Ein Mensch mit ADHS wird sich wahrscheinlich zu keiner Zeit so richtig »ruhig« fühlen können. Loslassen, abschalten, herunterkommen und sich fallenlassen sind für manch einen Betroffenen wohl so etwas wie »Fremdworte«!
Einige ausgewählte Besonderheiten (Einzelsymptome), die einigermaßen zweifelsfrei dem ADHS zugeordnet werden können, versuchen wir deshalb hier nachvollziehbar zu machen.
Impulskontrollstörung und Reizüberflutung
Das tragende Symptom ist die so genannte Impulskontrollstörung. Im Gegensatz zum normal funktionierenden Frontal-Cortex im menschlichen Gehirn kann man davon ausgehen, dass ein ADHS-betroffener Mensch unwichtige Impulse nicht immer automatisch als solche einzustufen in der Lage ist. Jeder Impuls, der als Sinneswahrnehmung einstürmt, wird als nahezu gleichwertig empfunden und muss über andere kognitive Leistungskanäle bewusst ausgefiltert werden. Das ist naturgemäß überaus anstrengend. Stichwort: »Innere« und »Äußere Impulse«.
In manchen neueren Publikationen gilt diese Erklärung der schlichten »Reizüberflutung« und der damit verbundenen »Überaktivierung« bereits als zur Gänze überholt. Daher wird das Überborden der Reize vielfach als physiologischer Aktivierungsmangel bezeichnet, demzufolge ADHS-betroffene Kinder eher großes Bedürfnis nach Stimulierung haben und sich äußeren Reizen mehr zuwenden als unauffällige Kinder.
In zahlreichen Befragungen und Fallstudien ließ sich erkennen, dass Überaktivierung infolge permanent überbordender Nebenreize die Suche nach noch mehr Impulsen keineswegs ausschließen muss.
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Wir lehnen Dinge, die uns schaden keineswegs ab, wir suchen ganz im Gegenteil noch mehr desselben.
Wir wollen dieses Phänomen, das Paul Watzlawik in seiner »Anleitung zum Unglücklichsein« mit leichtem Augenzwinkern beschreibt, künftig in leicht verständlicher Firm einfach »Input-Sucht« nennen. Diese wird umso leichter erklärbar, wenn wir das Phänomen der »Sinnesoffenheit« ebenfalls zu verstehen beginnen…
Reiz- oder Sinnesoffenheit
Eng mit dem vorigen Einzelsymptom verbunden sind die Bezeichnungen »Reizoffenheit«, oder »Sinnesoffenheit«. Viele Fachleute verwenden in Zusammenhang mit ADHS mittlerweile sehr gerne diese ohnehin für sich selbst sprechenden Begrifflichkeiten. Aber auch als Nicht-Fachfrau oder -Fachmann kann man sich darunter sicher so einiges vorstellen: ADHS-Betroffene fallen ganz besonders durch ihre sehr leicht überreizbaren Sinne und durch ihre eben ständige Offenheit für jeden noch so kleinen Sinnesreiz auf.
»Tatsächlich fühlt es sich auch genauso an!«, sagt unser Experte, Gerhard Spitzer, der selbst sehr ausgeprägt von ADHS betroffen ist. »Alle Sinne scheinen extrem geschärft, die meisten Sinnesreize, wie Geräusche, Lichteinfall, Gerüche, Berührungen, sogar Geschmacksaromen scheinen im Vergleich zu nicht betroffenen Menschen übermäßig verstärkt auf einen einzustürmen und zumeist auch viel rascher zur Belastungssituation zu führen, als man das von anderen Menschen in unmittelbarer Umgebung wahrnimmt.«
Ständig "Unter Strom"
Während ihrer gesamten Wach- und leider auch während der meisten Schlafphasen stehen ADHS-Betroffene gewissermaßen ständig »unter Strom«. Es fühlt sich tatsächlich wie das Anliegen einer Strom-Spannung an und führt zu ungebremster innerer Getriebenheit, die man leider auch am äußeren Verhalten nur allzu leicht erkennen kann.
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Wahrnehmung und Verlustangst
Es lässt sich klar erkennen, dass ADHS-betroffene Menschen ihre Welt und die Abläufe um sich herum zuweilen signifikant anders wahrnehmen als andere Menschen unter gleichen Bedingungen. Ein Fakt der vom Umfeld nicht selten als »Charakterschwäche« ausgelegt wird.
Aufgrund der mit ADHS einhergehenden massiven Zerstreutheit und Misserfolgserlebnissen kann sich als Comorbidität bei ADHS-Betroffenen sehr oft eine ausgeprägte Verlustangst etablieren. Legt man die tatsächlich vielen verlorenen Dinge, Gegenstände und Gedanken zugrunde, ist diese verständliche Verlustangst eine Folge des Lebens mit dieser Störung.
Selbstwertgefühl und Energie
Bedingt durch die schon vorher beschriebenen zahlreichen Misserfolgserlebnisse leidet bei ADHS-Betroffenen vor allem das Selbstwertgefühl, respektive die Selbstwahrnehmung. Deshalb brauchen ADHS-Betroffene auch tatsächlich mehr Zuspruch, Anerkennung und andere Maßnahmen, die helfen können das Selbstwertgefühl aufzurichten.
Aus der Erkenntnis heraus, dass ADHS-Betroffene ständig »unter Strom stehen«, ergibt sich schon ein erster, überaus positiver Blickwinkel: Allein aus dieser Besonderheit scheinen ADHS-Betroffene in den meisten Fällen in der Lage zu sein, schier unerschöpfliche Energien zur Verfügung zu haben und diese auch für ihre Leistungsfähigkeit auszunützen. Voraussetzung: Es muss ihnen Spaß machen, muss sie faszinieren, quasi ihre Wahrnehmung zur Gänze ausfüllen.
Hyperfokussierung und Prokrastination
Diese Begrifflichkeit erklärt eine Handlungsebene, die ADHS-Betroffene dann einnehmen, sobald sie mit einem Feld konfrontiert sind, das sie zutiefst interessiert und mit dem sie sich persönlich sowie in ihrer Selbstwahrnehmung auch zutiefst identifizieren können. Dass bei »normalen Menschen« beim völligen Einlassen auf einen Handlungsstrang nach nicht allzu langer Zeit ein so genannter »Flow« eintritt, der ein gewisses Maß an Fokussierung erlaubt, ist ja hinreichend bekannt.
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Bei ADHS-Betroffenen kann dieses Einlassen auf den Haupthandlungsstrang so weit gehen, dass eine weit gehende Unterdrückung sämtlicher Umgebungsreize wie auch eigener Bedürfnisse und Empfindungen erfolgt. In Verbindung mit dem Vorgang des Hyperfokussierens ist bei diesen Personen zuweilen auch ein völliges Verausgaben bzw. ein unkontrollierbarer Verbrauch eigener Ressourcen zu beobachten.
Hyperfokussieren kann man sich, vielleicht um des besseren Verständnisses wegen, als ein »Wandeln zwischen Euphorie und Selbstzerstörung« vorstellen.
Hinter diesem besonderen Phänomen bzw. hinter dieser Eigenschaft von ADHS-Betroffenen steht aber auch ein besonderes Potenzial: Dinge oder Handlungen, die einen ADHS-Betroffenen ganz besonders interessieren, eröffnen die Möglichkeit zu außergewöhnlich dynamischer Entwicklung bestimmter Interessen und Fähigkeiten. Dieses Potenzial steht in genauem Gegensatz zu den sonst bei ADHS-betroffenen Menschen wahrgenommenen Leistungsdefiziten.
Ganz klar verbunden mit dem schon beschriebenen geschwächten Selbstwertgefühl ist das bei ADHS-Betroffenen überdeutlich auftretende Phänomen der Prokrastination. Stehen unpopuläre, schwierigere oder gar komplexere Aufgaben an, ist bei ADHS-betroffenen Menschen ein signifikant erhöhter Drang zum »Aufschieben bis zur letzten Minute« zu beobachten. Dies entsteht hauptsächlich aus der Selbstwahrnehmung heraus, »ohnehin keine Aufgabe ordentlich meistern zu können«.
Strategien für den Alltag mit ADHS
Mit ADHS den Alltag zu organisieren, kann eine echte Herausforderung sein: Aufgaben stapeln sich, Prioritäten verschwimmen, und das Gefühl der Überforderung wächst. Doch genau hier setzt das Coaching an: Sie können lernen, Arbeitsaufgaben effektiv zu strukturieren, klare Prioritäten zu setzen und dadurch Ihre Produktivität zu steigern.
Das Besondere? Es geht nicht nur um Methoden, sondern um Ansätze, die wirklich zu Ihnen und Ihrem Alltag passen. Praktische Tipps und Strategien helfen Ihnen, typische Stolpersteine wie Zeitmanagement und Organisation zu meistern. So gewinnen Sie nicht nur mehr Kontrolle über Ihren Tag, sondern auch ein gestärktes Selbstwertgefühl - und das macht den entscheidenden Unterschied.
Stressbewältigung und emotionale Stabilität
Stress fühlt sich bei Menschen mit ADHS oft intensiver an und zeigt sich auf ganz eigene Weise. Deshalb funktionieren klassische Stressbewältigungs-Methoden häufig nicht wie erhofft. Doch das bedeutet nicht, dass Sie Stress hilflos ausgeliefert sind - mit individuell angepassten Strategien können Sie lernen, besser mit belastenden Situationen umzugehen.
Im Fokus stehen Techniken, die zu Ihnen passen: Misserfolge annehmen, Grübelschleifen durchbrechen, besser schlafen und bewusst entspannen. Das Ziel ist nicht nur kurzfristige Entlastung, sondern auch langfristige Stabilität im Umgang mit emotionalen Herausforderungen. So schaffen Sie Raum für mehr Gelassenheit und Lebensqualität.
Kommunikation und Konfliktlösung
Für Menschen mit ADHS sind zwischenmenschliche Herausforderungen oft besonders belastend. Themen wie Rejection Sensitivity Dysphoria (die extreme Empfindlichkeit gegenüber Ablehnung) und Affektlabilität (schnelle emotionale Schwankungen) können soziale Interaktionen zusätzlich erschweren. Negative Erfahrungen aus der Vergangenheit, oft bereits in der Kindheit, verstärken diese Dynamik und machen es schwierig, Beziehungen stabil und erfolgreich zu gestalten.
Im Coaching liegt der Fokus darauf, gezielt Kommunikationsfähigkeiten zu stärken und konstruktive Wege im Umgang mit Konflikten zu finden. Sie lernen, Emotionen besser zu regulieren, Bedürfnisse klar auszudrücken und gleichzeitig empathisch auf andere einzugehen. Mit den passenden Strategien können Sie Missverständnisse reduzieren, Ablehnung weniger belastend erleben und in Teams nicht nur bestehen, sondern aktiv zu einer positiven Dynamik beitragen.
Stärken erkennen und nutzen
Menschen mit ADHS stehen oft vor der Herausforderung, sich selbst in einem positiven Licht zu sehen, da ADHS einen großen Einfluss auf das Selbstbild haben kann. Häufig überwiegen die Wahrnehmung von Schwächen und das Gefühl, nicht genug zu leisten. Doch genau hier liegt der Schlüssel zu persönlichem Wachstum: Ihr Bewusstsein für Ihre individuellen Stärken zu schärfen und Selbstvertrauen aufzubauen.
Im Coaching lernen Sie, Ihre Talente und Fähigkeiten klar zu erkennen und gezielt einzusetzen. Es geht darum, die oft unterschätzten Potenziale von Kreativität, Einfühlungsvermögen und Problemlösungsfähigkeit bewusst zu nutzen. Mit einem neuen Blick auf Ihre Möglichkeiten fördern Sie nicht nur Ihr Selbstbewusstsein, sondern legen auch die Basis für ein erfüllteres und erfolgreicheres Leben - beruflich wie privat.
Berufliche Wege finden
Auf Basis Ihrer persönlichen Stärken ist es sinnvoll, Ihre Karriereplanung bewusster zu gestalten. Welche Tätigkeiten erfüllen Sie wirklich? Was passt zu Ihrer Persönlichkeit und Ihren individuellen Bedürfnissen mit ADHS? Oft sind es genau diese Fragen, die Klarheit schaffen, um berufliche Wege zu finden, die sowohl Ihren Fähigkeiten entsprechen als auch langfristig erfüllend sind.
Im Coaching nutzen wir psychologisch fundierte Fragebögen, die Ihnen schnell erste Einblicke in Ihre Interessen und Potenziale bieten. Aufbauend darauf erforschen wir gemeinsam die passenden Rahmenbedingungen für Ihren Berufsalltag: Welche Arbeitsumgebungen unterstützen Sie? Welche Strukturen fördern Ihre Produktivität?
Führungskompetenzen entwickeln
Mitarbeitende mit ADHS können Teams durch Kreativität, Schnelligkeit und unkonventionelle Lösungsansätze bereichern - doch zugleich bringen ihre individuellen Bedürfnisse auch Herausforderungen mit sich. Wie gehen Sie mit Themen wie Ablenkbarkeit, Stress in chaotischen Situationen oder Schwierigkeiten bei der Priorisierung um? Ohne eine gezielte Führung können diese Hürden schnell zu Konflikten oder Missverständnissen führen, die die Dynamik des gesamten Teams belasten.
Die Lösung liegt in einer Führungshaltung, die klare Strukturen schafft und gleichzeitig Flexibilität ermöglicht. Indem Sie Arbeitsumgebungen gestalten, die Orientierung und Wertschätzung verbinden, fördern Sie nicht nur die Stärken Ihrer Mitarbeitenden, sondern reduzieren Überforderungen und Konflikte. Lernen Sie, Erwartungen klar zu kommunizieren, Potenziale gezielt zu nutzen und ein inklusives Teamklima zu schaffen, in dem alle - mit und ohne ADHS - erfolgreich zusammenarbeiten.
Zusammenarbeit mit ADHS-Kolleg:innen
Entwickeln Sie Führungskompetenzen, die speziell darauf ausgerichtet sind, das Potenzial von Mitarbeitenden mit ADHS voll auszuschöpfen. Dies umfasst das Verständnis für die besonderen Herausforderungen und Bedürfnisse von ADHS-Betroffenen im Berufsalltag sowie den Einsatz von Strategien, die deren Engagement und Effizienz fördern.
Coaching und Training für ADHS
Wir verstehen, dass Menschen mit ADHS im Arbeitsumfeld oft vor besonderen Herausforderungen stehen - sei es durch Schwierigkeiten im Zeitmanagement, Stressbewältigung oder im Umgang mit zwischenmenschlichen Themen. Unser Coaching bietet eine gezielte Unterstützung, die genau auf diese Bereiche eingeht.
Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen, dass zielgerichtetes Coaching nicht nur die unmittelbare Arbeitsproduktivität steigert, sondern auch das Selbstvertrauen und die Selbstwirksamkeit der Beteiligten stärkt. Hierzu verweist eine Meta-Analyse auf die positiven Effekte solcher Coaching-Ansätze (Emerald Insight, 2019).
Wir setzen auf wissenschaftlich fundierte Ansätze, um nachhaltige Erfolge zu erzielen. Mithilfe psychologischer Fragebögen, systemischer Methoden und persönlicher Gespräche identifizieren wir Ihre Stärken und Herausforderungen. Gemeinsam erarbeiten wir praktische Strategien, die in Ihren Alltag passen und messbare Verbesserungen in Selbstmanagement, Kommunikation und Stressbewältigung bringen.
Kosten und Förderung
Unsere Coaching-Einheiten kosten 120 € (exkl. USt.), also 144 € pro 60 Minuten. Je nach Absprache bieten wir auch 90-minütige Einheiten an, z. B. bei der Besprechung von psychologischen Fragebögen. Alle benötigten Materialien wie psychologische Fragebögen und die entsprechenden Reports, Tools oder Unterlagen sind im Preis inbegriffen. Zusätzlich erhalten Sie nach jeder Einheit eine individuelle Dokumentation, die Ihnen auch Jahre später als wertvolle Referenz dienen kann.
Eine Abrechnung mit der Krankenkasse ist aktuell nicht möglich, aber es gibt andere Wege, Coaching steuerlich geltend zu machen.
Viele Firmen fördern Coachings zu arbeitsrelevanten Themen. Hier gibt es verschiedene Modelle. Die Universität Graz fördert beispielsweise pro Jahr 300 € für Coachings bei geprüften Coaches wie mir. Andere Firmen haben einen „Coachingpool“, in dem Sie mich auch finden könnten, wie beispielsweise bei der Stadt Graz. Hier verrechne ich direkt mit Ihrer Firma. In jedem Fall lohnt es sich bei der Personalentwicklung, der HR oder Ihrer Führungskraft nachzufragen!
Praktische Tipps für den Alltag
Einer der wichtigsten Schlüssel im Alltag mit einem Kind mit ADHS ist eine klare und verlässliche Struktur. Der Tag sollte möglichst vorhersehbar ablaufen, damit das Kind jederzeit weiß, was als Nächstes passiert. Feste Zeiten für das Aufstehen, die Mahlzeiten und das Schlafengehen wirken wie ein unsichtbares Gerüst, an dem sich dein Kind orientieren kann. Das Gehirn muss so weniger Energie in die Frage „Was kommt jetzt?“ investieren und kann stattdessen im „Automatikmodus“ arbeiten. Wiederkehrende Abläufe geben Sicherheit und reduzieren Stress, weil sie dem Tag einen festen Rhythmus verleihen.
Auch kleine Rituale - etwa das gemeinsame Frühstück am gleichen Platz oder ein bestimmtes Einschlafritual - helfen dabei, den Übergang von einer Tagesphase in die nächste sanft einzuleiten. Gerade Kinder mit ADHS, die oft mit innerer Unruhe oder wechselnden Stimmungen kämpfen, profitieren davon, wenn sich die äußeren Abläufe nicht ständig verändern.
Umgang mit herausfordernden Momenten
Starke Gefühle, impulsive Reaktionen und unerwartete Wendungen - herausfordernde Momente gibt es reichlich:
- Eigene Ruhe bewahren: Kinder mit ADHS reagieren stark auf die Stimmung ihrer Bezugspersonen. Wer selbst ruhig bleibt, vermittelt Sicherheit.
- Kurz, klar und konkret kommunizieren: Lange Erklärungen überfordern oft.
- Sofort reagieren, nicht aufstauen: Regeln und Konsequenzen wirken am besten, wenn sie direkt im Moment folgen.
- Verständnis zeigen, ohne Fehlverhalten zu entschuldigen: Zeigen, dass die Gefühle des Kindes wahrgenommen werden („Ich sehe, dass du gerade wütend bist“), aber trotzdem konsequent bei Regeln bleiben.
- Reizüberflutung reduzieren: In Eskalationsmomenten möglichst viele störende Reize entfernen (TV aus, Raum wechseln, weniger Menschen um das Kind herum).
- Vorbereitet sein: Vorab Strategien für wiederkehrende schwierige Situationen überlegen (z. B. Hausaufgaben, Anziehen, Einkaufen).
- Positives Verhalten sofort verstärken: Gezielt loben („Ich finde toll, wie du dich eben beruhigt hast“) und positives Verhalten sichtbar machen.
- Nachbesprechung in ruhigen Momenten: Konflikte besser im Nachhinein, in entspannter Atmosphäre, besprechen.
Die Rolle von Sport
Sport spielt bei ADHS eine besonders wichtige Rolle, weil er gleich auf mehreren Ebenen positiv wirkt. Durch körperliche Aktivität werden im Gehirn vermehrt Botenstoffe wie Dopamin, Noradrenalin und Serotonin freigesetzt - genau jene, die bei ADHS oft in geringerer Menge vorhanden sind und für Aufmerksamkeit, Motivation und emotionale Balance wichtig sind. Bewegung hilft außerdem, überschüssige Energie abzubauen, die innere Unruhe zu verringern und Spannungen zu lösen. Regelmäßiger Sport kann die Konzentrationsfähigkeit verbessern und das Durchhaltevermögen stärken, was sich auch im Schulalltag bemerkbar macht.
Wichtig ist, eine Sportart zu wählen, die sowohl Freude bereitet als auch eine gewisse Struktur bietet. Aktivitäten mit klaren Regeln und festen Abläufen - wie Kampfsport, Klettern oder Mannschaftssport - geben Orientierung und fördern Selbstdisziplin. Gleichzeitig sollte genügend Abwechslung eingeplant werden, damit die Motivation langfristig erhalten bleibt. Auch kurze Bewegungseinheiten im Alltag, etwa Radfahren, Ballspielen oder Trampolinspringen, können wertvoll sein. Besonders wirksam ist Sport, wenn er regelmäßig zu festen Zeiten stattfindet und fest in den Tagesablauf integriert wird.
Ernährung und Nahrungsergänzungsmittel
Manche Kinder reagieren sensibel auf Farbstoffe, Konservierungsmittel oder bestimmte Lebensmittel. Omega-3-Fettsäuren sind Bausteine für das Gehirn. DHA ist ein Hauptbestandteil der Nervenzellmembranen im Gehirn. Es sorgt für deren Flexibilität und optimiert die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen. Ein stabiler Informationsaustausch ist wichtig für Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Impulskontrolle. Omega-3 beeinflusst die Produktion und Funktion von Botenstoffen wie Dopamin und Serotonin, die bei ADHS oft in veränderter Menge oder Aktivität vorliegen. Besonders Dopamin spielt eine zentrale Rolle bei Motivation, Fokus und Belohnungsverarbeitung.
Chronisch niedrige Entzündungsprozesse im Gehirn werden in einigen Studien mit ADHS in Verbindung gebracht. EPA wirkt stark entzündungshemmend und kann so das neuronale Umfeld verbessern. Fettlösliche Vitamine (A, D, E, K) können eine wichtige Grundlage für die allgemeine Gehirn- und Nervengesundheit schaffen. Vitamin A unterstützt die Entwicklung und Reparatur von Nervengewebe sowie die Sehfunktion, was besonders im schulischen Alltag von Vorteil sein kann. Vitamin D ist für den Stoffwechsel wichtiger Botenstoffe wie Dopamin und Serotonin zuständig und wirkt zudem entzündungshemmend - bei vielen Kindern mit ADHS ist der Spiegel zu niedrig, was Konzentration, Stimmung und Schlaf negativ beeinflussen kann. Vitamin E schützt die Nervenzellen vor oxidativem Stress und trägt zur Stabilität der Zellmembranen bei, was eine gesunde Signalübertragung im Gehirn unterstützt.
Mineralstoffe spielen bei ADHS eine indirekt, aber oft nicht zu unterschätzende Rolle, weil sie an vielen Prozessen beteiligt sind, die für Gehirnstoffwechsel, Nervensignalübertragung, Energieproduktion und Stressregulation wichtig sind.
Bestimmte pflanzliche Inhaltsstoffe werden traditionell und in modernen Studien untersucht, um Konzentration und Fokussierung zu unterstützen. Dazu zählen unter anderem Bacopa monnieri (Kleines Fettblatt), Hericium erinaceus (Igel-Stachelbart, auch „Lion’s Mane“ genannt) und Shilajit (Mumijo). Bacopa monnieri wird in der ayurvedischen Medizin seit Jahrhunderten als „Gedächtnispflanze“ eingesetzt und konnte in einigen Studien die Verarbeitungsgeschwindigkeit und Aufmerksamkeit verbessern. Hericium erinaceus enthält bioaktive Substanzen, die das Wachstum und die Regeneration von Nervenzellen fördern können, was sich langfristig positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirken kann. Shilajit liefert wertvolle Mineralstoffe und Fulvinsäure, die antioxidativ wirken und den Energiestoffwechsel der Zellen unterstützen.
Auch andere Substanzen wie Phosphatidylserin und L-Theanin aus grünem Tee (Camellia sinensis) können förderlich sein: Phosphatidylserin unterstützt die Signalübertragung zwischen Nervenzellen, während L-Theanin beruhigend wirkt, ohne müde zu machen, und so eine konzentrierte Entspannung fördern kann. Allerdings ist bei Kindern besondere Vorsicht geboten - vor allem, wenn Grüntee-Extrakte enthalten sind, da diese je nach Verarbeitung Koffein enthalten können. Zudem sind nicht alle pflanzlichen Wirkstoffe in gleicher Dosierung für Kinder geeignet, und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind möglich.
Buchtipp: "Den Alltag meistern mit ADHS"
Die ausgebildete ADHS-Therapeutin Meredith Carder ist selbst von ADHS betroffen. Es wurde erst spät bei ihr diagnostiziert und sie hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, anderen Betroffenen mit diesem Krankheitsbild zu helfen. Auf ihrer Internetplattform Hummingbird ADHD berät sie Betroffene und bringt eine große ADHS-Community zusammen, um sich auszutauschen und Lösungsansätze vorzustellen, wie sich der anspruchsvolle Alltag mit Familie und Beruf auch mit einem ausgeprägten Aufmerksamkeitsdefizit bewältigen lässt.
Die Besonderheit des Buchs sind die kurzen »ADHS-tauglichen« Kapitel, die prägnant formuliert sind, stets konkrete Tipps geben und zum Abschluss den Inhalt nochmal grafisch zusammenfassen.