Psychische Gewalt ist eine Form des Missbrauchs, die oft im Verborgenen stattfindet und dennoch tiefgreifende Auswirkungen auf die Betroffenen hat. Besonders in Ehen kann psychische Gewalt eine zerstörerische Dynamik entwickeln, die das Opfer emotional und psychisch schwer schädigt. Dieser Artikel beleuchtet das Phänomen der psychischen Gewalt durch den Ehemann, ihre Erscheinungsformen, Auswirkungen und mögliche Hilfsangebote.
Gewalt in der Privatsphäre: Ein Überblick
Gewalt passiert meist dort, wo man sich sicher und geborgen fühlen sollte - in den eigenen vier Wänden. Die Statistik belegt: Opfer von Gewalt in der Privatsphäre sind in den meisten Fällen Frauen, Kinder und ältere Menschen. Es gibt ein breites Angebot an Hilfs- und Beratungseinrichtungen, wo man auch kostenlos und anonym beraten wird, im Notfall jedoch immer die Polizei unter 133 rufen!
Statistische Einblicke
Männer sind tendenziell häufiger Betroffene von Straftaten generell als Frauen. Frauen sind jedoch deutlich häufiger von Sexualstraftaten und Partnerschaftsgewalt betroffen. Die österreichische Prävalenzstudie konnte zeigen, dass Frauen grundsätzlich eine stärkere Viktimisierung aufweisen und von allen Gewaltformen deutlich stärker betroffen sind, außer bei körperlicher Gewalt, in der Männer eine stärkere Viktimisierung aufweisen, die sie allerdings primär außerhalb der Partnerschaft erleben.
Eine Studie der Statistik Austria zu Gewalt gegen Frauen zeigt:
- 14 % der Frauen im Alter von 18 bis 74 Jahren hatten in ihrem bisherigen Leben körperliche Gewalt in der Partnerschaft erfahren.
- 8 % wurde körperliche Gewalt angedroht.
- 37 % haben psychische Gewalt erfahren.
- 7 % sexuelle Gewalt in der Partnerschaft.
Eine Sonderauswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) zeigt, dass es in Österreich in den Jahren 2010 bis 2020 312 Morde und 439 Mordversuche an Frauen gab, mit 794 weiblichen Opfern und 767 Tatverdächtigen. 9 von 10 Tatverdächtigen sind männlich. Ein Längsschnittvergleich der Fall- und Opferzahlen ergab, dass ein tendenzieller Anstieg der Fallzahlen bei den weiblichen Opfern in der zweiten Hälfte des Untersuchungszeitraums zu beobachten ist.
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Die österreichische Prävalenzstudie (durchgeführt 2010) erhob, dass 40,8 % der Frauen im Alter von 16 bis 60 Jahren in den letzten drei Jahren vor der Studie psychische Gewalterfahrungen gemacht haben, 15,4 % körperliche Gewalterfahrungen, 30,5 % sexuelle Belästigung und 8,5 % sexuelle Gewalt erlebten. Körperliche Gewalt erlebten Frauen am häufigsten durch (Ex-)Partner sowie durch die eigene Mutter und den Vater. Jene Frauen die sexuelle Gewalt in den letzten drei Jahren erlebten, erfuhren diese häufig auch durch (Ex-)Partner und andere Personen aus dem nahen sozialen Umfeld, z. B. Bekannte, Freunde.
Die österreichische Prävalenzstudie (durchgeführt 2010) erhob, dass 31,8 % der Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren in den letzten drei Jahren vor der Studie psychische Gewalterfahrungen gemacht haben, 15,1 % körperliche Gewalterfahrungen, 6,2 % sexuelle Belästigung und 2,1 % sexuelle Gewalt erlebten. Körperliche Gewalt erlebten in den letzten drei Jahren Männer primär durch männlich bekannte und unbekannte Personen, männliche Freunde bzw. Bekannte sowie die Ex-Partnerin. Sexuelle Gewalt erfuhren Männer in den letzten drei Jahren primär durch Freundinnen bzw. weibliche Bekannte, Nachbarin sowie die derzeitige Partnerin.
Was ist psychische Gewalt?
Seelische oder psychische Gewalt in zwischenmenschlichen Beziehungen bleibt meist im Verborgenen. Dabei hinterlässt sie genauso schmerzhafte Spuren - diese sind nur nicht sofort sichtbar. Täter sind häufig die Partner, aber nicht ausschließlich. Auch am Arbeitsplatz, im Freundeskreis, in der Familie oder in anderen sozialen Nahräumen wie in Vereinen kommt psychische Gewalt vor. Egal wo es passiert, du bist niemals dafür verantwortlich und hast das Recht auf einen respektvollen, wertschätzenden Umgang!
Seelische Gewalt beginnt oft schleichend und steigert sich dann langsam. Eine Grenzüberschreitung hier, eine Demütigung da und langsam setzt sich die Gewaltspirale in Bewegung. Natürlich können in einem Streit auch Sätze fallen, die nicht in Ordnung sind und für welche die Streitenden sich im Nachhinein entschuldigen. Täter psychischer Gewalt gehen jedoch strategisch, gezielt und wiederholt vor. Je mehr die Macht des Täters zunimmt, desto mehr nimmt deine Selbstbestimmtheit und dein Selbstwertgefühl ab - mit gravierenden Folgen.
Formen Psychischer Gewalt
- Kontrolle/Macht: Entscheidungen werden für dich getroffen; dir wird gesagt, was du machen, anziehen, denken sollst. Oft und grundlos wird dir misstraut; dein Partner ist maßlos eifersüchtig. Ständige Kontrollanrufe; du wirst persönlich oder über das Smartphone verfolgt (auch Stalking genannt). Du hast kein eigenes Bankkonto oder keinen Zugriff auf das gemeinsame Konto. Du hast immer das Gefühl, um Erlaubnis fragen zu müssen.
- Entwertung/Herabsetzung: Du wirst angeschrien, beschimpft, mit erniedrigenden Spitznamen bedacht und mit Flüchen herabgesetzt. Deine Ideen und Gedanken werden ständig abgelehnt und klein geredet; deine Meinung zählt nicht oder wird ignoriert; du bist verunsichert und geschwächt. Alles was du machst, ist nicht gut genug; du wirst dauernd kritisiert. Deine Erfolge werden klein geredet; du wirst als unfähig und zu dumm bezeichnet.
- Soziale Isolation: Du musst ihm dein Handy überlassen; es muss immer entsperrt sein; Treffen werden ungefragt abgesagt; Treffen mit Freunden, Freundinnen oder der Familie werden dir verboten. Du wirst eingesperrt oder gezielt ausgesperrt. Deine Kontakte und Treffen werden hinterfragt; dein Freundeskreis oder deine Familie werden schlecht geredet oder als schlechter Einfluss dargestellt.
- Öffentliche Erniedrigung: Du wirst bewusst in der Öffentlichkeit erniedrigt, lächerlich gemacht; dir wird gesagt, dass du nichts richtig machst. Es werden Witze über dich gemacht; du wirst mit erniedrigenden Spitznamen bedacht; dein Aussehen wird offen kritisiert und lächerlich gemacht. Du wirst angeschrien und beleidigt.
- Drohungen/Nötigung: Dir wird mit physischer Gewalt oder anderen Konsequenzen gedroht, solltest du etwas nicht richtig machen, Hilfe suchen oder mit anderen über die Situation sprechen; du leidest unter Angstzuständen. Du musst nach seinen Regeln spielen; dir wird gesagt, dass du es alleine sowieso nicht schaffst.
- Schuldzuweisungen: Du bist schuld an seinen schlechten Gefühlen, seinem negativen Verhalten und seinen Verfehlungen. Du bist verantwortlich dafür, wenn er dich schlecht behandelt. Wenn du etwas ansprechen willst, verdirbst du nur die Stimmung; sollte die Beziehung in die Brüche gehen, dann nur durch dein Verhalten.
- Manipulation: Du wirst in der Öffentlichkeit als verrückt dargestellt; dein Umfeld wird gegen dich aufgehetzt. Deine Wahrnehmung wird als unwahr dargestellt; durch die gezielte Täuschung zweifelst du an deiner eigenen Wahrnehmung. Du wirst als verrückt bezeichnet; dir wird gesagt, du bist nicht normal; dir wird eine Therapie angeraten.
Auswirkungen psychischer Gewalt
Emotionale Gewalt kann das Eintrittstor für physische oder sexuelle Gewalt sein. Das muss nicht der Fall sein. Seelische Gewalt alleine reicht aus, um schwerwiegende psychische und physische Folgen zu verursachen. Diese reichen von sozialem Rückzug, Angstzuständen, Resignation, Schlafstörungen, Panikattacken, Depression bis hin zu Suizidgedanken. Auch psychosomatische Beschwerden oder posttraumatische Belastungsstörungen können die Folge sein.
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Rechtliche Aspekte und Scheidung
Hat ein Ehepartner eine schwere Eheverfehlung begangenen, kann der andere Ehepartner auf Scheidung aus Verschulden klagen. Unter einer schweren Eheverfehlung werden Handlungen und Unterlassungen verstanden, die sich gegen das Wesen der Ehe und die damit verbundenen Pflichten richten. Ehebruch ist einer der wichtigsten Gründe, um eine Scheidung aus Verschulden zu erzwingen. Allerdings führt er nur dann zur Scheidung, wenn der Ehebruch die Ehe unheilbar zerrüttet hat. Ein Ehebruch liegt vor, wenn es tatsächlich zu einem Geschlechtsverkehr kommt.
Wird der Partner gewalttätig, so handelt es sich um eine schwere Eheverfehlung und stellt einen Scheidungsgrund dar. Nicht notwendig ist, dass dies regelmäßig geschieht oder häufiger. Schon das einmalige Anwenden von Gewalt reicht aus, damit eine schwere Eheverfehlung vorliegt. Unter Zufügung schweren seelischen Leids werden z.B. Ordinäre Beschimpfungen in Gegenwart von familienfremden Personen bilden jedenfalls eine schwere Eheverfehlung. Ständige Rechthaberei, Nörgelei und Widerspruchssucht eines Ehegatten ebenfalls.
Betretungs- und Annäherungsverbot
Stellt die Polizei beim Einschreiten fest, dass bereits ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit stattgefunden hat, oder aufgrund bestimmter Tatsachen ein solcher stattfinden wird, so werden die einschreitenden Polizeibediensteten ein Betretungsverbot gegen die Person, von der Gefahr ausgeht, aussprechen. Mit dem Betretungsverbot ist das Annäherungsverbot an die Gefährdete/den Gefährdeten im Umkreis von 100 Metern verbunden. Das bedeutet, dass sich die Person, von der Gefahr ausgeht, der gefährdeten Person nicht näher als 100 Meter annähern darf. Von der Polizei wird auch das örtlich zuständige Gewaltschutzzentrum verständigt.
Das polizeiliche Betretungs- oder Annäherungsverbot gilt für die Dauer von 14 Tagen für die Wohnräumlichkeit, wo eine Person, von der Gefahr ausgeht, wohnhaft ist, und in einem Umkreis von 100 Metern. Das Annäherungsverbot bezieht sich auf die gefährdete oder die gefährdeten Personen und ebenfalls auf einen Umkreis von 100 Metern.
- Öffnen Sie unter keinen Umständen dem oder der Weggewiesenen die Wohnungstüre.
- Das Betretungs- und Annäherungsverbot gilt für 14 Tage. Man kann aber innerhalb dieser Frist beim örtlich zuständigen Bezirksgericht einen Antrag auf einstweilige Verfügung stellen. Durch diesen Umstand verlängert sich das Betretungs- und Annäherungsverbot für längstens weitere 14 Tage bzw.
Was tun bei psychischer Gewalt?
Entscheidend ist, dass es keine Rechtfertigung für Gewalt gibt, und ein sofortiges Handeln weitere Leiden unterbinden kann. Sie kennen Ihren Partner/Ihre Partnerin am besten und können das Verhalten besser als jede andere Person einschätzen. Wenn Sie merken, dass sich der Gemütszustand Ihres Partners/Ihrer Partnerin ins Negative verändert und Sie nicht beruhigend einwirken können, kontaktieren Sie eine Helpline (Gewaltschutzzentrum 0800 700 217, Frauenhelpline 0800 222 555 oder Männerinfo 0800 400 777).
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Sollte es zu Gewalt kommen, oder wenn Sie eine Gewaltausübung befürchten, verständigen Sie unverzüglich die Polizei über den Polizeinotruf 133 (SMS: 0800 | 133 133) oder Euronotruf 112. Bedenken Sie, dass der Gefährder/die Gefährderin Ihren Anruf eventuell bemerken bzw. hören könnte, begeben Sie sich an einen sicheren Ort (z. B.
Zögern Sie nicht, begeben Sie sich an einen sicheren Ort (z. B. versperrbarer Raum oder die Wohnung verlassen) und verständigen Sie den Polizeinotruf 133 oder Euronotruf 112. Beim Anruf sollten Sie zuerst die Adresse oder den Aufenthaltsort mitteilen, dann kurz den Vorfall schildern und erst am Ende Ihre persönlichen Daten bekanntgeben.
Hilfsangebote
- Gewaltschutzzentrum: 0800 700 217
- Frauenhelpline: 0800 222 555
- Männerinfo: 0800 400 777
- Kindernotruf: 147
Sie können sich jederzeit direkt an ein Gewaltschutzzentrum oder an eine Helpline wenden. Gewalt in der Privatsphäre hat viele unterschiedliche Erscheinungsformen und kommt in allen Altersklassen sowie Bildungs- und Gesellschaftsschichten vor. Wenn es zu gewalttätigen Übergriffen kommt, wird die Polizei bei jeder Verständigung von Gewalt in der Privatsphäre dieser sofort nachgehen und die entsprechenden Maßnahmen zum Schutz der Opfer treffen.
Schauen Sie nicht weg - zeigen Sie Zivilcourage! Viele Straftaten werden von Zeugen bzw. Zeuginnen wahrgenommen. Auch wenn Sie nicht sicher sind, was passiert ist, oder glauben, dass Sie nichts Wichtiges gesehen haben: Jeder Hinweis, jede Beobachtung kann helfen und retten.
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