Psychologische Behandlungsmethoden bei Depressionen

Für die Behandlung von Depressionen stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Zu den wesentlichen Therapiemaßnahmen zählen vor allem Medikamente, meist sogenannte Antidepressiva, und Psychotherapie. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wie Menschen mit Depressionen selbst für ihre Genesung oder vorbeugend gegen Rückfälle sorgen können. Das Wichtigste ist, die passende Behandlung für die persönlichen Bedürfnisse zu finden.

Psychotherapie

Psychotherapie ist eine wissenschaftlich fundierte Heilbehandlung und geht von einer Einheit von Körper und Seele aus. Krankheiten oder Leidenszustände sind demnach entweder Ursache oder Ausdruck eines seelischen Ungleichgewichtes. Es gibt unterschiedliche Methoden der Psychotherapie. Eine Psychotherapie kann einzeln, in der Gruppe oder auch als Paartherapie erfolgen.

Bei einer Psychotherapie sind über Monate hinweg Geduld und Engagement des Patienten gefordert. Wer sich darauf einlässt, überwindet seine Depression aber oft langfristig und verbessert seine psychische Stabilität insgesamt. Bei einer Psychotherapie kann man ganz offen über alle Probleme reden. Manchmal hören die Psychotherapeut:innen einfach nur zu. Gemeinsam versucht man Lösungen zu erarbeiten. Dabei muss man mitarbeiten. Das hilft den Betroffenen, dass sie wieder gesund werden. Es gibt Einzeltherapien und Gruppentherapien. Und es gibt verschiedene Arten von Psychotherapien.

Arten der Psychotherapie

  • Kognitive Verhaltenstherapie: Hier arbeitet man als Patient:in mit seinen Ärzt:innen daran, seine Probleme selbst unter Kontrolle zu bringen. Patient:innen lernen, sich selbst zu beobachten, Probleme zu identifizieren und individuelle Blockaden zu erkennen. Dann werden Alternativen entwickelt und ausprobiert sowie die Denkmuster und Verhaltensweisen neu bewertet: Zum Beispiel indem Patient:innen sich bewusst distanzieren, etwas positiv umdeuten oder ein Problem als Herausforderung sehen.
  • Interpersonelle Psychotherapie (IPT): Dies ist ein evidenzbasierter, Leitlinien-empfohlener Ansatz zur Behandlung von Depressionen. Die Interpersonelle Psychotherapie nach Klerman und Weissman gehört zu den am umfassendsten untersuchten und wirksamsten psychologischen Depressionstherapien.

Der Behandlungsablauf der IPT ist in vier Abschnitte gegliedert:

  1. In der ersten Phase geht es um die akute Entlastung und Hoffnungsvermittlung.
  2. In der zweiten Phase wird das vordergründige Problemfeld bearbeitet und emotional bewältigt.
  3. In der dritten Phase wird das Erlernte zusammengefasst und das Ende der Akuttherapie besprochen.
  4. In der vierten Phase dreht es sich schließlich um die Erhaltung des Zustands und die Vermeidung eines Rückfalls (einer so genannten Remission).

Klinisch-psychologische Behandlung

Die klinisch-psychologische Behandlung setzt an dem durch die Depression veränderten Erleben (Denken, Fühlen) und Verhalten an. Nach Erstellen eines gemeinsamen Behandlungsziels wird ein Behandlungsplan erstellt, mit dessen Hilfe die Depression bewältigt werden kann.

Psychiatrische medizinische Behandlung

Eine psychiatrische medizinische Behandlung umfasst Diagnostik, Aufklärung, Beratung und medikamentöse Behandlung. Für die Diagnose einer Depression berücksichtigen Ärztinnen oder Ärzte unter anderem den Schweregrad und die Dauer der Symptome. Die Ärztin oder der Arzt fragt nach Symptomen und wie lange sie bestehen. Sie oder er erkundigt sich zudem nach der Lebenssituation und möglichen Problemen bei der Alltagsbewältigung. Die Ärztin oder der Arzt schließt auch andere mögliche Erkrankungen aus bzw. Zudem ist es wesentlich, organische Ursachen für die Depression auszuschließen - z.B. durch ein Schädel-Hirn-Trauma. Es können auch Fragebögen zum Einsatz kommen, um die Stellung der Diagnose zu unterstützen.

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Schweregrade der Depression

Fachleute teilen Depressionen in drei Schweregrade ein:

  • Leichte depressive Episode: Mindestens zwei oder drei der oben angegebenen Symptome sind vorhanden.
  • Mittelgradige depressive Episode: Vier oder mehr der oben angegebenen Symptome sind vorhanden.
  • Schwere depressive Episode: Darunter verstehen Fachleute eine depressive Episode mit mehreren oben angegebenen quälenden Symptomen. Der Verlust des Selbstwertgefühls und Gefühle von Wertlosigkeit sowie Schuld sind stark ausgeprägt. Suizidgedanken sowie Suizidhandlungen sind häufig. Bei einer schweren depressiven Episode können auch psychotische Beschwerden auftreten. Dazu zählen zum Beispiel Halluzinationen oder Wahnideen. Aber auch Bewegungsstörungen oder ein Stupor können vorhanden sein. Der Alltag ist stark beeinträchtigt.

Die Ärztin oder der Arzt legt mit der betroffenen Person Ziele der Behandlung fest. Die Ziele können sich auch im Verlauf der Behandlung ändern. Milderung bzw.

Medikamentöse Behandlung

Sogenannte Antidepressiva sind Medikamente gegen Depressionen, denen ein ähnliches Prinzip zugrunde liegt. Diese sollen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen die Konzentration von sogenannten Neurotransmittern im Gehirn, vor allem von Serotonin bzw. Noradrenalin oder Dopamin, erhöhen.

Arten von Antidepressiva

  • Nicht selektive Monoamin-Rückaufnahme-Inhibitoren (NSMRI) erhöhen die Konzentration von Serotonin und Noradrenalin.
  • Alpha2-Rezeptor-Antagonisten: Diese erhöhen ebenfalls die Konzentration von Serotonin und Noradrenalin.
  • Monoaminooxidase-Inhibitoren (MAO-Hemmer): Diese blockieren die Wirkung des Enzyms Monoaminooxidase.

Es dauert ungefähr 14 Tage, bis Antidepressiva wirken. Nach ungefähr drei bis vier Wochen rechnet man mit der vollen Wirkung. Dann bespricht die Ärztin oder der Arzt mit der betroffenen Person, ob die Symptome weniger geworden sind. Studien zeigen, dass Antidepressiva Beschwerden einer Depression lindern und Rückfälle verhindern können. Jedoch wirken sie nicht bei allen Betroffenen gleich gut. Ein Teil hat weiterhin Beschwerden. Tritt eine Wirkung nach ca.

Bei der Behandlung einer Depression können auch andere Medikamente als Antidepressiva zum Einsatz kommen. Auch Benzodiazepine oder Antipsychotika können zur Anwendung kommen. Zum Beispiel zur Beruhigung oder bei einer Psychose im Rahmen einer Depression. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt klärt Sie über die Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie Nutzen und Risiko der Medikamente auf.

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Weitere Behandlungsmethoden

  • Elektrokonvulsionstherapie (EKT): Bei der Elektrokonvulsionstherapie, kurz EKT oder auch Elektrokrampftherapie genannt, erfolgt in einer Kurznarkose eine Verabreichung von Stromimpulsen über Elektroden an der Kopfhaut. Dies führt zu einem Krampfanfall. Eine Therapieserie besteht aus ca. acht bis zwölf Einzelbehandlungen. Diese werden meist zwei- bis dreimal pro Woche durchgeführt. Die EKT kann für einige Wochen das Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigen.
  • Repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS): Bei der repetitiven Transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) wird eine Spule an die Kopfhaut angelegt. Diese erzeugt elektromagnetische Impulse, die wiederholt verabreicht werden. Dafür ist keine Betäubung bzw. Narkose notwendig. Ein Behandlungszyklus umfasst fünf Sitzungen pro Woche, die 20 bis 30 Minuten dauern. Die Behandlung erfolgt über drei bis sechs Wochen. In seltenen Fällen kann es zu einem Krampfanfall kommen.
  • Bewegungstherapie und sporttherapeutische Maßnahmen: Neben Bewegungstherapie hat sich vor allem Sport in der Gruppe als sporttherapeutische Maßnahme bewährt.
  • Musiktherapie: Bei der Musiktherapie kommen musikalische Mittel zum Einsatz.
  • Lichttherapie: Bei Depressionen, die einen Zusammenhang mit den Jahreszeiten zeigen, empfehlen Fachleute mitunter Lichttherapie. Diese hat das Ziel, den Spiegel der Hormone Serotonin und Melatonin zu regulieren. Am häufigsten kommt bei der Lichttherapie ein Licht von hoher Lichtstärke zum Einsatz. Fachleute raten zu einer Lichtstärke von ca. 10.000 Lux. Für die Lichttherapie gibt es zum Beispiel sogenannte Tageslichtlampen, aber auch etwa Lichtmasken oder Lichtbrillen. Die Häufigkeit und Dauer der Lichttherapie hängen vom jeweiligen Gerät ab. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt berät Sie, wie Sie zu einem hochwertigen Gerät kommen und was bei der Anwendung zu beachten ist.
  • Schlafentzugstherapie: Diese findet in einem Krankenhaus auf einer Station oder in einer spezialisierten Ambulanz statt. Dabei kommt es zu einem Schlafentzug über die ganze Nacht oder in der zweiten Nachthälfte.

Therapieresistenz

Die Ärztin oder der Arzt klärt Sie über Möglichkeiten der Behandlung auf, falls die Therapie nicht gut anspricht bzw. wirkt. Fachleute sprechen in dem Zusammenhang von Therapieresistenz. Diese liegt vor, wenn mindestens zwei unterschiedliche Antidepressiva aus unterschiedlichen Wirkstoffklassen nicht zum Therapieerfolg geführt haben. Ist eine Rückbildung der Symptome nicht möglich, konzentriert sich die Therapie meist auf eine möglichst gute Kontrolle der Symptome und Verbesserungen der Teilnahme am Alltagsleben. Die Therapie richtet sich dabei individuell nach den Patientinnen bzw. Es kann sein, dass Psychotherapie zusätzlich zu Medikamenten eine Empfehlung ist. Oder dass die Ärztin oder der Arzt zusätzlich zum Antidepressivum andere Medikamente verschreibt, zum Beispiel den Wirkstoff Quetiapin. Dieser wirkt auch antipsychotisch. Zudem ist eine repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS) eine Möglichkeit. Bei einer mittelgradigen bis schweren depressiven Episode, die auf mehrere durchgeführte Behandlungsversuche nicht angesprochen hat, schlägt die Ärztin oder der Arzt gegebenenfalls zusätzlich zu einem Antidepressivum Esketamin vor. Die Verabreichung von Esketamin erfolgt im Krankenhaus, eventuell in einer Ambulanz. Auch Ketamin als Infusion kann zum Einsatz kommen. Die Ärztin oder der Arzt sucht zudem nach Ursachen, warum die Therapie bis jetzt nicht gut gewirkt hat.

Weitere Hilfen

Zudem können Selbsthilfegruppen u.a. durch gegenseitigen Austausch entlasten. Wenn die Patientin oder der Patient damit einverstanden ist, können Angehörige in die Behandlung eingebunden werden. Zum Beispiel klärt die Ärztin oder der Arzt diese über die Erkrankung auf.

Phasen der Therapie

  • Akuttherapie: Diese dient u.a. der Linderung des Leidensdrucks, der Behandlung der Symptome, Wiederherstellung der beruflichen sowie psychosozialen Leistungsfähigkeit sowie sozialer Teilhabe. Die Akuttherapie findet statt, bis die Symptome deutlich zurückgehen bzw. nicht mehr vorhanden sind. Kommen Medikamente zum Einsatz, erfolgt die medikamentöse Einstellung.
  • Erhaltungstherapie: Nach einer Akuttherapie erfolgt eine weiterführende Einnahme der Medikamente über vier bis neun Monate bzw. Weiterführung bei Psychotherapie.
  • Rückfall-Vorbeugung: Vor allem bei einem hohen Risiko eines Rückfalls bzw. eines chronischen Verlaufs rät die Ärztin oder der Arzt zu einer Rückfall-Vorbeugung. Diese kann mehrere Jahre andauern. Die Einnahme der Medikamente wird so fortgesetzt, wie sie bisher gut gewirkt hat.

Die Behandlung verläuft nicht immer nach einem bestimmten Schema. Es kann sein, dass die Ärztin oder der Arzt im Verlauf der Behandlung eine Anpassung der Maßnahmen vorschlägt.

Behandlung je nach Schweregrad

  • Behandlung einer leichten depressiven Episode: Hier können etwa ärztliche Gespräche, Psychoedukation oder psychotherapeutische Beratung ausreichend sein. Fachleute empfehlen Psychotherapie, wenn: Die Patientin oder der Patient diese Maßnahmen ablehnt, diese Möglichkeiten nicht ausreichen, Psychotherapie schon früher geholfen hat oder das Risiko für eine Verschlechterung absehbar ist. Bei leichten Depressionen schlägt die Ärztin oder der Arzt Antidepressiva zusätzlich nur unter besonders kritischer Abwägung von Nutzen und Risiko vor. Antidepressiva kommen auch zum Einsatz, wenn eine Psychotherapie abgelehnt wird.
  • Behandlung einer schweren depressiven Episode: Hier empfehlen Fachleute eine Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten. Wird eines von beiden abgelehnt, erfolgt entweder Psychotherapie oder Medikamenteneinnahme allein.

Selbsthilfe

Auch ohne Behandlung kann eine Depression nach einiger Zeit wieder abklingen. Es kann schwer sein, sich zu überwinden, Hilfe zu suchen. Ein strukturierter Tagesablauf unterstützt im Alltag.

Hilfe für Angehörige

Auch für Angehörige kann es sehr schwer sein, wenn ein nahestehender Mensch an einer Depression erkrankt. Depressionen eines Elternteils können etwa Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben. Es kann z.B. zu einer verlangsamten Entwicklung, Verhaltensauffälligkeiten oder Problemen in der Schule kommen.

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Wichtige Hinweise

  • Die Gespräche mit Ärzt:innen sind vertraulich! Ärzt:innen und Therapeut:innen unterliegen der Schweigepflicht. Sie dürfen also nichts weitererzählen, auch nicht Ihrem Arbeitgeber, Angehörigen oder sonst jemandem. Sie können also ganz offen über sich und Ihre Gefühle reden.
  • Die passende Therapie bringt gute Erfolge! Drei Viertel der Patient:innen sind im Schnitt nach vier bis sechs Monaten wieder vollkommen gesund. Eine auf die:den jeweilge:n Patient:in zugeschnittene Therapie ist dafür Voraussetzung. Bitte beachten Sie, dass jede Depression anders verläuft: Es ist ganz unterschiedlich, wie lange sie dauert und wie schwer sie ist.
  • Bei Rückschlägen einfach weitermachen! Auf dem Weg der Besserung kann es Ihnen auch einmal wieder schlechter gehen. Das ist ein Teil der Krankheit. Aber wie mit einem Rückschlag umgehen? Machen Sie einfach mit dem Therapieplan weiter wie vorher. Auch ein Rückschlag geht vorbei. Und Sie sind nicht alleine damit: Ihre Ärzt:innen und Therapeut:innen können Sie in schweren Zeiten unterstützen.

Fragen an Ihre Ärzt:innen

Hier finden Sie wichtige Fragen an Ihre Ärzt:innen:

  • Welche Art von Depression habe ich?
  • Welche Behandlungen gibt es?
  • Welche Arten von Psychotherapie gibt es?
  • Wie erkenne ich, ob mein:e Psychotherapeut:in die:der richtige für mich ist?
  • Gibt es auch wirksame Behandlungen ohne Medikamente?
  • Muss ich Medikamente nehmen?
  • Welche möglichen Nebenwirkungen können sich bei den Medikamenten zeigen?
  • Was muss ich beachten, wenn ich noch andere Medikamente einnehme?
  • Welche verschiedenen Arten von Medikamenten gibt es?
  • Wie unterscheiden sich die verschiedenen Medikamente in der Wirkung?
  • Soll ein anderer Gesundheitsberuf bei meiner Behandlung miteinbezogen werden?
  • Welche anderen Krankheiten können neben einer Depression auftreten?
  • Was soll ich in der Ausbildung, in der Arbeit und zu Hause beachten?
  • Wie soll ich anderen Menschen meine Krankheit erklären?
  • Was kann ich tun, wenn ich eine Krise oder einen Notfall habe?
  • An wen kann ich mich wenden, wenn ich Gedanken an Suizid habe?

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