Jobwechsel und Depression: Erfahrungen und Lösungsansätze

Krisen und schwierige Situationen gehören zum Leben. Immer wieder fordert uns das Leben und Veränderungen gehören einfach dazu, viele davon können wir nicht beeinflussen.

Was ist eine Krise?

Wir Menschen durchlaufen in unserem Leben „ganz normale“ Entwicklungsphasen. Das beginnt schon im Kindesalter, wenn wir das erste Mal getrennt von Mama allein im Kindergarten sind oder wenn wir in die Schule kommen. Die Pubertät gehört zum Leben genauso dazu sowie die erste große Prüfung. Irgendwann verlassen wir unser Elternhaus, vielleicht heiraten wir und bestimmt erleben wir einmal eine Trennung, einen Umzug, einen Jobwechsel oder sind mit dem Tod eines geliebten Menschen konfrontiert. Wenn wir eigene Kinder haben, ziehen diese einmal aus und das sorgt ebenso für Veränderung, wie die Pension. Das Leben gibt uns in diesen Phasen eine Veränderung vor, die wir oft gar nicht wollen und die uns manchmal gar nicht so leicht fällt.

Aber auch Ereignisse wie Misserfolge, Kränkungen, Konflikte, Beziehungsprobleme und vieles mehr können Krisen auslösen. Gefühle entstehen, wie Trauer, weil wir Altes verabschieden “müssen”, oder Angst vor Veränderung. Und die können uns schon mal ganz schön aus der Bahn werfen! Und oft wollen oder können wir auch einfach nicht akzeptieren, dass Leben auch Veränderung bedeutet.

Wenn das passiert, sprechen wir von einer Krise.

Umgang mit Veränderungen

Von Natur aus sind wir prinzipiell sehr gut ausgestattet, um mit Veränderungen umgehen zu können. Unser Körper und unsere Psyche können sich gut an Neues anpassen und im Laufe des Lebens hat jeder von uns schon Strategien gelernt, mit schwierigen Situationen umzugehen. Ganz automatisch werden wir auch in der Krise unsere Problemlösestrategien anwenden und wenn alles gut geht, unsere Krisen gut bewältigen. Es gibt viele Gründe, warum wir Menschen mit Krisen überfordert sein können. Vielleicht haben wir noch nicht die richtigen Strategien für uns gefunden, vielleicht fehlt es uns an Selbstwert, vielleicht spielen unbewusste Muster, so genannte Schemas eine Rolle, vielleicht befinden wir uns aber auch einfach im falschen sozialen Umfeld oder tun uns schwer mit dem Thema Akzeptanz. Das sind nur einige der vielen Gründe, die ich aus der Erfahrung mit der Arbeit mit meinen Patienten, aber auch aus meiner eigenen Lebenserfahrung hier niederschreibe.

Lesen Sie auch: Kupferspirale: Einflüsse auf das Wohlbefinden

Anpassungsstörung

Wenn wir über längere Zeit keine guten Lösungen für bestimmte Probleme finden können, es uns also schwer fällt, uns an eine neue Situation anzupassen, dann entsteht in uns negativer Stress. Und das wirkt sich auf unseren Körper und unsere Psyche aus. Wir leiden dann zum Beispiel an Schlafstörungen, haben Sorgen und unsere Gedanken kreisen. Eine depressive Stimmung entwickelt sich häufig und ganz automatisch ziehen wir uns dann zurück. Oder wir haben Ängste, Angstzustände und Panikattacken. Manche Menschen gewöhnen sich in solchen Phasen auch schädliche Verhaltensweisen an oder entwickeln einen Genussmittelmissbrauch.

Wenn das passiert, bekommt das Ganze eine Diagnose und in der Medizin spricht man dann passenderweise von einer “Anpassungsstörung”. Wenn wir weiterhin keine Lösungen für unsere Probleme finden, kann es zur Entwicklung von Krankheiten wie zum Beispiel einer Depression oder Angststörung kommen. Aber auch auch körperlichen Erkrankungen.

Unterforderung im Job (Boreout)

Ständiger Stress im Job kann krankmachen - doch das Gegenteil in Form permanenter Unterforderung kann auch belastend sein. Unterforderung im Job bedeutet, dass dich deine Aufgaben geistig, emotional oder körperlich nicht auslasten. Du arbeitest unter deinem Potenzial - vielleicht, weil du kaum etwas zu tun hast, weil deine Fähigkeiten nicht genutzt werden oder du keine sinnvollen Aufgaben bekommst.

Das Boreout-Syndrom beschreibt die psychischen und physischen Folgen anhaltender Unterforderung. Es ist das Gegenstück zum Burnout: Statt zu viel Arbeit und Stress entstehen hier Stresssymptome durch Langeweile, Frust und das Gefühl, nicht gebraucht zu werden.

Symptome von Unterforderung

  • Langeweile: Du zählst die Minuten bis zum Feierabend, weil du kaum Aufgaben hast oder sie dich nicht fordern.
  • Motivationsverlust: Du erledigst deine Arbeit mechanisch, ohne Interesse oder Einsatz.
  • Erschöpfung trotz geringer Belastung: Obwohl du wenig zu tun hast, fühlst du dich am Ende des Tages ausgelaugt.
  • Innere Kündigung: Du identifizierst dich nicht mehr mit deiner Arbeit und ziehst dich emotional zurück.
  • Vermeidung oder Beschäftigungstaktik: Du tust nur so, als wärst du beschäftigt („Freizeitstress“ im Büro), um nicht negativ aufzufallen.

Ursachen für Unterforderung

Bei dauerhafter Unterforderung fehlt geistige und/oder emotionale Anregung. Auch wenn es paradox klingt: Zu wenig Arbeit kann genauso stressen wie zu viel.

Lesen Sie auch: Kognitive Beeinträchtigungen bei Depressionen

Was tun gegen Unterforderung?

  1. Reflektiere deine Situation: Frag dich: Was langweilt mich? Welche Aufgaben motivieren mich? Wo kann ich meine Fähigkeiten besser einbringen?
  2. Suche das Gespräch mit deiner Führungskraft: Transparente Kommunikation hilft, Missverständnisse zu klären.
  3. Nutze Weiterbildungsangebote: Schon ein kleiner Input kann neue Motivation bringen und Türen öffnen.
  4. Gestalte deine Aufgaben neu: Job Crafting heißt das Prinzip, bei dem du aktiv versuchst, deine Arbeit an deine Stärken und Interessen anzupassen.
  5. Finde (wieder) Sinn in deiner Arbeit: Manchmal hilft es, sich zu fragen: Wem hilft meine Arbeit? Was trage ich zum Team-Erfolg bei? Was macht mir (noch) Freude?
  6. Denk langfristig - notfalls an einen Jobwechsel: Wenn sich trotz aller Bemühungen nichts ändert, kann ein Jobwechsel eine Chance sein.

Burnout

Der Begriff des Burnout-Syndroms ist in vielen anhaltenden Leistungsgesellschaften weit verbreitet. Das „Ausgebranntsein“ steht allgemein für alle möglichen Arten von erhöhtem Stress sowie starker emotionaler und körperlicher Erschöpfung, die in Arbeitsunfähigkeit und Depression münden können.

Entsteht ein Burnout meist durch zu viel Stress am Arbeitsplatz, hat ein Boreout seinen Ursprung in der Unterforderung am Arbeitsplatz. Es fehlt an Anerkennung und Sinn.

Um gesund am Arbeitsplatz zu bleiben und auch 12-Stunden-Tage zu überstehen, braucht es also immer genügend Achtsamkeit für den eigenen Körper und die eigene Psyche.

Mobbing

Wird eine Person über einen längeren Zeitraum gezielt und vorsätzlich durch Worte oder Taten attackiert spricht man von Mobbing. Um an ihr Ziel, die Ausgrenzung ihrer Opfer zu kommen, ist Mobbern jedes Mittel recht. Unter anderem setzen sie Beleidigungen, Demütigungen, Drohungen und das Verbreiten von Unwahrheiten ein, um zu erreichen, dass die gemobbte Person auch von anderen Mitarbeitern gemieden oder schlimmer noch nicht mehr respektiert und akzeptiert wird.

Mobbing entsteht meist langsam und unterschwellig, sodass Mobbingopfer oft keinen Schimmer davon haben, warum diese Gemeinheiten auf einmal auf sie einprasseln. Aber wie aus der Mobbing-Falle ausbrechen? Viele Mobbing-Opfer tendieren dazu die Angriffe zu ignorieren: à la irgendwann wird es dem Mobber schon zu dumm werden mich zu schikanieren. Fehlanzeige. Ignoriert zu werden spornt sie nur noch mehr an. Ihre Attacken werden häufiger und noch verletzender. Besser ist es herauszufinden wo du dem Mobber Angriffsfläche bieten und den Punkt zu überwinden, der dich den Konflikt scheuen lässt. Sprich den Mobber auf seine Gemeinheiten an, bleib dabei aber ruhig und sachlich.

Lesen Sie auch: Erfahrungsberichte Depression

Work-Life-Balance

Das Zauberwort Work-Life-Balance ist momentan in aller Munde. Es ist extrem wichtig auch abzuschalten. Gearbeitet wird nur auf der Arbeit! Viele Arbeitnehmer verzichten auch gerne auf einen Teil des möglichen Vollzeit-Gehalts, um Teilzeit zu arbeiten.

Jobwechsel als Chance

Bei langanhaltender Unzufriedenheit im Job ohne Sicht auf Besserung kann das Verharren in Gewohnheiten und dem gleichbleibenden Berufsalltag zu mehr Unmut führen. Neue Herausforderungen, Aufgaben oder gar ein Jobwechsel können für viele Menschen positive Veränderungen in ihnen lostreten.

Krankenstand und Arbeitsrecht

Nach langem Kampf hast du eingesehen, dass es Zeit für eine Auszeit ist? Natürlich brauchst du für einen längeren Krankenstand ein ärztliches Attest. In diesem muss aber nicht der Grund für die Krankschreibung stehen. Ebenfalls hat dein Arbeitgeber nicht das Recht, dich nach der genauen Krankheit zu fragen.

Während des Krankenstandes ist der Arbeitgeber für mindestens 6 Wochen dazu verpflichtet das Gehalt inklusive üblicher Überstunden und Prämien weiter auszuzahlen. Besteht das Arbeitsverhältnis schon mehr als 5 Jahre erhöht sich die Zeit der Entgeltfortzahlung auf 8 Wochen. Bei 15 Dienstjahren sind es sogar 12 Wochen.

Ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Krankengeld. Jedoch wird das Krankengeld erst ausbezahlt, wenn der Arbeitgeber nur mehr weniger als die Hälfte des Gehalts auszahlt. Bis zum 43. Krankheitstag beträgt das Krankengeld grundsätzlich 50 % der Bemessungsgrundlage. Danach steigt es auf 60 %. Zeitgleich sinkt aber auch die Entgeltvorzahlung des Arbeitgebers.

Während eines Krankenstandes besteht kein Kündigungsschutz. Somit kann das Arbeitsverhältnis mündlich oder schriftlich seitens des Arbeitgebers jederzeit aufgelöst werden. Im Falle einer Kündigung im Krankenstand endet das Arbeitsverhältnis mit Ende der Kündigungsfrist.

Wiedereinstieg in den Job

Beim Wiedereinstieg in den Job werden den Betroffenen oft neue Arbeitskonditionen vom Arzt empfohlen - mehr Teamarbeit, weniger Dienstreisen, kein Home Office oder Teilzeit. Auch wenn die Therapie gut anschlägt und man sich wieder fit für die Arbeitswelt fühlen, sollte man nicht zu früh mit den therapeutischen Maßnahmen aufhören, sondern diese auch beim Wiedereintritt in das Berufsleben beibehalten.

Jobsuche nach Burnout

Die Voreingenommenheit der Personaler in Kombination mit Selbstzweifeln ist es, was die Jobsuche nach einem Burnout besonders schwierig gestaltet. Eine gute Lösung um die Lücke im Lebenslauf zu füllen ist eine „Berufliche Auszeit aus privaten Gründen“ anzugeben. Bleib so nahe wie möglich an der Wahrheit und gib zu, dass du an einer Krankheit gelitten hast. Geh aber nicht näher auf die Erkrankung ein. Du bist nicht verpflichtet den Grund für deine krankheitsbedingte Auszeit preis zu geben. Erwähne kurz, dass du unter einem Burnout gelitten hast und betone, dass du nun wieder vollständig genesen und einsatzfähig bist. Heb hervor, was du durch die Krankheit über dich selbst gelernt hast und welche zusätzlichen Fähigkeiten du dadurch erlangt hast. Verwandle diese einfach in eine deiner Stärken.

tags: #Jobwechsel #Depression #Erfahrungen