Alkoholismus: Eine Psychische Erkrankung in Österreich

Der Alkoholismus ist in Österreich weit verbreitet. Geschätzte 340.000 ÖsterreicherInnen gelten derzeit als alkoholabhängig, nahezu jeder vierte Erwachsene konsumiert Alkohol in einem gesundheitsgefährdenden Ausmaß. In den letzten Jahren hat der relative Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der alkoholkranken Menschen deutlich zugenommen, während jener der Männer leicht sinkt.

Definition und Diagnose des Alkoholismus

Der schwedische Arzt Magnus Huss war der erste, der im Jahr 1849 den Begriff des „Alkoholismus“ als Krankheit definierte. Gemäß der „Internationalen Klassifikation psychischer Störungen“ ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientiert sich das Alkoholabhängigkeitssyndrom (ICD-10, F10.2) heutzutage an folgenden sechs Kriterien:

  • Verminderung der Kontrollfähigkeit
  • Toleranzentwicklung
  • körperliche Entzugserscheinungen bei Reduktion oder Absetzen der Substanz
  • Craving (eine Art Zwang, Alkohol zu konsumieren)
  • Ignoranz bezüglich bereits nachgewiesener Schädigungen
  • Vernachlässigung von Interessen zugunsten des Alkoholkonsums

Treffen mindestens drei dieser Kriterien zusammen über mehrere Wochen respektive Monate hinweg zu, besteht per definitionem eine Alkoholsucht.

Symptome und Anzeichen von Alkoholismus

Alkoholabhängigkeit (auch: Alkoholkrankheit, Alkoholsucht) ist keine Charakterschwäche, sondern eine psychische Erkrankung. Um ein Alkoholabhängigkeitssyndrom zu diagnostizieren, müssen drei der folgenden sechs Kriterien innerhalb eines Jahres zugetroffen haben:

  1. Starkes Verlangen: Zentrales Symptom einer Alkoholsucht ist ein kaum beherrschbares Verlangen nach Alkohol.
  2. Kontrollverlust: Alkoholkranke Menschen verlieren die Kontrolle darüber, wann und wie viel sie trinken.
  3. Toleranzentwicklung: Durch den übermäßigen Konsum entwickelt der Körper mit der Zeit eine Toleranz gegenüber Alkohol.
  4. Entzugssymptome: Trinken Alkoholkranke mit körperlicher Abhängigkeit weniger oder gar keinen Alkohol, können sich eines oder mehrere körperliche Entzugssymptome zeigen.
  5. Vernachlässigung anderer Interessen: Die Gedanken kreisen ständig um die Beschaffung und den Konsum von Alkohol.
  6. Anhaltender Konsum trotz schädlicher Folgen: Alkoholkranke hören auch dann nicht auf zu trinken, wenn der Konsum bereits schädliche körperliche, seelische oder soziale Auswirkungen hat.

Alkoholsucht wird diagnostiziert, wenn das Trinken von Alkohol eine Funktion übernimmt („Stressabbau, Abschalten", Stimmung verbessern, Beruhigung, Angst- bzw. Eine Abhängigkeit von Alkohol liegt dann vor, wenn der/die Betroffene schlecht oder gar nicht kontrollieren kann, wann und wie viel Alkohol er/sie trinkt. Auch ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, zu trinken - auch Craving genannt - ist ein zentrales Merkmal der Alkoholsucht. Trinkt ein/e Betroffene/r keinen Alkohol, kommt es zu Entzugssymptomen wie Zittern, Schwitzen, Schlaflosigkeit, innerer Unruhe und morgendlicher Übelkeit bis hin zum Erbrechen. Diese Symptome werden gelindert, sobald erneut konsumiert wird.

Lesen Sie auch: Überraschungen für den Partner

Besonders problematisch bei Alkoholsucht ist eine Toleranzentwicklung und die damit verbundene Dosissteigerung: Immer größere Alkoholmengen werden konsumiert, um denselben Effekt zu erzielen.

Die Psychische Alkoholabhängigkeit

Bei der psychischen Alkoholabhängigkeit handelt es sich um die gelernte Komponente der Abhängigkeit. Alkoholkonsum ist zu einer festen Gewohnheit geworden, die sich in viele Lebensbereiche eingewoben hat. Bestimmte Situationen, Emotionen, persönliche Kontakte oder Empfindungen sind ohne Alkohol kaum noch möglich. Sie manifestiert sich vor allem in dem kaum zu bändigenden Verlangen nach dem Suchtmittel - allen negativen Konsequenzen zum Trotz.

Bei einer psychischen Alkoholabhängigkeit liegt eine funktionelle und strukturelle Veränderung im Gehirn vor, die auf einer auf Alkohol ausgerichteten Steuerung des dort angesiedelten Belohnungssystems basiert. Hier spricht man auch vom sogenannten Suchtgedächtnis, das die Betroffenen dazu veranlasst, wieder und wieder Alkohol zu konsumieren (Craving), selbst wenn ihnen bewusst ist, dass sie dadurch sich selbst und ihrem persönlichen Umfeld schaden. Zumeist entwickelt sich diese Komponente der Sucht vor der körperlichen Abhängigkeit.

Die Entwicklung einer psychischen Alkoholsucht verläuft nicht bei jedem Menschen gleich und ist meist auf viele Faktoren zurückzuführen. Besonders gefährdet eine psychische Alkoholabhängigkeit zu entwickeln, sind die sogenannten Erleichterungs- oder Problemtrinker (Alpha-Trinker), die zum Alkohol greifen, um mit dem Konsum Probleme zu lösen. Der Alkoholkonsum dient als Mittel, um Sorgen oder Kummer zu vergessen. Schon kurz nach dem ersten Schluck stellt sich schließlich eine vermeintliche Besserung des Wohlbefindens ein. Je häufiger das Problemtrinken praktiziert wird, umso schneller bildet sich eine psychische Alkoholsucht aus, weil Probleme und Schwierigkeiten irgendwann nicht mehr ohne Alkohol gelöst werden können. Klassischerweise findet dieses Problemtrinken auch heimlich oder zumindest ohne Gesellschaft statt.

Neurobiologische Hintergründe

Dass eine Alkoholabhängigkeit entstehen kann, liegt an der Wirkung des Alkohols auf die Botenstoff- und Belohnungssysteme im Gehirn: Alkohol gelangt innerhalb weniger Minuten über die Blutbahn ins Gehirn und verteilt sich dort, sodass viele Botenstoffsysteme (Neurotransmitter) gleichzeitig beeinflusst werden. Die zwei wichtigsten sind das GABA-System und das Glutamatsystem. Die beiden sind im Gehirn „Gegenspieler“ und befinden sich mehr oder weniger im Gleichgewicht. Durch den Einfluss von Alkohol geht dieses Gleichgewicht verloren.

Lesen Sie auch: Wissenschaftliche Perspektive auf ADHS

Der Alkohol entfaltet seine Wirkung im Gehirn hauptsächlich über das GABA-System und bewirkt Entspannung, Beruhigung, Entschleunigung, Wohlbefinden. Denn Alkohol verstärkt die Wirkung des Botenstoffes GABA - unter anderem in der frontalen Hirnrinde, wo GABA jene Neuronen hemmt, die für die Verhaltenskontrolle zuständig sind, sodass deren Kontrollfunktion herabgesetzt wird. Es kommt zur Enthemmung.

Wird das GABA-System durch Alkoholkonsum verstärkt, setzt das Gehirn gleichzeitig eine Gegenmaßnahme durch Stimulation des Glutamatsystems in Gang. Je mehr Alkohol zugeführt wird, umso stärker werden die Gegenmaßnahmen. Wer länger trinkt, spürt daher die angenehmen Wirkungen des Alkohols bei mäßigen Dosen kaum noch, weil sofort die Aktivierung des Glutamatsystems als Gegenmaßnahme auf den Plan gerufen wird und die verstärkte GABA-Wirkung neutralisiert. Das Nervensystem gewöhnt sich an den Alkohol. Um den gleichen angenehmen Effekt zu erzielen, muss man also mit der Zeit immer mehr und mehr trinken.

Alkohol sowie manche Drogen besitzen die Fähigkeit, die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe im Belohnungssystem (Dopamin und Endorphine) deutlich zu erhöhen. Somit verschaffen sich diese Substanzen einen „direkten“ Zugang zu unserer inneren „Steuerzentrale“. Bei mäßigem Konsum ermöglicht dieser Effekt den Genuss. Das kann aber in manchen Fällen zur Eskalation des Konsums führen, da sich das Belohnungssystem auf die Wirkung einer Suchtsubstanz allmählich umstellt und für andere Einflüsse zunehmend unzugänglicher wird.

Ursachen und Risikofaktoren

Wie eine Alkoholabhängigkeit genau entsteht, ist bisher nicht vollständig geklärt. Doch treffen dafür immer mehrere Faktoren zusammen. Sowohl genetische als auch psychosoziale Einflüsse spielen eine wichtige Rolle.

  • Genetische Einflüsse: Studien der Familien- und Zwillingsforschung zeigen, dass es ein genetisches Risiko für Alkoholsucht gibt.
  • Konsumverhalten in der Familie: Wenn die Kinder lernen, dass viel trinken lustig ist oder sogar Bewunderung hervorruft oder dass Alkohol zur Bewältigung von Problemen eingesetzt wird, nehmen sie sich das schnell zum schlechten Vorbild.
  • Psychische Erkrankungen: Besonders anfällig für alkoholbedingte Probleme sind Menschen, die an psychischen Erkrankungen leiden. Dazu zählen unter anderem Depressionen und Angststörungen.
  • Persönliche Erfahrungen mit Alkohol: Alkohol führt bei vielen Menschen zu angenehmen Gefühlen, wie Entspannung und Glücksgefühlen.

Zu den Risikofaktoren für die Entwicklung einer Alkoholabhängigkeit zählen ein schwieriges soziales Umfeld, Alkoholprobleme in der Familie, psychische Erkrankungen, wie z.B. Depressionen und Angststörungen, aber auch bestimmte genetische Faktoren.

Lesen Sie auch: Kleine Freuden im Alltag

Folgen des Alkoholismus

Unter den Folgen von Alkoholismus versteht man die negativen Auswirkungen, die der Konsum von Alkohol auf Körper, Psyche und Sozialleben von Alkoholikern haben kann. Einige dieser Alkoholismus-Folgen treten bereits nach kurzer Zeit auf, andere hingegen erst nach jahrelangem Konsum. Weiterhin können die Folgen in reversible und irreversible Konsequenzen unterteilt werden. Reversible Folgen können sich bei einer Beendigung des Alkoholmissbrauchs zurückbilden. Alkohol ist eine Substanz, die für den Körper toxisch ist. Das kann langfristig gravierende gesundheitliche Konsequenzen haben.

Organische und soziale Schädigungen nach chronisch hohem Alkoholkonsum sind oft die Folge. Als psychische Komorbiditäten treten besonders häufig Burnout und Depression auf.

Körperliche Folgen

Eine Alkoholabhängigkeit geht mit einem erhöhten Risiko für Krebs einher. Eine bevölkerungsbezogene Studie aus dem Jahr 2020 kommt zu dem Ergebnis, dass rund 4 Prozent der weltweiten Krebserkrankungen auf den Konsum von Alkohol zurückgehen. Chronischer Alkoholkonsum kann verschiedene Arten von Krebs auslösen. Wer unter einer Alkoholsucht leidet, nimmt nicht nur ein erhöhtes Krebsrisiko in Kauf, sondern riskiert langfristig auch die Leistungsfähigkeit des eigenen Gehirns. So haben Studien herausgefunden, dass Alkohol das Gehirn schneller altern lässt. Bereits kleinere Mengen können die Hirnzellen nachhaltig schädigen und zu einem Verlust der Hirnsubstanz führen.

Eine Alkoholabhängigkeit bzw. ein chronischer Alkoholmissbrauch kann verschiedene Organe schädigen. Die Leber wird meist besonders in Mitleidenschaft gezogen, da sie für den Alkoholabbau zuständig ist. Fettleber und Leberzirrhose können sich ausbilden. Ebenfalls typisch für einen anhaltenden Alkoholkonsum können Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzmuskelerkrankungen sein.

Langfristige körperliche Auswirkungen von Alkohol:

  • Leberschäden: Die Leber lagert vermehrt Fett ein, vergrößert sich und wandelt sich zur sogenannten Fettleber um. Nach einiger Zeit sterben Leberzellen ab: Es entwickelt sich eine Leberzirrhose (Schrumpfleber).
  • Auswirkungen auf das Gehirn: Mit jedem Schluck Alkohol gehen Hirnzellen verloren (Hirnatrophie). So steigt das Risiko für Demenzformen wie Alzheimer und vaskuläre Demenz.
  • Verdauungstrakt: Dazu gehören verstärkte Zahnfleischentzündungen, Reflux (Sodbrennen), Magenschleimhautentzündung, Magengeschwüre, Schäden der Dünndarm- und der Dickdarmschleimhaut.
  • Bauchspeicheldrüse: Starker Alkoholkonsum kann eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) hervorrufen.
  • Herz- und Gefäßschäden: Alkohol schädigt den Herzmuskel und die Gefäße. Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und Herzmuskelerkrankungen treten bei Alkoholikern häufiger auf.
  • Krebs: Ein übermäßiger Alkoholkonsum steigert das Krebsrisiko. Neben Leberkrebs drohen Tumore in Mund, Rachen, Speiseröhre und Magen. Bei Frauen kommt ein deutlich erhöhtes Brustkrebsrisiko hinzu.

Psychische und Soziale Folgen

Psychiatrische Erkrankungen gehören zu den häufigsten Komorbiditäten von chronischem Alkoholkonsum bzw. Alkoholsucht. Das liegt unter anderem daran, dass Alkohol als psychoaktive Substanz direkt im zentralen Nervensystem wirkt. Hier bringt er die sensible Balance verschiedener Neurotransmitter aus dem Gleichgewicht. Niedergeschlagenheit, Freudlosigkeit, Angstgefühle und ein schlechtes Gewissen gehören zu den häufigen Symptomen, unter denen Alkoholiker mit einer komorbiden affektiven Störung zu leiden haben. Der Zusammenhang zwischen einem chronischen Alkoholkonsum und affektiven Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen ist signifikant.

Wer regelmäßig große Mengen Alkohol trinkt, kann seinen alltäglichen Pflichten mit der Zeit immer schlechter nachkommen. Das führt zu Konflikten in der Familie und im Freundeskreis, vielfach aber auch zu beruflichen Konsequenzen. Fehlzeiten an der Arbeit, Leistungseinbußen oder gar Alkoholkonsum am Arbeitsplatz können zu Jobverlust und sozialem Abstieg führen. Diese Negativspirale dreht sich meist noch schneller, wenn körperliche und/oder psychische Folgeerkrankungen bzw.

Die Auswirkungen von Alkohol betreffen nicht nur die Gesundheit: Zu den beschriebenen körperlichen und seelischen Folgen kommen Probleme mit dem Umfeld. Alkoholiker sind irgendwann nicht mehr in der Lage, ihre alltäglichen Aufgaben zu erfüllen. Sie vernachlässigen Familie, Freunde und Hobbys. Je tiefer sie in die Alkoholsucht rutschen, desto wahrscheinlicher ist auch der Verlust der Arbeitsstelle. Das wirkt sich nicht nur auf die finanzielle, sondern auch auf die zwischenmenschliche Situation aus. So gehen oftmals Beziehungen zu Partnern, Kindern oder Freunden in die Brüche. Angehörige leiden meist ebenfalls stark: Die Krankheit wird zur Belastung für alle.

Alkohol verändert die Persönlichkeit. Unter Alkoholeinfluss werden manche Menschen ungehemmt, gedämpft oder weinerlich, andere gebärden sich aggressiv oder sogar gewalttätig. Die Aggression kann sich sowohl gegen Fremde als auch die eigene Familie richten. Viele Straftaten geschehen unter Alkoholeinfluss.

Alkoholkranke leiden zudem häufig unter Stimmungsschwankungen und Depressionen. In schweren Fällen treten Halluzinationen und Wahnvorstellungen auf. Häufig leiden Alkoholiker unter Schlafstörungen und starken Angstzuständen. Auch Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle begleiten die Alkoholsucht.

Gesellschaftliche Auswirkungen

Nicht nur privat sind die Alkoholismus-Spätfolgen beträchtlich. Auch auf gesellschaftlicher Ebene verursacht chronischer Alkoholmissbrauch enorme Kosten. Allein im Jahr 2013 entstanden durch den Alkoholkonsum in Österreich beinahe 738 Millionen Euro an Kosten. Einen großen Teil machten die medizinischen Kosten aus.

Therapie und Behandlung

Alkohol-Abhängigkeit kann sich aus übermäßiger Verwendung entwickeln und zählt zu den chronischen Erkrankungen. Sie bedarf ebenso einer Behandlung wie andere chronische Krankheiten. Wir berücksichtigen immer alle Aspekte eines Menschen. Körperliche, psychische und soziale Komponenten werden in die umfassende Diagnostik und Therapie einbezogen. Unser multiprofessionelles Team aus ÄrztInnen, diplomierten Pflegekräften, PsychologInnen, PsychotherapeutInnen, PhysiotherapeutInnen, SozialarbeiterInnen und Verwaltungsangestellten arbeitet gemeinsam für Sie.

Bei frühzeitiger und regelmäßiger Behandlung kann bei Alkoholabhängigkeit in 80 Prozent der Fälle ein Erfolg erzielt werden. Verkennt man jedoch ein Alkoholabhängigkeitsproblem respektive wird es nur unregelmäßig und somit unzureichend behandelt, sinkt die Erfolgsquote laut Musalek auf zehn Prozent.

Der erste Schritt aus der Alkoholabhängigkeit ist immer, dass die oder der Betroffene erkennt, krank zu sein und Hilfe zu benötigen. Die meisten Betroffenen schaffen es nicht allein, ihre Alkoholgewohnheiten zu ändern. Suchtberatungsstellen können frühzeitige Unterstützung bieten. Auch die Hausärztin oder der Hausarzt kann helfen.

Im Rahmen einer Alkoholtherapie in einer Suchtklinik findet nicht nur eine Entgiftung, sondern ergänzend eine umfassende Entwöhnung statt. Hierbei lernen Betroffene, zukünftig auf den Konsum von Alkohol zu verzichten. Einige negative Auswirkungen des missbräuchlichen Alkoholkonsums sind umkehrbar. So kann sich eine stark angegriffene Leber erholen. Auch das Gehirn kann sich durch die Alkoholabstinenz in vielen Bereichen regenerieren. Das Krebsrisiko sinkt, die Schlafqualität verbessert sich und das Ungleichgewicht an Neurotransmittern im zentralen Nervensystem gleicht sich langsam wieder dem Normalbereich an.

Entgiftung und Entwöhnung

In dieser Phase soll der Körper vom Alkohol „entwöhnt“ werden. Bei alkoholabhängigen Personen kann der plötzliche Verzicht auf Alkohol zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen. Gefährliche Komplikationen, wie starke Krampfanfälle bis hin zum lebensgefährlichen Delirium tremens sind möglich. Um solchen Komplikationen vorzubeugen, erfolgt die Entgiftung oft im Krankenhaus unter ärztlicher Aufsicht. Die Betroffenen bekommen unter anderem Medikamente, die die Entzugserscheinungen lindern.

Nachdem der körperliche Entzug überstanden ist, geht es darum, dass die Betroffenen auch einen Weg aus ihrer psychischen Abhängigkeit vom Alkohol finden. Die Betroffenen sollen lernen, ein Leben ohne Alkohol zu führen. Verschiedenste Methoden kommen dabei zum Einsatz: Unter anderem Gruppentherapien, Einzelgespräche, Entspannungstechniken, Sport- und Bewegungstraining, Kunst- und Musiktherapie.

Pharmakotherapie

Ein vielversprechender neuer Behandlungsansatz bei Alkoholabhängigkeit ergibt sich Mann zufolge aus dem Bereich der Pharmakotherapie. Kernelement des Ansatzes ist nicht der gänzliche Verzicht auf Alkohol, sondern ein reduzierter Konsum, das „kontrollierte Trinken“. Durch den Einsatz von Pharmakotherapeutika wird die Produktion von körpereigenen Opiaten im Gehirn unterdrückt. Die gewöhnlich durch Alkohol hervorgerufene belohnende und entspannende Wirkung bleibt somit aus. Das genannte Prinzip ist durch Opiatantagonisten mit Naltrexon (ReVia®) und Nalmefen (Selincro®) zu erzielen. Alkoholabhängigen Patienten wird damit der Reiz am Trinken genommen.

Unterstützung

Für Menschen, die bereits ein Problem mit Alkohol haben, sowie deren Angehörigen stehen Beratungsstellen zur Verfügung. Angehörige, manchmal auch Arbeitskolleginnen oder Kollegen, sind oft die ersten Personen, die bemerken, dass jemand ein Problem mit Alkohol hat. Der Alltag mit einem alkoholkranken Menschen kann sehr belastend und kräfteraubend sein. Angehörige können sich Rat und Unterstützung in Suchtberatungsstellen holen. Dort können sie sich kostenlos und anonym beraten lassen. Zudem bieten Selbsthilfegruppen für Angehörige die Möglichkeit, sich mit Menschen in einer ähnlichen Situation auszutauschen.

Wichtige Anlaufstellen

  • Das regionale Kompetenzzentrum der Stadt Wien ist die zentrale Anlaufstelle für alle Wienerinnen und Wiener, die Hilfe bei der Behandlung einer Alkoholerkrankung suchen.
  • stehen die Suchtberatungsstellen in den Bezirken Mödling, Baden, Wr.
  • Das Anton Proksch Institut ist Kooperationspartner der Initiative „Alkohol. Leben können."
  • Sie können während der Öffnungszeiten telefonisch einen Termin für ein persönlichen Gespräch vereinbaren.

Prävention

Die aktuelle Studienlage zeigt deutlich: Es gibt keinen ungefährlichen Alkoholkonsum. Auch wenn sich bei Betroffenen noch keine Alkoholsucht ausgebildet hat, steigt das Risiko für langfristige körperliche, psychische und soziale Schäden - sowohl persönlich als auch gesellschaftlich. Zudem droht allen Alkoholkonsumenten, die regelmäßig große Mengen trinken, früher oder später die körperliche und psychische Alkoholabhängigkeit.

Es ist nicht leicht zuzugeben, dass der eigene Alkoholkonsum außer Kontrolle geraten ist. In unserer Klinik bieten wir Ihnen einen geschützten Raum für Ihren körperlichen und psychischen Alkoholentzug und Sie starten in der Regel nach 28 Tagen in einen suchtfreien Alltag.

Manchmal ist auch das Gefühl, dass mit ihrem Alkoholkonsum etwas nicht stimmen könnte, der Grund für den Besuch. Auch das Führen eines Trinktagebuchs kann dabei helfen, Klarheit darüber zu bekommen, wie oft und wann zum Alkohol gegriffen wird.

Statistiken

Alkoholabhängigkeit ist in Österreich kein Randproblem: Geschätzte 350.000 Menschen sind davon betroffen. Geschätzte 600.000 bis 700.000 Österreicher haben ein Ernst zu nehmendes Alkoholproblem. Im Geschlechtervergleich positionieren sich die Männer vor den Frauen: Das Verhältnis liegt bei 3,5:1. Aktuell sind etwa 350.000 Österreicher alkoholabhängig. In Österreich gelten 5 % der erwachsenen Bevölkerung ab 15 Jahren als alkoholabhängig (2,5 % der Frauen und 7,5 % der Männer). Das sind ungefähr 370.000 Menschen.

Verteilung der Alkoholabhängigkeit nach Geschlecht in Österreich:

Geschlecht Anteil der Alkoholabhängigen (ab 15 Jahren)
Männer 7,5 %
Frauen 2,5 %
Gesamt 5 %

tags: #Alkoholismus #psychische #Erkrankung