Neue Studie widerlegt Geschlechter-Stereotypen im wirtschaftlichen Verhalten

Männer mögen Risiko und Wettbewerb, Frauen sind eher vorsichtig und altruistisch: Eine neue Studie aus der Verhaltensökonomie widerspricht diesen bekannten (Vor-)Urteilen.

Die Überraschung lag daran, dass Geschlechterunterschiede in der ökonomischen Literatur gut dokumentiert sind. Frauen gelten darin tendenziell etwa als „risikoaverser“ - sie würden also sichere, niedrigere Gewinne gegenüber höheren, aber unsichereren bevorzugen. Auch würden sie stärker zu altruistischem und weniger zu wettbewerbsorientiertem Verhalten neigen als Männer, so der bisherige Tenor.

Die neue, von Fornwagner und ihrem Team vor Kurzem in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlichte Studie hält dem nun gute Argumente entgegen.

Die Studie im Detail

„Weder das biologische noch das soziale Geschlecht spielten eine Rolle für die Entscheidungen, die die Personen getroffen haben“, sagt die Studien-Erstautorin Helena Fornwagner gegenüber science.ORF.at. „Diese Ergebnisse haben auch uns anfangs überrascht“, so die Verhaltensökonomin, die lange an der Universität Innsbruck gearbeitet hat und mittlerweile an der University of Exeter tätig ist.

In der aktuellen Studie von Fornwagner ist sie mit ihrem Team der Frage nach den Geschlechterunterschieden auf eine neue Weise nachgegangen: Unter den 780, über die Plattform "Prolific" rekrutierten Personen waren Studierende genauso wie andere Menschen.

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Drei Dimensionen wirtschaftlichen Verhaltens überprüften die Fachleute in Online-Aufgaben: Risikofreude, Wettbewerbsorientierung und Altruismus. Und dabei zeigten sich zwischen den vier Gruppen - Cis-Frauen und Cis-Männer (bei denen also biologisches und soziales Geschlecht übereinstimmen), Trans-Frauen und Trans-Männer - keine signifikanten Unterschiede. Es gibt also, laut diesen neuen Erkenntnissen, kein „typisch weibliches“ oder „typisches männliches“ Verhalten in Wirtschaftsfragen.

Die Ergebnisse zeigen aber potenziell in Richtung von Geschlechterunterschieden - analog zur Literatur - bei den Studierenden. Warum gerade eine Gruppe, die diese Unterschiede stark thematisiert und oft kritisiert, zu ebensolchen neigt? Vielleicht genau deswegen, spekuliert Helena Fornwagner. „Das war zwar nicht Bestandteil unserer Studie. Aber vielleicht ist es so, dass Menschen, die oft an ihre Geschlechtsidentität denken und auch unterbewusst damit beschäftigt sind, eher in Richtung dieser Identität gelenkt sind - und das kann ihre Entscheidungen beeinflussen.“ In der Psychologie nennt sich das Phänomen Priming: die unbewusste Aktivierung von Gedächtnisinhalten, die die Neigung zu bestimmten Verhaltensweisen stärken können.

Einflussfaktoren auf wirtschaftliche Entscheidungen

„Gender“ und „Sex“, wie es auf Englisch heißt, also Geschlechtsidentität und biologisches Geschlecht, spielen bei wirtschaftlichen Entscheidungen jedenfalls nicht die Rolle, die ihr bisher zugeschrieben wurden, so das Fazit der aktuellen Studie. Einerseits kann das an der Auswahl der Probanden und Probandinnen liegen. Andererseits könne auch der gesellschaftliche Wandel beigetragen haben - vor allem in den angloamerikanischen Ländern, aus denen die Mehrheit von ihnen stammte. „Transgender-Personen werden in der Gesellschaft zunehmend sichtbarer, es gibt viel mehr öffentliche Diskussionen über Geschlechtergerechtigkeit - all das könnte die Unterschiede bei wirtschaftlichen Entscheidungen verringert haben“, sagt Fornwagner.

Es gibt kein geschlechtstypisches Verhalten …„Der beobachtete Gender Gap hat viel mit der Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Studien zu tun“, erklärt die Verhaltensökonomin. Klassisch handelt(e) es sich dabei um Studentinnen und Studenten - und diese würden sich oft anders verhalten als breitere Teile der Bevölkerung.

Die Rolle von Stereotypen und gesellschaftlichen Normen

Geschlechter-Stereotype führen dazu, dass Buben und Mädchen ihnen bewusst wie unbewusst nacheifern. Um sie dann als Erwachsene wiederum den Kindern vorzuleben. Professor Krizan erklärt das so: "Die Suggestion ist, dass Mann und Frau in psychologioschen Charakteristika unterschiedlich sind. Die Genderforscher betonen allerdings, dass es durchaus Unterschiede gibt, bei zehn Eigenschaften habe man sogar deutliche gefunden. Das höhere Aggressionspotential bei Männern gebe es beispielsweise wirklich.

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Interessieren sich Frauen für Fußball oder Männer fürs Ballett sind dies für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Hinweise für ein geschlechtsnichtkonformes Verhalten. „Einer verbreiteten Erklärung gemäß sehen sich Personen mit geschlechtsuntypischen Merkmalen aufgrund vorherrschender Geschlechternormen einem hohen Druck ausgesetzt, werden ausgegrenzt, so dass das Selbstwertgefühl sinkt“, erläutert Zentner, der ergänzt, dass dies häufig ein Risikofaktor für schwere psychische Störungen und Belastungen wie Depressionen oder Angststörungen ist.

Allerdings variierte der Schaden für das Selbstwertgefühl geschlechtsnichtkonformer Personen von Land zu Land deutlich: in Ländern mit eher offenen, flexiblen Geschlechternormen war dieses nur leicht beeinträchtigt, wohingegen es in Ländern mit rigid-traditionellen Geschlechternormen stark beeinträchtigt war - fast schon in dem Ausmaß, das man bei depressiven Personen vorfindet.

Die gesellschaftliche Akzeptanz für geschlechtsnichtkonformes Verhalten wächst gerade in Ländern wie Österreich, aber vor allem auch in den Skandinavischen Ländern. In lateinamerikanischen Ländern wie Guatemala aber dominieren nach wie vor die klassischen Geschlechterrollen und die Akzeptanz für ein Verhalten, das nicht den traditionellen Männlichkeits- oder Weiblichkeitsnormen entspricht, ist entsprechend gering“, erläutert Zentner.

Männer und Emotionen

PsychologInnen um Claus Lamm von der Universität Wien haben die Effekte von Stress auf soziale Fähigkeiten untersucht. Das Ergebnis zeigt: Akuter psychosozialer Stress führt zu verbesserten sozialen Fähigkeiten und erhöhter Empathie bei Frauen, während Männer mit höherer Egozentrizität reagieren.

Entweder Kampf- oder FluchtreaktionStress ist ein wichtiger psychobiologischer Mechanismus, der eine positive Funktion haben kann - nämlich in belastenden Situationen den Organismus so zu mobilisieren, dass er diese bewältigen kann.

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Nach gängigen Modellen zeigen Menschen und Tiere bei Stress aber entweder eine Kampf- oder Fluchtreaktion. "Unsere Ausgangshypothese war daher, dass Personen unter akutem psychosozialem Stress aufgrund der Schutzfunktion von Stress egozentrischer werden, und dass sich dies negativ auf deren Empathiefähigkeit und die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme auswirkt", erklärt Livia Tomova, die Erstautorin der Studie.

Im Anschluss mussten die Versuchspersonen verschiedene Aufgaben zur Messung von Empathie und Perspektivenübernahme bearbeiten. Dabei zeigten sich zur Überraschung der ForscherInnengruppe in allen Aufgaben entgegengesetzte Effekte von Stress auf die sozialen Fähigkeiten von Männern und Frauen. Frauen konnten unter Stress besser zwischen selbst- und fremdbezogenen Emotionen und Kognitionen unterscheiden, und waren dadurch in der Lage, empathischer auf andere Personen zu reagieren. Männer hingegen zeigten ein Verhaltensmuster, das eher mit einer klassischen Kampf- oder Fluchtreaktion erklärt werden konnte. Dies führte dazu, dass sie unter Stress höhere Egozentrizität und verminderte Empathie zeigten.

Männer teilen ihre Gefühle selten, Frauen sind emotionaler, Männer sind mutiger, Frauen kommunikativer, Mann stressresistent, Frau moralisch, ich Tarzan, du Jane - Geschlechter-Stereotypen dominieren stark das Zusammenleben von Mann und Frau.

Sexuelle Motivation

Männer denken tendenziell häufiger an Sex und haben ein größeres Bedürfnis danach als Frauen. Das berichten Sozialpsychologen der Universität des Saarlandes nach einer Studie im Fachblatt "Psychological Bulletin".

Bei der Analyse der Daten stellten die Forscher fest, dass Männer eine stärkere sexuelle Motivation als Frauen haben. "Der Unterschied ist etwas weniger als halb so groß wie der Geschlechterunterschied in der Körpergröße", so Friese.

Witz und Attraktivität

Viele dürften es vermutet haben, nun haben Forscher den wissenschaftlichen Beweis erbracht: Männer mit weniger attraktivem Aussehen können durch Witz und kreatives Auftreten ihre Chancen bei der Partnersuche deutlich steigern.

"Kreative Typen mit weniger attraktiven Gesichtern werden als fast genauso attraktiv gesehen wie wirklich gut aussehende Typen, die aber weniger kreativ sind", fasste Studien-Autor Christopher Watkins von der schottischen Universität Abertay zusammen.

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