Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Schätzungsweise 16 bis 20 von 100 Menschen erkranken irgendwann in ihrem Leben mindestens einmal an einer Depression oder einer chronisch depressiven Verstimmung (Dysthymie) - viele bereits vor dem 30. Lebensjahr.
Jeder Mensch ist ab und an niedergeschlagen und lustlos. Und jeder Mensch war wohl auch schon einmal unglücklich oder sogar verzweifelt. Solche Phasen gehören zum Leben dazu, und normalerweise gehen sie nach einer Weile vorüber - etwa, wenn sich die Lebenssituation wieder ändert. Bei einer Depression ist das anders.
Wer eine Depression hat, fällt über mehrere Wochen oder Monate in ein emotionales Tief. Diese Zeit wird „depressive Episode“ genannt. Die Betroffenen sind traurig und niedergeschlagen. Depressionen führen oft zu Schlaf- und Konzentrationsstörungen.
Eine Depression kann nicht nur mit Mattigkeit, sondern auch mit erhöhter Erregbarkeit einhergehen. Manche Menschen haben auch eine chronische Depression.
Eine Depression bewirkt, dass man sich anders fühlt und verhält als vor der Erkrankung. Viele Betroffene geben sich selbst die Schuld für ihren Zustand und werden von Selbstzweifeln geplagt. Sie berichten von Gefühlen, die sie nicht mehr kontrollieren oder bewältigen können. Es können auch Gedanken an Selbsttötung aufkommen.
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Viele ziehen sich zurück, meiden soziale Kontakte und gehen kaum noch aus dem Haus. Auch arbeiten zu gehen, fällt häufig schwer. Es kann zu Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenmissbrauch kommen. All das kann die Depression noch verstärken.
Wie Depressionen entstehen, ist bisher nicht genau bekannt. Man geht davon aus, dass biologische Vorgänge, psychische und soziale Faktoren, die persönliche Situation und besondere Ereignisse im Leben dabei zusammenwirken.
Depressionen verlaufen unterschiedlich: Bei einigen Menschen klingt eine depressive Episode nach einigen Wochen oder Monaten - zum Teil auch ohne Behandlung - wieder ab und kehrt nicht zurück. Wenn eine Depression nach dem Abklingen der Symptome erneut auftritt, wird dies als Rückfall (Rezidiv) bezeichnet. Bei vielen wechseln sich depressive Episoden regelmäßig mit beschwerdefreien Phasen ab. Andere haben über lange Zeit mal stärkere, mal weniger starke Depressionen, und einige haben anhaltende Beschwerden.
Über die Hälfte der Menschen mit einer Depression hat noch weitere Erkrankungen. Viele Betroffene sind so schwer erkrankt, dass sie nicht mehr die Kraft haben, sich selbst Hilfe zu suchen.
Eine Depression kann auch im Familien- und Freundeskreis zu Sorgen, Ängsten und Hilflosigkeit führen: Man möchte sehr gern helfen, weiß aber nicht wie. Dennoch: Bei seelischen Problemen oder Erkrankungen wenden sich viele Menschen zunächst an ihren Partner oder ihre Partnerin, an Angehörige oder an Freundinnen und Freunde. Oft bemerken sie die depressiven Symptome und Veränderungen sogar als erste. Ihr Trost und ihre Unterstützung sind für Menschen mit Depressionen besonders wichtig. Bei schweren Depressionen braucht aber auch das Umfeld der Erkrankten Unterstützung.
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Wie kann man den Betroffenen helfen?
Für Partner, Familienangehörige und Freunde eines depressiven Menschen ist es häufig schwer, mitzuerleben, wie schlecht es dieser Person geht. Sie fragen sich, wie sie bei Depressionen am besten helfen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Menschen mit Depressionen den Umgang mit der Erkrankung zu erleichtern:
Unterstützung beim Arztbesuch
Ist jemand über einen längeren Zeitraum hinweg niedergeschlagen, freudlos und antriebslos, ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen. Bei diesem ersten Schritt sind viele Betroffenen auf die Unterstützung ihrer Angehörigen angewiesen.
Depressiven Menschen fehlt oft der nötige Antrieb, um einen Arzttermin zu vereinbaren oder sie glauben nicht daran, dass ihnen dort geholfen wird. Zudem wirkt die Diagnose "Depression" bedrohlich - viele Menschen haben Angst davor. Doch es ist oft auch eine Erleichterung, zu wissen, dass die fehlende Lebensfreude Folge einer Erkrankung ist, die sich behandeln lässt. Zudem entlastet die Diagnose die Patienten, weil klar wird, dass es nicht ihr Fehler ist, wenn sie sich ständig niedergeschlagen fühlen. Nutzen Sie diese Informationen, um Angehörige mit einer Depression dazu zu motivieren, sich Hilfe zu suchen.
Geduld haben
Menschen mit Depressionen ziehen sich zurück und wirken auf ihr Umfeld oft ablehnend. Depressive melden sich vielleicht nicht mehr so häufig und gehen auf Abstand. Sozialer Rückzug und die Vernachlässigung der beruflichen und alltäglichen Pflichten sind typische Auswirkungen schwerer Depressionen.
Angehörige unterstützen den Patienten durch Geduld und Verständnis. Machen Sie sich bewusst, dass das Verhalten des Betroffenen nicht gegen Sie gerichtet ist, sondern Teil einer depressiven Phase ist. Wenden Sie sich nicht ab, auch wenn Ihr depressiver Angehöriger Sie zurückzuweisen scheint.
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Hoffnung statt Druck machen
Setzen Sie einen depressiven Menschen nicht mit Bemerkungen wie "Nun reiß dich doch ein bisschen zusammen" unter Druck - denn "Zusammenreißen" ist bei einer Depression nicht möglich. Auch Vorwürfe sind unangebracht und verschlimmern die Lage nur. Die Kranken machen sich ohnehin selbst starke Vorwürfe und leiden unter Schuldgefühlen aufgrund ihrer Depression.
Die Beziehung aufrecht zu halten und den Betroffenen nicht aufzugeben, hilft, die Krankheit zu bewältigen. Ebenfalls wichtig: Streiten Sie nicht mit Ihrem depressiven Angehörigen darüber, ob seine negative Sichtweise der Situation "objektiv" gerechtfertigt ist oder nicht. Auch das hat keine Aussicht auf Erfolg. Werten Sie die intensiv erlebten körperlichen Missempfindungen des Depressiven und seine Ängste vor einer körperlichen Erkrankung nicht als übertrieben oder "nur psychisch bedingt" ab. Denn depressive Menschen übertreiben ihr Erleben nicht.
Gut gemeinte Ratschläge vermeiden
Seien Sie vorsichtig mit gut gemeinten Ratschlägen: Empfehlen Sie einem depressiven Menschen beispielsweise nicht, mal richtig abzuschalten und für ein paar Tage zu verreisen. Gerade Menschen mit schweren Depressionen erleben in einer nicht vertrauten Umgebung ihre Freudlosigkeit manchmal noch weitaus schmerzhafter.
Wenn jemand sich vollständig vom gesellschaftlichen Leben zurückzieht, liegt es nahe, ihn aufmuntern oder motivieren zu wollen. Gute Ratschläge, die gesunden Menschen mit Problemen helfen, fruchten aber bei Depressiven nicht. Sie setzen den Patienten vielmehr unter Druck.
Keine Ratschläge zu erteilen, ist natürlich eine schwierige Aufgabe für Angehörige. Eine Depression ist aber definitiv nicht durch Aktivitäten und schöne Erlebnisse zu heilen. Depressive Menschen sind in ihren negativen Gedanken und Gefühlen gefangen und benötigen daher eine medikamentöse und/oder psychotherapeutische Behandlung.
Suizidgedanken ernstnehmen
Bei einer schweren Depression verlieren Betroffene manchmal den Lebensmut. Suizidgedanken sind Teil der depressiven Störung und werden durch Hoffnungslosigkeit und starke Selbstzweifel verstärkt. Wenn Menschen mit einer Depression davon sprechen, sich das Leben zu nehmen, ist das ein ernstzunehmendes Warnsignal!
Meist steckt dahinter nicht ein wirklicher Sterbewunsch, sondern vielmehr die fehlende Kraft, SO weiter zu leben, beziehungsweise der Verlust der Hoffnung, dass die Situation sich auch wieder zum Besseren wenden kann. Auch wenn es schwerfällt: Sprechen Sie die Betroffenen darauf an, wenn er sich entsprechend äußert. Das können auch Sätze sein wie "Ohne mich wärt ihr besser dran" oder "ich bin für alle eine Last" oder auch nur "Ich mag nicht mehr". Konkrete Pläne, wie der Suizid umzusetzen wäre, deuten drauf hin, dass der Schritt zur Durchführung nicht mehr weit sein könnte.
Bieten Sie an, gemeinsam in eine psychiatrische Notfallklinik zu fahren.
Selbsthilfegruppen als Anker
Die Familie, die nahen Angehörigen, die gebliebenen Freunde haben für die meisten Menschen mit psychischen Erkrankungen eine besondere, eine besonders große Rolle. Oft stellen Sie für längere Zeit die einzigen sozialen Kontakte dar, unterstützen und begleiten die Erkrankten, versuchen in Krisen und guten Zeiten für die Erkrankten da zu sein. Damit haben Angehörige eine wesentlichen Einfluss auf die Rahmenbedingungen, die für die Erkrankten hilfreich sein können - oder auch nicht.
Auch Selbsthilfegruppen können - insbesondere für chronisch kranke Menschen und ihre Angehörigen - ein wertvoller Anker für das körperliche sowie psychische Wohlbefinden sein und die Gesundheit auf vielfältige Weise unterstützen. In Selbsthilfegruppen treffen sich Menschen mit den gleichen Gesundheitsproblemen regelmäßig, um sich in geschütztem Rahmen offen über die Erkrankung bzw. Beeinträchtigung und damit eventuell verbundene psychische oder soziale Herausforderungen auszutauschen.
Auch werden Erfahrungen über Behandlungsmöglichkeiten, Medikamente oder Therapieansätze geteilt. Selbsthilfegruppen bilden eine wesentliche Säule im Gesundheitssystem und stellen ein wichtiges Auffangnetz für Patientinnen und Patienten dar.
Selbsthilfe bedeutet Eigeninitiative im Umgang mit einer häufig chronischen Erkrankung, das Einholen von Informationen und das Suchen und Anbieten von Unterstützung. Der Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten und die Informationen aus Selbsthilfegruppen können dazu beitragen, dass Menschen ihre medizinische Behandlung besser verstehen und dadurch konsequenter befolgen und einhalten.
„Selbsthilfe ist selbstwirksam. Sie kann unter anderem auch das Selbstbewusstsein stärken, weil die Betroffenen spüren, dass sie selbst aktiv Einfluss auf ihre Gesundheit nehmen können.
HPE: Hilfe für Angehörige psychisch Erkrankter
HPE bedeutet Hilfe für Angehörige psychisch Erkrankter. Angehörige sind Verwandte und gute Freundinnen und Freunde einer Person. Wir sind ein gemeinnütziger Verein, der es sich zur Mission gemacht hat, die Lebensqualität Angehöriger psychisch Erkrankter zu verbessern.
Zudem gibt es regelmäßige Selbsthilfegruppen und Seminare zu unterschiedlichen Themen. So kann sehr viel Austausch stattfinden. Die HPE ist in allen Bundesländern aktiv. Durchstöbern Sie für weitere Informationen gerne unsere Homepage oder melden Sie sich einfach telefonisch.
Folgende Inhalte können u.a. Hilfe beim Wahrnehmen eigener Gefühle wie Überforderung, Angst, Wut aber auch eigener Wünsche und Bedürfnisse und Unterstützung beim Erarbeiten von Möglichkeiten, wie diese ausgedrückt bzw. Auch Selbsthilfegruppen können - insbesondere für chronisch kranke Menschen und ihre Angehörigen - ein wertvoller Anker für das körperliche sowie psychische Wohlbefinden sein und die Gesundheit auf vielfältige Weise unterstützen.
Ausgewählte Selbsthilfegruppen in Österreich
Hier ist eine Liste von Selbsthilfegruppen in Österreich, die Unterstützung für Angehörige von Menschen mit psychischen Erkrankungen anbieten:
- AL-Anon - Familiengruppe St. Al-Anon Familiengruppe SHG für Angehörige und Freunde von Alkoholikern, REGION OST Wien, NÖ, Stmk, Kärnten u. Blaues Kreuz St.
- HPE NÖ - Angehörigengruppe Hollabrunn für Familienmitglieder, Verwandte und Freunde psychisch Kranker
- HPE NÖ - Angehörigengruppe BadenAngehörige / Freunde psychisch Erkrankter (HPE), HPE - Angehörige psy.
- HPE NÖ - Angehörigengruppe MistelbachAngehörige / Freunde psychisch Erkrankter (HPE), HPE - Angehörige psy.
- HPE NÖ - Angehörigengruppe MödlingAngehörige / Freunde psychisch Erkrankter (HPE), HPE - Angehörige psy.
- HPE NÖ - Angehörigengruppe SchwechatAngehörige / Freunde psychisch Erkrankter (HPE), HPE - Angehörige psy.
- HPE NÖ - Angehörigengruppe StockerauAngehörige / Freunde psychisch Erkrankter (HPE), HPE - Angehörige psy.
- HPE NÖ - Angehörigentreffen MankAngehörige / Freunde psychisch Erkrankter (HPE), HPE - Angehörige psy.
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