Eine bipolare Störung ist eine psychische Erkrankung, bei der die Stimmung der Betroffenen zwischen zwei Extremen wechselt. Das Sprichwort "Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt" beschreibt dieses Krankheitsbild wohl am besten. Euphorische Hochphasen wechseln sich mit depressiven Episoden ab.
Was ist eine Bipolare Störung?
Bei der bipolaren Störung treten (Hypo)Manie und Depression in unterschiedlicher unvorhersehbarer Abfolge auf, dazwischen gibt es sogenannte „euthyme“ Phasen, in denen Betroffene eine ausgeglichene Stimmung und auch ein normales Energielevel haben. Es ist jedoch leider nicht vorhersehbar, wann und wie lange jede Phase auftritt und anhält.
Welche Anzeichen/Symptome gibt es?
Die Symptome der manischen Phase sehen in der Regel so aus, wobei selbstverständlich nicht alle Symptome zeitgleich auftreten. Insgesamt kann an diesen Verhaltensweisen jedoch eine manische Phase erkannt werden:
- Gesteigerte Aktivität
- Ruhelosigkeit (psychisch und physisch)
- Rededrang
- Ideenflucht (sehr schnelles, sprunghaftes Denken - für Außenstehende sehr schwer zu folgen)
- Gedankenrasen
- Verlust sozialer Hemmungen
- Vermindertes Schlafbedürfnis
- Überhöhte Selbsteinschätzung
Im Gegensatz dazu widerspiegeln diese Symptome eine depressive Phase:
- Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeitsstörungen
- Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
- Gefühle von Schuld und individueller Wertlosigkeit
- Übertriebene / unbegründete Zukunftsängste oder "Schwarzsehen"
- Suizidgedanken und -fantasien
- Selbstverletzungen - Aggressionen gegen sich selbst
- Schlafstörungen
- Verminderter Appetit
- Verminderte Libido
Wie lange dauert eine manische Episode?
Bei der bipolaren Störung treten stets sowohl manische als auch depressive Episoden auf. Die depressive Phase dauert in der Regel mindestens 14 Tage und die manische Phase hält in der Regel mindestens 7 Tage an und ist häufig stark ausgeprägt, was zu negativen Folgen wie etwa Schulden, Eheproblemen, Problemen am Arbeitsplatz, etc. führen kann.
Lesen Sie auch: Manie: Symptome und Verlauf
Manische Episoden persistieren sechs Wochen, majore depressive Episoden 12 und gemischte Episoden 45 Wochen.
Formen der Bipolaren Störung
Insgesamt gibt es zwei Formen der bipolaren Störung - Bipolar I und Bipolar II. Bei einer sogenannten Bipolar-I-Störung haben die Betroffenen ausgeprägte Manien und Depressionen, Bei einer Bipolar-II-Störung kommen ebenfalls Depressionen vor, jedoch im Wechsel mit schwächer ausgeprägten Manien, den sogenannten Hypomanien.
Ursachen
Auslöser für bipolare Störungen sind neben genetischen Dispositionen auch sogenannte "Life Events" - damit ist ein Lebensereignis gemeint, welches hauptsächlich ein belastendes und lebensveränderndes Ereignis darstellt. Zum Beispiel den Tod oder Verlust des Ehepartners, Scheidung, Geburt eines Kindes, berufliche Veränderung, etc.. Also Ereignisse, die das eigene Leben massiv beeinträchtigen und verändern. Zudem spielt die eigenen Vulnerabilität (Verwundbarkeit) eine große Rolle.
Diagnose
Um eine bipolare Störung diagnostizieren zu können, müssen mindestens zwei affektive Episoden vorliegen. Also mindestens eine depressive und eine manische Episode jeweils mit oben dargestellten Symptomen. Davon muss mindestens eine der Episoden hypomanisch (leichte Form der Manie), manisch oder gemischt sein. Sollte nur eine Phase erkannt und diagnostiziert werden können handelt es sich nicht um eine bipolare, sondern um eine unipolare Episode.
Im "DSM-V" (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) ist für die Diagnose einer bipolaren Störung bereits eine manische Episode ausreichend. Es wird hier auch zwischen der Bipolar-I (im Krankheitsverlauf manische Episoden in voller Ausprägung) und Bipolar-II Störung (im Krankheitsverlauf leichte manische Episoden) unterschieden.
Lesen Sie auch: Burnout: Krankschreibung und Dauer
Zur Abklärung einer möglichen Bipolaren Störung wird sich der Arzt zuerst ausführlich mit dem Patienten unterhalten, um die Krankengeschichte zu erheben (Anamnese). Sehr sinnvoll ist es, wenn neben dem Patient auch Angehörige vom Arzt befragt werden (und später in die Behandlung mit einbezogen werden).
Behandlung
Besonders wirksam ist bei einer bipolaren Störung die kognitive Verhaltenstherapie gepaart mit einer, vom Arzt verordneten, Psychopharmakatherapie. Zudem gibt es mittlerweile auch bereits mehrere vorbeugende Medikamente, sogenannte Stimmungsstabilisatoren, welche eine mögliche weitere Entwicklung / Phase in Richtung Manie oder Depression rechtzeitig abfedern können.
Ebenso hilft die Familientherapie und eine gezielte Psychoedukation, um auch die Angehörigen einbeziehen zu können, die durch bipolare Krankheitsbilder in der eigenen Familie / dem eigenen Umfeld selbst ebenfalls massive emotionale Belastungen erleiden und so etwas besser abgeholt und unterstützt werden können.
Medikamente
Eine Selbstmedikation ist hier keinesfalls möglich. Die Einstellung der richtigen Medikamente muss während akuter Phasen, ebenso wie zur gezielten Prophylaxe der Hausarzt übernehmen, respektive wird dieser in der Regel eine Überweisung an einen Neurologen oder Psychiater ausstellen, um so die richtige Behandlung auch tatsächlich garantieren zu können.
Akute manische Phasen werden in der Regel mit Neuroleptika (Antipsychotika) behandelt. Depressive Phasen mit Antidepressiva. Sogenannte Phasenprophylaktika werden verschrieben, um ein potenzielles Rückfallrisiko in eine mögliche erneute Krankheitsphase zu verringern bzw. möglichst ganz zu verhindern.
Lesen Sie auch: Posttraumatische Belastungsstörung – Zeitlicher Verlauf
Im Bereich der Phasenprophylaxe ist Lithium nach wie vor der Goldstandard und sollte in jedem Fall als erste medikamentöse Option in Betracht gezogen werden. Vorteile von Lithium sind die einzigartige positive Wirkung auf Lebensüberdruss und Suizidgedanken, die gute Messbarkeit der Dosierung mittels Spiegelkontrollen und die positive Wirkung auf akute depressive Symptome an sich.
Weitere Therapieansätze
- Lichttherapie: Bei einer depressiven Episode kommt diese Methode zum Einsatz.
- Wachtherapie: Diese Behandlungsform eignet sich ebenso für depressive Episoden.
- Elektrokonvulsionstherapie (EKT): Die EKT ist mittlerweile eine etablierte Therapie bei schweren depressiven und bei manischen Episoden.
- Sport/Bewegungstherapie: Sportliche Aktivität bzw. Bewegung wirkt sich positiv auf die psychische Befindlichkeit aus.
- Entspannungsmethoden: Durch das Erlernen und Ausüben von Entspannungstechniken unter professioneller Anleitung wird gelernt, mit Belastungen besser umzugehen und zur Ruhe zu kommen.
- Ergotherapie: Mittels Ergotherapie soll es Betroffenen möglich gemacht werden, wieder mehr am Leben teilzunehmen.
Umgang als Angehörige/r
Ganz besonders Angehörige sind hier auch enorm betroffen und brauchen Unterstützung. Diese finden Sie beispielsweise beim Fonds "Soziales Wien". Personen, die an einer bipolaren Störung - oder auch manisch-depressiven Erkrankung - leiden, erleben krankhafte Schwankungen in ihrer Stimmungslage, ihrem Energielevel und ihrem Denken.
Wenn Betroffene und das nahe Umfeld sich intensiv mit der Krankheit auseinandersetzen, können sie verstehen und erkennen, wodurch Phasen ausgelöst werden und wann diese auftreten. Dadurch können Betroffene lernen, frühzeitig gegenzusteuern und wieder beginnende Symptome und damit (hypo-)mane und depressive Phasen in den Griff bekommen.
Frühwarnzeichen und Vorbeugung
Auf mögliche Warnsignale zu achten und die Selbstwahrnehmung zu schulen, kann Betroffenen und Angehörigen helfen, Krankheitsepisoden früh zu erkennen und rechtzeitig gegenzusteuern bzw. zu helfen. Gefühl, durch nichts zu stoppen zu sein und alles zu können.
Damit ein möglichst langer Zeitraum zwischen den einzelnen Krankheitsphasen entsteht bzw. diese auch nur in einer milderen Form auftreten, empfiehlt Freisen das Vermeiden von Stress sowie das Schaffen von ausgleichenden Tätigkeiten wie Meditation oder Sport.