Das Buch "Auf der Spur des Morgensterns" von Dorothea Buck, erschienen 2023, behandelt das Thema Psychose als Selbstfindung und übt Kritik an einer gesprächslosen, defizitorientierten Psychiatrie.
Dieses 1990 erstmals erschienene Buch kritisiert eine gesprächslose, defizitorientierte Psychiatrie und gibt den psychiatrie-erfahrenen Menschen eine Stimme. Dorothea Bucks Erfahrungsbericht ist noch heute ein ermutigendes Beispiel dafür, dass eine Psychose heilbar sein kann, wenn ihr Sinn verstanden und sie in das Leben integriert wird.
»Meine psychotischen Erfahrungen haben mein Leben sehr bereichert.
Die heute noch gültige Kritik an der Sprachlosigkeit der Psychiatrie und die fast ein Jahrhundert umfassende Darstellung von Behandlungserfahrungen machen das Buch zu einer faszinierenden Lektüre.
Dorothea Buck: Eine Stimme der Psychiatrie-Erfahrenen
Dorothea Buck war eine deutsche Autorin und Bildhauerin. Als Zwangssterilisierte war sie Opfer der NS-Diktatur, sie wurde eine bedeutende Persönlichkeit der Bewegung Psychiatrie-Erfahrener.
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Sie war »Mitbegründerin« des Trialogs im Hamburger Psychose-Seminar und Ehrenvorsitzende des Bundesverbands Psychiatrie-Erfahrener.
Der Erlebnisbericht von Dorothea Sophie Buck-Zerchin wurde zu einem Fanal im doppelten Sinn: Einerseits klagt er in überzeugender Weise eine gesprächslose und defizitorientierte Psychiatrie an.
Dieses mittlerweile zum Klassiker gewordene Buch hat sehr viel in Bewegung gebracht. Davon erzählt die Autorin in einer Ergänzung dieser Neuausgabe.
Außerdem wurden 16 Seiten mit Abbildungen von bildhauerischen Arbeiten der Autorin aufgenommen.
Zum Begriff Schizophrenie und Psychose
Als Schizophrenie werden psychische Erkrankungen mit ähnlichem Symptommuster bezeichnet, die zur Gruppe der Psychosen gehören.
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Im akuten Krankheitsstadium treten bei schizophrenen Menschen eine Vielzahl charakteristischer Störungen auf, die fast alle Bereiche des inneren Erlebens und Verhaltens betreffen, wie Wahrnehmung, Denken, Gefühls- und Gemütsleben, Willensbildung, Psychomotorik und Antrieb.
Häufig werden nicht wirklich vorhandene Stimmen gehört (sogenanntes Stimmenhören).
Es kann der Wahn vorkommen, verfolgt, ausspioniert oder kontrolliert zu werden.
Weiter kann das Gefühl auftreten, fremdgesteuert zu werden, z. B. durch Gedankenentzug oder Gedankeneingebung.
Anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität sind möglich.
Auch sozialer Rückzug, Antriebslosigkeit, mangelnde Motivation, emotionale Verflachung und Freudlosigkeit werden nicht selten beobachtet.
Je nach vorherrschenden Symptomen werden mehrere Untergruppen der Schizophrenie unterschieden.
Ursachen und Verlauf
In den meisten bislang untersuchten geographischen Kulturen erkrankt etwa 0,5 % der Bevölkerung mindestens einmal im Verlauf des Lebens an Schizophrenie.
Das Risiko einer Erkrankung ist für Männer und Frauen gleich hoch, wobei Männer statistisch gesehen in einem etwas früheren Lebensalter betroffen sind.
Obwohl Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis seit dem Altertum beschrieben werden, konnte bislang für sie noch keine einzelne alleinverantwortliche Ursache ermittelt werden.
Man geht daher heute (Stand 2018) von einem Zusammenspiel mehrerer auslösender Faktoren aus.
In vielen Fällen kommt es nach der erstmaligen Krankheitsphase zu einem Verschwinden der Symptome.
Danach können in unregelmäßigen Zeitintervallen weitere Krankheitsphasen folgen.
Bei etwa einem Drittel der Erkrankten bilden sich ab einem Zeitpunkt alle Symptome vollständig zurück.
Bei ungefähr einem weiteren Drittel kommt es immer wieder zu Krankheitsphasen.
Beim letzten Drittel ergibt sich ein chronischer Verlauf, der zu einer andauernden psychischen Behinderung führt.
Symptome der Schizophrenie
Die Symptome der Schizophrenie werden traditionell in zwei große Bereiche unterteilt: Positivsymptome und Negativsymptome.
In jüngerer Zeit finden jedoch auch die kognitiven Symptome der Erkrankung zunehmend Beachtung und werden als eigener dritter Bereich gesehen.
Anders als der Begriff nahelegt, sind damit jedoch nicht Intelligenzdefizite gemeint, sondern u. a. Probleme mit Aufmerksamkeit, Gedächtnis und der Planung von Handlungen.
Das Ausmaß der Betroffenheit in diesen Bereichen sagt am besten voraus, wie gut Patienten ihren Alltag bewältigen können.
Kognitive Störungen dieser Art sind ein zentraler Symptomkomplex der Schizophrenie.
Das Denken kann kurzschrittig werden, oder mehrschichtige Zusammenhänge in ihrer Komplexität nicht mehr begriffen werden.
Der sprachliche Ausdruck verarmt.
In zugespitzten Fällen können Perseveration (stereotypes Wiederholen eines Wortes oder Gedankens) oder Idiolalie (unverständliche Laute) auftreten.
Die Ausprägung der Symptome hängt zum Teil von der Persönlichkeit des Betroffenen ab.
Sie sind zwar insgesamt sehr variabel, die einzelnen Patienten behalten jedoch oft über lange Zeiträume ihr individuelles Symptom-Muster.
Positivsymptome
Als Positivsymptome oder Plussymptome gelten Übersteigerungen und starke Fehlauffassungen des normalen Erlebens bis hin zu Halluzinationen.
Derartige Symptome wurden deshalb als eine Art Überschuss gegenüber dem gesunden Zustand angesehen.
Schizophrenien mit überwiegend positiven Symptomen beginnen oft plötzlich, und oft gibt es vorher keine nach außen auffälligen Merkmale.
Der Krankheitsverlauf ist hierbei eher günstig.
Charakteristische Positivsymptome sind inhaltliche Denkstörungen, Ich-Störungen, Sinnestäuschungen und innere Unruhe.
Typisch für die inhaltlichen Denkstörungen ist die Bildung eines Wahns.
Häufig treten akustische Halluzinationen (Akoasmen) auf: Etwa 84 % der Menschen mit einer schizophrenen Psychose nehmen Gedanken wahr, von denen sie meinen, deren Ursprung komme von außen.
Sie nehmen z. B. Stimmen wahr, die in seltenen Fällen auch Befehle erteilen.
Dies wird im allgemeinen Sprachgebrauch als Stimmen hören bezeichnet.
Häufig haben Betroffene den Eindruck, durch fremde Stimmen beleidigt zu werden.
Ein solches Erleben kann während des Alleinseins oder inmitten von Sätzen auftreten, die umstehende Menschen sagen.
Halluzination von Stimmen gibt es auch bei Ertaubten, sogar bei taub geborenen.
Bei Gehörlosen mit einer Schizophrenie-Diagnose sind allerdings optische und taktile Halluzinationen deutlich häufiger (bei jeweils ca. 50 % der Personen) als allgemein bei Schizophrenie (ca. 15 % bzw. 5 %).
Zu den Ich-Störungen zählen:
- Gedankeneingebung: Erleben der eigenen Gedanken als von anderen aufgezwungen
- Gedankenausbreitung: Vorstellung, andere könnten die eigenen Gedanken abhören oder mitlesen
- Gedankenentzug: Verlustgefühl, dass andere die eigenen Gedanken stehlen oder abschneiden
- Fremdsteuerung: Gefühl, von anderen wie ein ferngelenkter Roboter gesteuert zu werden.
Negativsymptome
Negativsymptome oder Minussymptome bezeichnen Einschränkungen des normalen Erlebens und von psychischen Funktionen, die früher vorhanden waren, aber durch die Krankheit reduziert sind oder ganz fehlen.