Burnout kann beinahe alle Menschen in den verschiedenen Berufen (von Hausfrau bis zum Manager bzw. Managerin) treffen, meistens wenn in unserer Leistungsgesellschaft - die Identität über Leistung definiert - die Anerkennung für Einsatz ausbleibt. Als Familienmanagerin (Hausfrau) steht man oft unter dem selben Druck, wie ein Konzernmanager! Da ist es naheliegend, dass auch Familienmanagerinnen Burnout-gefährdet sind. Viel Stress auf der Arbeit, zu Hause Partner und die Kinder die an Dir nagen, und dann hast Du nicht mal mehr Zeit für Deine Freunde oder gar für Dich selbst. Du fühlst Dich völlig ausgebrannt?
Was ist Burnout?
Burnout im psychologischen Sinne ist eine Metapher, eine bildliche Umschreibung für einen bestimmten Zustand. In erster Annäherung lässt sich sagen, dass Burnout da eintritt, wo ein Mensch über lange Zeit zu viel Energie abgibt bei ungenügendem Energienachschub. Zum Problem wird es dadurch, dass Betroffene in der Regel nicht merken, dass sie schon länger nicht mehr ausreichend „nachladen“. Stattdessen arbeiten sie immer weiter in der vorgegebenen Richtung. Betroffene merken schon, dass irgendetwas nicht stimmt und dass es ihnen nicht gut geht. Sie denken nur meist, dass sie das durch noch größere Anstrengungen in den Griff bekommen können. Idealismus, Arbeitseifer und Begeisterung verwandeln sich in einen Zustand chronischer Erschöpfung. Das geschieht oft über Jahre und in mehreren Phasen.
Für ein psychisches Syndrom ist der Begriff Burnout noch gar nicht alt. 1974 benutzte ihn der deutsch-amerikanische Psychoanalytiker Herbert Freudenberger als erster, gleichzeitig Ginsburg. Eine medizinische Diagnose im eigentlichen Sinne ist er weiterhin nicht, auch wenn Burnout immer zu psychischen Störungen wie Depressionen, Ängsten oder psychosomatischen Symptomen hinführt. Im Sinne der jetzigen, phänomenologisch orientierten ICD-10 lässt sich Burnout mit seiner symptomatologischen Vielfalt nicht objektiv und reliabel genug erfassen (ähnlich wie die „neurotische Depression“ oder eine „Persönlichkeitsorganisation auf Borderline-Niveau“). Aber auch Messinstrumente, die anstelle äußerer Symptome die subjektive Wahrnehmung erheben, haben bis heute größere Schwierigkeiten bezüglich der Validität. Hier haben sich vor allem das Maslach Burnout Inventory und das Tedium Measure durchgesetzt. Die Validitätsprobleme der letztgenannten Inventare scheinen vor allem darin begründet zu sein, dass die eigentlichen Ursachen eines Burnout-Syndroms in der Regel unbewusst sind. Ähnliche Schwierigkeiten würden sich auftun, versuchte man, die neurotische Depression trennscharf mit einem Patientenfragebogen zu erfassen.
Burnout-Symptome
Burnout ist eine Metapher für einen überwiegend unbewussten inneren Prozess, der zu einer Vielfalt von Störungsbildern hinführt. Entsprechend schwierig ist es, das Burnout-Syndrom auf der phänomenologischen Ebene zu erfassen. Ebenso gibt es Validitätsprobleme bei Patienteninventaren, da diese unbewusste Mechanismen nicht direkt erfragen können. Insofern bietet sich, auch im Hinblick auf effektive therapeutische Arbeit, eine psychodynamische Konzeptualisierung der Störung an, wie sie hier vorgestellt wird. Die unbewusste Sehnsucht nach väterlicher Anerkennung, mütterlicher Zuwendung oder die Umweltbedingungen der Kindheit werden als „innere Antreiber“ vorgestellt, die gemeinsam mit den äußeren Bedingungen der Erwachsenenwelt ein Burnout-Geschehen in Gang setzen können.
Der Erschöpfungszustand ist gekennzeichnet durch Antriebs- und Leistungsschwäche, Gedächtnisstörungen, Niedergeschlagenheit und Müdigkeit. Häufig betroffen sind Menschen, die an sich besonders hohe Anforderungen stellen und über einen langen Zeitraum viel Engagement in ihre Tätigkeit investieren. Sie brennen aus, wenn sie gleichzeitig längst nicht im erwarteten Maß Erfolg und Anerkennung erhalten.
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Schon in der Anfangsphase eines Burnout zeigen sich psychosomatische Symptome. Dazu gehören, dass Infektionskrankheiten häufiger auftreten, ebenso Schlafstörungen, Kreislaufbeschwerden, Verspannungen und Verdauungsbeschwerden. Oft kommt es zu einer schnellen Gewichtszunahme, weil Menschen nicht mehr auf ihre Gesundheit achten und im Essen auch unbewusst Trost und Verwöhnung suchen. Wer raucht, tut dieses stärker, ebenso steigt der Alkoholkonsum.
Kategorien des Burnout nach Burisch
Am Anfang eines Burnout-Prozesses steht normalerweise ein Überengagement. Egal ob es dabei um Engagement für ein Ziel, eine Idee, für Klienten, Patienten, Schüler geht oder um berufliche Karriere. Nun gibt es allerdings durchaus die Möglichkeit, dass sich Menschen über Jahre und mit allen Anzeichen dafür, dass sie sich gut dabei fühlen, stark für eine Sache engagieren. Das Engagement an sich scheint es noch nicht zu sein. Ein Burnout-Prozess beginnt erst da, wo investierte Energie nicht erneuert wird. Das heißt, dass Burnout dort beginnt, wo es ein Missverhältnis gibt zwischen Idealen und Möglichkeiten, zwischen Anstrengungen und Erfolgen, zwischen positiven und negativen Rückmeldungen. Burnout entsteht also nicht da, wo Belastungen auf Menschen zukommen, sondern wo diese Belastungen in Form von chronischem Distress ertragen werden müssen. Ein Burnout-Kandidat würde nun aber in dieser ersten Phase nicht in den Rückzug gehen, sondern er geht vom Prinzip aus: „Viel hilft viel.“ Das heißt, er würde seine Anstrengungen erhöhen.
Insbesondere gilt das für psychosomatische Reaktionen. Von ihrer Arbeit frustrierte Menschen entwickeln einen Überdruss ihrer Tätigkeit gegenüber. Wo Mitarbeiter das Gefühl haben, dass es die Firma ist, die ihnen die Erfolge versagt, gehen sie in die „innere Kündigung“. Betroffene versuchen dann z. B. nörgelnd und pessimistisch selbst die kleinsten Veränderungen in ihrem Einflussbereich zu behindern. Oder sie haben immer wieder Wutausbrüche gegenüber Untergebenen, Kollegen oder eigenen Familienangehörigen.
Im fortgeschrittenen Burnout-Prozess sind Menschen dann auch immer weniger in der Lage, äußere Anforderungen zu erfüllen. Das beginnt mit zunehmenden Flüchtigkeitsfehlern und vergessenen Terminabsprachen und führt zu einem völligen Abbau der Kreativität. In dieser Phase kommt es nicht nur zu einer beruflichen Erstarrung, sondern zu einer generellen Verflachung des emotionalen, sozialen und geistigen Lebens. Das hat weitere Folgen. Wenn ein Mensch anderen kein wirkliches, tiefes Interesse mehr entgegenbringen kann, ihnen nicht mehr seine ganze Aufmerksamkeit schenken kann, ziehen diese sich auch von ihm zurück. Im Extremfall betrifft das auch die Partnerschaft.
Das ist sozusagen das Burnout-Endstadium. Das anfangs noch äußerlich begründete Gefühl der Hilflosigkeit hat sich zu einem chronischen Gefühl der Hoffnungslosigkeit verdichtet. Nun führt ein Burnout-Syndrom glücklicherweise meist nicht bis in dieses Stadium. Wenn vorher schon heftige Krisen eintreten, beinhalten diese auch die Chance, dass Betroffene wieder aus dem Burnout herausfinden, wenn auch die Krisen selbst als hochgefährlich in Bezug auf Suizid gelten müssen. Entwickelt sich aber - wie beschrieben - tatsächlich über Jahre solch ein chronifizierter Burnout-Endzustand, ist Hilfe nur noch sehr schwer möglich.
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Hier eine Übersicht der Kategorien nach Burisch:
Phase | Symptome |
---|---|
Anfangsphase | Warnsymptome, Reduziertes Engagement |
Fortgeschritten | Emotionale Reaktionen: Wer hat Schuld? |
Abbau | Verflachung |
Endstadium | Psychosomatische Reaktionen, Verzweiflung |
Ursachen für Burnout
Bemerkenswerterweise geraten manche Personen in einer bestimmten beruflichen oder sozialen Umgebung in einen Burnout, während andere - in gleicher Umgebung - keine Ansätze dafür zeigen. Insofern möchte ich jetzt, aus tiefenpsychologischer Perspektive, der Frage nachgehen, welche spezifischen Gründe es dafür geben kann, dass Menschen ein Burnout-Syndrom entwickeln. Ein erwachsener Mensch bestimmt selbst, in welcher Umgebung er sich dauerhaft aufhält, also welchen äußeren Antreibern er sich aussetzt, und auch, was er erlernt, also wie gut er sich für eine Tätigkeit ausrüstet. Es geht im Tiefsten immer um die Wünsche, anerkannt und gemocht zu werden. Allerdings ist das den Betroffenen kaum bewusst. Dass solche Wünsche so mächtig werden können, hat immer mit Versagungssituationen in der Kindheit zu tun.
Es kann um eine in der Kindheit offengebliebene Sehnsucht nach Anerkennung durch den Vater gehen. Der war vielleicht viel zu sehr mit der eigenen Arbeit beschäftigt, als dass er für die Kinder angemessen hätte präsent sein können. Vielleicht war er auch aus einer Selbstunsicherheit heraus oft zynisch, wodurch die Kinder sich klein und lächerlich gemacht fühlten. Viele Menschen versuchen nicht nur in der Kindheit, sondern ihr ganzes Leben hindurch noch, diese Sehnsucht nach väterlicher Anerkennung zu füllen: durch besondere Erfolge, durch Erreichen offizieller Anerkennung, durch Karriere. Aber es reicht nie.
Es kann auch um einen empfundenen Mangel an mütterlicher Zuwendung gehen. Das wäre dann der Aspekt des Gemocht-werdens. Vielleicht war die Mutter überfordert, selbst an ihrer Grenze und hatte deshalb nur selten ein Lächeln für das Kind übrig und keine richtige Aufmerksamkeit diesem gegenüber. Manche Mütter lehnen ihre Kinder auch bewusst oder unbewusst ab. Das macht die Situation für das Kind noch extremer. Auf diesem Hintergrund könnte ein Mensch z. B. eine Helferpersönlichkeit entwickeln. Indem er anderen hilft, sichert er sich deren Wertschätzung und Liebe, was ja sein offengebliebenes Hauptbedürfnis ist. Weil der Bedarf aber nicht gestillt werden kann, muss er sich immer wieder und immer mehr von dieser Droge holen. Das Helfen wird zur Sucht.
Auch die äußeren Umstände bewirken viel.
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Prävention und Bewältigung
Was kannst Du tun, damit gar nicht erst Burnout-Symptome entstehen?
- Körperliche Aktivitäten ohne Leistungs- und Zeitvorgaben unternehmen.
- Tägliche Pausen für mehr Ruhe, Entspannung und Rückzug einlegen.
- Gesunde Schlafhygiene pflegen.
- Zeitfenster und Alltagsroutinen einplanen für Partner, Freunde, Familie, Hobbys und Herzensangelegenheiten.
- Entspannungstechniken lernen.
- Gesundheitsbewusste Lebensgestaltung führen.
- Stressbewältigungsstrategien lernen und Work-Life-Balance umsetzen (z. B. Zeitmanagement, Nein-Sagen lernen).
Für eine Therapie ist elementar wichtig, dass zwischen einem Burnout-Syndrom und einer Depression unterschieden wird. Für die Diagnose ist in erster Linie das persönliche Gespräch zwischen Ärzt:in und Patient:in (Anamnese) relevant. Nachdem ein Arzt oder die Ärztin die Diagnose Burnout gestellt hat, wird eine individuelle Therapie in Zusammenarbeit mit dem Betroffenen zusammengestellt. Generell besteht bei einem Burnout die Möglichkeit einer ambulanten oder stationären Behandlung in einer Klinik.