Leidet ein Mensch an einer psychischen Erkrankung, stellt das auch sein näheres Umfeld häufig vor einige Herausforderungen und Fragen. Meist möchten nahestehende Personen Betroffenen helfen oder sie motivieren, Unterstützung zu suchen. Besonders beim Umgang mit depressiven Personen können Angehörige sowie Freunde, ein wichtiger Baustein in deren Gesundung sein. Informationen über die jeweilige Krankheit sowie Austausch mit anderen Angehörigen oder Beratungsgespräche können helfen.
Die Depression verstehen
Ganz wichtig ist, dass man, auch als Angehöriger oder Freund einer depressiven Person, sich selber über diese Krankheit informiert. INFORMIEREN Sie sich ausführlich über die Symptome und die Ausprägungsformen einer depressiven Erkrankung, denn nur so können Sie die Krankheit besser verstehen und mit dieser Belastung besser umgehen. Durch dieses Wissen können Sie das Verhalten der Person richtig deuten. Antriebs-, Lust- und Energielosigkeit wird oft als „Sich-gehen-Lassen“ missverstanden. Nehmen Sie die ERKRANKUNG ERNST und NEHMEN Sie die Person ernst, die von dieser Erkrankung betroffen ist.
Sich über die Erkrankung informieren: Symptome und Krankheitsverlauf zu kennen hilft, Anzeichen richtig zuzuordnen und Betroffene besser zu verstehen sowie zu unterstützen. Zusätzliche Informationen über die Symptome, Ursachen und über den Verlauf der Erkrankung können in einer psychoedukativen Angehörigengruppe erlangt werden. Zusätzlich erfährt man näheres zu möglichen Behandlungsoptionen und Selbsthilfemöglichkeiten.
Wie Sie für Ihren depressiven Freund da sein können
DA SEIN! Seien Sie für die Person einfach nur da, auch wenn Sie nicht nachvollziehen können, was da jetzt genau in ihr vorgeht. Helfen und unterstützen Sie wenn Sie danach gefragt werden oder schicken Sie einfach mal eine liebe Nachricht, so dass die Person weiß, dass Sie an sie denken. Besonders hilfreich ist für die depressiven Personen, wenn sie die aktive Unterstützung von Angehörigen und Freunden, bei ihrem Genesungsweg, erfahren. Dadurch können Sie erfahren, wie er sich aktuell fühlt und welche Bedürfnisse aktuell bestehen. Seien Sie präsent und bieten Sie ihm ihre Hilfe an. Obwohl Sie manchmal auch auf Ablehnung oder heftige Zurückweisung stoßen können, sollten Sie sich nicht dadurch entmutigen lassen.
Zeigt eine depressive Person EIGENINITIATIVE in dem diese sich meldet, anruft, nach Spaziergängen fragt, sportliche oder kulturelle Aktivitäten andenkt, dann unterstützen Sie dabei und LOBEN Sie dafür. Erinnern Sie jedoch den Betroffenen, dass Depression eine psychiatrische Erkrankung ist und dass bereits mehrere gute Therapien dafür existieren.
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Was Sie vermeiden sollten
UNTERLASSEN Sie das „UNBEDINGT helfen wollen“ vor allem dann, wenn das Gefühl der Hilflosigkeit, der Verzweiflung bei Ihnen aufkommt. Machen Sie auf keinen Fall die depressive Erkrankung ihres Angehörigen, ihrer Angehörigen für Ihren „emotionalen oder psychischen Zustand“ verantwortlich. Machen Sie KEINE VORWÜRFE - diese erzeugen Schuldgefühle. Lassen Sie die VERANTWORTUNG für das Handeln BEIM DEPRESSIVEN und übernehmen Sie keinesfalls die Verantwortung für das Handeln oder auch NICHT-Handeln ihres „leicht“ depressiven Angehörigen. Es ist keine Hilfe, einen Depressiven der sich eh schon hilflos fühlt, Entscheidungen abzunehmen, da dieser sich dadurch nur noch hilfloser und kleiner fühlt. Eine Ausnahme gibt es bei Menschen, die unter schweren Depressionen leiden. Diese sind nicht in der Lage, Entscheidungen zu treffen.
Partner dürfen vom Depressiven auch nicht erwarten, dass er ihre Bedürfnisse erkennt und erfüllt, auch im Bereich des Intimlebens. Worte sind mächtig: Aus Unwissen, Ungeduld und Gutmeinen wählen Angehörige oder Freunde oft falsche Worte und geben mitunter schädliche Tipps. Floskeln wie „Kopf hoch, das wird schon wieder“, „Stell dich nicht so an“ oder „Lach doch mal“ sein lassen. Versuchen, konstruktiv zu reagieren, statt vorwurfsvoll. Dem Betroffen immer wieder auch klar machen, dass die Depression keine Schwäche ist, sondern eben eine Krankheit, die man gut behandeln kann und dass sie zu ihm stehen und ihn unterstützen wollen.
Wie Sie auf sich selbst achten
Der Alltag mit einem Menschen, der an einer psychischen Erkrankung leidet, kann Angehörige stark fordern. Es ist normal, dass verschiedene Gefühle auftauchen, zum Beispiel Angst, Traurigkeit, Schuldgefühle oder etwa Wut. Zudem ist es sehr gut nachvollziehbar, dass eine solche Situation überfordern kann und man alleine nicht mehr weiter weiß. Als Angehöriger eines depressiven Familienmitgliedes sind Sie derzeit mehr belastet. Sie haben Gefühle die sehr unterschiedlich sein können und von Hilflosigkeit, Überforderung bis hin zu Wut und Ärger über die Situation schwanken und wechseln können. Das ist völlig in Ordnung.
Auf sich selbst achten: Es ist wesentlich, auch auf sich zu schauen. Wenn es Ihnen selbst schlecht geht, können Sie andere nicht so gut unterstützen. GUT FÜR SICH SELBST SORGEN. Sorgen Sie gut für sich selbst, in dem Sie ihre eigenen Grenzen beachten, ihre Wünsche und Ziele weiterhin verfolgen. Sorgen Sie für Erholung damit Sie „nicht selbst ausbrennen!“ Geben Sie sich Auszeiten, gehen Sie ihren Hobbys nach und treffen Sie sich mit Freunden und vor allem sprechen Sie über ihre Situation und wie es Ihnen geht. Umgeben Sie sich unbedingt mit „GESUNDEN MENSCHEN“, denn sonst kann es passieren, dass Sie in die depressive Spirale mitreingezogen werden und es Ihnen gleich geht wie ihren depressiven Angehörigen.
Das Zusammenleben mit einem depressiven Menschen kann viel Kraft kosten und die Niedergeschlagenheit auf die eigene Lebensfreude und Stimmung drücken. Die Grenzen der eigenen Belastbarkeit erkennen und ernst nehmen. So gut es geht Unterstützung annehmen und sich Freiräume schaffen für eigene Hobbies, das Treffen mit Freunden und unbeschwerte Aktivitäten. Beim Umgang mit einem depressiven Angehörigen, kann es zur Erzeugung von negativen Gefühlen bei sich selber kommen. Auf die Dauer wird das Unterdrücken von negativen Gefühlen schwierig und führt zu einer erhöhten Reizbarkeit und Irritation, sowie zu einem deutlichen psychischen Druck beim Angehörigen.
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Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen
Ermutigen Sie den Angehörigen/Freund zum ersten Schritt, sich professionelle Hilfe zu holen. Wenn er mag, begleiten Sie ihn dorthin. Nehmen Sie die Einladung des Therapeuten zu gemeinsamen Gesprächen mit dem Betroffenen und Ihnen als Angehörigen an, fragen Sie, welches Verhalten hilfreich ist und welches die Heilung erschwert. Besonders wichtig ist es, auch als Angehöriger, anzuerkennen, ab wann man selber Hilfe braucht. Die Wahrnehmung von Hilfe, wird eher als Scheitern erlebt. In Wirklichkeit jedoch, ist das Erkennen der Notwendigkeit Hilfe zu erhalten, ein Zeichen von Kompetenz.
Da sich seelische Krankheiten auf menschliche Beziehungen auswirken, kann auch eine Beratung sehr hilfreich sein. Professionelle Helfer:innen oder andere Angehörige bringen zudem eine andere Sicht auf die Dinge mit. Außerdem könnte man sich, bei gegebener Möglichkeit in der Hauptlast der Betreuung des depressiven Angehörigen, mit anderen Angehörigen abwechseln.
Bei einem psychiatrischen Notfall droht oft Lebensgefahr, zum Beispiel bei Risiko der Selbstschädigung. Eine akute Verschlechterung eines Krankheitszustandes mit schweren Folgen ist möglich. Daher ist bei einem psychiatrischen Notfall rasche medizinische Hilfe unumgänglich! Auslöser für sogenannte psychosoziale Krisen sind etwa belastende Lebensereignisse oder veränderte Lebensumstände. Betroffene Personen können diese nicht mit ihren üblichen Strategien zur Problemlösung bewältigen. Durch rechtzeitiges Handeln ist es möglich, Folgeerkrankungen oder gefährliche Situationen (z.B. Suizid) zu vermeiden.
Weitere Tipps für Angehörige
- Aufmerksam sein: Hören Sie Ihrer:Ihrem Partner:in gut zu, wenn sie:er über ihre:seine Gefühle spricht. So können Sie Veränderungen rasch merken und Hilfe anbieten.
- Die Depression akzeptieren: Eine Depression ist eine Krankheit, die man ernst nehmen muss. Informieren Sie sich darüber. So können sie Ihre:n Partner:in besser verstehen.
- Keine Ratschläge geben: Bieten Sie ein offenes Ohr, eine innige Umarmung und Hilfe an. Das hilft ihrer:ihrem Partner:in am meisten.
- Schuldzuweisungen vermeiden: Niemand ist an der Depression schuld. Weder Ihr:e Partner:in noch Sie. Diskussionen darüber bringen nichts.
- Entscheidungen erleichtern: Während einer Depression fällt es einem schwer, etwas zu entscheiden. Sie können dabei unterstützen und zeigen, welche Optionen es gibt.
- Die:Den Partner:in nicht bevormunden: Bevormunden bewirkt nur Streit und Widerstand. Niemand möchte bevormundet werden, auch Sie nicht.
- Gefühle nicht unterdrücken: Es ist völlig natürlich, wenn Angehörige diese Gefühle haben: Wut, Zorn, Angst, Enttäuschung, Traurigkeit, Ärger oder Ohnmacht. Sie dürfen diese Gefühle auch zulassen und zeigen. Es belastet Sie und die Beziehung, wenn Sie Gefühle unterdrücken.
- Auf sich achten: Es ist schön, dass Sie Ihre:n Partner:in unterstützen und für sie:ihn da sind. Vergessen Sie aber nicht Ihre eigenen Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse. In einer Selbsthilfegruppe für Angehörige können Sie mit Menschen reden, denen es ähnlich geht. Dort finden Sie in schwierigen Zeiten immer Verständnis und Beistand.
Unterstützungsangebote
Es kann sowohl der:dem Betroffenen als auch Ihnen selbst als Angehörige:r, Partner:in oder Freund:in sehr helfen, wenn auch Sie sich Unterstützung holen: www.hpe.at
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