Ein anstrengender Arbeitsalltag, stressige Freizeitgestaltung oder private Rückschläge können unsere Seele aus dem Gleichgewicht bringen. Psychische Erkrankungen wie Depression, Burnout oder auch Schlafprobleme können die Lebensqualität stark beeinträchtigen.
Was ist Stimulation und Überstimulation?
Stimulation ist jede Art von Eindruck, jeder Reiz, jede Anregung, die wir erhalten. Jedes Wesen braucht Stimulation, um sich wohl zu fühlen, doch auf die Dosis kommt es an. Jeder Mensch fühlt sich mit einem gewissen Maß an Stimulation am wohlsten. Stimulation unter der persönlichen Behaglichkeitszone wird als langweilig bis sehr unangenehm erlebt und führt auf Dauer zu Degeneration und aggressiven oder autoaggressiven Verhaltensstörungen.
Die Grenze zwischen Stimulation und Überstimulation ist erstens fließend, und zweitens sowohl von Individuum zu Individuum, als auch von Situation zu Situation und von Tag zu Tag verschieden. Überstimulation ist für alle Menschen unangenehm und belastend. Ein wichtiger Punkt ist, dass hochsensible Menschen die Schwelle zur Überstimulation auffällig früher erreichen als der Rest.
Ursachen von Überstimulation
- Zu intensive Außenreize
- Schwache (monotone) Außenreize über einen zu langen Zeitraum
- Schwache, aber viele verschiedene Außenreize gleichzeitig
- Zu intensive Innenreize
- Schwache (monotone) Innenreize über einen zu langen Zeitraum
Alle Menschen reagieren mit Rückzugsbedürfnis oder Aggression, körperlichen Erregungssymptomen wie Erröten, Herzklopfen oder Schweißausbrüchen, Zittrigkeit oder Verwirrtheit, wenn sie mehr Reize aufnehmen müssen als ihnen lieb ist. Bei Hochsensiblen geschieht dies jedoch schon früher als bei der weniger sensiblen Mehrheit. Wenn Menschen überstimuliert sind sinken ihre Leistungen, sie können oft nicht mehr klar denken, werden tollpatschig, reagieren emotional oder irrational. Dauert der belastende Zustand an, werden sie krankheitsanfällig und neigen zu Neurosen oder Depressionen.
Die Rolle von Stresshormonen
Überstimulation ist Stress, der allerdings oft nicht als solcher erkannt wird, weil die zur Überstimulation führende Situation an der Oberfläche sehr subtil sein kann. In akuten Stresssituationen werden die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin ins Blut ausgeschüttet. Ersteres bereitet den Körper auf eine Flucht- oder Kampfsituation vor, zweiteres ist ein Neurotransmitter, der das Gleiche mit dem Gehirn macht - es wird für schnelle Bewertungen und Entscheidungen in Schwung gebracht.
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Erfährt der Metabolismus innerhalb einer gewissen Zeitspanne mehrere Adrenalinstöße, so wird das für Dauerstress zuständige Hormon Cortisol ausgeschüttet, was Körper und Geist in nachhaltige Alarmbereitschaft versetzt. Wie viele bzw. wie starke Aufregungen oder Störungen dafür notwendig sind variiert von Mensch zu Mensch, bei manchen hochsensiblen Personen (HSP) können jedoch schon drei relativ geringfügige Unterbrechungen der Konzentration innerhalb einer halben Stunde dazu führen.
Diese chemischen Botenstoffe und die von ihnen hervorgerufenen Zustände haben ihre evolutionäre Bedeutung und Funktion. Cortisol, das dem Cortison sehr verwandt ist und auch sehr ähnlich wirkt, schärft unsere Wachsamkeit und sorgt in Krisenzeiten dafür, dass wir nicht durch oberflächliche Krankheitssymptome an der Bewältigung der Krise gehindert würden. Prof. Dr. med. G. K. Stalla, Internist und Endokrinologe am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München, sagt „Cortisol ist gewissermaßen Superbenzin für den Körper, wenn es anstrengend wird“.
Langfristige Auswirkungen eines hohen Cortisolspiegels
Wird eine hohe Cortisol-Konzentration jedoch über Monate oder gar Jahre hinweg zum Dauerzustand, ist die Gesundheit gefährdet, unsere Körper sind nicht dafür gebaut. Zu den beobachteten körperlichen Veränderungen, die ein langfristig hoher Cortisolspiegel hervorrufen kann, gehören in erster Linie:
- Immunologische Störungen
- Erhöhte Infektanfälligkeit
- Ev. Zunahme von Krebserkrankungen
- Diabetes
- Hypertonie
- Arterienerkrankungen
- Muskelschwund (v.a. an den Beinen)
- Knorpelabbau und folglich Probleme mit Gelenken
- Aufbau von Fettgewebe, v.a. auf Kopf („Mondgesicht“) und Rücken („Büffelrücken“, früher „Witwenhöcker“)
- Osteoporose
- Bei Kindern Wachstumsstörungen
Zu den psychischen Veränderungen zählen Launenhaftigkeit, Verwirrung, Burnout, Depression und Selbstmordneigung. HSP hingegen erreichen diesen Zustand häufig bei viel geringeren Anlässen. Interessanterweise lassen sich bei ihnen selbst in längeren Phasen der Ruhe und Entspannung höhere Basiswerte von Noradrenalin und Cortisol im Blut nachweisen als bei nicht hochempfindlichen Menschen.
Während Adrenalin und Noradrenalin relativ rasch wieder abgebaut werden, kann es bei Cortisol auch einige Tage dauern, bis der Normalzustand wieder hergestellt ist. Speziell für uns HSP ist es somit wirklich wichtig, den Cortisolspiegel immer wieder zu senken.
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Maßnahmen zur Senkung des Cortisolspiegels
Dies geht am besten durch:
- Schlaf (speziell Tiefschlaf)
- Ruhe
- Aufenthalt in freier Natur
- Streicheleinheiten
- Gebet und religiöse Rituale
- Meditative Tätigkeiten und Meditation selbst
- Alles, was Geborgenheit vermittelt
- Vertraute, mechanische Tätigkeiten
- Kunstgenuss
Heilkräuter und ihre Wirkung
Neben einer Adaption der Lebensgestaltung und Psychotherapie können auch Heilkräuter unterstützend wirken.
Heilkräuter für einen ruhigen Schlaf
Schlaf ist für unseren Körper lebensnotwendig, damit er sich erholen und regenerieren kann. Schlafen wir nur unregelmäßig oder ist die Schlafphase zu kurz, sind wir schneller erschöpft und weniger leistungsfähig.
Wenn Atemübungen, Meditieren oder Schäfchen zählen nichts helfen, finden Sie vielleicht Schlaf bei einer Tasse Tee.
| Pflanze | Wirkung | Zubereitung als Tee |
|---|---|---|
| Baldrian | Fördert die Schlafbereitschaft und verkürzt die Einschlafdauer, vermindert außerdem das Aufwachen während der Nacht. | 1 Teelöffel Baldrianwurzel pro Tasse wird mit kaltem Wasser übergossen und dann erhitzt. 1 Stunde köcheln lassen und dann 2 bis 3 Stunden ziehen lassen. |
| Hopfen | Wirkt schlaffördernd, beruhigend und krampflösend bei Nervosität oder Unruhezuständen während des Einschlafens. | 1 bis 2 Teelöffel Hopfenzapfen werden mit 150 ml siedendem Wasser übergossen und anschließend 10 Minuten abgedeckt ziehen gelassen. |
| Lavendel | Hilft bei Einschlafstörungen und Unruhezuständen, sowie bei nervösem Herzklopfen und Stress, verbessert die Schlafqualität. | 1 bis 2 Teelöffel Lavendelblüte mit 1 Tasse heißem Wasser übergießen und anschließend 5 Minuten zugedeckt ziehen lassen. |
| Melisse | Beruhigt, löst Stresszustände und hilft bei nervösen Magen- und Darmstörungen, wie Blähungen oder Krämpfen. | 1 Teelöffel Melissenblätter werden mit 1 Tasse heißem Wasser übergossen und dann 7 Minuten zugedeckt ziehen gelassen. |
| Passionsblume | Wirkt leicht beruhigend, fördert die Schlafbereitschaft und ist krampf- sowie angstlösend. | 1 bis 2 Teelöffel Passionsblumenkraut mit 1 Tasse Wasser übergießen und 5 Minuten ziehen lassen. |
Teemischung für einen ruhigen Schlaf:
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- Hopfenzapfen 10g
- Orangenblüten 10g
- Melissenblätter 20g
- Weißdorn 20g
- Baldrianwurzel 40g
1 Esslöffel mit 250ml kochendem Wasser übergießen und 10 bis 15 Minuten ziehen lassen.
Ätherische Öle wie Lavendelöl, Rosenöl oder Vanille-Öl wiegen in einen beruhigenden Schlaf, gleichen aus und entspannen.
Heilkräuter zum Stimmungsaufhellen
Bei leichten bis mittelschweren Depressionen bieten sogenannte Phytopharmaka, wie zum Beispiel Johanniskraut eine therapeutische Unterstützung mit geringen Nebenwirkungen. Zu beachten ist allerdings, dass eine ausreichende Wirkung erst nach 3 bis 5 Wochen eintritt. Um die Wirkung einer Teemischung zu verstärken, können auch Tausendgüldenkraut, Wermut, Weißdorn, Melisse oder Lavendel beigemengt werden.
| Pflanze | Wirkung | Zubereitung als Tee |
|---|---|---|
| Johanniskraut | Wirkt stimmungsaufhellend und angstlösend, sowie leicht beruhigend und antriebssteigernd. Johanniskraut verbessert die Lichtaufnahme im Körper. | 2 Teelöffel Johanniskraut mit 150 ml Wasser übergießen und danach 5 bis 10 Minuten ziehen lassen. |
| Baldrianwurzel | Verstärkt in Kombination mit Johanniskraut die Wirkung bei leichten Angststörungen und depressiven Verstimmungen. | 1 Teelöffel Baldrianwurzel pro Tasse wird mit kaltem Wasser übergossen und dann erhitzt. 1 Stunde köcheln lassen und dann 2 bis 3 Stunden ziehen lassen. |
| Passionsblume | Beruhigt, fördert das Einschlafen, ist angstlösend und verstärkt die Wirkung von Johanniskraut. | 1 bis 2 Teelöffel Passionsblumenkraut mit 1 Tasse Wasser übergießen und 5 Minuten lassen. |
| Ginseng | Hilft bei depressiven Verstimmungen oder Erschöpfungszuständen und wirkt angstlösend. | 1 bis 2 g Teedroge sollen mit Wasser übergossen und anschließend 5 bis 10 Minuten ziehen gelassen werden. |
Teemischung zum Stimmungsaufhellen:
- Melissenblätter 10g
- Orangenblüten 10g
- Baldrianwurzel 20g
- Johanniskraut 30g
- Passionsblumenkraut 30g
1 Teelöffel mit 150ml heißem Wasser übergießen und 10 Minuten zugedeckt ziehen lassen.
Ätherische Öle, wie Bergamotte, Neroli, Rose oder Zeder, wirken aufmunternd, entspannend und ausgleichend.
Heilkräuter für starke Nerven
Müde, erschöpft und ausgelaugt? Unser Körper zeigt die Grenzen seiner Belastbarkeit auf, wenn seine Leistungsfähigkeit geschwächt ist. Neben ausreichend Schlaf und Entspannungsübungen können auch Heilkräuter eingesetzt werden. Dazu gehören zum Beispiel Johanniskraut, Baldrian, Melisse, Passionsblume, Wermut, Ingwer, Rosmarin und Enzian.
Teemischung für starke Nerven:
- Baldrianwurzel 10g
- Ingwerwurzel 10g
- Lavendelblüten 10g
- Rosmarinblätter 10g
- Mateblätter 20g
- Melissenblätter 20g
- Pfefferminzblatt 20g
1 Teelöffel mit 150ml heißem Wasser übergießen und zugedeckt 5 bis 10 Minuten ziehen lassen.
Ätherische Öle Angelikawurzel, Grapefruit, Rosenholz oder Lemongrass aktivieren, beleben und stärken die Nerven.