ADHS und Narzissmus in Partnerschaften: Erfahrungen und Herausforderungen

In der Paartherapie begegnet man häufig komplexen Beziehungsdynamiken, die durch individuelle psychische Gesundheitsprobleme der Partner beeinflusst werden. Wenn ein Partner ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) und eine narzisstische Persönlichkeitsstörung aufweist, können diese Zustände erhebliche Auswirkungen auf die Beziehung haben. Es ist entscheidend, diese beiden Zustände differenziert zu betrachten und Strategien zu entwickeln, um die Beziehung zu unterstützen.

Was sind ADHS und Narzissmus?

ADHS bei Erwachsenen zeichnet sich durch Probleme wie Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität aus. Diese Symptome können die Kommunikation, das Zeitmanagement und die Konfliktbewältigung in der Beziehung beeinträchtigen. Narzisstische Persönlichkeitsstörung (NPS) hingegen beinhaltet ein grandioses Selbstbild, ein starkes Bedürfnis nach Bewunderung und einen Mangel an Empathie für andere. Diese Merkmale können zu egozentrischem Verhalten, mangelnder Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse des Partners und häufigen Konflikten führen.

Herausforderungen in der Paartherapie

Die Herausforderungen in der Paartherapie, die sich aus dieser Kombination ergeben, sind vielfältig.

  • Kommunikationsprobleme: Der Partner mit ADHS könnte aufgrund von Unaufmerksamkeit oder Impulsivität Schwierigkeiten haben, Gespräche zu führen oder auf den Partner einzugehen. Der narzisstische Partner neigt dazu, Gespräche zu dominieren und wenig Raum für die Bedürfnisse des anderen zu lassen.
  • Konfliktbewältigung: Impulsivität und emotionale Dysregulation bei ADHS können zu heftigen und unvorhersehbaren Reaktionen führen, während der narzisstische Partner Konflikte oft eskaliert, um die Kontrolle zu behalten oder das eigene Selbstwertgefühl zu schützen.
  • Mangel an Empathie: Der narzisstische Partner hat oft Schwierigkeiten, die Perspektive des anderen einzunehmen, was beim Partner zu einem Gefühl der Vernachlässigung und Isolation führen kann. Diese Dynamik kann die Beziehung erheblich belasten und zu einem Kreislauf aus Missverständnissen und Verletzungen führen.

Therapeutische Ansätze und Strategien

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist ein gezielter therapeutischer Ansatz notwendig.

  1. Aufklärung: Zu Beginn der Therapie ist es wichtig, beide Partner über ADHS und NPS aufzuklären. Ein tiefes Verständnis der jeweiligen Symptome und deren Auswirkungen kann helfen, die Verhaltensweisen des Partners nicht als böswillig, sondern als Teil der Störung zu sehen.
  2. Kommunikationstraining: Spielt eine zentrale Rolle, um Missverständnisse zu reduzieren. Techniken wie aktives Zuhören, das Verwenden von „Ich“-Botschaften und das Vermeiden von Vorwürfen können die Kommunikation verbessern.
  3. Konfliktlösungsstrategien: Paare müssen lernen, respektvoll und konstruktiv miteinander umzugehen, etwa durch das Einlegen von Pausen während hitziger Diskussionen und das Wiederaufgreifen des Gesprächs, wenn sich die Emotionen abgekühlt haben.
  4. Förderung von Empathie: Übungen, die das Einfühlungsvermögen fördern, helfen, die Perspektive des anderen zu verstehen und Mitgefühl zu entwickeln. Rollenspiele oder das bewusste Eingehen auf die Gefühle und Bedürfnisse des Partners können hierbei unterstützend wirken.
  5. Individuelle Therapie: Manchmal ist es notwendig, dass der Partner mit ADHS oder NPS zusätzliche individuelle Therapie erhält, um an spezifischen Symptomen oder Verhaltensweisen zu arbeiten.

Persönlichkeitsstörungen: Ein Überblick

Menschen mit einer Persönlichkeitsstörung weichen in ihren Verhaltensmustern und ihrem Erleben deutlich von gesellschaftlich erwarteten Normen ab. Das Verhalten ist zudem sehr starr. Dies führt zu Leidensdruck der betroffenen Person bzw. Es gibt unterschiedliche Formen bzw. Ausprägungen von Persönlichkeitsstörungen. Die ersten Anzeichen für eine Persönlichkeitsstörung zeigen sich meist bereits in der Kindheit bzw.

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Verschiedene Formen von Persönlichkeitsstörungen (ICD-10)

In der derzeitig gebräuchlichen Diagnoseeinteilung, dem ICD-10, unterteilen Fachleute Persönlichkeitsstörungen in unterschiedliche Formen, die in ihrer Ausprägung relativ stabil bleiben.

  • Paranoide Persönlichkeitsstörung: Diese ist vor allem durch Misstrauen und dem Gefühl der Bedrohung gekennzeichnet. Auch unbedeutende Ereignisse nehmen Betroffene so wahr, als wären diese gegen sie gerichtet.
  • Schizoide Persönlichkeitsstörung: Sie ist gekennzeichnet durch einzelgängerisches Verhalten, Gefühlskälte, wenig Interesse an sozialen Kontakten sowie Unlust und Freudlosigkeit.
  • Dissoziale Persönlichkeitsstörung: Es kommt dabei häufig zu Verhalten, das soziale Normen missachtet. Außerdem besteht ein Mangel an Einfühlungsvermögen sowie an Schuld- und Verantwortungsbewusstsein. Der Umgang mit Frustration fällt schwer, die Reizbarkeit ist erhöht.
  • Emotional instabile Persönlichkeitsstörung: Bei dieser treten z.B. starke Impulsivität und unüberlegtes Handeln auf. Die Konfliktbereitschaft ist erhöht. Ebenso kommt es zu innerer Anspannung und Stimmungsschwankungen.
  • Histrionische Persönlichkeitsstörung: Es kommt etwa zu ausgeprägten dramatischen Verhaltensweisen und Gefühlsäußerungen.
  • Anankastische Persönlichkeitsstörung: Stark ausgeprägte Gewissenhaftigkeit, Perfektionismus sowie Kontrollen treten auf. Es kann zu Verhaltensimpulsen oder Gedanken kommen, die sich ungewollt aufdrängen.
  • Ängstliche, vermeidende Persönlichkeitsstörung: Es kommt u.a. zu anhaltender Unsicherheit und Gefühlen von Minderwertigkeit.
  • Abhängige, asthenische Persönlichkeitsstörung: Diese ist etwa durch große Trennungsangst, Hilflosigkeit sowie Unterordnung gekennzeichnet.
  • Narzisstische Persönlichkeitsstörung: Diese zeichnet sich durch ein nach außen hin erhöhtes Selbstvertrauen aus.

Diagnose und Behandlung von Persönlichkeitsstörungen

Es erfolgt zuerst eine Erhebung der Krankengeschichte, die Anamnese. Es kann auch hilfreich sein, wenn eine Vertrauensperson bei der Anamnese dabei ist und ihre Sicht der Situation schildert - sofern das die Patientin oder der Patient möchte. Es erfolgt eine körperliche und neurologische Untersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt.

Die Behandlung einer Persönlichkeitsstörung erfolgt in erster Linie durch Psychotherapie. Diese kommt vor allem bei Menschen zum Einsatz, die aufgrund der Persönlichkeitsstörung schwerwiegende Probleme mit ihrem Verhalten und eigenen Erleben haben. Medikamente können vor allem gezielt gegen Symptome zum Einsatz kommen. Dies empfehlen Fachleute vorrangig jedoch in Kombination mit Psychotherapie.

Medikamentöse Behandlung

Der Einsatz von Medikamenten kann vor allem sinnvoll sein bei Menschen mit Persönlichkeitsstörungen, die schwere Symptome und größere Beeinträchtigungen dadurch haben bzw. Gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten bespricht die Ärztin oder der Arzt Therapieziele und richtet die Medikation danach aus. Bei starker Impulsivität bzw. Bei Störungen mit der Stimmung wie depressive Verstimmungen, Stimmungsschwankungen, große Ängste oder Wut können ebenso Stimmungsstabilisierer zur Anwendung kommen.

Umgang mit Narzissmus in Beziehungen

Eine Beziehung mit einem Menschen zu führen, der an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidet, ist schon kein Leichtes. So richtig schwierig wird es dann aber noch einmal, wenn man sich von dem Betreffenden trennen möchte.

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Grundsätzlich lässt sich die narzisstische Persönlichkeitsstörung, von der in weiterer Folge die Rede sein wird, durch drei wesentliche Merkmale charakterisieren: Ein echter Narzisst idealisiert sich selbst, wertet andere ab und ist sich stets selbst der Nächste.

Herausforderungen bei der Trennung von einem Narzissten

Wenn die Frau es allerdings wagt, sich von ihm zu trennen, dann schießt der Narzisst aus allen Rohren. "Für ihn ist das eine Majestätsbeleidigung. Es ist ungehörig und vollkommen inakzeptabel, dass die Frau sich von ihm trennen will", so Bonelli. Der Narzisst ist zu tiefst gekränkt. Diese kann er nicht ertragen. Und auch nicht verstehen. Wie kann sie ihn bloß verlassen, wo er doch der Beste ist? Nach der Devise "Du wirst schon sehen, du kommst zurück" wird die Trennung schlicht und einfach nicht akzeptiert. Der Mann setzt alles daran, die Ex-Partnerin zurückzuholen. "Manchmal sogar nur, um sie dann fallen zu lassen. Denn: Ein Narzisst wird nicht verlassen", veranschaulicht der Psychiater die möglichen Reaktionen des Betroffenen. Noch komplizierter wird die Sache, wenn Kinder im Spiel sind. "Manchmal missbraucht er die Kinder, die ihm eigentlich egal sind, als Machtinstrument." Mitunter versucht er zu erwirken, dass die Frau sie nicht mehr sehen darf. Auf diese Weise will er die Abtrünnige für ihre Tat bestrafen.

Manipulation und Gaslighting

"Ein echter Narzisst ist skrupellos. Er hat keine moralischen Werte und keine Hemmung zu lügen, zu stehlen und zu betrügen. Es ist alles erlaubt, solange es ihm nutzt. Denn er ist das Höchste, und der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel", stellt Bonelli die Sichtweise des Erkrankten dar. Nicht selten kommt es in einer Beziehung mit einem Narzissten zum sogenannten Gaslight-Effekt. "Der Narzisst manipuliert die Partnerin gezielt durch Falschinformationen." Für gewöhnlich mit der Intention, sich einen Freiraum - meist sexueller, manchmal aber auch finanzieller Natur - zu schaffen." Das Opfer wird zusehends verunsichert, bis es schließlich seiner eigenen Wahrnehmung nicht mehr traut. Es fühlt sich in der Partnerschaft sehr unwohl, kann das Gefühl aber keinem eindeutigen Grund zuordnen.

Strategien für die Trennung

Wie also kann es gelingen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen? Der Experte plädiert für eindeutige Formulierungen. "Meist ist man zu nett, weil man den anderen nicht verletzen will. Man sagt zum Beispiel: Ich möchte, dass wir Freunde bleiben. Oder: Ich will nicht, dass du leidest." Mit derartigen Formulierungen komme man hier aber nicht weiter. Schon gar nicht, wenn es sich beim Partner um einen Narzissten handelt. Man dürfe nicht zimperlich sein und müsse die Entscheidung, sich trennen zu wollen, in klare Worte fassen. Um dem Gesagten Nachdruck zu verleihen, könne es helfen, ein Tabu, das der von der narzisstischen Persönlichkeitsstörung Betroffene aufgestellt hat, zu brechen oder dies zumindest anzudrohen. Kommt die Botschaft trotz aller Bemühungen beim Gegenüber nicht an, gelte es, härtere Geschütze aufzufahren. Man müsse ihm verständlich machen, dass man es ernst meine und notfalls auch dazu bereit sei, drastischere Maßnahmen zu setzen. "Am besten man sagt oder tut etwas, womit man ihn wirklich verletzt." Will man die Trennung tatsächlich durchziehen, sei Rücksichtnahme im Sinne von "Es darf nicht wehtun" fehl am Platz. Erwischt man einen wunden Punkt des Narzissten, schafft er es in seiner Verletzung schließlich auch, sich vom Partner zu lösen. "Besser ein bisschen zu grob sein als zu wenig deutlich." Denn mit Letzterem würde man den Prozess bloß unnötig in die Länge ziehen.

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