Das Fachgebiet der Psychiatrie und Psychotherapie umfasst per Definition das Wissen, die Erfahrung und die Befähigung zur Erkennung, Vorbeugung, Diagnostik und Behandlung sowie Rehabilitation psychischer und psychosomatischer Erkrankungen. Vereinfacht ausgedrückt beschäftigt sich die Psychiatrie mit allen Gesundheitsstörungen und Auffälligkeiten, welche die Psyche eines Menschen betreffen, seien sie nun körperlichen oder seelischen Ursprungs.
Ein Psychiater ist entsprechend ein Facharzt, der diese krankhaften Veränderungen und Störungen der Gefühle, des Denkens, aber auch der Stimmungen, des Antriebs, des Gedächtnisses oder des Erlebens und Verhaltens untersucht und behandelt. Eine vollständige psychiatrische Untersuchung setzt sich aus dem Untersuchungsgespräch, der körperlichen Untersuchung und aus verschiedenen zusätzlichen Maßnahmen (z.B. Labor, apparative Verfahren, Tests) zusammen. Das direkte Gespräch zwischen Arzt und Patient stellt das Kernstück einer psychiatrischen Untersuchung dar und ist für die Diagnosestellung unerlässlich.
Ursachen und Beispiele für psychiatrische Erkrankungen
Psychischen Erkrankungen liegen meist mehrere Ursachen (multifaktoriell) zu Grunde. Häufig sind Störungen des Gehirnstoffwechsels und Veränderungen der Gehirnsubstanz an der Entstehung beteiligt.
Psychiatrische Erkrankungen - einige Beispiele:
- Anorexia nervosa (Magersucht)
- Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung
- Angststörung, z.B.
Die Rolle der Sozialpsychiatrie
In den vergangenen vier Jahrzehnten war Sozialpsychiatrie ein Synonym für eine ausgeprägte Umgestaltung der Psychiatrie, weg von den verwahrenden psychiatrischen Großanstalten hin zu dezentralen Diensten für die ambulante und stationäre Behandlung. Sozialpsychiatrie war dabei manchmal von großen Hoffnungen begleitet, wie z. B. dass psychische Erkrankungen künftig generell weniger chronisch und weniger behindernd verlaufen würden.
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In der internationalen Literatur wird Sozialpsychiatrie als die Wissenschaft jener Kontextfaktoren definiert, die die menschliche Entwicklung inklusive psychischer Erkrankungen beeinflussen. Fleck von der renommierten amerikanischen Yale University meint, Sozialpsychiatrie müsse sich daher mit jenen mikro- und makrosozialen Bedingungen beschäftigen, die zu psychischer Krankheit führen und die Kranken beeinflussen.
Der österreichische Psychiater und Vordenker Hans Strotzka beschrieb, beeinflusst von der US-amerikanischen Literatur, Sozialpsychiatrie als „jene Wissenschaft, die sich systematisch mit der Bedeutung von sozialen, kulturellen sowie Umgebungsfaktoren in weitestem Sinn für seelische Gesundheit und Krankheit befasst. Sie bezieht dabei soziologische, sozialpsychologische und kulturanthropologische Momente sowohl in Bezug auf die allgemeine Beeinflussung der Auffassungen von Gesundheit und Krankheit als auch deren Bedeutung für den Einzelnen in ihre Betrachtung ein. Sie beschäftigt sich im Besonderen mit der Diagnose, Prognose, Therapie und Vorbeugung psychischer Krankheiten in und für Gruppen von Menschen“.
Wenn wir aber im Alltag von Sozialpsychiatrie sprechen, fällt auf, dass mit diesem Begriff immer wieder verschiedene Assoziationen verbunden werden:
- Aus der Unzufriedenheit mit den Missständen in den großen psychiatrischen Anstalten entstanden gesellschaftliche Bewegungen, die versuchten, die in der Behandlung psychisch Kranker herrschenden Verhältnisse zu ändern. Diese Bewegungen hatten sich die Rückkehr und Integration von (vor allem schwer) psychisch Kranken in die Gesellschaft auf ihre Fahnen geschrieben. Nachdem die Behandlung und Versorgung psychisch Kranker in vielen Bereichen verbessert werden konnte, wurde in den letzten Jahren der Focus noch stärker als früher auf die Kommunikation als gleichberechtigte Partner (z. B.
- Um jene langdauernd Kranken zu versorgen, die früher in den großen psychiatrischen Anstalten gelebt hatten, wurden außerhalb der Krankenhäuser zahlreiche unterschiedliche Dienste und Einrichtungen (z. B. Beratungsstellen, Krisen - dienste, Wohneinrichtungen, Tagesstätten, Arbeitseinrichtungen) aufgebaut. Diese zu den großen Anstalten „komplementären“ Einrichtungen werden immer wieder als sozialpsychiatrische Dienste und Einrichtungen bezeichnet. Diese Einrichtungen haben zum Ziel, den Kranken ein möglichst unabhängiges Leben zu ermöglichen. Viele haben explizit die Reintegration in übliche gesellschaftliche Prozesse zum Ziel oder beschäftigen sich mit dem sozialen Umfeld der Kranken (z. B.
- Die wissenschaftliche Sozialpsychiatrie beschäftigt sich mit allen Umgebungsfaktoren, die auf psychische Erkrankungen einen Einfluss haben bzw. mit den sozialen Folgen psychischer Erkrankungen. In der Euphorie über den Aufbau neuer Versorgungsstrukturen im Rahmen der Reformbemühungen ging manchmal die Frage unter, ob diese Reformen auch „Nebenwirkungen“ zur Folge haben.
Viele der Überlegungen, die in der sonstigen Medizin in der Sozialmedizin zu finden sind, finden sich in der Psychiatrie in der Sozialpsychiatrie: Soziale Ursachen und soziale Folgen von Erkrankungen gehören zum Beschäftigungsgebiet der Sozialmedizin wie auch der Sozialpsychiatrie. Auch wenn Überschneidungen mit der Sozialmedizin zu beobachten sind, hat die Sozialpsychiatrie aber ihre eigene Geschichte sowie eigene konkrete Aufgaben und Fragestellungen der psychiatrischen Behandlung (Soziotherapie).
- Soziale Determinanten von Auftreten und Verlauf (z. B.
- Soziale Folgen von psychischen Krankheiten (z. B.
Soziotherapie
Soziotherapie (auch als Milieutherapie bezeichnet) meint all jene therapeutischen Maßnahmen, welche die zeitliche, räumliche und persönliche Strukturierung des therapeutischen Kontextes in Institutionen und eine Gestaltung des alltäglichen Lebenskontextes des Patienten zum Ziel haben. Manche Autoren unterscheiden direkte von indirekten sozio - therapeutischen Methoden. Direkte Soziotherapie umfasst die Gestaltung des therapeutischen Kontextes in therapeutischen Institutionen (z. B. Krankenhausstationen, Tageskliniken).
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Soziotherapie versucht also unter anderem eine Atmosphäre zu schaffen, die sich auf die Heilungsvorgänge förderlich auswirkt. Sie stellt somit eine wesentliche Rahmenbedingung für Psychotherapie oder medikamentöse Therapie dar. Andere Beispiele für Soziotherapie sind Tagesstrukturierung, Aktivierung, Kontaktstiftung und Angehörigenarbeit. Häufig werden soziotherapeutische Interventionen im interdisziplinären Zusammenwirken unter anderem auch mit den Methoden der Ergotherapie und der Physiotherapie eingesetzt.
Bei Angehörigenarbeit geht es um Beratung, Information (= Psychoedukation) sowie die Bereitstellung von Unterstützung und konkreten Hilfestellungen. Zur Bekämpfung der negativen sozialen Folgen psychischer Erkrankungen (z. B. Arbeitslosigkeit, Schwierigkeit, alleine zu wohnen) werden überwiegend Techniken aus dem Bereich der Soziotherapie eingesetzt.
Rehabilitation wird heute umfassend verstanden und inkludiert auch stundenweise geschützte Beschäftigung, selbständiges Wohnen, Auto - nomie im Alltag oder die Fähigkeit zu Sozial kontakten. Dabei darf Erfolg in der Rehabilitation nicht nur als vollständige Integration in den freien Arbeitsmarkt verstanden werden.
Case Management hat die Aufgabe, vor allem schwer und chronisch psychisch Kranken zu all jenen Hilfen zu verhelfen, die sie in der jeweiligen Lebenssituation benötigen. Die zentralen Prinzipien des Case Management (z. B. Kontinuität der Betreuung, Koordination der Interventionen, stufenweises Anpassen des Angebots, Förderung der Ressourcen) gelten heute als Grundprinzip einer gemeindenahen Versorgung.
Die psychiatrische Epidemiologie liefert umfangreiche Informationen zu Risikofaktoren für das Auftreten, den Verlauf und die Folgen psychischer Erkrankungen. Außerdem stellt die Epidemiologie eine der Grundlagen für die Planung der Versorgung psychisch Kranker dar. Es zeigte sich, dass nur ein Teil der psychisch Kranken die erforderlichen Behandlungen erhält.
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Die Beschäftigung mit der Rolle der Kranken und ihrer Angehörigen in der Gesellschaft führte dazu, dass sich die Sozialpsychiatrie auch mit der Selbsthilfe sowohl der Kranken als auch deren Angehöriger beschäftigte. Das Unterstützungspotenzial, das die Familie für die Kranken bereitstellt, führte zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Belastungen der Angehörigen, aber auch zur praktischen Unterstützung von deren Selbsthilfegruppierungen.
Neben der Sozialpsychiatrie existieren in der Psychiatrie zwei andere Standbeine, die gleich wichtig sind: die biologische Psychiatrie und die psychotherapeutische Psychiatrie. Weder in der Ursachenforschung noch in der Behandlung macht es aus heutiger Sicht Sinn, psychische Krankheiten auf einen dieser drei Bereiche zu reduzieren. Jede eindimensionale oder monokausale Theorienbildung muss nach heutigem Wissen als überholt gelten.
Die transformative Kraft der Psychotherapie
Das Wissen über Psychotherapie und die damit verbundenen Prozesse hat die Kraft, unser Leben tiefgreifend zu verändern. Durch die therapeutische Arbeit lernen wir, unsere Psyche besser zu verstehen, unser Verhalten zu reflektieren und belastende Gefühle aufzuarbeiten. Gleichzeitigentsteht ein neues, erweitertes Bewusstsein für uns selbst. Wir entwickeln ein tiefes Verständnis für unsere feine, verletzliche Innenwelt. Wo zuvor Abwehrmechanismen, Trennung und Urteile unseren Alltag geprägt haben, öffnet sich nun ein neuer Weg - ein Weg hin zu mehr Verbundenheit und Mitgefühl.So können wir dem Leben liebevoller und wertfreier begegnen und ein authentisches Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein in uns finden.
Psychiatrie - Aufgaben und Tätigkeitsbereiche
Ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin ist ein Arzt, der sich auf die Diagnose, Behandlung und Prävention von psychischen Erkrankungen und Störungen des Verhaltens spezialisiert hat. Dazu gehören unter anderem Depressionen, Angststörungen, Schizophrenie, Bipolare Störungen und Suchtkrankheiten. Neben medizinischen Behandlungsansätzen wie Medikamententherapien spielt auch die Psychotherapie eine zentrale Rolle.
Fachärzte in diesem Bereich arbeiten häufig mit Kollegen aus anderen Facharztrichtungen zusammen, um umfassende Behandlungspläne zu erstellen, die auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten sind. Psychiater arbeiten dabei evidenzbasiert. Als Experten für aktuelle Datenlagen im Bereich Psychotherapie, Neurowissenschaften, Pharmakologie und psychosoziale Konstrukte sind sie in der Lage, Störungen und Änderungen im Verhalten, der Kognition und der Psyche zu erkennen, zu diagnostizieren und zu behandeln, wenn diese ihnen im Arbeitsalltag begegnen. Einen großen Teil der Arbeit nimmt dabei die Planung der Therapien gemeinsam mit Patienten ein. Dennoch arbeiten sie eng Hand in Hand mit anderen Fachärzten, um mögliche körperliche Ursachen der Beschwerden ihrer Patienten auszuschließen.
In ihrer Behandlung unterscheiden sie sich unter anderem stark von Fachärzten anderer Bereiche, da sie einen großen Fokus auf die psychotherapeutischen Ansätze legen. Psychiater arbeiten häufig im Bereich der Diagnostik und Therapie. In der Psychiatrie umfasst die Diagnostik eine gründliche Anamnese, klinische Interviews, psychologische Tests und gegebenenfalls bildgebende Verfahren, um psychische Erkrankungen genau zu identifizieren.
Die Behandlungsmethoden sind vielfältig und reichen von Medikamententherapie über Psychotherapie bis hin zu Rehabilitation. Verschiedene psychotherapeutische Modelle kommen zum Einsatz, darunter die kognitive Verhaltenstherapie, die sich auf die Veränderung dysfunktionaler Denkmuster konzentriert, die tiefenpsychologisch fundierte Therapie, die unbewusste Konflikte behandelt, und die humanistische Therapie, die auf Selbstverwirklichung und persönliche Entfaltung abzielt. Auch integrative Ansätze, die Elemente mehrerer Methoden kombinieren, finden Anwendung.
Wie wird man Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin?
Die Facharzt-Weiterbildung im Sonderfach für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin in Österreich erfordert ein abgeschlossenes Medizinstudium und eine Approbation. Nach einer 9-monatigen Grundausbildung, die ärztliche Basisfähigkeiten vermittelt, folgt die Facharztausbildung. Diese besteht aus einer 36-monatigen Grundausbildung und einer 27-monatigen Spezialisierung, insgesamt also mindestens 6 Jahre. Die Ausbildung vermittelt tiefgehendes Wissen über Denkmuster, Verhaltensstörungen und Therapieplanung. Nach der Sonderfachausbildung schließt man mit einer Prüfung ab, die normalerweise mündlich beziehungsweise praktisch erfolgt.
Gehaltsaussichten als Psychiater
Die Gehaltsaussichten als Facharzt für Psychiatrie und Psychosomatische Medizin gestalten sich ähnlich wie die anderer Arzt-Gehälter in Österreich. Das Assistenzarzt-Gehalt liegt zu Beginn der Arztkarriere zwischen 4.080 und 6.810 Euro an. Im späteren Berufsleben liegt der Bruttolohn-Median als Psychiater im Bereich von 7.500 Euro. Mit entsprechenden Weiterbildungen, Spezialisierungen und der Übernahme von Verantwortung kann man diesen auf um die 8.500 Euro monatlich steigern. In der Funktion als leitender Oberarzt kann sich die Verdienstspanne auch auf 11.000 Euro ausweiten. Dazu kommen in allen Gehaltsstufen bei Ärzten, die in der Klinik arbeiten, zusätzliche Zahlungen für Dienste, Rufbereitschaft und Überstunden dazu, die in der Regel 20 bis 40 Prozent des Basisgehalts ausmachen können.
Die Ertragszahlen in ambulanten Praxen der Psychotherapie liegen in der Regel unter dem durchschnittlichen Reinertrag ambulanter ärztlicher Praxen, der etwa 296.000 Euro jährlich ausmacht. Als Praxis im Sonderfach Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin erwirtschaftet man im Schnitt einen Gewinn von 238.000 Euro im Jahr, etwa 20 Prozent weniger.
Wo kann man als Psychiater arbeiten?
Mögliche Arbeitgeber für Fachärzte im Bereich Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin in Österreich sind vielfältig. Dazu zählen öffentliche Krankenhäuser, insbesondere psychiatrische Abteilungen und Fachkliniken, sowie rehabilitative Einrichtungen und Suchtkliniken. Auch Privatkliniken und niedergelassene Praxen bieten Beschäftigungsmöglichkeiten. Weitere Optionen bestehen in sozialpsychiatrischen Diensten, forensischen Einrichtungen oder im Rahmen von Forschung und Lehre an Universitäten.
Das heißt, die eigenverantwortliche Ausübung von Psychotherapie setzt langjährige Ausbildung voraus, in der sowohl Wissen um die Entwicklung von Persönlichkeit, als auch Ursachen von seelischen und psychosomatischen Beschwerden erworben wird. In der Psychotherapie ist dies anders: jeder Mensch hat eine individuelle Entwicklungsgeschichte, hat verschiedenes erlebt, völlig unterschiedliche Lernmöglichkeiten und Beziehungserfahrungen gehabt. Psychotherapie beobachtet einen Prozess. Durch dessen Beobachtung werden Defizite aber auch Ressourcen eines Patienten deutlicher. Die wichtigste Komponente für Psychotherapie ist aber die Motivation des Patienten, bzw. sein Leidensdruck.
Im November 1995 wurde in Amerika eine Studie publiziert zur Wirksamkeit von Psychotherapie. (Consumer report Studie) Sie ist deshalb so interessant, weil sie nicht von Psychotherapeuten gemacht wurde, sondern von einer Konsumenten Zeitschrift mit geschätzten 180.000 Lesern. Die meisten erfuhren eine deutliche Linderung ihrer Beschwerden. Es wurden deutliche Verbesserungen der allgemeinen psychischen Funktionsfähigkeit: soziale Beziehungsfähigkeit, Arbeitsproduktivität, Umgang mit Altagsstreß, Selbstwert, Selbstvertrauen usw.
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