Lustige Narzissmus-Sprüche

Im Rampenlicht stehen - wer möchte das nicht? Das Persönlichkeitsmerkmal „narzisstisch“ tragen alle Menschen in sich, und die Auseinandersetzung damit kann durchaus humorvoll sein.

Auch ich möchte Bernhard rechtfertigen, denn das Persönlichkeitsmerkmal „narzisstisch“ tragen alle Menschen in sich. Ich habe mich für meinen Narzissmus lange geschämt, manchmal tue ich das noch heute. Als meine Volksschullehrerin fragte, wer bei der Nikolausfeier den Kasperl spielen will, schnellte meine Hand im Bruchteil einer Millisekunde nach oben. Dass ich dafür Texte auswendig lernen und regelmäßig zu Proben gehen muss oder vielleicht Lampenfieber bekomme, war für mich in diesem Moment überhaupt kein Thema.

Provokation als Spielaufforderung begegnet mir immer wieder. Meist initiieren sie Männer mit ähnlichem sozialem und kulturellem Hintergrund. Wahrscheinlich liegt diese Beobachtung an meiner selektiven Wahrnehmung. Oder könnte es vielleicht doch sein, dass männliche Personen eher Lust an der Provokation empfinden? Was meinen Sie?

Narzissmus in der Politik und Gesellschaft

Trump und Putin wirken auf den ersten Blick sehr unterschiedlich, aber psychologisch betrachtet zeigen sie auffallend ähnliche Muster. Beide verkörpern eine ausgeprägte Form des Narzissmus, wie sie im 21. Jahrhundert besonders gut funktioniert. Trump zeigt sich als impulsiv, hochgradig reizbar und zielbesessen, wobei Logik für ihn keine Rolle spielt, solange er bekommt, was er will. Er hat einen ausgeprägten inneren Seismografen für persönliche Vorteilserzielung. Bei Putin ist mehr strategische Kontrolle zu erkennen, aber auch bei ihm wurde die Vorstellung seiner Besonderheit schon früh kultiviert.

Die Umgebungskultur hat jeweils tiefe Spuren hinterlassen. In Putins Fall prägt der Verlust der sowjetischen Größe sein Weltbild bis heute. Bei Trump spielte vor allem sein Großvater eine prägende Rolle, den seine Nichte, eine Psychologin, als hochfunktionalen Soziopathen beschreibt. Beide haben kaum Zugang zur Empathie. Der Mensch zählt für sie nur, wenn er Leistung bringt, sich nützlich macht oder ins eigene Idealbild passt. Alle anderen sind austauschbar - Biomasse, die nur im Dienst der eigenen Inszenierung steht.

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Sie treffen den Nerv eines Zeitgeists, der durch Unsicherheit, Überforderung und Vertrauensverlust geprägt ist. In komplexen Zeiten sehnen sich viele Menschen nach klaren, starken Figuren. Trump bietet mit „Make America Great Again“ eine einfache Antwort für die Modernisierungsverlierer der westlichen Welt. Ja, besonders im postkommunistischen Raum. Nach dem Zusammenbruch der autokratischen Systeme konnten nur wenige Menschen mit der neu gewonnenen Freiheit wirklich umgehen.

Sie müssen ihnen Grenzen setzen, doch genau das ist die Herausforderung: Wer ist stark genug, um diese Begrenzung durchzusetzen? Die liberale Demokratie stößt hier an den Rand ihrer Möglichkeiten. Narzissten gehen dorthin dort, wo sie sich bewundert fühlen. Gibt man ihnen scheinbar einen Sieg, auch wenn es nur ein Teil des Gewünschten ist, und verkauft es als ihren persönlichen Triumph, sind sie lenkbar.

Trump orientiert sich oft am letzten Gespräch. Wer ihn mit psychologischem Feingefühl anspricht und ihm seine Größe spiegelt, hat die Chance, ihn für sich zu gewinnen - zumindest kurzfristig. Putin ist reflektierter, kontrollierter und intellektuell anspruchsvoller. Er sieht die Welt analytischer, durchschaut psychologische Spielchen eher und trägt zudem eine historische Wunde mit sich - den Zerfall der Sowjetunion. Sie sind reine narzisstische Inszenierungen. So wie Kinderzeichnungen in der Schule ausgestellt werden und die Eltern klatschen, brauchen Trump und Putin diese öffentlichen Rituale, um sich selbst Größe zu beweisen.

Die narzisstische Herausforderung

Wenn man ein Buch über Narzissmus schreibt, wenn man schreibt, Erfolg ist eine narzisstische Krücke, Anerkennung ist die Bestätigung, dass man seinem Ideal entspricht - das ist aber eine illusionäre Entsprechung! - und dann dafür einen Preis bekommt, genau für dieses Buch, dann stellt sich die Frage: Wie damit umgehen?

Ich habe mich dafür entschieden, mich der narzisstischen Herausforderung, die so ein Preis bedeutet, zu stellen. Mit anderen Worten: Ich habe beschlossen, mich zu freuen. Ich freue mich besonders darüber, dass es sich um den Tractatus handelt, weil es ein Preis für eine Essayistik ist, die (Zitat): „philosophische Fragen für eine breitere Öffentlichkeit verständlich diskutiert“.

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Verständlichkeit, verständlich sein ist mir ein besonderes Anliegen. Das leitet mein Schreiben. Ich könnte es auch auf die Formel bringen: Ich bin als Schreibende eine Wiederkäuerin. Der Text wird wieder und wieder durchgearbeitet. Er wird geschrieben - dann liegen gelassen - dann neu gelesen - dann umgeschrieben. Immer wieder.

Fürs Schreiben ist die Erfahrung des Nicht-Verstehens grundlegend. Man muss nicht-verstanden haben, um erklären zu können. Das ist gewissermaßen die erste Vorraussetzung des Schreibens.

Ich freue mich auch über den Preis, denn er bedeutet: Jemand hat das Buch tatsächlich gelesen. Das ist gar nicht so selbstverständlich. Als „Die Qualen des Narzissmus“ erschienen sind, bin ich dem Nicht-Leser begegnet. Ich habe nicht nur eines, sondern etliche davon erhalten. Sie kamen ausnahmslos alle von Männern. Von der Schreibart her vermute ich 50-jährige Verfasser und darüber. Und sie waren alle in der gleichen Art. Sie lauteten: „Ich habe Sie im Radio gehört“.

Es gibt aber noch andere Nicht-Leser. Diese sind versteckter. Sie lassen sich nicht an einer Reaktion ausmachen - sondern vielmehr am erstaunlichen Ausbleiben einer Reaktion.

Von einem weiteren, nicht weniger erstaunlichen Umgang mit dem Buch möchte ich Ihnen noch kurz erzählen. Das sind jene Leute, die sagen: Sie haben völlig recht! Mein Nachbar, der Lehrer meiner Kinder, meine Vereinskollegin, meine Chefin - so ein Narzisst! So eine Narzisstin! Solche Narzissten! Oft wird noch beigefügt: Und der weiß das noch nicht einmal. Ich möchte niemanden denunzieren oder mich lustig machen. Keineswegs. Ich finde nur diesen Umgang so interessant. Narzisst sind die Anderen - das ist eine Strategie der Abwehr. Eine Abwehr der Erkenntnis, dass wir heute alle Narzissten sind - ja sein müssen.

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Angesichts der Herausforderung dieses Preises, steht mir dieser Ausweg nicht offen. Ich kann mich nicht darauf zurückziehen, dass die Anderen die Narzissten sind. Deswegen gehe ich nun sehenden Auges in die narzisstische Falle, die solch ein Preis bedeutet. Ich gebe mich der Illusion hin, dass ich mit meinem Ideal übereinstimme. Zumindest diesen einen Moment lang. Aber dieser Moment ist süß. Und kostbar.

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