Penetrante Menschen: Psychologie und der Kampf um Akzeptanz

Es ist eine schwierige Situation, wenn nahe Familienmitglieder, wie die eigenen Eltern oder Schwiegereltern, dazu neigen, sich in das Leben der erwachsenen Kinder einzumischen und deren Grenzen zu überschreiten. Oftmals wurzelt dieses Verhalten in einer Erziehung, in der die Eltern meinten, besser zu wissen, was für ihre Kinder gut ist. Infolgedessen konnten die Kinder nie lernen, sich selbst wichtig zu nehmen und ihren eigenen Weg zu finden.

Selbst im Erwachsenenalter, und sogar nachdem man selbst Eltern geworden ist, wird man weiterhin als unfähig behandelt, die Dinge im Griff zu haben. Obwohl alles gut läuft, wird immer etwas gefunden, das angeblich nicht in Ordnung ist. Bei allem, was mit der eigenen kleinen Familie zu tun hat, stellen sich diese Personen in den Mittelpunkt und übertreten ständig Grenzen.

Das Problem ist, dass man andere Menschen nicht ändern kann, sondern nur seine eigenen Grenzen schützen muss. Es ist schwer, sich zu ändern, besonders wenn man immer darauf trainiert wurde, es anderen recht zu machen und die eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Wenn man dann selbst ein Kind hat, merkt man immer mehr, was in der eigenen Erziehung nicht in Ordnung war.

Anfänglich versucht man, die Probleme nur anzudeuten, in der Hoffnung, dass der andere entsprechend reagiert und keine weiteren Grenzen überschreitet. Wenn das nicht funktioniert, wird man direkter, aber auch das bringt oft nichts. Es entwickelt sich ein Machtspiel, das die Beziehung belastet. Es ist schmerzhaft, wenn man sagt, dass etwas wehgetan hat, und der andere nicht darauf eingeht, sondern so tut, als würde man alles falsch verstehen und es sei doch nur Fürsorge. Diese Fürsorge wird jedoch als grenzüberschreitend empfunden und nicht als hilfreich, um den eigenen Weg zu finden. Stattdessen wird man als derjenige dargestellt, der einen Fehler macht, und es wird kein Verständnis entgegengebracht. Das Verhalten setzt sich fort, und es wird mit Schuldgefühlen gespielt.

Echte Beziehungen und Konfrontationen sind notwendig, um Kompromisse zu finden. Ohne diese ist es schwer, miteinander auszukommen. Wenn man dann explodiert und alles herauslässt, und die andere Person so tut, als wäre mit einem selbst etwas nicht in Ordnung und kein Verständnis zeigt, weiß man nicht mehr, was eine solche Beziehung noch soll. Ein Kontaktabbruch kommt jedoch nicht in Frage, weil die Schuldgefühle zu groß wären und man bald wieder angekrochen kommen würde, bis zur nächsten einseitigen Konfrontation.

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Es ist sehr schwer, wenn ein Teil keine Konfrontation will und einfach nur darauf besteht, so weiterzumachen, weil es ja damals auch immer gut ging. Aber dass sich die Zeiten geändert haben, dass man selbst sich geändert hat, wollen sie einfach nicht wahrhaben.

Der Einfluss der Political Correctness

Die "Political Correctness ist von eiserner Konsequenz und erbarmungslos", wie Hans Winkler in seiner Kolumne feststellte. Diese Feststellung beschreibt zutreffend das Diktat unseres missverstandenen Zeitgeistes. Im Sumpf des C-Diktats blühen komische und unlogische Gewächse.

Die sogenannte progressive Pädagogik will verbieten, von schwer erziehbaren Kindern zu sprechen. Zuerst durfte man die lieben Jugendlichen, die andere halb tot prügeln, verhaltensauffällig nennen; jetzt darf man diese Jugendlichen, die selbst ihre Lehrer bedrohen, nur noch verhaltensoriginell nennen. Umberto Eco hat den PC-Unsinn auf den Punkt gebracht: Die politische Korrektheit ist dazu da, das zugrunde liegende ungelöste Problem sprachlich zu kaschieren.

Die PC-Geschichte ist nicht neu. Sie erreichte uns Anfang der 1960er-Jahre aus den USA, als die US-Bürgerrechtsbewegung den Schlachtruf „politically correct“ erfand. Im Kampf gegen echte, aber auch angebliche Diskriminierung von Minderheiten forderten Linke, Schwarze und Feministinnen vehement eine veränderte Sprache.

Anfang 1960 haben Studenten der Universität Kalifornien verlangt, dass „Werke von toten, weißen europäischen Männern“ nicht mehr unterrichtet werden. Statt Kant und Voltaire wollten die Studenten „weibliche und außereuropäische Autoren“ kennenlernen.

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Gegen die penetrante Dummheit wandten sich schon damals namhafte Journalisten, so auch Richard Bernstein. Er setzte am 27. Oktober 1990 in der „New York Times“ die sinnlosen Auswüchse der PC mit „Orthodoxie“, „Faschismus“, „Fundamentalismus“, ja sogar mit „Tyrannei“ gleich.

Auch in europäischen liberalen Medien, wie in der „Süddeutschen Zeitung“, wurden die PC-Übertreibungen kritisiert. Dort stand unter dem Titel „Multi-kultureller Joghurt“ zu lesen: „In amerikanischen Universitäten greift ein neuer Sprach-Terror um sich.“

Die linksliberale Wochenzeitung „Die Zeit“ kommentierte: „PC - oder: Da hört die Gemütlichkeit auf“.

Zu den dümmlichen PC-Auswüchsen einer völlig missverstandenen Emanzipation gehört das viel belächelte Binnen-I. Die Verfechter dieser Sonderlichkeit verwenden das Binnen-I nur bei positiven Inhalten; ArbeitnehmerInnen geht, aber von TerroristInnen wollen sie nichts wissen.

Gewiss, hinter dem abwertenden Wort „Nigger“ versteckt sich purer Rassismus. Gut, also nicht „Nigger“, und auch nicht „Negro“. Dann durfte man „black“ sagen, wenn auch nicht lange. Das nächste Gebot hieß „afro-american“.

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Die PC-Verfechter wollen die von ihrer Meinung abweichende Sprache und andere Meinungen verbieten. Einem Gottesurteil ähnlich hört man auch bei uns immer öfter die bange Frage: „Darf man das denn heute noch sagen?“

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