Bundesverband Psychisch Kranker: Aufgaben und Angebote

Psychische Gesundheit ist wichtig für die Lebensqualität und das Wohlbefinden der Menschen. Psychosoziale Belastungen können zur Entstehung von akuten und chronischen Erkrankungen beitragen oder durch diese ausgelöst werden.

Daher sollen die Lebens- und Arbeitsbedingungen so gestaltet werden, dass sie die psychosoziale Gesundheit in allen Lebensphasen fördern. Um die psychosoziale Gesundheit sowie das Wohlbefinden der Menschen zu fördern und zu erhalten, werden ihre Lebenswelten und ihre Lebenskompetenzen durch systematische und strukturierte Maßnahmen gestaltet bzw. gestärkt.

Die Lebenswelten sowie das Gesundheits- und Sozialsystem stellen sicher, dass für psychosozial belastete Menschen, Menschen mit psychischen Erkrankungen und deren Angehörige niederschwellige, bedarfsgerechte Unterstützungs-, Versorgungs- bzw. Rehabilitationsangebote zur Verfügung stehen.

Selbsthilfeorganisationen

In den Bundesländern gibt es regelmäßig erscheinende „Selbsthilfegruppenverzeichnisse“, die Selbsthilfegruppen und -organisationen im Bundesland auflisten und Interessierten den Zugang zu diesen erleichtern. Die ÖKUSS ist bemüht, ein derartiges Verzeichnis für bundesweite Selbsthilfeorganisationen zu erstellen.

Eine bundesweite Selbsthilfeorganisation weist nach ÖKUSS-Definition folgende Eigenschaften auf:

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  • Gemeinnütziger, nichtgewinnorientierter Verein mit ehrenamtlichem Vorstand, mit Vereinssitz in Österreich.
  • Vorstand und Mitglieder setzen sich überwiegend aus von einem gesundheitlichen Problem Betroffenen und deren Angehörigen zusammen.

Die bundesweite Selbsthilfeorganisation setzt regionale und überregionale Aktivitäten sowie Aktivitäten auf Bundesebene:

  • Regional: Selbsthilfegruppen mit definierter Ansprechperson und regelmäßigen Treffen zum Erfahrungsaustausch und Informationsaustausch in mindestens drei Bundesländern (Bei Selbsthilfeorganisationen im Bereich seltene Erkrankungen reicht es, wenn die Organisation Mitglieder in drei Bundesländern hat).
  • Überregional: Die bundesweite Selbsthilfeorganisation setzt überregionale Aktivitäten in mindestens drei Bundesländern.
  • Auf Bundesebene: grundsätzliche Bereitschaft der bundesweiten Selbsthilfeorganisation zum Einbringen der Anliegen und Perspektiven der bundesweite Selbsthilfeorganisation und ihrer Mitglieder auf Bundesebene (wie Interessenvertretung als definiertes Ziel / definierte Aufgabe in den Statuten).

Die bundesweite Selbsthilfeorganisation macht ihre Organisationsstruktur und Entscheidungsstruktur sowie die Herkunft ihrer Einnahmen öffentlich zugänglich. Vor einer Veröffentlichung einzelner Selbsthilfeorganisationen im Verzeichnis bedarf es deren Zustimmung der einzelnen Selbsthilfeorganisationen.

Patientenvertretung

In einzelnen Gremien wie zum Beispiel Arbeitsgruppen, Beiräte oder Kommissionen auf Bundesebene werden Selbsthilfeorganisationen bereits als Patientenvertreterin und Patientenvertreter einbezogen. Kennen Sie ein Gremium auf Bundesebene, an dem sich Selbsthilfeorganisationen beteiligen, und das nicht hier zu finden ist?

Selbsthilfevertreter:innen waren im Rahmen der Arbeitsgruppen zur Chancengerechtigkeit und Gesundheitskompetenz bei der Entwicklung der zehn Gesundheitsziele beteiligt. Sie bilden den Handlungsrahmen für eine gesundheitsfördernde Gesamtpolitik bis zum Jahr 2032.

Im Rahmen der Arbeitsgruppe des Gesundheitsziels 9 „Psychosoziale Gesundheit bei allen Bevölkerungsgruppen fördern“ wurde die „Vernetzungsplattform für Betroffenenvertreter:innen von Menschen mit psychischen Erkrankungen“ als einer der ersten Maßnahme gewählt.

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Sowohl eine Vertretung der österreichischen Patientenanwaltschaft als auch „je eine Vertreterin / ein Vertreter der Dachverbände der österreichischen Selbsthilfeorganisationen“ (§ 30 Abs. 2 Z. Dieser wurde mit dem Ziel eingerichtet, alle relevanten Themen im Bereich psychischer Gesundheit aufzugreifen, die fachliche Beratung der/des für Gesundheit zuständigen amtierenden Bundesministerin bzw.

Die Arbeitsgruppe zum Gesundheitsziel 9 wurde 2021 mit dem Beirat für psychosoziale Gesundheit fusioniert. Er ist ein Gremium nach § 8 Abs.

Die Geschäftsordnung der ÖKUSS sieht die Etablierung zweier Gremien vor. Eines dieser Gremien ist das Entscheidgremium für Förderanträge themenbezogener bundesweiter Selbsthilfeorganisationen. Hier wird beschlossen, welche der eingereichten Förderanträge bundesweiter Selbsthilfeorganisationen genehmigt werden.

Die Geschäftsordnung der ÖKUSS sieht die Etablierung zweier Gremien vor. Eines dieser Gremien ist der ÖKUSS-Fachbeirat.

Umgang mit psychischen Erkrankungen in der Familie

Mehrere Diagnosen innerhalb einer Familie - das kann bei psychischen Störungen oder Erkrankungen vorkommen. Psychotherapeutinnen geben Tipps, wie Familien damit umgehen sollten.

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Manchmal liegt es in der Familie, oft ist es auch Zufall: Innerhalb einer Familie sind mehrere Mitglieder psychisch erkrankt oder haben etwa eine Störung. Wie finden betroffene Eltern und Kinder einen Umgang damit? Der erste Schritt ist, die Situation zu akzeptieren. Der zweite, einen Alltag zu schaffen, der die Bedürfnisse aller berücksichtigt. Zwei Expertinnen geben Tipps, die das Familienleben erleichtern.

Professionelle Hilfe für alle Betroffenen

"In Familien, in denen die Eltern psychisch erkrankt sind, ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass auch die Kinder eine solche Störung entwickeln", sagt Eva Möhler, Leiterin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum des Saarlandes. Das kann genetische Gründe haben. Oder es hängt mit der Belastung in der Familie zusammen: So könne ein Kind eine Angststörung entwickeln, wenn es sich ständig Sorgen um seine depressive Mutter mache, sagt Möhler. Dann ist es wichtig, dass alle professionelle Hilfe bekommen. Neben Ärzten und Therapeuten sind es aber vor allem die Eltern, die Kinder positiv bestärken können. Auch der psychisch erkrankte Elternteil kann für seine Familie da sein. Zumindest in Phasen, in denen es ihm besser geht. Das kann für alle Seiten stärkend sein.

Je mehr man über die Erkrankungen oder Beeinträchtigungen weiß - und auch darüber, wie man mit ihnen umgehen kann - desto besser können alle Beteiligten damit leben. "Je früher, desto besser kann einem selbst und den Angehörigen geholfen werden."

Heike Petereit-Zipfel, Psychosozialtherapeutin.

Situation annehmen und verstehen

Zunächst ist es wichtig, dass die Familie die Situation akzeptiert und versteht: Eine psychische Krankheit ist keine Schwäche. Sie ist ein medizinischer Zustand, und so sollte man sie auch behandeln. "Bei einer psychischen Erkrankung sollte man sich nicht schämen, Hilfe in Anspruch zu nehmen", sagt Heike Petereit-Zipfel vom Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen. "Je früher, desto besser kann einem selbst und den Angehörigen geholfen werden", so die Psychosozialtherapeutin. Nicht nur durch Diagnostik und Therapie, sondern auch durch sozialpädagogische Familienhilfe.

Petereit-Zipfel erlebt häufig, dass die Betroffenen unter einer tatsächlichen oder angenommenen Stigmatisierung ihrer Krankheit leiden. "Um dem entgegenzuwirken, sollten sich Angehörige genau über die Krankheit informieren und gegebenenfalls selbst Vorurteile abbauen", rät sie. Je mehr Angehörige über die spezifischen Erkrankungen ihrer Familienmitglieder wissen, desto besser können sie verstehen, was mit ihnen los ist.

Eltern bleiben Vorbilder für ihre Kinder

Und: Haben Menschen etwa Depressionen, Asperger, ADHS oder eine temporäre psychische Krise bedeutet das nicht, dass Betroffene keine guten Eltern (mehr) sein können. Sie können und sollten im Rahmen der Möglichkeiten Verantwortung übernehmen. Vor allem gehört dazu, sich um die eigene Gesundheit zu kümmern.

Beispielsweise ADHS sei keine schwere Krankheit, sagt Möhler. "Mit entsprechender Behandlung können Eltern mit ADHS genauso gute Eltern sein wie alle anderen." Zu ihren ADHS-bedingten Herausforderungen zähle etwa, ihre Impulse zu kontrollieren, insbesondere im Umgang mit ihren Kindern.

Grundsätzlich sei es so: Eltern bleiben Vorbilder für ihre Kinder. Das bedeutet auch, dass die Handlungen der Eltern das Verhalten ihrer Kinder prägen. "Wenn ein psychisch erkrankter Elternteil fünfmal am Tag ausrastet, wird das Kind dies früher oder später als legitime Verhaltensweise kopieren", erzählt Möhler. Besser ist, sie machen vor, wie man mit einer psychischen Schwäche gut umgehen kann. Heike Petereit-Zipfel empfiehlt, zu sagen: "Ich bin jetzt sehr angespannt. Ich gehe jetzt erst einmal eine Runde um den Block, dann können wir darüber reden."

Kindern die Last nehmen

Kindern die Last zu nehmen - das ist besonders wichtig, weil Kinder sich oft mindestens unterbewusst Schuld an der seelischen Erkrankung ihrer Eltern geben, erklärt Medizinerin Möhler. Sie denken, sie hätten etwas falsch gemacht: Wären sie ein besseres Kind, wären Mama oder Papa nicht so traurig oder wütend. Aber "keiner ist schuld an der Krankheit des anderen. Es entlastet die Kinder, wenn man ihnen das sagt", betont sie. "Kinder können auch denken, dass es ihre Aufgabe ist, bei Mama zu bleiben und sie zu trösten", fügt sie hinzu. Dadurch stellen sie ihre eigene Entwicklung völlig zurück. Das sollten Eltern verhindern, hier gibt familienorientierten Angebote, die sich speziell an Kinder psychisch kranker Eltern richten und vorbeugend wirken.

Offen miteinander sprechen

Verdrängen und überspielen funktionieren nicht. Offen und ehrlich miteinander zu reden, ist auch in Familien mit mehreren psychisch Erkrankten ratsam. Alle sollten einander den Raum und die Zeit geben, über ihre Gefühle, Ängste und Bedürfnisse zu sprechen.

Den Erkrankten hilft es, wenn man einfühlsam und verständnisvoll auf sie eingeht und nicht jedes Verhalten mit der Krankheit in Verbindung bringt, und sie so quasi auf die Erkrankung oder Störung reduziert. "Wer die Krankheitsbrille aufsetzt, hat ein defizitäres Menschenbild. Besser ist es, einen Menschen mit all seinen Besonderheiten zu sehen und sich zu fragen, wie man ihm helfen kann", sagt Heike Petereit-Zipfel.

Sie empfiehlt, die Betroffenen regelmäßig zu fragen, wie es ihnen geht. Vielleicht bemerkt man kleine Verbesserungen. Auch helfe es, mehr über die Symptome zu sprechen, statt ständig die Diagnose zu thematisieren, sagt die Expertin. Eltern und Kinder sollten auch in akuten Krankheitsphasen in Beziehung bleiben.

Alltagsstruktur beibehalten

"Routinen geben Sicherheit", sagt Eva Möhler. Deshalb ist ein strukturierter Tagesablauf für alle eine Stütze. Der gesunde Elternteil sollte darauf achten, dass die Kinder weiterhin zur Schule gehen, ihren Hobbys nachgehen und Freunde treffen. Und man kann noch mehr tun: Aktivitäten planen, die der psychischen Gesundheit guttun, Selbstwirksamkeit und Lebensfreude vermitteln. Kinder sollen verstehen und lernen: "Es ist okay, das Leben zu genießen, auch wenn Papa das gerade nicht kann, weil er krank ist", erklärt sie.

Ausgleich schaffen

Dass nicht erkrankte Menschen mit den Betroffenen mitleiden, sei ganz normal, sagt auch Petereit-Zipfel. Dennoch sollten auch sie weiterhin Dinge tun, die ihnen Spaß machen und sie positiv bestärken, empfiehlt sie. Das können Sport, Kino, Freunde oder der Besuch einer Selbsthilfegruppe sein. Ein Ausgleich sei unbedingt notwendig, um nicht irgendwann selbst psychisch oder körperlich zu leiden.

Für die psychisch Erkrankten wiederum kann es entlastend sein, wenn sie sehen, dass es ihren Angehörigen gut geht und sie ihr Leben nicht nur nach ihnen ausrichten.

Weitere Unterstützungsangebote

"Jeder vierte Mensch wird zumindest einmal in seinem Leben psychisch krank oder durchlebt eine psychische Krise. Jeder Fünfte in Europa fühlt sich psychisch beeinträchtigt. Psychische Störungen nehmen weltweit zu, vor allem affektive Störungen (Depression), Angst- und Alkoholerkrankungen.

Während der Arztbesuch bei körperlichen Erkrankungen selbstverständlich ist, ist der Besuch bei PsychiaterInnen, PsychologInnen oder PsychotherapeutInnen noch immer mit vielen Vorbehalten verbunden. Psychische Symptome (wie z.B. Angst-, Schlaf-, oder Konzentrationsstörungen) haben vor allem bei jungen Menschen in Österreich seit Beginn der Covid-19-Pandemie überhandgenommen. Die Aktion "Gesund aus der Krise“ bietet Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsene (bis inklusive 21 Jahre) österreichweit, niederschwellig und ohne lange Wartezeiten psychosoziale Unterstützung.

Ziel des Förderprojektes des Bundes „Gesund aus der Krise“ ist, die psychosoziale Versorgung niederschwellig und ohne lange Wartezeiten anzubieten. Auf der Plattform www.alkohol.at finden sich Informationen zum Programm "Alkohol. Leben können.", das auf enge Zusammenarbeit spezialisierter Einrichtungen zur Behandlung von Alkoholsucht setzt. Das Regionale Kompetenzzentrum (rKomz) dient als erste Anlaufstelle für Menschen mit problematischem Alkoholkonsum.

Frauenhäuser bieten von Gewalt bedrohten bzw. betroffenen Frauen und ihren Kindern auch einen geschützten Wohnraum. Frauen und Mädchen, die von Zwangsheirat bedroht oder bereits betroffen sind, können Unterstützung, bei Bedarf auch Betreuung in einer geheimen Wohnung, durch den Verein Orient Express in Anspruch nehmen.

Ist eine Frau Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitenden Prostitutionshandel findet sie Unterstützung bei der Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel. Für Migrantinnen, die die deutsche Sprache nicht bzw. nicht so gut beherrschen, gibt es einige auf Migrantinnen spezialisierte Beratungsstellen.

Azoa ist ein innovatives Handyspiel, das das mentale Wohlbefinden fördert und die Spieler auf eine 60-tägige Reise mit dem Waschbären PamPam mitnimmt. Es ermöglicht den Aufbau von Resilienz, Dankbarkeit und Achtsamkeit auf spielerischer Art. Alle Übungen in dem Spiel basieren auf wissenschaftlicher Evidenz und wurden in Zusammenarbeit mit Experten der positiven Psychologie entwickelt.

Von psychischen Erkrankungen betroffene Personen können ihr Stigma überwinden, wenn sie mit ihrer Erkrankung „offensiv“ umgehen und versuchen, Faktoren aufzulösen, die in der Gesellschaft Angst, Unwissenheit und Ignoranz gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen auslösen. Der Verein ganznormal.at hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, in sozialen Netzwerken vermehrt präsent zu sein, und zwar mit Spots, in denen bekannte Betroffene ihre persönlichen Erfahrungen mit ihrer psychischen Erkrankung und ihren Umgang mit Stigmatisierung thematisieren. Der Einsatz von bekannten Persönlichkeiten steigert die Aufmerksamkeit und die Chance auf virale Verbreitung. Vernetzen und Interagieren in sozialen Netzwerken kann dazu führen, Gleichgesinnte zu finden und zu unterstützen, wenn sie ihr Leiden nicht einordnen bzw.

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