Borderline-Störung und Grad der Behinderung in Österreich

Der Behindertenpass ist ein amtlicher Lichtbildausweis, der als bundeseinheitlicher Nachweis einer Behinderung dient, unabhängig von der Art der Behinderung. Das Dokument wird in deutscher Sprache seit 1. September 2016 in Form einer Scheckkarte ausgestellt. Unbefristet ausgestellte Behindertenpässe, die der davorigen Rechtslage entsprechen, bleiben weiterhin gültig. Bestehende Eintragungen in Behindertenpässen bleiben unberührt.

Ein Anspruch auf eine finanzielle Leistung entsteht durch den Besitz eines Behindertenpasses nicht.

Wer bekommt den Behindertenpass?

Anspruch auf einen Behindertenpass haben Personen mit einem Grad der Behinderung (GdB) oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 50 %, die in Österreich ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben oder glaubhaft machen, dass sie sich aus beruflichen oder persönlichen Gründen regelmäßig in Österreich aufhalten.

Dazu gehören:

  • Unionsbürger:innen, Staatsbürger:innen von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger/innen und deren Familienangehörige,
  • Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,
  • Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern/Staatsbürgerinnen gleichzustellen sind.

Wie erhält man einen Behindertenpass?

Den Antrag stellen Sie beim Sozialministeriumservice. Ab sofort ist durch eine neue Lichtbild-Schnittstelle bei einem Behindertenpass- oder Parkausweisantrag kein Passfoto mehr beizulegen. Ihr Lichtbild wird aus den Lichtbildregistern des Bundes wie z.B. Reisepass- oder Führerscheinregister übernommen.

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Nur wenn in diesen Registern kein Passfoto hinterlegt ist, wird ein Foto von Ihnen angefordert. Ausgestellte Behindertenpässe behalten ihre Gültigkeit.

Dem Antrag unbedingt beizulegen sind:

  • aktuelle medizinische Unterlagen z.B. Befunde in Kopie
  • Meldezettel in Kopie
  • Nachweis über ein allfälliges Vertretungsverhältnis z.B.

Diese sollten in der Regel nicht älter als 2 Jahre sein. Ausnahmen im Einzelfall: z.B. Behinderung seit Geburt, Amputationen, Fehlen aktueller Befunde etc. Die Befunde sollten alle Leiden belegen, die die AntragstellerIn im Sachverständigengutachten berücksichtigt haben will.

Geeignet sind insbesondere folgende medizinische Unterlagen, welche von der Fachabteilung einzuholen bzw. von der AntragstellerIn einzufordern sind (keine Kostenübernahme!):

  • fachärztl. Befunde
  • Pflegegeldgutachten
  • aktuelle Krankengeschichten
  • KH-Entlassungsberichte
  • Kur- oder Rehaberichte
  • Laborbefunde

Falls noch kein Grad der Behinderung oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nach bundesgesetzlichen Vorschriften festgestellt wurde, erfolgt diese Feststellung durch ärztliche Sachverständige beim Sozialministeriumservice. Aktuelle medizinische Befunde und Atteste sollen in diesem Fall dem Antrag beigelegt werden.

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Der Ärztliche Dienst entscheidet dann, ob es zu einer Vorladung kommt oder eine aktenmäßige Beurteilung durchgeführt wird.

Bei einem Grad der Behinderung von weniger als 50 Prozent wird ein abweisender Bescheid erlassen. Ab einem Grad der Behinderung von 25 Prozent kann ein pauschalierter Steuerfreibetrag beim Finanzamt beantragt werden.

Feststellung des Grades der Behinderung bei Borderline-Störung

Die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) erfolgt durch das Sozialministeriumservice. Falls kein Bescheid, Erkenntnis oder Urteil vorliegt, mit dem der Grad der Behinderung bereits festgestellt wurde, nimmt eine Ärztin/ein Arzt der zuständigen Landesstelle des Sozialministeriumservice eine Einschätzung des Grades der Behinderung vor.

Wichtig: Die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten dient unter anderem der Erlangung eines erhöhten Kündigungsschutzes (ab 50% Grad der Behinderung).

Sonstige Bescheide und Ausweise

  • Feststellungsbescheid nach dem Behinderteneinstellungsgesetz: Der Behindertenpass ist nicht gleichzusetzen mit einem Bescheid betreffend der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetztes, mit dem zum Beispiel ein erhöhter Kündigungsschutz verbunden ist.
  • Bescheid für die Zuerkennung einer finanziellen Leistung: Mit dem Behindertenpass ist keine laufende finanzielle Leistung wie eine Invaliditäts-, Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitspension verbunden. Eine solche Geldleistung ist bei den Sozialversicherungsträgern zu beantragen.
  • Parkausweis: Für den Erhalt eines Parkausweis (nach § 29b der Straßenverkehrsordnung), der das Parken auf gekennzeichneten Behindertenparkplätzen ermöglicht, ist ein zusätzlicher Antrag notwendig.

Beispielhafte Gutachten und ihre Ergebnisse

Im Folgenden werden Auszüge aus verschiedenen Gutachten des Sozialministeriumservice dargestellt, die im Zusammenhang mit der Feststellung des Grades der Behinderung bei einer Borderline-Störung erstellt wurden:

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Gutachten vom 23.04.2024

  • Zusammenfassung relevanter Befunde: Alkoholintoxikation (2008, 2016), Anpassungsstörung (2010), Selbstverletzung (2011), Borderline Wesenszüge (2020), Emotional instabile Persönlichkeitsstörung - Borderlinetyp (2021), Transsexualismus, Alkoholabhängigkeit, Spezifische Phobien.
  • Ergebnis der Begutachtung: Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (Borderlinestörung, Depression, Alkoholkrankheit, Transsexualismus). Nicht arbeitsfähig.
  • Gesamtgrad der Behinderung: 50 v. H.
  • GdB liegt vor seit: 05/2020

Gutachten vom 05.09.2024

  • Zusammenfassung relevanter Befunde: Letztgutachten 3/2024 50% Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, Borderlinestörung, Depression, Alkoholkrankheit, Transsexualismus (Hormontherapie). Nicht arbeitsfähig.
  • Ergebnis der Begutachtung: Menschen mit einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung fällt es schwer, ihre Handlungen und Gefühle zu kontrollieren. Das kann für sie selbst und auch für ihr Umfeld sehr belastend sein.

Diese Gutachten zeigen, dass bei der Beurteilung des Grades der Behinderung verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, darunter die Art und Schwere der psychischen Erkrankung, das Vorliegen von Begleiterkrankungen und die Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit.

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