Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) ist durch ein tiefgreifendes Muster von Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten sowie durch deutliche Impulsivität gekennzeichnet. Dieses Muster beginnt im frühen Erwachsenenalter und zeigt sich in verschiedenen Situationen.
Beziehung und Borderline
Beziehungen zu Freunden sind für Personen mit dieser Persönlichkeitsstörung sehr schwierig, da sie oft in Extremen leben. Sie wünschen sich Nähe und Liebe, fürchten aber gleichzeitig Verlust, Ablehnung und das Gefühl des Verlassenseins. Durch diesen inneren Kampf von extremen Gefühlen haben sie oft schnelle und starke Schwankungen.
Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung haben oft ein Gefühl von innerer Leere und ihre Gefühle wechseln schnell und sind instabil. Im Extremfall dissoziieren Betroffene: Sind Gefühle unerträglich, spalten sie das Erleben vom Bewusstsein ab. Manche beschreiben dies als Schweben über sich selbst, als ob sie sich selbst beobachten würden. Manche fühlen sich in diesem Zustand sich selbst fremd, dies nennt man "Depersonalisation". "Derealisation" bedeutet, dass ihnen ihre Umgebung surreal vorkommt.
Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung haben bei Beziehungen Angst vor dem Alleinsein. Gleichzeitig fällt es ihnen schwer, sich in soziale Gruppen einzufügen. Die große Angst davor, verlassen oder verstoßen zu werden, führt dazu, dass sich Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung an Menschen klammern, nur um nicht alleine zu sein.
Zusätzlich empfinden Personen mit BPD (Borderline Personality Disorder) diese Nähe wiederum als gefährlich und stoßen "zu nah gekommene" aus Angst vor erneuter Verletzung weg. Besonders schwierig ist dies in romantischen Beziehungen für Betroffene von Borderline, da eine "Ich hasse dich, verlasse mich nicht"-Dynamik entsteht.
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Warum zerstören Borderline-Betroffene Beziehungen?
Besonders enge Freunde und Partner bekommen sehr viel der inneren Spannungen von Menschen mit Borderline ab. Man weiß nie genau, wann Betroffene "explodieren", sie wechseln abrupt von Zuneigung zu Ablehnung bis hin zu Trennung. Betroffene machen dies, eben WEIL ihnen die Beziehung etwas bedeutet. So sehr sie sich Nähe wünschen, so sehr macht ihnen emotionale Abhängigkeit Angst.
In der Kindheit waren Menschen mit Borderline oft schutzlos ausgeliefert, ohnmächtig - sie kennen keine sichere Bindung. Diese unangenehmen Gefühle versuchen sie mit aller Kraft zu vermeiden. Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung machen lieber selbst alles kaputt - so weh das tut, als unerwartet verlassen oder verletzt zu werden. Das gibt ihnen immerhin noch ein Gefühl von Kontrolle - statt der beängstigenden Ohnmacht.
Die enormen Gefühlsausbrüche und Schwankungen der Borderline-Erkrankten ist für Freunde oder auch Partner in Beziehungen bei Borderline oft nicht verständlich. Reagiert dieser abweisend oder zurückweisend, genervt, verschlimmert sich die Verlassensangst der Borderliner. So entsteht oft Co-Abhängigkeit: Um Schlimmeres zu vermeiden, macht der Partner alles für die erkrankte Person. Die eigenen Bedürfnisse werden ignoriert zum "Wohl" der Person mit Borderline.
Betroffene einer Borderline-Persönlichkeitsstörung haben ständig Angst, man würde sie nicht mögen und sie werden ausgeschlossen. Diese Unsicherheit führt dazu, dass sie beginnen, ihr Gegenüber zu testen. Sie beginnen zu manipulieren und kreieren Drama. So entstehen toxische Beziehungen mit einer emotionalen Abhängigkeit.
Aufgrund der schweren traumatischen Erlebnisse, die viele Borderline-Erkrankte oft in früher Kindheit erfuhren, ist das ganze Denken und Handeln darauf ausgerichtet, Bedrohung und Verletzung zu entkommen. Enorme Angst und Anspannung bedingen hauptsächlich die drei Verhaltensweisen: Flucht, Angriff, "Totstellen".
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Wie man mit einem Borderliner umgeht
In einer Beziehung mit Borderlinern muss man sich den Herausforderungen bewusst sein und wissen, dass ein Funktionieren viel Arbeit benötigt:
- Informieren: Wenn Sie merken, dass Ihr Gegenüber Borderline haben könnte, informieren Sie sich. Umso mehr Sie über die Erkrankung wissen, umso besser können Sie damit umgehen.
- Auf sich schauen: Die eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu achten, ist unbedingt notwendig!
- Ruhig bleiben, nicht manipulieren lassen: Gerade, wenn man sich diese Auszeiten schafft, kann es auf Gegenwehr stoßen, auf Beziehungsabbruch oder Androhungen davon.
- Regeln: Feste Regeln können sehr helfen, um klare Grenzen zu stecken. Außerdem geben sie der erkrankten Person einen Halt und Sicherheit, sie kann sich darauf einstellen.
- Therapie unterstützen: Sie können der Person mit Borderline nicht alleine helfen und als Partner sind Sie emotional zu sehr involviert. Eine Therapie ist oft unabdingbar - motivieren Sie Ihr Gegenüber dazu.
- Sicherheit und Abgrenzung: Da Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung so große Angst vor dem Verlassenwerden haben, brauchen Sie das Gefühl von Sicherheit von ihren Freunden oder ihrem Partner. Mit ihren extremen Verhalten schreien Betroffene oft nach Aufmerksamkeit. Zeigen Sie, dass Sie da sind und hier bleiben - zeigen Sie aber auch, dass Sie sich so (z. B. bei Wutanfällen) nicht behandeln lassen, ziehen Sie Konsequenzen.
Das Beziehungsverhalten kann aufgrund der "Ich hasse dich, verlasse mich nicht"-Züge von Menschen mit Borderline Syndrom schnell in eine On-Off Beziehung wechseln - sei es bei einer Freundschaft oder einer Beziehung. Nach einer leidenschaftlichen Anfangsphase folgt oft eine emotionale und intensive Partnerschaft - diese kann jedoch gelingen.
Krankheitsbedingte Angst vor dem Verlassen werden, macht es für Freunde sowie Liebespartner von Borderline-Betroffenen schwierig. Einige Menschen mit BPS neigen dazu, auf Distanz zu gehen, wenn sie sich überwältigt oder bedroht fühlen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass das Zurückziehen von Menschen mit BPS nicht unbedingt eine Ablehnung oder ein Desinteresse an ihren Beziehungen bedeutet. Wenn jemand mit BPS auf Distanz geht, ist es wichtig, dies nicht persönlich zu nehmen und dem Betroffenen Zeit und Raum zu geben, um sich zu erholen. Es ist jedoch auch wichtig zu beachten, dass eine zu lange Distanzierung die Beziehung gefährden kann.
Die "Spaltung" bei Borderline
Bestimmte borderline-spezifische Symptome, z. B. ihr psychotisches Erleben, legen die Erklärung nahe, dass diese PatientInnen kein ausreichend stabiles Selbstkonzept haben, sondern eines, das unter starker psychischer Belastung seine realitätsprüfenden Funktionen verliert, so dass dissoziative Zustände auftreten oder z. B. Depersonalisations- oder Derealisationszustände.
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Borderline-PatientInnen erleben sich auch oft als existentiell bedroht in der Überzeugung, so abgrundtief böse zu sein, dass sie keine Existenzberechtigung haben und jeder andere Mensch, der das erkennt, sich von ihnen abwenden, sie wegschicken oder verlassen wird. Die Vermeidung des Kontaktes mit dieser Überzeugung spielt oft auch bei der bei Borderline-PatientInnen vermehrt zu beobachtenden „Spaltung“ eine Rolle.
Die PatientInnen retten sich z. B. M. Mahler (1972, zit. Bestimmte dieser Erfahrungen, wie die einer inneren Leere oder die Vernichtungsängste, sind TherapeutInnen außerhalb des therapeutischen Kontaktes in aller Regel selbst nicht zugänglich. Sie vermitteln sich ihnen aber im therapeutischen Kontakt und sind nicht leicht auszuhalten.
Das Verhalten einer Person, die an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leidet, ist sehr schwer zu verstehen. Alles was er sagt oder tut erscheint so irrational. Was zurück bleibt ist pure Verzweiflung. Menschen die an einer Borderline Persönlichkeitsstörung leiden, sind nicht in der Lage ambivalente und vieldeutige Affekte zur selben Zeit wahrzunehmen. In einem Moment wird nur ein einzelner, eindeutiger Affekt akzeptiert.
Die Spaltung ist verantwortlich für die emotionale und kognitive "Schwarz-Weiß-Malerei", die charakteristisch bei Borderlinern anzutreffen ist. Ihnen ist eine zeitliche Integration verschiedener Gefühle, kognitiver Bewertungen, Intentionen, Imaginationen usw. nicht möglich.
Der psychodynamische Schutzmechanismus Spaltung wird überaus oft durch andere, unreife Abwehrmechanismen unterstützt. Die häufigsten sind dabei die Mechanismen Verleugnung, Projektion, Projektive Identifikation oder Abwertung und Idealisierung*.
Idealisierung kann auf dramatische Weise ins Gegenteil umschlagen, wenn der Borderliner plötzlich beim Partner "Fehler" entdeckt und der Glanz der Vollkommenheit schwindet. Borderliner sind sehr sensibel. Es entsteht in ihnen schnell das Gefühl, etwas hätte sich in der Beziehung verändert. Vielleicht kann der Partner auch nicht mehr so viel Aufmerksamkeit aufbringen wie es der Betroffene fordert.
Wenn dies der Fall ist, entstehen beim Borderliner überdimensional große Ängste. Das verheerende dabei ist, es wird nicht nur die momentane Situation bewertet, vielmehr "erinnert" sich der Borderliner an alles, was ihn vielleicht vorbewusst bereits immer gestört hat. In einer Art "Abwertungsspeicher" wurden bereits während der Beziehung eifrig Abwertungs-Gründe vorbewusst gesammelt, die nun als großes Paket, in für den Borderliner bedrohlichen Situationen, hervorgeholt werden.
Als Damian nach Rio flog, begann in Laras Kopf, ein Film abzulaufen, der sie wie eine Abwärtsspirale immer tiefer in ihre Abwertung zog. Sie wertet sich in diesem Moment auch selbst ab, weil sie kein gesund entwickeltes Selbstwertgefühl hat und sich kaum vorstellen kann, jemand könnte sie lieben. Außerdem fehlt ihr die Objektkonstanz. Wenn der Partner nicht in der Nähe ist, fühlt sie sich verlassen.
Durch die Trennung und die damit verbundene Verlustangst konnten die Reize von außen nicht mehr gefiltert werden und sie reagierte nur noch direkt aus dem Unterbewussten. Laras Assoziation mit Rio de Janeiro ist: Copacabana - nackte Frauen und ihr Freund mitten unter ihnen. Sie fürchtet ihn zu verlieren und diese Verlustangst wird immer größer je mehr sie darüber nachgrübelt und sich hineinsteigert.
Auf der einen Seite hat Lara große Angst Damian zu verlieren, auf der anderen Seite ist diese Angst so unerträglich, dass sie die Beziehung lieber beendet, als weiter zu leiden. Genau da setzt die Spaltung ein, weil diese starken widersprüchlichen Emotionen nicht auszuhalten sind. Der Borderliner versteht in diesem Moment selbst nicht was genau da in ihm vor sich geht. Sie nimmt die Bilder in ihrem Kopf als Realität wahr.
Für sie ist Damian nun ein Mensch, der sich in Rio am Strand mit nackten Frauen vergnügt, der sie mit der Kellnerin ihres Lieblingslokals betrügt und sie noch dazu zwingt blöde Filme anzusehen. Sie fühlt sich verlassen, verletzt, betrogen und abgelehnt.
Für Lara waren diese zwei Wochen (seine Reise und die Woche danach) sehr schmerzhaft und sie erlebte diese als großen Verlust, als schwere emotionale Krise. Jede Trennung ist für einen Borderliner mit viel Schmerz verbunden und mit der Hilfe der Spaltung schützen sie sich vor diesem.
Nach ein paar Tagen tauchten das Vermissen und die Sehnsucht auf. Sie erinnert sich wieder an die schönen Momente der Nähe. Die Sehnsucht nach Damian ist groß, aber die "dunkle Wolke" ist immer noch da. Das perfekte Bild von Damian ist beschmutzt, doch trotzdem vermisst sie ihn. Sie versucht Kontakt aufzunehmen. Da sie nicht weiß, wie er reagiert, fragt sie nach ihren Sachen. Sie kann sich nicht an alles erinnern, was sie ihm in ihrer Wut gesagt hat (dissoziative Amnesie) und hat Angst, wie er auf sie reagiert.
Als sie ihn sieht, ist die Sehnsucht ganz groß und sie fällt ihm in Arme und somit wird die Nähe wiederhergestellt. Zweifel bleiben. Nachdem der "Abwertungsspeicher" offen ist, hat das perfekte Bild von der Beziehung* und den Partner Risse erhalten und deshalb werden die Abstände zwischen Aufwertung und Abwertung immer kürzer und jedes Mal wird der äußere sowie der innere Konflikt heftiger.
Damian wird wieder aufgewertet, aber nicht mehr idealisiert wie am Anfang. Sie kann Damian nicht vertrauen (ein Borderliner kann niemandem vertrauen) und fängt an zu beobachten und auf jede Kleinigkeit in seinem Verhalten zu achten. Als er sagt, dass er mit seinen Kollegen etwas trinken geht, fühlt sich Lara abgelehnt und ungeliebt. In ihrer Wahrnehmung liebt Damian sie nicht und alles andere ist wichtiger als sie. Sie steigert sich rein und erzeugt dementsprechend die Situation, die mit der Wahrnehmung und Realität von Damian nichts zu tun hat.
Im Gegensatz zu einer gesunden Beziehung, wo Unzufriedenheit durch Gespräche oder auch Streit aus der Welt geschafft werden ("Leerung des Speichers"), bleibt der Speicher bei Borderliner immer voll und füllt sich weiter bis er immer wieder platzt. Für den Borderliner gibt es keinen Mittelweg, keinen Spielraum für Kompromisse.
Aufgrund der extremen Schwankungen der Wahrnehmung, kann der Borderliner nicht bei einer Sache bleiben. Für Borderliner gibt es keine Emotionen verbundene Vergangenheit, nur das Jetzt.
Der Eindruck, der durch die Eiseskälte des Borderliners beim Partner hervorgerufen wird, dass eine Beziehung leichtfertig weggeworfen wird, entspricht nicht der inneren Not die ein Borderliner durchlebt.
Ja - können schon, allerdings nie dauerhaft und konstant, wie es aus einer gewöhnlichen Beziehung erwartet wird.
Therapeutische Aspekte
Bestimmte dieser Erfahrungen, wie die einer inneren Leere oder die Vernichtungsängste, sind TherapeutInnen außerhalb des therapeutischen Kontaktes in aller Regel selbst nicht zugänglich. Sie vermitteln sich ihnen aber im therapeutischen Kontakt und sind nicht leicht auszuhalten.
Der/die (Gesprächs)-PsychotherapeutIn sollte selbstreflexiv darauf achten bzw. sich bewusst machen können, ob er/sie sich derart "angesteckt" hat. Ähnliches gilt für Wut und Ärger, Gefühle unter denen PatientInnen mit einer Borderline-Störung häufig chronisch leiden. Sie können Wut und Ärger vor allem nicht als ihr Erleben akzeptieren. Tauchen sie auf, ist das für sie der Beleg dafür, dass sie abgrundtief schlecht sind und es verdienen, abgelehnt und weggeschickt bzw.
Diese PatientInnen versuchen deshalb diese Gefühle zu vermeiden, z. B. Borderline-PatientInnen klagen häufig über depressive Gefühle. Das Handeln des/r GesprächspsychotherapeutIn beschränkt sich am besten auf den Versuch, die Gefühle, die die Situation bestimmen, vorsichtig zu benennen, sie mit den PatientInnen zusammen auszuhalten und sich von ihnen nicht "anstecken" zu lassen.
Bei der Thematisierung dieser Gefühle geht es häufig vor allem um Strategien, die PatientInnen für sich entwickeln, solche dysphorischen Zustände zu überwinden, z. B. die innere Leere mit Schmerz zu bekämpfen, wozu das Schneiden bzw.
Fast regelhaft berichten PatientInnen von Depersonalisationserfahrungen. Sie fühlen sich fremd, können sich nicht spüren, fühlen sich von ihren Gefühlen getrennt. Sie versuchen dann, den Kontakt zu sich selbst wieder herzustellen, z. B.
Der/die GesprächspsychotherapeutIn sollte davon absehen, mit dem/r PatientIn klären zu wollen, ob es sich bei den von dem/r PatientIn als bedrohlich geschilderten Erfahrungen um realitätsentsprechende oder eingebildete Wahrnehmungen handelt.
Das Verstehen der Reaktion dieser Patientin z. B. stellt sich - wie oft und bei vielen borderline-spezifischen Symptomen und Verhaltensweisen - nicht durch Einfühlung ein. Der Therapeut kann aber auf der Grundlage seines Wissens um borderline-spezifische Formen der Abwehr, im geschilderten Fallbeispiel durch Wissen um das Phänomen der Spaltung, erschliessen: Der Patientin ist es nicht möglich, die Enttäuschung über ihre Mutter in deren Gegenwart zu spüren.
Wenn sie sich dem Gefühl der Enttäuschung nähert, taucht die Angst vor Trennung auf, z. B. von der Mutter weggeschickt zu werden. Da die Patientin zu Recht annimmt, dass der Therapeut die Mutter darauf hinweisen wird, dass sie mit ihrer Forderung der Wiederaufnahme der Berufstätigkeit die Tochter überfordert, richtet sich ihre Wut auf ihn. Er ist es nun, der die Mutter verbotenerweise kritisiert.
Auch Suizidversuche während einer Behandlung bedrohen in der Regel die therapeutische Beziehung. Manche Suizidhandlungen lassen sich aber auch als Belastungsprobe für die therapeutische Beziehung verstehen. Sollte der Suizidversuch zu einer stationären Aufnahme führen, ist es im Hinblick auf die bestehende Trennungsproblematik der PatientInnen erforderlich, dass der/die TherapeutIn den Kontakt aufrechterhält, z. B.
Tab. 1 fasst typische Belastungen der therapeutische Beziehung bei der Arbeit mit PatientInnen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung zusammen (Eckert 2018, S. 242).
| Aktive Beziehungsmuster |
|---|
| Der Patient idealisiert und entwertet uns |
| Er lähmt uns mit seiner inneren Leere und fehlendem Zugang zu seinem eigenen Erleben |
| Er vermeidet aktiv wirklichen Kontakt, meistens aus Angst vor Nähe und den damit für ihn verbundenen Gefühlen von Ohnmacht sowie der Angst, verlassen zu werden |
| Er reagiert auf auf die Verbalisierung von einfühlendem Verstehen, wenn diese sich auf Gefühle und Erfahrungen bezieht, die nicht mit seinem Selbstkonzept im Einklang steht, mit heftiger Abwehr. |
Es ist unmittelbar evident, dass die in der Tab. 1 aufgelisteten problematischen Beziehungsmuster vor allem die "Bedingungsfreie positive Beachtung" des/r GesprächspsychotherapeutIn für den/die PatientIn gefährden.
Es ist für die meisten TherapeutInnen nicht leicht auszuhalten, wenn sie von ihrem/r PatientIn plötzlich und unerwartet entwertet werden und wenn das auch noch öffentlich geschieht, z. B.
Aufgrund solcher klinischen Erfahrungen empfehlen wir TherapeutInnen, bei heftigen, scheinbar anlasslosen und die therapeutische Beziehung infrage stellenden Reaktionen von Borderline-PatientInnen nach einem realen Auslöser für diese Reaktionen zu suchen.
Werden aber Trigger als solche erkannt, ermöglicht das dem/r TherapeutIn in der Regel, sich wieder den Erfahrungen und dem Erleben des/r PatientIn positiv beachtend zuzuwenden.
Ein/e PsychotherapeutIn sollte, bevor er/sie eine Behandlung mit einem/r PatientIn mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung aufnimmt, klären, ob er/sie in der Lage ist, dieses Behandlungsangebot mindesten drei bis fünf Jahre aufrecht zu erhalten.
Die Behandlungsfrequenz hängt u. a. Im stationären Rahmen sind vier wöchentliche Therapiesitzungen (Gruppentherapie) die Regel. Hintergrund dieser Empfehlung ist die Schwierigkeit von Borderline-PatientInnen, Beziehungen realitätsgerecht "innerlich festzuhalten". Versäumt ein/e PatientIn eine Therapiesitzung, kann bei ihm rasch die Befürchtung Oberhand gewinnen, dass der/die TherapeutIn sein Fernbleiben als Entwertung verbucht und ihn/sie deshalb nicht mehr sehen will bzw.
Im ambulanten Setting hilft das Angebot des/der TherapeutIn, dass sich der/die PatientIn bei Bedarf wieder an ihn wenden kann. Erfahrungsgemäß gehen PatientInnen mit diesem Angebot sehr "sparsam" um.
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