Soziale Phobie: Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Menschen sind soziale Wesen, und ihre Fähigkeit, sich im Umgang mit anderen wohlzufühlen, wirkt sich auf viele wichtige Lebensbereiche aus. Vortragsangst, die Angst zu versagen oder Angst davor, man selbst zu sein - die Angst vor bestimmten sozialen Situationen kann das alltägliche Leben stark beeinflussen. Eine Form der Angst, die das Leben der Betroffenen stark einschränkt.

Eine Soziale Phobie ist charakterisiert durch die Furcht oder Angst vor bestimmten gesellschaftlichen und leistungsbezogenen Situationen. Betroffene vermeiden diese oder können diese nur unter großer Qual ertragen.

Was ist eine Soziale Phobie?

Angst entsteht im Kopf. Die Gedanken können nicht aufhören zu kreisen, ein Versuch unseres Gehirns die Situation unter Kontrolle zu kriegen. Soziale Angst ist ein häufiges Phänomen. Die meisten von uns verspüren Nervosität vor einem Date oder anderen sozialen Ereignissen. Die Soziale Phobie bildet das Störungsbild, das dahinter liegt. Oft manifestiert sich diese in alltäglichen Situationen, die für die meisten Menschen selbstverständlich sind. Einkaufen gehen, das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel oder das Bestellen im Restaurant.

Für manche Betroffene können bereits Aktivitäten wie diese zu erheblichem Unbehagen führen. Das Gefühl, komisch angeschaut oder bewertet zu werden, begleitet von Symptomen wie Atemnot, beschleunigter Puls und Schwitzen. Eine Soziale Phobie kann tiefgreifende Auswirkungen haben und führt möglicherweise sogar dazu, dass Betroffene das Haus nicht verlassen möchten.

Wie häufig ist eine Soziale Phobie und wann tritt sie auf?

Tatsächlich gehört die Soziale Phobie zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Statistisch betrachtet sind mehr Frauen von einer Sozialen Phobie betroffen. Frau Chamarina erklärt, dass die Soziale Phobie typischerweise im Jugendalter auftritt, oft zu Beginn der Pubertät. "Wenn sie unbehandelt bleibt, kann sie bis ins hohe Erwachsenenalter bestehen", so die Expertin. Der Zeitpunkt, an dem eine Person sich in Behandlung begibt, spielt eine wichtige Rolle für den Verlauf der Erkrankung. In einigen Fällen können leichte Ausprägungen der Sozialen Phobie sich von selbst auflösen, wenn die betroffene Person bereits selbsthilfende Maßnahmen ergreift.

Lesen Sie auch: Was ist Kourophobie?

Ursachen: Wie entsteht eine Soziale Phobie?

Bei der Entstehung einer Sozialen Phobie wirken verschiedene Faktoren zusammen:

  • Genetische Anlagen (Vererbung)
  • belastende Lebensereignisse
  • Persönlichkeitsmerkmale

Frau Chamarina verweist auf das Bio-Psycho-Soziale Modell in der modernen Psychologie, bei dem viele verschiedene Faktoren zusammen wirken. "Manche Gehirne reagieren mehr auf Angstreize als andere", erklärt sie. Menschen zeigen auch unterschiedliche Körperreaktionen bei Angst, manche werden rot, andere neigen hingegen dazu stark zu schwitzen.

"Wichtig sind jedoch die psychologischen Faktoren. Wie man aufgewachsen ist, wie man gelernt hat, über sich selbst zu denken oder wie man vielleicht beurteilt wurde", erklärt sie. Ein klassisches Beispiel: Wie wird das schüchterne Kind beurteilt? Wird gesagt: "Wieso bist du so still?" Oder "Wieso sagst du nichts?" Das trägt zu Glaubensmustern bei wie: "Mit mir stimmt was nicht." Diese Glaubensmuster fungieren dabei als eine Art selbsterfüllende Prophezeiung. Diese Überzeugungen können durch Erfahrungen geprägt werden, sei es in der Schule, an der Universität, während der Ausbildung oder in anderen sozialen Situationen. Insbesondere im Jugendalter, wenn die Persönlichkeit noch geformt wird, können sich diese Glaubensmuster manifestieren und zu einer Sozialen Phobie führen.

Dies führt dazu, dass der Körper mobilisiert wird, um sich gegen eine Bedrohung zu verteidigen", erklärt Frau Chamarina. Man könnte also sagen, dass wir in den "Fight-or-Flight-Modus" gehen, also in die Kampf-oder-Flucht-Reaktion, die in uns verankert ist. Mit ihr reagieren Menschen und auch Tiere auf eine akute Bedrohung, die ihr Leben gefährden könnte. Es zeigt sich in kleinen Handlungen des Alltags, die zu unüberwindbaren Hürden werden. Eine Therapie sollte in Betracht gezogen werden, wenn der Leidensdruck zu groß wird und das tägliche Leben beeinflusst.

Was kann man gegen diesen Leidensdruck tun?

"Zu Beginn der Therapie steht das Kennenlernen der eigenen Ängste im Vordergrund. Es geht darum zu verstehen, welche Ursachen hinter diesen Ängsten stecken und was sie aufrechterhält", so Frau Chamarina. Letztendlich ist das Ziel, sich den Ängsten zu stellen, jedoch nicht auf eine unkontrollierte Weise, sondern durch gezielte und strukturierte Übungen. "Es geht auch darum, mit den Gedanken zu arbeiten, sich die Glaubensmuster anzuschauen und die Situation zu überprüfen", erklärt sie. Zum Beispiel bei einem klassischen Vortrag: Was sind meine Annahmen? Was denke ich darüber? Und die gefürchtete Situation im Rahmen von abgestuften Expositionen (Konfrontationen) zu überprüfen.

Lesen Sie auch: Angst vor Träumen: Ursachen und Bewältigung

Die erste Stufe könnte darin bestehen, einen kurzen Mini-Vortrag vor dem Therapeuten oder der Therapeutin zu halten. Als nächstes könnte man sich vor einem kleineren Publikum präsentieren. Später dann herauszufinden, was lösen vielleicht computergenerierten Figuren Figuren aus? Frau Chamarina arbeitet auch in Gruppentherapien, in sich Menschen mit sozialen Phobien einander begegnen können. Durch den gemeinsamen Austausch von Erfahrungen unter Gleichgesinnten entsteht eine Atmosphäre des Verständnisses, die für alle Beteiligten unterstützend wirkt.

WOMAN Test: Stell dich deiner Angst

Für WOMAN habe ich Phobius, ein Psychologisches Zentrum für Angst, Panik & Phobien, in Wien besucht. Das Phobiezentrum hat sich auf die Therapie von Ängsten, Phobien und Panikattacken spezialisiert und bietet eine einzigartige Methode: die Angsttherapie mit virtueller Realität, um Phobien mithilfe von virtuellen Welten zu bewältigen.

Mit den Virtual-Reality-Brillen kann man so einiges: Auf Wolkenkratzer steigen, Autobahn fahren, in Konferenzsälen sprechen oder mit dem Aufzug fahren. Auf Tuchfühlung mit Hunden und Spinnen gehen, Blutabnehmen, U-Bahn fahren oder in ein Flugzeug steigen. Indem Stresssituationen in der VR simuliert werden, können diese intensiv geübt und erlebt werden. Ich hatte die Möglichkeit die Virtual Reality Brillen zu testen. Persönlich habe ich mit Flugangst und Höhenangst zu kämpfen. Eine Angststörung liegt bei mir zwar nicht vor, als ich aber plötzlich auf einem Hochhaus stand, ging mein Herzschlag direkt in die Höhe. Ein unangenehmes Gefühl im ganzen Bauch. Unser Gehirn lässt sich sich ziemlich leicht austricksen. Ich durfte auch testen, wie es ist vor einem großen Publikum zu sprechen. Die Anzahl der Personen kann dabei variiert werden. Simuliert wurde bei mir zum einen ein Publikum, das mir aufmerksam zuhört. Danach eines, welches unaufmerksam ist. Schon eine kleine Herausforderung, dabei konzentriert zu bleiben.

Wenn man große Angst hat vor Menschen zu sprechen, kann die Simulation wirklich hilfreich sein, sich an diese Art von Situationen zu gewöhnen. Man lernt ruhig zu bleiben und sich nicht von den anderen Menschen verunsichern zu lassen. Du kannst sogar einen echten Vortrag einspielen lassen, den du bald halten musst. Dadurch wird das ganze Setting noch realer. Alles, was wir mit unseren eigenen Augen sehen (ob wir nun wollen oder nicht), hat großen Einfluss auf uns. Das Testen der VR-Brille, war wirklich eine einmalige Erfahrung.

Wie lange dauert es, um angstfrei zu sein?

Die Zeit, die benötigt wird, um die Angst zu überwinden, ist individuell und wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter die Schwere der Angststörung und die Bereitschaft des Einzelnen, sich der Therapie zu widmen. "Es hängt ganz davon ab, auf viele Lebensbereiche die Angst übergreift und wie stark die soziale Phobie das Leben beeinflusst. Je mehr Lebensbereiche betroffen sind, desto umfassender muss die Behandlung sein". Bei uns dauert eine Therapie typischerweise zwischen 10 und 15 Sitzungen. Manchmal löst sich die Phobie bereits nach 8 Sitzungen auf.

Vortragsangst als Sonderform der Sozialen Phobie

Vortragsangst stellt eine Sonderform der Sozialen Phobie dar. Man fürchte sich, so eine weiterführende Erläuterung von Dietrich Munz, Psychotherapeut und Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, „negativ bewertet oder kritisiert zu werden“2. Die Angst zu weinen, ein Blackout zu haben oder in Ohnmacht zu fallen begleiten diese Situationen häufig. Man fühlt sich machtlos und ausgeliefert. Oft hören Personen mit Vortragsangst: „Nervös zu sein ist doch völlig normal, so geht´s mir auch immer!“ Doch Nervosität, die uns den nötigen Adrenalinkick gibt, um den Vortrag gut zu meistern ist etwas völlig anderes als eine ausgeprägte Vortragsangst.

Definition Logophobie

Vortragsangst, auch bekannt als Rednerangst oder Lampenfieber, ist eine Form der sozialen Phobie, die durch eine überwältigende Angst vor öffentlichem Sprechen gekennzeichnet ist. Menschen mit Vortragsangst empfinden oft eine intensive Angst vor einer bevorstehenden Rede oder Präsentation und können Symptome wie Zittern, Schwitzen, Herzklopfen, Übelkeit und Nervosität erfahren. Diese Angst kann dazu führen, dass Betroffene ihre Fähigkeit, in der Öffentlichkeit zu sprechen, in Frage stellen und sich Sorgen machen, sich lächerlich oder Fehler machen zu können. Die Phobie kann zu Vermeidungsverhalten führen, wie z.B. Vermeidung von öffentlichen Auftritten oder der Vermeidung von Tätigkeiten, die öffentliches Sprechen erfordern.

Wie entsteht Vortragsangst?

Die Entstehung von Vortragsangst kann durch verschiedene Faktoren bedingt sein. Hier sind einige mögliche Ursachen:

  • Persönliche Erfahrungen: Ein traumatisches Erlebnis oder eine peinliche Erfahrung beim öffentlichen Sprechen, wie z.B. ein Blackout oder ein Versprecher, kann dazu führen, dass man in Zukunft Angst vor ähnlichen Situationen hat.
  • Erziehung: Eine Erziehung, die eine hohe Erwartungshaltung an das Kind setzt und/oder hohen Druck ausübt, erfolgreich zu sein, kann dazu führen, dass das Kind Angst vor Versagen hat und sich in Situationen des öffentlichen Sprechens unwohl fühlt.
  • Biologische Faktoren: Es gibt Hinweise darauf, dass biologische Faktoren wie genetische Veranlagungen, Hormonungleichgewichte und neuronale Verknüpfungen eine Rolle bei der Entstehung von Vortragsangst spielen können.
  • Mangelnde Erfahrung: Menschen, die wenig oder keine Erfahrung im öffentlichen Sprechen haben, können sich unsicher fühlen und Angst vor möglichen Fehlern haben.
  • Negative Selbstbewertungen: Menschen, die dazu neigen, sich selbst negativ zu bewerten und hohe Erwartungen an sich selbst haben, können Angst vor öffentlichem Sprechen entwickeln, da sie befürchten, dass sie den Erwartungen anderer nicht gerecht werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass es oft nicht nur eine einzige Ursache für die Entstehung von Vortragsangst gibt, sondern dass es sich um eine komplexe Interaktion zwischen verschiedenen Faktoren handeln kann. Die genaue Ursache von Vortragsangst kann daher von Person zu Person unterschiedlich sein. Ohne einer Behandlung wird die Angst meist schlimmer und die Einschränkungen im Leben größer.

Was kann man gegen Vortragsangst tun?

Die psychologische Behandlung einer Vortragsangst zielt darauf ab, die automatische Angstreaktion wieder zu verlernen. Die wissenschaftlich und medizinisch anerkannte S3 Leitlinie stellt dabei die Grundlage für unsere evidenzbasierte psychologische Therapie und Vorgehensweise dar. Dazu muss das Gehirn erfahren, dass wir die angstbesetzte Situation überleben „können“. Wir müssen uns der Angst also stellen - langsam und Schritt für Schritt.

Wie läuft die Therapie genau ab?

  1. Als Vorbereitung dafür möchten wir Ihnen die Grundlagen der Entstehung und Aufrechterhaltung einer Angststörung näherbringen. Wie funktioniert sie? Warum kommt und geht sie wieder? Warum kommt sie manchmal und manchmal nicht?
  2. Gemeinsam ermitteln wir die Einflussfaktoren, die an der Angst beteiligt sind. Das ist wichtig, um den nachhaltigen Erfolg der Behandlung zu sichern. Die Angst zu verstehen, bedeutet gleichzeitig sie beherrschen zu können. Denn wie so häufig: Wissen ist Macht und genau die möchten wir in Ihre Hände übergeben.
  3. Passende Entspannungsmethoden werden erlernt, um für den „Ernstfall“ vorbereitet zu sein. Denn sobald wir die körperliche Angstreaktion im Griff haben, fällt es bedeutend leichter sich auf die nächsten Schritte einzulassen. Hierbei wählen wir individuelle Techniken, also jene mit der größtmöglichen Wirksamkeit für Sie. Manche mögen körperliche Entspannungstechniken lieber, andere fühlen sich bei mentalen Techniken besser aufgehoben.
  4. Gemeinsam erarbeiten wir schließlich ausgewählte Konfrontationsmöglichkeiten und begleiten Sie durch jede einzelne. Mit jeder erfolgreichen Konfrontation warnt uns das Gehirn etwas weniger, bis hin zu einem angstfreien Erleben der gefürchteten Situation. Zu Beginn klingt das wie eine unmögliche Aufgabe, doch dafür sind wir da.

Und noch eine gute Nachricht: Angst ist die am meisten erforschte psychische Störung und seit Jahrzehnten erzielen nachweislich hilfreiche Behandlungsformen große Erfolge. Nach diesen Behandlungsformen arbeiten auch wir: auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, lösungs- und zielorientiert!

tags: #soziale #phobie #vortrag #bewertung