die Entwicklung von Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit behindern.

Auswirkungen auf Beziehungen

Das Konzept der Geschlechteridentität und -rollen ist komplex und wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Es gibt psychologische und soziologische Erklärungen dafür, wie Geschlechterrollen entstehen und wie sie sich auf unser Verhalten auswirken.

Geschlecht wird als Platzzuweiser verwendet, und unser Verhalten ändert sich automatisch, wenn unser Gegenüber einem bestimmten Geschlecht zugeordnet wird. Studien haben gezeigt, dass wir Mädchen und Jungen nicht immer gleich behandeln, selbst wenn wir das von uns selbst denken.

Die Bedeutung von Selbstwirksamkeit und Stereotypen: Sozialpsychologische Phänomene wie "Stereotype Threat" und Selbstwirksamkeitserwartungen spielen eine wichtige Rolle bei Bildungsentscheidungen von Kindern und Jugendlichen. Selbstwirksamkeit beschreibt, wie sicher sich jemand fühlt, eine bestimmte Aufgabe schaffen zu können.

Merkmal Beschreibung
Überbehütung Einschränkung der Selbstständigkeit
Trauma Verharren in kindlichen Mustern
Gesellschaftliche Rollenbilder Behinderung von Selbstbewusstsein

Die Rolle von Eltern und Erziehern: Eltern und Erzieher spielen eine wichtige Rolle bei der Begleitung der Geschlechtsentwicklung von Kindern. Es erfordert Selbstreflexion über das eigene Frauen- und Männerbild und die Erwartungshaltungen, die das Handeln leiten.

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