Schizophrenie und Falsche Erinnerungen: Eine Auseinandersetzung

Falsche Erinnerungen, speziell an sexuellen Missbrauch, können verheerende Auswirkungen auf Betroffene, deren Familien und Angehörige haben. Missbräuchliche und übergriffige Therapeut*innen können bei schwer traumatisierten oder psychotischen Menschen rasch falsche Erinnerungen schaffen und suggerieren, die auch unter dem False-Memory-Syndrom bekannt sind.

Viele Betroffene behaupten unter dem Einfluss suggestiver Traumatherapeut*innen, dass sie verdrängte Erinnerungen an sexuelle Gewalterfahrungen wiederentdeckt hätten, die häufig vor dem dritten Lebensjahr begonnen hätten. Psychisch labile, instabile und vulnerable Patient*innen können durch diese pseudowissenschaftlichen Verschwörungsnarrative und Therapien großen Schaden nehmen: Sie werden darin bestärkt, aktuelle psychische Probleme auf verdrängte frühkindliche sexuelle Gewalterfahrungen und ritualisierten Missbrauch zurückzuführen.

Die Gefahren falscher Erinnerungen

Personen mit falschen Erinnerungen geht es sehr schlecht. Sie werden reviktimisiert und erneut traumatisiert, diesmal durch missbräuchliche Traumatherapeut*innen oder andere selbsternannte Expert*innen. Zudem werden unschuldige Angehörige zu Opfern und geraten unter Generalverdacht. Sie werden rasch vorverurteilt, abgestempelt, stigmatisiert, kriminalisiert, müssen umziehen und geraten ins Gesellschaftliche oder Materielle aus. Mitunter kommt es auch zu schweren Justizirrtümern und ganze Familien brechen auseinander.

Es ist schädlich, wenn Psychotherapeut*innen Menschen ungeprüft glauben, dass sie Opfer von Ritueller Gewalt geworden seien. Wer dies tut, leistet rasch eine schädliche Therapie, weil dann die Betroffenen keine Möglichkeit mehr haben, ihren falschen Erinnerungen zu entkommen. Eine gute Traumatherapie bedarf immer wieder der Realitätsprüfung.

Seit den 1990er Jahren belegen wissenschaftliche Untersuchungen von Rechtspsycholog*innen und Gedächtnisforscher*innen, dass auch Erinnerungen an schlimme Traumen und sexuelle Gewalt massiv verfälscht oder von außen manipuliert sein können. Auch wissen wir heute, dass es nicht möglich ist, bei Personen absichtlich multiple Persönlichkeiten, Täter-loyale-States oder Persönlichkeitszustände (etwa Täterintrojekte) zu erzeugen, die man dann als Täter*in bewusst abrufen kann, um das Opfer zu bestimmten und komplexen Handlungen zu bewegen. Dies ist nur in Horrorfilmen möglich.

Lesen Sie auch: Berühmte Menschen mit Schizophrenie

In Deutschland sind Dutzende Fälle bekannt, in denen Patient*innen nach einer Therapie felsenfest davon überzeugt waren, dass Angehörige sie mittels Mind Controll kontrollieren und fernsteuern würden. Berichte über traumatische Erfahrungen haben nicht unbedingt kriminologische Relevanz und müssen kriminologisch auch gar nicht stimmen. Es ist nicht Aufgabe einer Traumatherapie, strafrechtliche Tatbestände aufzudecken, sondern den Patient*innen zu helfen, mit ihren Traumafolgesymptomen besser umzugehen.

Ein Beispiel verdeutlicht die Problematik: Frau K., 20 Jahre alt, kommt aus einer religiösen, rechtskonservativen Freikirche und ist durch ihre strenge religiöse Erziehung und Sozialisation schwer und komplex traumatisiert worden. Sie leidet unter einer bipolaren affektiven Störung und unter Schizophrenie. Zudem hat sie immer wieder psychotische Schübe. Frau K. berichtet ihrer Psychotherapeutin, dass sie sich manchmal wie ferngesteuert erlebe, als ob fremde Mächte oder Personen ihre Gliedmaßen kontrollierten und ihre Arme bewegten. Ihre Therapeutin suggeriert nun Frau K., dass sie tatsächlich mittels Mind Control von ihren Eltern fremdgesteuert werde. Sie sei als Kind bewusst von ihren Eltern durch schwere sexuelle und psychische Gewalt und durch Folter gebrochen, konditioniert und abgerichtet worden. Ihre Eltern hätten täterloyale Persönlichkeitsanteile geschaffen, welche nun in Frau K. das Ruder übernehmen.

In einer Hypnosesitzung mit ihrer Therapeutin "erinnert" sich Frau K. auf einmal an sexuelle Übergriffe durch beide Eltern. Die Therapeutin manipuliert nun Frau K., den Kontakt mit Eltern, Familie und der Freikirche abzubrechen, ihre Eltern anzuzeigen und das Jugendamt einzuschalten. Frau Ks Eltern sind zutiefst verstört, gekränkt und verletzt. Das Jugendamt nimmt ihnen umgehend die beiden Kinder weg, sie bekommen eine Anzeige, ihnen droht ein Gerichtsverfahren, im Dorf wird getuschelt, viele FreundInnen kündigen ihnen die Freundschaft, sie werden auch in ihrer Religionsgemeinschaft nicht mehr gern gesehen.

Narzisstische Allmachtsansprüche von Therapeut*innen sind immer schädlich. Trauen Sie daher keinen Heilsversprechungen. Bereits im 19. Jahrhundert wird beschrieben, dass die Patientinnen des berühmten Psychiaters Jean-Marie Charcot alle klassischen Symptome der "großen Hysterie" zeigten, die ihnen der berühmte Nervenarzt suggerierte. Sein Nachfolger in der psychiatrischen Anstalt Hôpital de la Salpêtrière in Paris hatte diese Erwartungshaltung und suggestive Grundhaltung nicht, weswegen sich dieselben Patientinnen anders verhielten. Die klassischen Symptome damals wie Arc de cercle, wildes Zucken und lautes, dramatisches Kreischen und Schreien, die Charcot so gerne bei seinen Patientinnen sehen wollte und beschrieb, waren auf einmal weg. Dies führt uns als Psychotherapeut*innen vor Augen führen, dass unsere Patient*innen rasch Symptome zeigen, die wir unbewusst von ihnen erwarten, besonders dann, wenn die Patient*innen schwer und komplex traumatisiert sind.

Die Rolle der Psychotherapie

Eine gute Traumatherapie ist eine schonende integrative Traumatherapie nach dem State of the Art und keine billige, vorschnelle Lösung. Es bedarf einer langjährigen behutsamen und sorgfältigen Traumatherapie, in der auch der Dialog mit den Angehörigen gesucht wird.

Lesen Sie auch: Umgang mit Schizophrenie

Wenn Ihr*e Therapeut*in bei Ihnen eine Dissoziative Identitätsstörung diagnostiziert hat, um Ihnen besser vermitteln zu können, wie Sie Ihre Selbstwahrnehmung und Ihre Selbststeuerungsmöglichkeiten verbessern können, dann kann diese Diagnose sehr hilfreich sein, vor allem dann, wenn Ihr*e Therapeut*in mit Ihnen daran arbeitet, besser mit Ihren Emotionen, Ihren Gedanken und auch Trauma-bedingten Intrusionen, Schmerzen, Entfremdungs- und Taubheitsgefühlen und unterschiedlichen Seiten bzw. Ego-States umzugehen. Ein*e gute*r Therapeut*in wird eine ruhige, gelassene und geerdete Haltung einnehmen.

Hilfsangebote

Sollte bei Ihnen eine Dissoziative Identitätsstörung diagnostiziert worden sein, die allein mit Ritueller Gewalt oder Mind Control erklärt wird, dann suchen Sie sich bitte eine*n andere*n Therapeut*in und wenden Sie sich am Besten in Deutschland auch an die jeweilige Psychotherapeutenkammer Ihres Bundeslandes bzw. in Österreich an den Österreichischen Bundesverband für Psychotherapie.

In Deutschland gibt es die Beratungsstelle False Memory Deutschland, die es sich zur Aufgabe macht, die Öffentlichkeit über das Problem zu informieren und allen Mitgliedern dieser Familien Hilfe und Unterstützung zu bieten. Die Beratungsstelle richtet sich sowohl an Patient*innen, denen falsche Erinnerungen manipuliert wurden als auch an die zu unrecht Beschuldigten. Nehmen Sie Kontakt mit False Memory Deutschland auf, wenn Sie durch falsche Erinnerungen an sexuellen Missbrauch betroffen sind, ganz gleich, ob Sie beschuldigt werden oder ob Sie sich kritisch mit Missbrauchsvermutungen auseinandersetzen. Vereinbaren Sie dazu einen Beratungstermin. Telefon: +49(0)15224416556, Mittwoch: 17:00 - 19:00 Uhr, ggf.

False Memory Österreich ist ein eingetragener Verein von Privatpersonen.

Lesen Sie auch: Schizophrenie behandeln mit Injektionen

tags: #Schizophrenie #falsche #erinnerungen