Verschollen in der Psychiatrie: Eine Definition im Kontext von Asylverfahren

Der Begriff "verschollen in der Psychiatrie" ist im Kontext von Asylverfahren von Bedeutung, insbesondere wenn der psychische Gesundheitszustand eines Asylbewerbers eine Rolle spielt. Es geht darum, die Situation von Personen zu beschreiben, die aufgrund psychischer Erkrankungen oder Demenz nicht in der Lage sind, ihre Rechte und Pflichten im Asylverfahren wahrzunehmen oder ihren Aufenthaltsort selbstständig zu bestimmen.

Hintergrund

Im deutschen Asylrecht und den zugehörigen Verfahren spielen der Gesundheitszustand und die Verhandlungsfähigkeit von Asylbewerbern eine wichtige Rolle. Dies wird besonders deutlich im Zusammenhang mit Dublin-Verfahren, bei denen die Zuständigkeit für die Prüfung eines Asylantrags einem anderen EU-Staat obliegen könnte.

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation und der tschetschenischen Volksgruppe, reiste am 19.11.2009 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der Aufnahme ihrer Personalien führte sie aus, dass ihre Eltern bereits verstorben seien. Eine Tochter halte sich in der Russischen Föderation an einem der Beschwerdeführerin nicht bekannten Ort auf. Ein Sohn werde vermisst.

Eine weitere Tochter sei unbekannten Aufenthaltes, eine weitere Tochter halte sich in Österreich auf. Eine Tochter der Beschwerdeführerin - EDV-Zl. 04 16.304 - lebe seit ca. sechs Jahren in Österreich und glaube die Beschwerdeführerin, dass diese einen positiven Bescheid habe. Die Beschwerdeführerin habe ihren Herkunftsstaat im November 2009 mit dem Zug verlassen. Sie wisse nicht, ob sie illegal oder legal ausgereist sei. Sie habe bei der Ausreise ein Reisedokument, das ihr vom zuständigen Passamt ausgestellt worden sei, mit sich geführt.

Ihr Inlandspass habe sich in ihrer Handtasche befunden, die sie im Zug vergessen habe. Sie sei mit dem Zug mit dem Schlepper nach römisch 40 gefahren. In römisch 40 seien sie umgestiegen. Sie habe jedoch das Ziel des Zuges nicht gekannt. Auch den Ort, an dem sie angekommen seien, habe sie nicht gekannt.

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Die Einreise in die EU sei illegal erfolgt. Sie habe in keinem anderen Land um Asyl angesucht. Ihr Auslandsreisepass sei ihr unterwegs abgenommen und nicht mehr zurückgegeben worden. Sie habe ein fertiges Papier vorgelegt bekommen, welches sie unterschreiben habe müssen.

Sie habe sich dort zwei Tage aufgehalten. Auf Nachfrage meinte die Beschwerdeführerin, dass sie nicht wisse, ob die Reisepassabnahme und Anhaltung in Polen erfolgt sei. Die Beschwerdeführerin habe sich den Schlepper organisiert, dem sie US-$ 5.000,00 bezahlt habe. Sie habe ihren Schmuck, eine Kuh und Möbel verkauft.

Befragt, warum sie ihr Land verlassen habe, meinte sie, dass sie eine alte Frau sei und keine Ruhe habe. Ständig - zwei Mal in der Woche - seien Männer gekommen. Sie hätten nach ihrem verschollenen Sohn gefragt. Sie wolle mit ihrer in römisch 40 lebenden Tochter zusammen sein.

Der Beschwerdeführerin wurde schließlich vorgehalten, dass ein EURODAC-Treffer betreffend Polen vorliege. Die Beschwerdeführerin erklärte, hiezu nichts zu wissen. Der Schlepper habe gesagt, dass sie es so machen müssten, da sie ansonsten nicht weiterfahren können würden. Ihr sei auch nicht bewusst gewesen, das sie in Polen um Asyl angesucht habe. Sie habe lediglich gemacht, was ihr der Schlepper gesagt habe.

Sie sei eine alte Frau und wolle mit ihrer Tochter in römisch 40 zusammenleben. Nach Befürchtungen im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat befragt, erklärte sie, dass sie nicht mehr zurückkönne. Sie habe nichts mehr. Sie habe alles verkauft und sei dort alleine.

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Auf ausdrückliche Befragung verneinte sie auch, dass es konkrete Hinweise darauf gebe, dass ihr für den Fall einer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würden. Auch hätte sie für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit keinen Sanktionen zu rechnen.

Gesundheitszustand als Verfahrenshindernis

Ein wesentlicher Aspekt ist, inwieweit der psychische Zustand eines Asylbewerbers die Durchführung des Verfahrens beeinflusst. Wenn eine Person aufgrund einer psychischen Erkrankung oder Demenz nicht in der Lage ist, den Inhalt und die Bedeutung des Asylverfahrens zu verstehen, kann dies ein Verfahrenshindernis darstellen.

Beispiel aus einem Fall

Im Rahmen des Zulassungsverfahrens wurde die Beschwerdeführerin am 04.12.2009 vor der Erstaufnahmestelle West niederschriftlich einvernommen. Zu ihrem Gesundheitszustand befragt, erklärte sie, dass sie schon alt sei, es ihr den Umständen entsprechend gut gehe. Seit sechs Jahren habe die Beschwerdeführerin Probleme mit dem Herzen. Diese Probleme habe sie aufgrund ihrer Situation im Herkunftsstaat. Sie habe in der Vergangenheit im Herkunftsstaat keine Medikamente eingenommen und benötige solche auch jetzt nicht.

Sie fühle sich auch im Stande bzw. körperlich und geistig in der Lage, die Einvernahme durchzuführen. In Polen habe sie sich für wenige Tage in einem Hotel aufgehalten, das sie selbst bezahlt habe. Die Beschwerdeführerin habe vier Kinder - drei Töchter und einen Sohn. Zwei Töchter und ein Sohn würden in der Russischen Föderation leben, eine Tochter lebe in römisch 40 . Alle ihre Kinder seien bereits verheiratet und hätten Familien. Insgesamt habe sie vier Enkelkinder.

Zum Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt, meinte die Beschwerdeführerin, dass unbekannte Männer sie nach dem Aufenthalt ihres Sohnes gefragt hätten. Zur beabsichtigten Rückbringung nach Polen erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie verstehe, dass Polen für sie zuständig sei. Sie würde aber gerne bei ihrer Tochter in römisch 40 leben.

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In Polen habe sie lediglich einen Asylantrag gestellt, da ihr dies von den Schleppern vorgeschlagen worden sei. Auf Vorhalt, dass Polen zur Durchführung des Asylverfahrens der Beschwerdeführerin zuständig sei und beabsichtigt sei, sie nach Polen zu überstellen, erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie nicht nach Polen zurückkönne, da sie bei ihrer Tochter leben wolle.

Auf Nachfrage des Rechtsberaters erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie, abgesehen von Problemen mit dem Herzen, an einer Allergie leide. Sie sei auch ein bisschen verwirrt. Auf Vorhalt erklärte sie, zuhause manchmal beim Psychologen gewesen zu sein und eine Gesprächstherapie erhalten zu haben. Im Bundesgebiet und in Polen sei sie nicht in psychologischer oder psychiatrischer Behandlung gestanden.

Gerichtliche Entscheidungen und medizinische Gutachten

In derartigen Fällen ist es üblich, dass Gerichte medizinische Gutachten einholen, um den Gesundheitszustand des Asylbewerbers zu beurteilen. Diese Gutachten sind entscheidend, um festzustellen, ob eine Person "verschollen in der Psychiatrie" ist und ob dies Auswirkungen auf das Asylverfahren hat.

Psychiatrisches Gutachten

Dem Gericht wurde ein medizinisch-psychiatrischer Befundbericht eines Facharztes für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie vom 14.12.2009 beigelegt, worin eine präsenile Demenz mit frühem Beginn und psychosewertigen Erkrankungen diagnostiziert wurde. Eine Abschiebung der Beschwerdeführerin würde eine Gefahr für Leib und Leben (Selbstmordgedanken) bedeuten.

Weiters wurde der Beschwerde eine Bestätigung eines Vereines vom 10.12.2009 über die Inanspruchnahme einer Psychotherapie beigelegt. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 30.12.2009, GZ: S1 410.743-1/2009/2Z, wurde der Beschwerde gemäß Paragraph 37, Absatz 1 AsylG 2005 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Aufschiebende Wirkung und weitere Entwicklungen

Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde kann in solchen Fällen von großer Bedeutung sein, da sie verhindert, dass eine Person abgeschoben wird, bevor ihr Gesundheitszustand ausreichend berücksichtigt wurde.

In der Folge führte der Asylgerichtshof am 22.01.2010 eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit der Beschwerdeführerin, ihrer Vertreterin, sowie einer Vertrauensperson (ihrer Tochter) durch, in der insbesondere der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin erörtert wurde.

Die Beschwerdeführerin legte einen Internetauszug zum Thema Demenz und deren Verlauf vor. Weiters legte die Beschwerdeführerin ein Konvolut an medizinischen Unterlagen vor. Die Beschwerdeführerin habe zuletzt zuhause alleine gelebt. Die Nachbarn hätten nach ihr geschaut. Sie habe eine Alterspension erhalten.

Zu den aktuellen Kontakten zu ihrer Tochter befragt, erklärte sie, dass sie diese beinahe jeden Tag sehe. Sie übernachte manchmal auch bei dieser, da sie im Lager Angstzustände bekomme. Ihre Tochter lebe alleine. Sie habe sich von ihrem ehemaligen Mann bereits scheiden lassen. Abgesehen von ihrer Tochter habe sie im Bundesgebiet keine Bezugsperson.

Befragt, welche körperlichen Beschwerden sie derzeit subjektiv habe, meinte die Beschwerdeführerin, dass sie oft nicht schlafen könne. Sie habe Albträume und wache schweißgebadet auf. Sie leide an Kopfschmerzen. Mit dem Herzen sei es besser. Die Beschwerden seien hier wahrscheinlich besser als in Russland, da sie ja wisse, dass sie hier nichts zu befürchten habe. In Russland habe sie ständig Angst gehabt. Diese Zustände habe sie seit dem ersten Krieg gehabt. Diese seien dann auch immer schlimmer geworden.

Die Tochter erklärte auf Befragung des Einzelrichters - ohne zeugenschaftliche Beeidung -, dass sie sich vor zwei Jahren scheiden habe lassen und kinderlos sei. Im Übrigen legte die Tochter ihre Lebenssituation im Bundesgebiet dar. Sie wolle sich um die Beschwerdeführerin kümmern. Die Beschwerdeführerin habe nach Einschätzung der Tochter ernstliche gesundheitliche Probleme.

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