Psychische Gesundheit im Betrieb: Arbeitsmedizinische Empfehlungen

Arbeitsbedingte psychische Erkrankungen sind trotz vielfältiger Präventionsbemühungen weit verbreitet und gehören zu den häufigeren arbeitsbedingten Erkrankungen. Um diese an der Quelle zu bekämpfen, ist der Arbeitsschutz inzwischen deutlich differenzierter geworden und verfolgt einen ganzheitlicheren Ansatz.

Was sind psychische Erkrankungen?

„Psychische Störungen stellen Störungen der psychischen Gesundheit einer Person dar, die oft durch eine Kombination von belastenden Gedanken, Emotionen, Verhaltensweisen und Beziehungen zu anderen gekennzeichnet sind.“ (WHO, 2019, S.1) Häufig haben psychische Störungen mehrere Ursachen gleichzeitig. Das heißt, sie lassen sich nicht auf einen einzelnen Grund zurückführen, sondern müssen ganzheitlich betrachtet werden. Von arbeitsbedingten psychischen Erkrankungen können wir sprechen, wenn die Erkrankung direkt von arbeitsbezogenen Risikofaktoren negativ beeinflusst wird. Arbeitsstressoren können eine auslösende Wirkung haben.

Die gängigsten arbeitsbedingten psychischen Erkrankungen sind:

  • Depressionen
  • Angststörungen
  • Burnout-Syndrom (Einstufungsdiagnose)

Darüber hinaus gibt es Zusammenhänge von arbeitsbedingten, psychischen Belastungsfaktoren zu einigen somatoformen und psychosomatischen Störungen. Auch Suchterkrankungen (z.B. Alkoholsucht) und Schlafstörungen können von der Arbeit mitbedingt sein.

Gängige arbeitsbedingte Einflussfaktoren (Auszug)

  • „Job Strain“ (Hohe Anforderung bei zu geringem Tätigkeitsspielraum)
  • Geringe soziale Unterstützung
  • Arbeitsplatzunsicherheit
  • Gewalt
  • Geringe Bedeutsamkeit der Arbeit
  • Schwierige Emotionsarbeit
  • Geringe Entwicklungsmöglichkeiten
  • Überlange Arbeitszeiten
  • Belastung durch Schichtarbeit
  • Belastung durch Wochenendarbeitszeit
  • Überwiegend durch Arbeitgeber:innen bestimmte Arbeitszeitvariabilität
  • Arbeitsbezogene erweiterte Erreichbarkeit
  • Unzureichende Arbeitspausen

Weitere mögliche Einflussfaktoren sind beispielsweise auf der Webseite zur Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung nachzulesen.

Lesen Sie auch: Adipositas: Der psychische Faktor

Die Existenz potenziell schädlicher Wirkungen von Arbeitsbedingungen auf die psychische Gesundheit ist unbestritten. Die psychische Gesundheit hängt mit den psychosozialen Arbeitsbedingungen kausal zusammen. Da bei der Entstehung arbeitsbedingter Erkrankungen meist auch private Aspekte eine Rolle spielen, finden diese in der aktuellen Liste der Berufskrankheiten keine Erwähnung, so auch arbeitsbedingte psychische Erkrankungen.

Warum ist das Thema relevant?

Psychische Aspekte gewinnen im Arbeitnehmer:innenschutz kontinuierlich an Bedeutung, da sich die Arbeit im Wandel befindet und sich der relative Anteil an Dienstleistungen am Gesamt-Bruttoinlandsprodukt seit Jahrzehnten erhöht. Gleichzeitig haben die Krankenstandstage aufgrund psychischer Diagnosen im letzten Jahrzehnt zugenommen: „Wurden 2010 6,9 % aller Krankenstandstage durch psychische Erkrankungen verursacht, erhöhte sich dieser Anteil innerhalb von zehn Jahren auf 11,4 % im Jahr 2021“ (WIFO, 2022, S.2). Tendenz steigend.

Vielfach unterschätzt werden negative Folgen psychischer Belastung, welche sich zwar nicht in einer psychischen Erkrankung niederschlagen, jedoch trotzdem schädlich sind. Das britische Amt für Statistik schätzt, dass 20 % der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter unter Symptomen leidet, die mit psychischen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden, aber nicht die Diagnosekriterien einer psychischen Störung erfüllen. Diese mit psychischen Erkrankungen einhergehenden Symptome können jedoch die Lebensqualität und das Funktionsniveau des Einzelnen bereits erheblich beeinträchtigen.

Dazu zählen Symptome wie Schlafprobleme, chronische Müdigkeit, Irritierbarkeit und Sorgen. Jede 5. arbeitende Person leide demnach an Symptomen, welche mit psychischen Erkrankungen assoziiert sind.

Beachtenswert sind auch die komplexen Wechselwirkungen von arbeitsbezogen psychischen Belastungsfaktoren mit physiologischen Erkrankungen. Im Arbeitnehmer:innenschutz beschränkt sich die Relevanz psychischer Faktoren nicht auf psychische Erkrankungen, sondern beinhaltet psychosomatische Auswirkungen der Arbeitsbelastung. Diese äußern sich beispielsweise in einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Störungen des Magen-Darm-Trakts, Muskel-Skelett-Erkrankungen und Herz-Kreislauferkrankungen. Auch die Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit kann relevant werden.

Lesen Sie auch: Erziehung ohne Gewalt

Um mit den vielfältigen Belastungsfaktoren gut umgehen zu können, braucht es „Ressourcen“. Zusätzlich zu individuellen Ressourcen, können organisationale Ressourcen helfen, die Arbeitsbelastung besser zu bewältigen. Organisationale Ressourcen sind unter anderem: Gutes Führungsverhalten, gut funktionierende Abläufe und Arbeitsorganisation (inkl. adäquate Personalplanung), zufriedenstellende Gratifikation, ausreichende Erholungszeiten, Vereinbarkeit mit Privatleben bzw. flexible Arbeitszeitmodelle, Ganzheitlichkeit, Sinnhaftigkeit, Unterbrechungsfreiheit, positive soziale Interaktion, organisationale Gerechtigkeit und Lern-/Entwicklungsmöglichkeiten.

Die gesetzlich verpflichtende Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung kann dabei helfen, gefährliche psychische Arbeitsbedingungen zu erkennen und durch geeignete Maßnahmen an der Quelle zu bekämpfen.

Gesetzliche Grundlagen und Evaluierung

Seit Jänner 2013 ist die Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) in Kraft. Dabei wird die Verpflichtung der Arbeitgeber:innen zur Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastung ausdrücklich betont. Darüber hinaus wird sie in § 68 Abs. 5 ASchG durch die verpflichtende Einbeziehung der Präventivfachkräfte (Arbeitsmediziner:innen und Sicherheitsfachkräfte) bei der Evaluierung nochmals unterstrichen.

Betriebe sind verpflichtet, psychische Arbeitsbedingungen bei der Arbeitsplatzevaluierung miteinzubeziehen. Psychische Fehlbeanspruchung ist eine häufige Ursache für arbeitsbedingte Beschwerden und Erkrankungen. Dadurch entstehen sowohl menschliches Leid als auch enorme Kosten für Betriebe und Volkswirtschaft.

Gegenstand der Evaluierung

Gegenstand der Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastung sind ausschließlich die Bedingungen und Verhältnisse, unter denen Arbeit stattfindet. Evaluiert werden konkrete Einflussfaktoren aus folgenden Dimensionen (lt. § 3 Abs. 1 Z 4 ASchG):

Lesen Sie auch: Behandlung von Atemnot

  • Arbeitsaufgabe und Tätigkeiten
  • Arbeitsorganisation
  • Arbeitsumgebung
  • Organisationsklima

Grundsätzlich sind Arbeitgeber:innen für die Auswahl eines geeigneten Verfahrens verantwortlich.

Instrumente zur Ermittlung und Bewertung

Folgende Instrumente können zur Ermittlung und Bewertung der arbeitsbedingten psychischen Belastung zur Anwendung kommen. Diese beispielhaft angeführten Verfahren sind kostenlos erhältlich und entsprechen den Kriterien für Erhebungsverfahren des Zentralarbeitsinspektorats (ZAI) im Rahmen der Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung.

Im beruflichen Umfeld können sich Einflüsse zeigen, die psychisch belastend sein können. Dazu zählen zum Beispiel Mehrfachbelastungen, fehlende Entwicklungsmöglichkeiten, mangelnde Wertschätzung, fehlendes Sinnerleben, dauernde Erreichbarkeit oder Angst vor Jobverlust. Wirken sich psychische Belastungen auf eine Person negativ aus und erzeugen Leidensdruck, sprechen Fachleute von Fehlbelastungen. Diese stellen ein Risiko für die Gesundheit dar. Mangelhafte Unterstützung und Anerkennung durch Vorgesetzte bzw. Auseinandersetzung mit menschlichem Leid bzw. Unklare Grenzen zwischen Freizeit und Arbeit, z.B.

Während der beruflichen Tätigkeit kann es zudem zu traumatischen Belastungen kommen. Dies betrifft zum Beispiel Einsatzkräfte wie Polizei, Feuerwehr oder Rettung. Auch durch die Corona-Pandemie kann es zu besonderen Belastungen am Arbeitsplatz kommen - auch für die Psyche.

Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) sieht unter anderem die verpflichtende Evaluierung von Arbeitsplätzen vor. Darunter versteht man die Ermittlung und Beurteilung von Gefahren durch den Arbeitgeber sowie die Festlegung von Maßnahmen zu ihrer Vermeidung. Seit 2013 müssen auch die Gefahren durch psychische Belastungen festgestellt werden. Zudem sollen das Festlegen und Durchführen von vorbeugenden Maßnahmen unter Beteiligung der Beschäftigten erfolgen. Die Maßnahmen sollen auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.

Die Evaluierung erhebt die arbeitsbedingten psychischen Belastungen. Es geht dabei um die Bedingungen, unter denen die Arbeit erfolgt. Arbeitszufriedenheit, Stress, Leistung oder ähnliche Faktoren von einzelnen Mitarbeiterinnen bzw.

Typische psychische Belastungsfaktoren

Die drei gängigsten psychischen Belastungsfaktoren in Österreich gem. Statistik Austria (2022):

  • Starker Zeitdruck oder Arbeitsüberlastung (38,3%)
  • Umgang mit schwierigem Klientel (Männer 29,9%, Frauen 39,6%)
  • Emotional belastende Interaktionsarbeit innerhalb des Untenehmens (Kommunikation/Zusammenarbeit) (12,6%)

Weitere typische arbeitsbedingte psychische Belastungsfaktoren:

  • Fehlende Entscheidungsfreiheit, wenig Einfluss auf Arbeitstempo oder Arbeitsprozess
  • Angst vor Arbeitsplatzverlust/unsicheres Beschäftigungsverhältnis
  • Gewalt, Androhung von Gewalt, Belästigung (intern oder extern verursacht)
  • Mobbing (Gegenstand des Arbeitsrechts)
  • Diskriminierung und sexualisierte Belästigung (Gegenstand des Gleichbehandlungsgesetzes)
  • Informationsmangel oder -überflutung
  • Emotionsarbeit: Freundlichkeitsdruck, Umgang mit Leid und Krankheiten
  • Knappe Personalbemessung
  • Verwischen der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit
  • Wiederholung immer gleicher Arbeitsvorgänge in kurzen Zeitabständen (monotone Arbeitsabläufe)
  • Häufige Umstrukturierungen
  • Isoliertes Arbeiten ohne Möglichkeit zu sozialen Kontakten
  • Lärm, Hitze, Kälte, Zwangshaltungen, enge räumliche Verhältnisse
  • Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen
  • Gering wahrgenommene organisationale Gerechtigkeit
  • Häufige Störungen/Unterbrechungen
  • Unzureichende Möglichkeiten zum fachlichen Austausch bzw. zur Abstimmung
  • Unvorhersehbare und ungünstig gestaltete Arbeitszeiten
  • Umgang mit (neuartigen) digitalen Arbeitsmitteln, digitaler Arbeitsorganisation, digitaler Arbeitsumgebung und digitaler sozialer Interaktion

Belastungsfaktoren treten nie alleine auf, sie können sich einerseits aufaddieren und andererseits wechselseitig beeinflussen bzw. verstärken / verändern. Ebenso gibt es Arbeitsbedingungen, welche mit den Belastungsfaktoren interagieren, diese reduzieren und sich positiv auf das Belastungsprofil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auswirken können. Es ist daher die jeweils vorliegende Konstellation der verschiedenen Faktoren und das Belastungsprofil der jeweiligen Arbeitsplätze je Tätigkeitsgruppe zu betrachten.

Psychische Gefährdungen aufgrund nicht optimaler Belastungsprofile können außerdem Erkrankungen wie z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Muskel- und Skeletterkrankungen, Magen-Darmerkrankungen, Immunerkrankungen, Stoffwechselerkrankungen, wie z.B. Diabetes mellitus begünstigen.

Der Evaluierungsprozess

Arbeitgebende sind verpflichtet für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Bezug auf alle Aspekte, welche die Erwerbsarbeit betreffen, zu sorgen.

  • § 2 Abs. 7 ASchG: „Unter Gefahren im Sinne dieses Bundesgesetzes sind arbeitsbedingte physische und psychische Belastungen zu verstehen, die zu Fehlbeanspruchungen führen."
  • § 2 Abs. 7a ASchG: „Unter Gesundheit im Sinne dieses Bundesgesetzes ist physische und psychische Gesundheit zu verstehen."

Der Evaluierungsprozess gliedert sich in vier Hauptphasen: 1. Planung, 2. Ermittlung/Beurteilung, 3. Dokumentation und 4. Maßnahmenentwicklung, -umsetzung und Wirksamkeitskontrolle sowie der Überprüfung und erforderlichenfalls Anpassung. Dabei ist eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen anzustreben (§ 4 Abs. 4 ASchG).

Sinn und Zweck der Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung ist es, durch psychische Belastung entstehende Gefahren im Betrieb systematisch zu ermitteln, zu beurteilen und zu verhüten. Wurden psychisch gefährliche Arbeitsverhältnisse erkannt, sind diese mit geeigneten Maßnahmen an der Quelle zu bekämpfen (vgl. § 7 Satz 3 ASchG). Bei der Arbeitsplatzevaluierung stehen objektivierbare Arbeitsverhältnisse im Fokus, welche auf Arbeitnehmende einwirken. Diese Arbeitsverhältnisse sollen so gestaltet werden, dass arbeitsbedingte psychische Belastungsfaktoren, welche zu „Fehlbeanspruchungen“ führen, vermindert werden können.

Planung und Organisation

Die Planung und Organisation stellt die Grundlage dar. Für eine gelingende Umsetzung ist es wichtig, hier ausreichend Ressourcen bereitzustellen. Eine passende Steuerungsgruppe, eine gute Kommunikationsstrategie und sinnvolle Tätigkeitsgruppen sind unerlässlich, um zu den gewünschten Ergebnissen zu kommen. Für Klein- und Mittelbetriebe (KMU) ist die Planung in der Regel ebenso wichtig, jedoch deutlich weniger zeitintensiv. Es sollte sichergestellt sein, dass alle notwendigen Begrifflichkeiten klar sind und dass dieser Prozess der Entwicklung kollektiv wirksamer Maßnahmen dient. Je nach Erfahrung und Betriebsgröße kann es bereits hier sinnvoll sein, geeignete Fachleute, insbesondere Arbeitspsychologinnen und Arbeitspsychologen, heranzuziehen. Nur wenn sinnvolle Tätigkeitsgruppen mit jeweils ähnlichen Belastungsprofilen definiert werden, ist eine treffsichere Maßnahmenentwicklung und -umsetzung wahrscheinlich.

Ermittlung und Beurteilung

Arbeitgebende haben sich bei der Auswahl des Erhebungsverfahrens über den neuesten Stand der Technik und der Erkenntnisse auf dem Gebiet der Arbeitsgestaltung entsprechend zu informieren und diese zu berücksichtigen (§ 3 Abs. 2 ASchG). Nach fachgerechter Ermittlung der psychischen Belastung (nach Tätigkeitsgruppen) erfolgt die Beurteilung des Belastungsprofils am konkreten Arbeitsplatz. Wird im Zuge der Beurteilung festgestellt, dass gefährliche Arbeitsbedingungen vorliegen, müssen darauf bezugnehmende Maßnahmen gesetzt werden. Mit der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren können auch Fachkräfte aus den Bereichen Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit beauftragt werden, sofern sie über ausreichende Fachkunde verfügen. Erforderlichenfalls sind sonstige Fachleute, insbesondere aus dem Fachbereich Arbeitspsychologie, heranzuziehen (§ 4 Abs. 6 ASchG). Je nach Kontext und Gefährdungslage kann auch das Hinzuziehen sonstiger Fachleute aus anderen Fachgebieten - wie z.B. Chemie, Toxikologie oder Ergonomie - erforderlich sein.

Dokumentation

Die Dokumentation im Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Dokument (SiGeDok) ist unerlässlich für die Nachvollziehbarkeit des Prozesses, um bei Bedarf zielgenau nachbessern zu können. Festgestellte Gefahren müssen zusammen mit der darauf bezugnehmenden Maßnahme, einer für die Umsetzung verantwortlichen Person und einem Umsetzungsdatum erfasst sein. Der Dokumentationsprozess ist ein kontinuierlicher Prozess. Das SiGeDok ist als lebendes Dokument (“living document“) zu verstehen.

Maßnahmen: Entwicklung, Umsetzung und Wirksamkeitsprüfung

Mit dem Schritt der Maßnahmenentwicklung beginnen die tatsächlichen und nach Umsetzung für alle Mitarbeitenden eines Arbeitsplatzes erleb- und benennbaren Verbesserungen von Arbeitsbedingungen. Eine Maßnahme muss auf die Reduzierung einer festgestellten Gefahr abzielen und sollte möglichst treffsicher sein. Wirkungsvoll ist die Maßnahme, die tatsächlich am Arbeitsplatz ankommt und dysfunktionale Anforderungen beseitigt bzw. aus den Arbeitsverhältnissen resultierende Gefahren verhütet.

Entwickelt werden die Maßnahmen gem. ASchG auf Basis der zuvor festgestellten, durch die psychische Belastung entstehenden Gefahren. Maßnahmen müssen Bezug auf mindestens eine der festgestellten, arbeitsbezogenen Gefahren nehmen und klar auf die Verringerung dieser abzielen. Der Entwicklung von Maßnahmen folgt die Umsetzung. Eine zuständige Person kümmert sich um die Umsetzung der Maßnahme bis zu einem im Betrieb selbst festgelegten Zeitpunkt.

Mit der Wirksamkeitsüberprüfung entscheidet sich schließlich, ob die Maßnahme ihren Zweck erfüllt hat oder ob nachgebessert werden muss. Die Wirksamkeitsüberprüfung sollte nach einem sinnvoll gewählten Zeitraum erfolgen, sodass die Maßnahme ihre Wirkung ausreichend entfalten könnte.

Es gibt mehrere Möglichkeiten zu überprüfen, ob Maßnahmen wirksam waren. Je nach Betrieb und Situation vor Ort sind unterschiedliche Methoden zielführend. Beispiele:

  • A) Wiederholung des Messverfahrens mit Zusatzbeurteilung je Maßnahme
  • B) Kennzahlen vergleichen, spezifisch je nach Maßnahme
  • C) Extern moderierter Maßnahmenworkshop
  • D) Begehung und Gespräche
  • E) Interne Besprechung im Team

Überprüfung und erforderlichenfalls Anpassung der Evaluierung

Eine Überprüfung und erforderlichenfalls Anpassung der Evaluierung muss erfolgen, wenn sich die Arbeitsbedingungen in einem Maße geändert haben, dass von geänderten Gegebenheiten auszugehen ist. Insbesondere wenn einer der Gründe aus § 4 Abs. 5 ASchG zutrifft.

Auch „nach Zwischenfällen mit erhöhter arbeitsbedingter psychischer Fehlbeanspruchung“ muss die Evaluierung überprüft werden (§ 4 Abs. 5 Z 2a ASchG). Beispiele für solche Zwischenfälle können beispielsweise sein: Die Häufung von Konflikten oder Beschwerden, Fälle von Gewalt und Belästigung, Elemente destruktiver Führung oder der begründete Verdacht auf arbeitsbedingte Erkrankungen im Kollegium (z.B. Burnout Syndrom oder Angststörungen). Weitere Indizien können sein: Vermehrte Fehlzeiten, vermehrte Kündigungen, Rückzug, Übererregtheit oder erhöhte Fehlerquote.

Tragende Säule im betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM)

Der ArbeitnehmerInnenschutz mit allen rechtlichen Aspekten stellt die gesetzlich verpflichtende Grundlage für ein erfolgreiches betriebliches Gesundheitsmanagement dar. Eine fachgerechte Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung trägt dazu bei, dass der praktizierte ArbeitnehmerInnenschutz eine tragende Säule für das betriebliche Gesundheitsmanagement sein kann. Das ArbeitnehmerInnenschutzrecht ist öffentliches Recht und somit für alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, im Sinne der Primärprävention, verpflichtend umzusetzen. Die betriebliche Gesundheitsförderung und das betriebliche Eingliederungsmanagement sind auf freiwilliger Basis Teil des betrieblichen Gesundheitsmanagements.

Die Rolle der Arbeits- und Organisationspsychologie

Die Arbeits- und Organisationspsychologie gilt als Fachdisziplin zur Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung. Innerhalb dieser Fachdisziplin beschäftigt man sich spezifisch mit den Wechselwirkungen von „Erwerbsarbeit und Mensch“ samt allen produktiven und destruktiven Aspekten, u.a. um Lösungen zur Förderung der Arbeitssicherheit fach- und kontextspezifisch zu entwickeln. Sie beinhaltet die Auseinandersetzung mit psychologischen Faktoren, welche auf Menschen bei der Arbeit einwirken. Grundlage ist das Erforschen von kollektiven Arbeitsbedingungen bei der Arbeit sowie der organisationalen und individuellen Ressourcen.

Tipps für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Der Arbeitgeber ist verantwortlich für das Abwenden von Gefahren für die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz.

  • Arbeit gut einteilen: Mit einer guten Arbeitseinteilung kann man Stress vorbeugen.
  • Grenzen setzen: Manchmal kann es notwendig sein, auf die eigenen Grenzen hinzuweisen, damit nicht alles zu viel wird. Dazu gehört etwa auch „Nein“ zu einer Aufgabe zu sagen.
  • Pausen in Anspruch nehmen: Pausen sind wichtig für die Erholung und Produktivität.
  • Home-Office gut gestalten: Home-Office kann positive und negative Auswirkungen auf das psychische Befinden haben.
  • Work-Life-Balance: Einem ausgefüllten Arbeitstag sollte immer eine ausgewogene Erholung gegenüberstehen.
  • Holen Sie sich Unterstützung: Wenn Sie das Gefühl haben, am Arbeitsplatz psychisch belastet zu sein: Suchen Sie möglichst frühzeitig Hilfe. Dazu zählen zum Beispiel Ansprechpartner:innen im Betrieb im Bereich Arbeitsmedizin oder Arbeitspsychologie.

tags: #psychische #gesundheit #im #betrieb #arbeitsmedizinische #empfehlung