Eltern und Depressionen bei Kindern: Ursachen und Auswirkungen

Depressionen sind eine Krankheit, die für den Großteil der Bevölkerung schwer verständlich ist, besonders wenn es um Kinder geht. Denn man verbindet mit Kindern Unbeschwertheit, Fröhlichkeit und Vergnügen. Aber Depressionen können in jedem Alter auftreten. Nach Angststörungen handelt es sich um die zweithäufigste psychische Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen.

Symptome von Depressionen bei Kindern

Wie sich eine Depression äußert, variiert bei jungen PatientInnen viel stärker als bei Erwachsenen, was eine Diagnose zusätzlich erschwert. Die primären Symptome der Depression kreisen um Traurigkeit, ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Stimmungsschwankungen, aber auch Reizbarkeit und Wut, eingeschränktes Konzentrationsvermögen und in Folge schlechte schulische Leistungen bzw. Antriebslosigkeit im Umgang mit anderen Kindern treten auf. Jugendliche mit Depressionen legen zudem häufig Suchtverhalten an den Tag (Alkohol, Nikotin, sonstige Drogen).

Nach Stefan Lüttke kann eine Depression bei Heranwachsenden an drei Haupt- und sechs Nebensymptomen festgemacht werden. Ein wesentliches Kernsymptom ist eine depressive Stimmung, Niedergeschlagenheit und Traurigkeit. Zu den Nebensymptomen zählen mangelndes Selbstbewusstsein und ein Gefühl der Wertlosigkeit. „Die Kinder bezeichnen sich als Idiot, Versager, Dummkopf, haben einen ausgeprägten negativen Denkstil“, erzählt der Therapeut aus seiner Praxis. „Sie sind von unbegründeten Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen geplagt.“ Unentschlossenheit ist ein weiteres Nebensymptom.

„Es fehlt die Fähigkeit, sich zu konzentrieren, banalste Dinge werden zum Problem, zum Beispiel, was man essen soll.“ Drittes Nebenkennzeichen ist eine große Unruhe und ein gehemmtes Auftreten, z. B. eine verlangsamte Sprache. Zumindest zwei Haupt- und zwei Nebensymptome müssten zwei Wochen lang am Stück gegeben sein, damit von einer Depression gesprochen werden kann. All diese Symptome sind je nach Alter unterschiedlich ausgeprägt.

  • Kleine Kinder bis zu drei Jahren, die von einer Depression betroffen sind, wirken traurig, ihre Mimik ist starr und ausdruckslos, sie zeigen u. a. wenig Kreativität und Spiellust.
  • Sehr ähnlich sind die Symptome bei depressiven Kindern im Vorschulalter. Insbesondere die mangelnde Fähigkeit, sich zu freuen, und das geringe Interesse an Spiel und Freunden fallen ins Auge.
  • Vermindertes Selbstvertrauen, Apathie, Ängstlichkeit, psychosomatische Erkrankungen, extremer sozialer Rückzug und Aufgabe von Hobbys sowie Reizbarkeit kennzeichnen Depressionen in der Pubertät.

Ursachen von Depressionen bei Kindern

Wie bei Erwachsenen können Depressionen bei Kindern durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht werden. Dazu zählen unter anderem gesundheitliche Probleme, Schwierigkeiten in der Familie oder angeborene biochemische Störungen. Eine familiäre Vorgeschichte der Erkrankung begünstigt die Entstehung bei Kindern; ebenso treten kindliche Depressionen gehäuft in Haushalten mit Drogenmissbrauch oder sexueller/physischer/psychischer Gewalt auf. Denn bei sensiblen Kindern kann eine tatsächliche ebenso wie eine subjektiv wahrgenommene Vernachlässigung Depressionen auslösen.

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Biologische und genetische Aspekte können die Anfälligkeit ebenso erhöhen wie psychosoziale Aspekte. Stress und Belastungen z. B. durch anhaltende familiäre Konflikte, psychische Erkrankungen oder existenzielle Sorgen der Eltern spielen bei der Entstehung mit. Als weitere mögliche Auslöser nannte Stefan Lüttke Mobbing, Trennungen ebenso wie Umzug- oder Schulwechsel.

Begünstigend an einer Depression zu erkranken sind auch bestimmte Beziehungsmuster, die meist bereits in der Kindheit erworben wurden. Das psychosoziale Modell versteht, wenn Kinder ihre Bezugspersonen als nicht verlässlich und wenig fürsorglich erleben, entwickeln sich Verlassensängste, dadurch richten die Kinder das eigene Verhalten auf die Bedürfnisse ihres sozialen Umfelds aus und eigene Bedürfnisse werden vernachlässigt. Zur Depression neigende Menschen hatten als Kinder oft Bezugspersonen, die selbst bedürftig waren.

Da Kinder deren Eltern selbst depressiv sind, in einem Umfeld groß werden wo wenig gelacht wird und die Stimmung eher getrübt ist haben sie kaum Möglichkeiten die eigenen Bedürfnisse auszuleben. Ebenfalls können Alkoholprobleme oder finanzielle Probleme in der Ursprungsfamilie eine spätere Depression begünstigen. Kinder in solchen Familien versuchen die Familie zu stabilisieren, indem sie das eigene Verhalten den Bedürfnissen der anderen anpassen. Eigene Wünsche oder Bedürfnisse werden hintangestellt in dem Glauben so das Auseinanderbrechen der Familie verhindern zu können.

Depressive Menschen wurden in der Kindheit oft mit Schuldzuweisungen manipuliert. Bezugspersonen nutzten das schlechte Gewissen im Zusammenhang mit Schuldzuweisungen um das Kind zu einem Verhalten zu bewegen, das ihnen selbst diente. Oder es wurde mit Liebesentzug gedroht, das Kind versucht hat eigene Bedürfnisse auszuleben, oder sich abzugrenzen. Wenn Zuwendung nur gewährt wird, wenn das Kind den Erwartungen und Vorstellungen der Eltern entspricht, es keine eigene Meinung haben darf und auch nicht einen eigenen Weg gehen kann, wird die eigene Entwicklung gebremst.

Manche Eltern verweigern sich dem Kind als Gesprächspartner, wenn es sich nicht so verhält wie es von ihm erwartet wird. Eine Depression begünstigen auch Erfahrungen von Abwertungen in der Kindheit, wenn Leistungen als selbstverständlich angesehen, oder als gering erachtet wurden.

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Wie Eltern helfen können

Gerade bei schüchternen und in sich gekehrten Kindern bleiben Depressionen leider meist lange unerkannt. Wird beim eigenen Kind tatsächlich eine Depression diagnostiziert, sollten Eltern unbedingt auch die eigene psychische Gesundheit im Auge behalten und gegebenenfalls Hilfe in Anspruch nehmen. Vor allem dann, wenn es im Leben des Kindes zu größeren Veränderungen kommt, da fehlende Stabilität psychische Erkrankungen begünstigt.

Überhaupt ist genaues Beobachten wichtig, rät der Psychologe Eltern, deren Kind in eine Depression gerutscht ist. „Hinhören und hinschauen statt mit dem Smartphone mit den Kindern kommunizieren“ sei gefragt. Darüber hinaus gelte es, nicht in Aktionismus zu verfallen, Ruhe zu bewahren, über sich selbst nachzudenken, Schuldgefühle zu überwinden und so rasch wie möglich Hilfe zu suchen.

Sich Expertenhilfe zu holen sei vor allem auch deshalb wichtig, um einen chronischen Verlauf zu verhindern. „Die einzige Chance, nicht immer wieder depressiv zu werden, ist es, die Erkrankung frühzeitig zu erkennen.“ Erste Anlaufstelle sei der Kinder- oder Hausarzt. Helfen können dann u. a. Psychotherapie (z. B. kognitive Verhaltenstherapie) ebenso wie Sport, Entspannungstechniken, Kommunikationstraining, Gruppenaktivitäten (auch einfach mal mit den Kindern „rumspinnen“) und vor allem alles, was die Ressourcen und Fähigkeiten sowie Bewältigungsstrategien der Kinder stärkt.

Wenn Jugendliche psychische Probleme haben, leiden die Eltern mit. Sorgen und Schuldgefühle gehören fast zwangsläufig dazu, wenn das eigene Kind in eine Krise gerät. Als Eltern machen Sie sich verständlicherweise Sorgen, fragen sich, was Sie falsch gemacht haben, dass es soweit hat kommen können. Versuchen Sie in solchen Momenten weniger zurück als vielmehr vorwärts zu schauen. Fragen Sie sich nicht, was Sie oder was sonst jemand falsch gemacht hat, dass Ihr Jugendlicher jetzt solche Probleme hat. Versuchen Sie die aktuelle Situation so zu nehmen, wie sie ist.

Machen Sie Ihrem Sohn / Ihrer Tochter keine Vorwürfe, Teens ertragen Vorwürfe ausgesprochen schlecht! In manchen Fällen ist die Unterstützung durch eine Drittperson nötig, da Jugendliche ihre Probleme häufig nicht mit den Eltern besprechen möchten. Auch das ist völlig normal. Suchen Sie sich also Hilfe, schauen Sie vorwärts und akzeptieren Sie Ihre Sorgen und Schuldgefühle.

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Behandlung von Depressionen bei Kindern

In jedem Fall empfiehlt sich bei vermutetem Vorliegen einer Depression die rasche Konsultation von ÄrztInnen bzw. in weiterer Folge üblicherweise PsychotherapeutInnen. Bei der Therapie werden meist auch die Eltern intensiv mit einbezogen. Bei einer schweren Ausprägung können eine medikamentöse Behandlung sowie ein stationärer Spitalsaufenthalt erforderlich sein. Langfristig gesehen sind Depressionen bei Kindern häufig sehr gut behandelbar, es besteht kein signifikantes Risiko einer neuerlichen Erkrankung im Erwachsenenalter.

Wichtig sei es, bereits in der ersten depressiven Phase einzugreifen, da das Risiko für eine erneute Depression nach der dritten Erkrankung bei 90 Prozent liege.

Psychische Erkrankungen der Eltern

Auch für den Vater bzw. anderen Elternteil kann die neue Rolle sehr herausfordernd sein und negative Gefühle auslösen. Oft sind die Symptome je nach Geschlecht anders: Während bei Frauen eher der Erschöpfungszustand im Vordergrund steht, neigen Männer zu Reizbarkeit, Aggressivität und unüberlegten Handlungen. Die postpartale Depression bei Männern ist hingegen noch sehr wenig erforscht. Man weiß jedoch: Es wirkt vorbeugend, wenn der Vater seine Beziehung zum Kind aktiv gestaltet und eine sichere Bindung aufbaut.

Vorbeugung von psychischen Erkrankungen

Psychische Erkrankungen lassen sich oft nicht vermeiden und haben verschiedene Gründe. Manchmal kann man die Wahrscheinlichkeit verringern, eine psychische Erkrankung zu entwickeln oder Belastungen verhindern.

Das können Sie selbst tun:

  • Sprechen Sie offen über Ihre Gefühle.
  • Wenden Sie sich an Vertrauenspersonen wie ein:e Freund:in, Ihre:n Partner:in, eine Hebamme oder andere Gesundheitsfachkräfte.
  • Teilen Sie sich die Pflege Ihres Kindes auf - nutzen Sie dafür den Papamonat und Elternkarenz von beiden Elternteilen.
  • Bauen Sie ein gutes soziales Netz auf. Versuchen Sie eine gesunde Paarbeziehung aufrechtzuerhalten, indem Sie sich bewusst Zeit zu zweit nehmen.

Psychische Erkrankungen sind weit verbreitet. Unabhängig von den Lebensumständen können sie jede:n treffen. Das Suchen von Hilfe ist ein mutiger und entscheidender Schritt, um wieder gesund zu werden.

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