Essstörung und Depression: Ein umfassender Überblick über Behandlungsmöglichkeiten

Essen ist unser alltäglicher Begleiter und fester Bestandteil unseres Lebens. Umso mehr belastet es das Wohlbefinden, wenn das Verhältnis zum Essen auf irgendeine Art und Weise gestört ist. Bei Menschen mit einer Essstörung steht das Essen im Lebensmittelpunkt. Die Gedanken und das Verhalten kreisen ständig um das Thema Essen und Gewicht. Es kommt unter anderem zu Nahrungseinschränkung oder unkontrollierten Essanfällen. Zudem ist das Verhältnis zum eigenen Körper beeinträchtigt.

Essstörungen sind psychosomatische Erkrankungen: Bei einer Essstörung kreisen die alltäglichen Gedanken zwar rund ums Thema „Essen“, dabei entsteht das krankmachende Essverhalten erst durch seelische Probleme. Meist beginnen Essstörungen bereits im Kindes- und Jugendalter mit einer zweiten Hochphase um das 20. Lebensjahr. Sehr häufig (ca. 50%) leiden unter einer weiteren psychischen Erkrankung wie z.B. Depression oder Angststörung.

Es gibt unterschiedliche Anzeichen, die auf eine Essstörung hindeuten können. Diese haben nicht alle direkt mit dem Thema „Essen“ zu tun. Es beginnt bereits damit, dass die Gedanken sich intensiver mit dem Thema „Essen“ und allem drumherum beschäftigen. Je nach Ausgang der Gedanken kann es dazu führen, dass Mahlzeiten ausgelassen werden und gemeinschaftliches Essen vermieden wird. Es kann genauso gut vorkommen, dass unkontrollierte Essattacken auftreten, dass heimlich gegessen wird oder dass der Fokus der Ernährung sich verändert, z. B. Die Geschwindigkeit beim Essen kann sich verändern: besonders langsame vs. Das Körpergewicht und der Körperumfang werden häufiger kontrolliert. Betroffene fühlen sich in ihrer eigenen Haut nicht mehr wohl, weil sie sich z. B. als „zu dick“ ansehen und teilweise glauben, dass die Menschen gegenüber auch der Meinung sind. Es entsteht eine Angst zuzunehmen und der eigene Körper oder bestimmte Körperteile werden abgelehnt. Wird z. B. heimlich gegessen, kann der Grund dafür sein, dass sich die betroffene Person davor schämt vor anderen Menschen zu essen. Ein möglicher Gedanke dabei wäre: „Bestimmt denken sie sich, dass ich zu dick bin und gar nichts essen sollte“. Es kann außerdem zu Ekelgefühlen kommen, die beim Anblick von Essen entstehen oder gar Ekelgedanken, die entstehen, um Essen unappetitlich zu finden. Genauso sind Ekelgefühle sich selbst gegenüber möglich. Bereits während gegessen wird oder danach verschwinden Betroffene im Badezimmer, um sich selbst zum Übergeben zu bringen. Die Nahrung, die eben aufgenommen wurde, soll nicht im Körper bleiben. Betroffene können gereizter in bestimmten Situationen reagieren.

Arten von Essstörungen

Insgesamt gibt es drei bekannte Arten von Essstörungen und eine zusätzliche:

  • Magersucht (Anorexia nervosa): Bei einer Magersucht, auch als Anorexia nervosa bekannt, besteht bei den Betroffenen ein verzerrtes Bild des eigenen Körpers. Sie empfinden sich als „zu dick“ oder „unförmig“, dabei sind sie bereits untergewichtig oder erleiden gerade einen starken Gewichtsverlust. Es entsteht Verwirrung, wenn eine außenstehende Person etwas sagt wie „Du bist viel zu dünn“. Typisches Verhalten bei Magersucht ist die Einhaltung strikter Regeln bei der Nahrungsaufnahme, z. B.
  • Bulimie (Bulimia nervosa / Ess-Brechsucht): Bei einer Bulimie, oder auch Bulimia nervosa / Ess-Brechsucht, nehmen Betroffene große Portionen von Nahrung in sehr kurzer Zeit auf. Hierbei handelt es sich um eine unkontrollierbare Nahrungsaufnahme. Allerdings werden nach dem Essen bereits Schritte eingeleitet, um das Gewicht, bzw. die eben aufgenommene Nahrung, schnell wieder zu loszuwerden. Darunter bspw. das selbst herbeigeführte Erbrechen oder das Treiben von übermäßig viel Sport.
  • Binge-Eating-Störung: Bei einer Binge-Eating-Disorder / Binge-Eating-Störung handelt es sich um regelmäßige Essattacken mit Kontrollverlust. Betroffene nehmen, wie bei der Bulimie, sehr schnell sehr viel Nahrung auf. Häufig kommt es vor, dass Betroffene stundenlang nicht mehr aufhören können zu essen. Ein Hungergefühl haben sie dabei nicht. Ein Stopp gibt es erst bei einem unangenehmen Völlegefühl.
  • ARFID (Avoidant-restrictive food intake disorder): Bei ARFID (= Avoidant-restrictive food intake disorder) handelt es sich um eine restriktive Essstörung / um vermeidendes Essverhalten. Das selektive Essverhalten macht sich bemerkbar durch wichtige Kriterien der Betroffenen an Lebensmittel, z. B. an die Form, die Farbe oder den Geruch. Alle Lebensmittel, bei denen die Kriterien nicht erfüllt werden, werden vermieden.

Symptome der Bulimie

Bulimie Symptome sind u. a.

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  • Häufige Episoden von Essattacken.
  • Während der Attacken nehmen Betroffene große Mengen an Nahrung in sehr kurzer Zeit auf.
  • Dauernde gedankliche Beschäftigung mit Essen.
  • Zwang zu essen, Gier nach Essen.
  • Selbstwahrnehmung als zu dick.
  • Furcht, übergewichtig zu werden.
  • Gegensteuerung der gesteigerten Nahrungsaufnahme. Zum Beispiel durch selbst herbeigeführtes Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln, Hungern, Verwendung von Appetitzüglern.

Folgen der Bulimie

Die Folgen von häufigem Erbrechen können mitunter lebensbedrohlich sein. Dabei kann es zu Störungen im Wasserhaushalt, der Nierenfunktion sowie zu Herzrhythmusstörungen kommen. Auch eine Entzündung der Speiseröhre oder ein Einreißen des Magens ist möglich. Die Einnahme großer Nahrungsmengen sowie Missbrauch von Medikamenten können zu Störungen der Verdauung und des Stoffwechsels führen. Betroffene mit Bulimie haben meist ein eher niedriges Gewicht bzw. sind untergewichtig. Das Gewicht kann aber auch leicht erhöht sein.

Symptome der Anorexie

Ein wesentliches Kennzeichen von Anorexie ist der Gewichtsverlust. Dieser ist von betroffenen Personen selbst herbeigeführt. Das zu erreichende Gewicht ist von Betroffenen sehr niedrig angesetzt. Bei Kindern kommt es zu fehlender Gewichtszunahme. Der massive Gewichtsverlust bzw. das Untergewicht führen zu vielen körperlichen Veränderungen, die lebensbedrohlich sein können. Unter anderem kommt es zu Veränderungen im Stoffwechsel, verlangsamtem Herzschlag oder erniedrigtem Blutdruck.

Weitere Symptome sind:

  • Störungen im weiblichen oder männlichen Hormonstoffwechsel: bei Frauen Ausbleiben der Regelblutung (Amenorrhoe), bei Männern mangelnde Lust und Verlust der Potenz.
  • Beginnt die Anorexie vor der Pubertät, ist die weitere Entwicklung gehemmt oder verzögert. Es kommt zum Beispiel zum Wachstumsstopp oder dem Ausbleiben der ersten Menstruation.

Diagnose von Essstörungen

Die Ärztin oder der Arzt erhebt die ausführliche Krankengeschichte (Anamnese). Zudem erfolgt eine körperliche Untersuchung. Auch eine neurologische Untersuchung kann notwendig sein. Bei Kindern und Jugendlichen achtet die Ärztin oder der Arzt auch darauf, ob eine altersgemäße Entwicklung stattfindet. Zudem finden je nach Ausprägung der Symptome noch weitere Untersuchungen statt.

Laboruntersuchungen: Zum Beispiel Elektrolyte, Nieren- und Leberwerte und Urinuntersuchung. Informationen zu Laborwerten finden Sie in der Laborwerte-Tabelle. Bei Anorexie ist das Risiko für Osteoporose erhöht. Daher kann auch eine Knochendichtemessung notwendig sein. Zudem können klinische Psychologinnen bzw. klinische Psychologen oder Psychotherapeutinnen bzw. Psychotherapeuten bei der Diagnosestellung mitwirken.

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Für die Diagnosestellung einer Bulimie müssen Essattacken in einem Zeitraum von drei Monaten mindestens zweimal pro Woche auftreten. Zudem schließt die Ärztin oder der Arzt andere Essstörungen bzw. Erkrankungen als Ursache für die Symptome sowie mögliche Gewichtsveränderungen aus. Zum Beispiel Anorexie, Binge-Eating-Störung oder Diabetes.

Behandlung von Essstörungen

Die Grundpfeiler der Behandlung sind eine fundierte medizinische Abklärung, ernährungstherapeutische Unterstützung und vor allem eine Psychotherapie. Die Therapie wird auf die Patientin bzw. den Patienten abgestimmt.

Im Rahmen einer psychologischen Beratung informieren PsychologInnen in erster Linie über die Erkrankung, ihre Ursachen, Auslöser, Folgen sowie Risiken, und legen Ziele für eine Behandlung fest. Klinisch-psychologische Diagnostik bestimmt den Schweregrad der Erkrankung und sammelt Informationen, ob eventuell eine weitere Begleiterkrankung (Depression, Suchtverhalten, Ängste, Borderline Persönlichkeitsstörung, selbstverletzendes Verhalten.. ) vorliegt.

In einer Psychotherapie (z.B. Verhaltenstherapie oder Systemische Familientherapie) lernen Betroffene, ihre Gefühle und ihr Verhalten zu verstehen und zu regulieren. Auch der Umgang mit möglichen Rückfällen ist Teil der Behandlung. Eine Ernährungsberatung hilft, die Ernährung wieder ausgewogen zu gestalten. Ein Aufenthalt in einem Krankenhaus ist erforderlich, wenn die Erkrankung schwer verläuft. Die Behandlung im Krankenhaus orientiert sich an dem aktuellen Gesundheitszustand der betroffenen Person.

Bei der Behandlung von Bulimie kommt vor allem Psychotherapie (z.B. Verhaltenstherapie) zum Einsatz. In der Behandlung der Bulimie geht es zunächst darum, den Teufelskreis von Essanfällen und Diäten zu unterbrechen. Auch das Erlernen von Entspannungstechniken kann hilfreich sein (z.B. Progressive Muskelentspannung nach Jacobson). In einer sogenannten Psychoedukation lernen Menschen mit Bulimie, die Erkrankung zu verstehen. Eine Ernährungsberatung unterstützt bei der Umsetzung eines geregelten Essverhaltens. Die Ärztin/der Arzt kann Medikamente aus dem Bereich der Therapie von Depressionen verschreiben. Vor allem den Wirkstoff Fluoxetin. Dieser unterstützt die Besserung der Symptome der Heißhungerattacken oder des Erbrechens. Allerdings sollte begleitend eine Psychotherapie stattfinden. Mögliche körperliche Folgeerscheinungen zu lindern ist ebenso wesentlich. Es kann zudem sinnvoll sein, nahestehende Bezugspersonen in die Therapie miteinzubeziehen.

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Essstörungen sind unbedingt psychotherapeutisch über längere Zeit (mehrere Monate bis wenige Jahre lang) zu behandeln. Sowohl ambulante als auch tagesklinisch/rehabilitative und (vorübergehend) auch stationäre - möglichst spezialisierte - Einrichtungen sind für eine erfolgreiche Behandlung notwendig.

Ambulante und stationäre Einrichtungen zur Behandlung von Essstörungen in Österreich

Folgend finden Sie eine Auflistung von ambulanten und stationären Behandlungszentren für Essstörungen in Österreich (geordnet nach Bundesländern). Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

  • Prof. Dr. Michael Ossege, Ass.Prof. Dr. Assoc. Prof. Dr. Dr. Karl AbleidingerLeitung (Stationäre Psychotherapie für Erwachsene): Prim. Dr. Birgit Heigl-Steinhauser
  • Ambulante und stationäre Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Essstörungen bzw. Kompetenzzentrum für Menschen mit Essstörungen (Standorte Mödling & St. Pölten)
  • Beratung, Diagnostik und ambulante Behandlung von Essstörungen bei Jugendlichen und Erwachsenen
  • Standort Mödling: Bahnstraße 4, A-2340 Mödling
  • Standort St. Pölten: Grenzgasse, A-3100 St. Essstörungen)Kaplanhofstraße 1A-4020 Linz0677 99 02 04 72Mo, Do, Fr 9.00 - 12.00 Uhr, Di, 13.00 - 16.00 Uhr, Mi 15.00.

Weiters können Selbsthilfegruppen Betroffene bei der Bewältigung der Situation unterstützen und bieten die Möglichkeit zum gegenseitigen Austausch.

Sie können zudem zuerst Ihre Ärztin oder Ihren Arzt für Allgemeinmedizin kontaktieren und über über diesen Weg gezielte Ansprechstellen finden. Auch klinische Psychologinnen bzw. Psychologen können in die Diagnose und Behandlung mit einbezogen sein.

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Letzte Aktualisierung: 13. Prim.

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