Forensische Psychiatrie in Rheinland-Pfalz: Einrichtungen, Diagnostik und Pädagogische Arbeit

Die forensische Psychiatrie spielt eine wichtige Rolle bei der Behandlung und Betreuung von psychisch kranken Straftäter*innen. In Rheinland-Pfalz gibt es verschiedene Einrichtungen, die sich dieser Aufgabe widmen. Dieser Artikel beleuchtet einige Aspekte der forensischen Psychiatrie in Rheinland-Pfalz, einschließlich diagnostischer Verfahren und pädagogischer Interventionen.

Sozialpädagogische Diagnostik und Fallverstehen

Die sozialpädagogische Diagnostik und das Fallverstehen bilden die Grundlage für die Betreuungsplanung. Dabei ist es wichtig, Übertragungs- und Gegenübertragungsreaktionen zu verstehen. Die Bedeutung des Aufnahmeprozesses als entscheidendes und kritisches Lebensereignis für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und deren Eltern zu erkennen und diesen individuell angepasst zu gestalten, ist ein wichtiger Bestandteil.

Bestandteile der Betreuungsplanung

  • "Diagnostikbereiche" und ausdifferenzierte Betreuungsbereiche im Betreuungsplan
  • Schritte der Betreuungsplanung: Erarbeitung von Zukunftswünschen, Zielen und pädagogische Angebote/Handlungsschritte mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen
  • Verstehen der Belastungen und traumatische Wirkungen von (oftmaligen) Beziehungsabbrüchen und Trennungserfahrungen bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen und Konsequenzen für die pädagogische Praxis.
  • Praktische und methodisch fundierte Übungen zu Ankommens- und Abschiedsritualen in Einzel- und Gruppensettings.

Die Studierenden sind in der Lage, die Bedeutung des Aufnahmeprozesses als entscheidendes und kritisches Lebensereignis für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und deren Eltern zu erkennen und diesen individuell angepasst zu gestalten.

Studierende sind in der Lage, unterstützende (verbale und non-verbale) Kommunikationsangebote für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Eltern, zur Bearbeitung ihrer Widerstände oder ihrer Trauer über die stationäre Unterbringung, zu initiieren und etwaige Übertragungs- und Gegenübertragungsreaktionen zu analysieren.

Studierende kennen die Bedeutung von Übergängen wie Ankommen, Abschied, Trennung, Urlaubszeiten und können daraus pädagogisch förderliche Ableitungen für die Praxis vornehmen.

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Studierende können emotionale Verunsicherungen bei bevorstehenden Übergängen mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen thematisieren und davon entsprechende Unterstützungsangebote ableiten, sowie sie die Heranwachsenden gezielt in ihrer Weiterentwicklung bzgl. Alltags- und Lebenskompetenzen fördern, ihnen schrittweise entwicklungsadäquate Verantwortung übertragen und Experimentierräume eröffnen.

Studierende sind in der Lage, mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen Zukunftsperspektiven für die Zeit nach dem Auszug aus der Einrichtung zu entwickeln und verfügen über entsprechende methodische Kenntnisse und Gesprächskompetenzen, sowie diese auch in Bezug auf Care Leaver Anwendung finden.

Psychosoziale Diagnostik

Die psychosoziale Diagnostik umfasst Möglichkeiten und ausgewählte Verfahren in der sozialpädagogischen Praxis. Es werden sozialpädagogische Hypothesen gebildet und Befunde und Gutachten aus der Praxis betrachtet.

Studierende können wichtige "Diagnostikbereiche", gebräuchliche Kategoriesysteme unterschiedlicher Verfahren des psycosozial-diagnotischen Fallverstehens, sowie unterschiedliche Methoden der Informationssammlung benennen und daraus Konsequenzen für die Praxis ableiten.

Studierende sind in der Lage, psychologische/psychiatrische Befunde oder Gutachten, im Kontext der jeweiligen SItuation, verstehend einzuordnen und ihre eigenen Haltungen dazu zu reflektieren.

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Studierende können Hypothesen, über die Ausgangslage, Bedürfnisse und Hilfebedarfe von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf Basis gesammelter Informationen und der gemeinsamen Gespräche, bilden.

Studierende können Formen und Mögllichkeiten der alters- und entwicklungsadäquaten Beteiligung, von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Aufnahmeprozess und der Betreuungsplanung nennen und anwenden.

Studierende sind in der Lage, Betreuungsziele und deren Zielerreichung prozesshaft mit betroffenen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu evalieren und fallspezifisch zu adaptieren.

Dokumentation in der Kinder- und Jugendhilfe

Dokumentationen dienen verschiedenen Zwecken und richten sich an unterschiedliche Adressat*innen, wie Kinder- und Jugendhilfe oder Bewohner*innenvertretungen. Qualitätsmerkmale von Dokumentationstexten sind von Bedeutung, ebenso wie besondere Merkmale und Fallstricke von Dokumentationen in der Kinder- und Jugendhilfe.

Studierende können verschiedene Zwecke, Ziele sowie Zielgruppen von Dokumentationen nennen.

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Studierende kennen grundlegende Qualitätsmerkmale von Dokumentationstexten und können diese benennen und in der Praxis umsetzen.

Studierende wissen um die Bedeutung und verschiedenen Möglichkeiten beteiligungsorientierter Dokumentationsverfahren, mit Blick auf Einbeziehung von Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen und deren Eltern.

Studierende sind in der Lage, die Qualität von Dokumentationstexten mit Blick auf zentrale Zwecke, Zielgruppen und Qualitätsmerkmale zu analysieren.

Studierende sind in der Lage, Herausforderungen beim Verfassen von Dokumentationstexten zu erkennen und können diese bei egenen und fremden Dokumentationstexten erörtern.

Beziehungsgestaltung in der Sozialpädagogik

Die Beziehung zwischen sozialpädagogischen Fachkräften und den betreuten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist von großer Bedeutung. Dabei spielt die Reflexion und das Verständnis der Beziehung, vor allem auch zu Menschen unterschiedlicher Kulturkreise, eine wichtige Rolle.

Absolvent*innen sind in der Lage, die Bedeutung der Beziehung von sozialpädagogischen Fachkräften zu den betreuten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen(vor allem auch unterschiedlicher Kulturkreise) zu reflektieren und zu verstehen.

Absolvent*innen können die Möglichkeiten und Grenzen entwicklungsförderlicher professioneller Beziehungsgestaltung im Kontext der stationären Kinder- und Jugendhilfe, in Einzel- und Gruppensettings zu reflektieren und zu vertiefen.

Absolvent*innen sind in der Lage, die Bedeutung von förderlichen Beziehungsangeboten in und außerhalb der Betreuungsdyade für die emotionale und psychische Stabilisierung und (Weiter-) Entwicklung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu erkennen und bieten Möglichkeiten zur Unterstützung dieser in der Entwicklung neuer tragfähiger Beziehungsmöglichkeiten.

Absolvent*innen sind in der Lage, deeskalierende Interventionen bei eskalierende Interaktionen anzuwenden und präventiv bei Kontrollverlusten und Übergriffen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen entwicklungsförderlich zu agieren.

Herausfordernde Beziehungsdynamiken, speziell bei Heranwachsenden anderer Kulturkreise, können reflektiert und entwicklungsförderliche Entwicklungsimpulse abgeleitet werden. Es ist wichtig, mit Machtverhältnissen anhand von konkreten Betreuungssituationen förderlich umzugehen.

Deeskalation und Gewaltprävention

Der Umgang mit Grenzverletzungen, Übergriffen und Gewalt ist ein wichtiger Aspekt in der forensischen Psychiatrie. Hierzu gehören Definitionen, Möglichkeiten und Methoden der Selbst- und Fremdberuhigung, Deeskalationshaltungen und Grundlagen von ausgewählten Deeskalationsmodellen.

Pädagogik in der Forensik

Die Bildungsarbeit im Maßregelvollzug ist ein wichtiger Bestandteil der Rehabilitation von psychisch kranken Straftäter*innen. Obwohl die Notwendigkeit und Effektivität von intramuraler Bildungsarbeit anerkannt sind, fehlt es an einem einheitlichen pädagogischen Hilfskonzept und ausführlichen Erfahrungsberichten aus der Praxis. Das Handbuch des Bundesverbands Pädagogik in der Forensik (MRV) e. V. möchte diese Lücke schließen und die Vielfalt der intramuralen pädagogischen Arbeit im MRV sichtbar machen.

Über das Handbuch des Bundesverbands Pädagogik in der Forensik

Aspekt Details
Titel Pädagogik in der Forensik - Zetsche, Oliver T.; Johanning, Florian; Lasthaus, Michael; Gonzalez-Casin, Luis
ISBN/EAN 978-3-7344-1519-7
Autoren Florian Johanning, Michael Lasthaus und Luis Gonzalez-Casin sind im Bundesverband Pädagogik in der Forensik (MRV) e. V.
Inhalt Praxisbezogene Einblicke in die Bildungsarbeit im Maßregelvollzug
Ziel Stärkung der arbeitspolitischen Wahrnehmung der in der Forensischen Psychiatrie und Maßregelvollzug tätigen Pädagog·innen

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