Dauer der Heilung einer Psychose

Als Schizophrenien werden psychische Erkrankungen mit ähnlichem Symptommuster bezeichnet, die zur Gruppe der Schizophrenen Spektrumstörungen gehören. Schizophrenie ist heute gut behandelbar, die komplexe, meist chronische Symptomatik ist jedoch nach wie vor eine große Herausforderung.

Unterschiedlichste Therapieformen tragen dazu bei, dass Schizophrenie heute in vielen Fällen eine gut behandelbare Erkrankung ist. Neben der Positiv- und Negativsymptomatik - Wahnideen oder Halluzinationen aufgrund gesteigerter Dopamin Ausschüttung - einerseits, sowie Antriebslosigkeit und Schwierigkeiten, sozial zu interagieren oder zu kommunizieren, andererseits, stellen kognitive Dysfunktionen einen zentralen Symptomkomplex der Schizophrenie dar.

„Das Fehlen dieser kognitiven Kompetenzen führt oftmals zu Problemen im Arbeitsleben oder in der Ausbildung, was die psychosoziale Wiedereingliederung der PatientInnen erschwert, aber auch zu Compliance Einschränkungen“, weiß Wolfgang Fleischhacker.

Schon seit vielen Jahren gibt es in der Psychiatrie einen Diskurs um die Validität und Generalisierbarkeit von Befunden, die sich aus klassischen, randomisierten, oft placebo-kontrollierten Studien mit sehr engen Ein- und Ausschlusskriterien ableiten. Derlei Untersuchungen erproben die Wirksamkeit und Sicherheit von Medikamenten gleichsam unter Idealbedingungen, die Rekrutierung der PatientInnen ist stark eingeschränkt, um möglichst homogene Gruppen zu generieren.

Das bedeutet allerdings auch, dass viele PatientInnen mit Begleitdiagnosen, wie z.B. Diabetes oder Suchterkrankungen, in derlei Studien ausgeschlossen werden.

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Schizophrenie zeigt unterschiedliche Symptome. Zum einen die bekannten, sogenannten Positivsymptome, wie etwa Wahnideen oder Halluzinationen, die auf eine gesteigerte Dopaminausschüttung zurückzuführen sind. Zum anderen leiden an Schizophrenie Erkrankte neben diesen besser bekannten Symptomen sehr häufig auch an sogenannten Negativsymptomen, die von Antriebslosigkeit und Schwierigkeiten, sozial zu interagieren oder zu kommunizieren, gekennzeichnet sind, sowie an kognitiven Einschränkungen.

Die Erkrankung verläuft bei einem Großteil der PatientInnen chronisch und erfordert somit eine Langzeitbehandlung, bei der neben Antipsychotika auch psychosoziale Therapien angezeigt sind und guter Erfolge zeigen.

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse First-Line-Therapie von schizophrenen Psychosen sind atypische Antipsychotika. Zu den in Österreich gebräuchlichsten Wirkstoffen dieser Klasse gehören Amisulprid, Aripiprazol, Olanzapin, Paliperidon, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon und Cariprazin. Da die Wahrscheinlichkeit, einen Rückfall zu erleiden, ohne antipsychotische Medikation etwa viermal höher ist als mit Medikation, wird nach einer ersten psychotischen Episode eine zumindest einjährige Rezidivprophylaxe nach Abklingen aller Symptome empfohlen.

Zu den Nebenwirkungen von Antipsychotika gehören extrapyramidale Symptome wie Rigor, Tremor, Akathisie und teils irreversible Spätdyskinesien, die aber bei den atypischen Antipsychotika viel seltener auftreten, während sie bei den älteren, typischen Antipsychotika häufig beobachtet werden. Aus diesem Grund sollten diese älteren Substanzen nur mehr in Ausnahmefällen verordnet werden.

Im Rahmen einer akuten Psychose kann es auch zu ausgeprägten Unruhezuständen oder Schlafstörungen kommen. In diesen Fällen sind zusätzlich zu den Antipsychotika auch anxiolytisch und schlafanstoßend wirkende Medikamente erforderlich. Diese Substanzen haben prinzipiell das Risiko, dass sich eine Abhängigkeit entwickelt.

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Wie bei jeder längerfristigen Medikation sind Kontrollen wichtiger Laborparameter und des EKG zu empfehlen.

Mit den Ergebnissen zweier neuer, kürzlich im Fachjournal The Lancet Psychiatry erschienener Multicenter Studien, an denen auch Schizophrenie Experte Wolfgang Fleischhacker federführend beteiligt war, soll es gelingen, die medikamentöse Therapie für Schizophrenie PatientInnen zu optimieren.

So auch an der jüngst publizierten, randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Phase 2 Parallelgruppenstudie, die auf kognitive Defizite fokussierte und damit auf einen wesentlichen Prädiktor für die Alltagsfunktionalität bzw. die Langzeitprognose schizophrener PatientInnen.

Obgleich kognitive Störungen bei diesen PatientInnen bereits seit 100 Jahren bekannt sind und mit dem Begriff „Dementia praecox“ („vorzeitige Demenz“) durch den Erstbeschreiber Emil Kraepelin Eingang in die medizinische Literatur fanden, hielten sich Fortschritte bei der Etablierung therapeutischer Interventionen in Grenzen.

BI 425809 lautet die Bezeichnung für ein neues Molekül, das die glutamaterge Übertragung über einen Umweg - die Verfügbarkeit von Glycin, das am NMDA Rezeptor als Co-Agonist wirkt, wird erhöht - steigert, und nun Anlass zur Hoffnung gibtoffH. Eine internationale state of the art Multicenterstudie unter der Leitung von Wolfgang Fleischhacker und Jana Podhorna von Boehringer Ingelheim kann diesem neuen Glyzin Wiederaufnahmehemmer nun erstmals einen positiven Befund für eine Verbesserung der kognitiven Leistung bei chronisch Schizophreniekranken ausstellen - und das bei guter Verträglichkeit.

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In die Studie waren knapp 500 Schizophrenie PatientInnen aus der Innsbrucker Klinik, sowie aus deutschen, US-amerikanischen und japanischen Psychiatriezentren eingeschlossen. Mittels standardisierter, neuropsychologischer Testverfahren (MATRICS - Measurement and Treatment Research to Improve Cognition in Schizophrenia) in Bezug auf Aufmerksamkeit, Gedächtnis, strategisches Planen und abstraktes Denkvermögen war es möglich, einen positiven Effekt auf die kognitiven Leistungen nachzuweisen.

BU: „Die Bedeutung dieser spezifischen kognitiven Symptome wurde lange unterschätzt. Mit den Ergebnissen unserer Studie kommen wir einer modernen Schizophrenie-Behandlung näher“.

Eine zweite, ebenfalls in Lancet Psychiatry publizierte Untersuchung darf als gelungener Versuch zur Optimierung einer bereits seit vielen Jahren etablierten Therapie zur Behandlung schizophrener Spektrum-Störungen gewertet werden.

Die, randomisierte kontrollierte Studie zur vergleichenden Prüfung von Wirksamkeit und Sicherheit von Amisulprid, Aripiprazol und Olanzapin - drei Erstlinientherapie Antipsychotika der neuen Generation - punktet mit ihrem pragmatischen Design, das erstmals den direkten Vergleich dreier Antipsychotika der neuen Generation unter praxisnahen Bedingungen vorsah.

In der an drei norwegischen akademischen Psychiatrie-zentren sowie am Innsbrucker Referenzzentrum gemeinsam durchgeführten Studie waren, dem pragmatischen Studiendesign entsprechend, insgesamt 144 PatientInnen mit Störungen aus dem Schizophrenie Spektrum und Symptomen einer akuten Psychose eingeschlossen.

Das Ergebnis: Amisulprid war im Sinne der beabsichtigten Senkung der bei Schizophrenie auftretenden Positiv- und Negativsymptome (PANSS-Gesamtscore, Positive and Negative Syndrome Scale) nach 52 Wochen signifikant wirksamer als Aripiprazol oder Olanzapin.

Psychosoziale Therapie und Unterstützung

Internationaler Standard in der Psychotherapie von schizophrenen Psychosen ist die kognitive Verhaltenstherapie, was auf die hohe wissenschaftliche Evidenz zu deren Wirksamkeit zurückzuführen ist. Angehörige, die lernen, ihre Kommunikation an die Bedürfnisse des Schizophreniekranken anzupassen (low expressed emotions), können dazu beitragen, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.

Zahlreiche Studien konnten positive Effekte nachweisen, die sich sowohl bei den Patient:innen (z. B. weniger Rückfälle, weniger Spitalsaufnahmen) als auch bei den Angehörigen (z. B. verbesserte Bewältigungsmechanismen) zeigten. Fehlendes Wissen oder falsche Vorstellungen über Schizophrenie können bei den Erkrankten und deren Angehörigen zu Unsicherheit und Widerstand gegen die Behandlung und Rehabilitation führen.

Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass strukturierte Informationsvermittlung über den Verlauf, die Ursachen, den Umgang mit eventuellen Rückfällen sowie die Möglichkeiten von Behandlung und Rehabilitation sich günstig auf die Compliance auswirken. Dies wiederum reduziert das Risiko von Rückfällen und erhöht die Chancen auf berufliche und soziale Wiedereingliederung.

Internationale Studien zeigen, dass Menschen, die unter Schizophrenie leiden, oft nicht oder nur eingeschränkt berufstätig sind. Nach einem längeren Krankenstand fällt es vielen schwer, sofort wieder Vollzeit zu arbeiten.

Seit 2017 gibt es das sogenannte Wiedereingliederungsteilzeitgesetz, das es Menschen, deren Berufstätigkeit für zumindest 6 Wochen durch einen Krankenstand unterbrochen ist, durch eine vorübergehende Reduktion der Wochenarbeitszeit den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben erleichtert. Auf diese Weise kann es gelingen, Schritt für Schritt ins Arbeitsleben zurückzukehren. Die Wiedereingliederungsteilzeit dauert üblicherweise zwischen einem und sechs Monaten. Während dieser Zeit kann die Wochenarbeitszeit um mindestens ein Viertel und maximal die Hälfte der ursprünglichen Normalarbeitszeit reduziert werden. Neben dem Entgelt aufgrund der beruflichen Tätigkeit steht den Arbeitnehmer:innen ein Wiedereingliederungsgeld aus der Krankenversicherung zu.

Jene Kranken, deren Erkrankung einen eher ungünstigen Verlauf nimmt, haben immer wieder Probleme, ohne fremde Hilfe in der eigenen Wohnung zurecht zu kommen. In den letzten 4 Jahrzehnten haben sich daher unterschiedlichste Formen von unterstütztem Wohnen für Menschen entwickelt, die aufgrund einer Schizophrenie Schwierigkeiten im Alltag haben. Die verschiedenen Formen von unterstütztem Wohnen unterscheiden sich durch die Intensität der Betreuung und Art der Einrichtung (z. B. Wohnheim, betreutes Übergangswohnen, Wohngemeinschaft). Viele Erkrankte wollen aber weder bei den Eltern noch in einer Einrichtung leben, sondern in der eigenen Privatwohnung.

In den letzten Jahren haben sich daher in einigen europäischen Ländern Wohnmodelle entwickelt, die nicht auf institutionellem Wohnen basieren, sondern auf einer Unterstützung des Wohnens in der eigenen Privatwohnung (Individual Housing and Support). Ein sogenannter Wohncoach unterstützt, berät und hilft bei Schwierigkeiten in der eigenen Wohnumgebung. Kürzlich veröffentlichte Studien zeigen, dass Individual Housing and Support sich oft auch für die Betroffenen günstig auswirkt (z. B.

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