Wann wird eine Depression besser: Behandlung und Perspektiven

Depressionen sind komplexe klinische Zustandsbilder, die die Medizin in zunehmendem Maße beschäftigen. Nachdem bis zu 60 Prozent aller depressiven Patienten nicht ausreichend auf die initiale antidepressive Psychopharmakotherapie ansprechen, stellt „Behandlungsresistenz“ eine der wichtigsten klinischen Herausforderungen im Management der depressiven Störung dar. Um eine Remission bzw. ein zufriedenstellendes Therapieansprechen zu erreichen, ist in der klinischen Routine der Einsatz effektiver psychopharmakotherapeutischer als auch nicht pharmakologischer und sozialer Interventionen entsprechend der individuellen Bedürfnisse der Betroffenen unentbehrlich.

Herausforderungen bei der Behandlung von Depressionen

Nur rund ein Drittel der Patienten mit Depressionen erreichen unter einer pharmakologischen Behandlung mit einem Antidepressivum eine vollständige Remission. In der Literatur finden sich 20 bis 30 Prozent, die partiell ansprechen. Depressionen, die nur unzureichend oder gar nicht auf therapeutische Interventionen ansprechen, stellen Behandler vor eine Reihe von Herausforderungen.

Der Begriff der therapieresistenten Depression

Der Begriff der „therapieresistenten Depression“ ist in diesem Zusammenhang problematisch, da bis dato unterschiedlichste Definitionen dieses Begriffs existieren und zudem Überlappungen mit dem Terminus „therapierefraktäre“ Depression“ bzw. „chronische Depression“ häufig anzutreffen sind. Alle vier Begriffe werden in der Praxis häufig unter dem Terminus „therapieresistente Depression“ zusammengefasst. In Studien finden sich Prävalenzen zwischen 15 bis 30 Prozent der Patienten, die an komplexen Depressionen erkrankt sind.

Faktoren, die eine Therapieresistenz begünstigen

Um eine therapieresistente Depression zu diagnostizieren und behandeln zu können, müssen mehrere Faktoren Berücksichtigung finden. So hat die Group of Study Resistant Depression (GSRD) aufgrund einer empirischen Untersuchung an etwa 1000 Patienten mit einer therapieresistenten Depression die in veschiedenen Zentren in Europa untersucht wurden mehrere Faktoren erarbeitet, die die Entwicklung einer therapieresistente Depression begünstigen:

  • Komorbidität mit Angsterkrankungen allgemein
  • Komorbidität mit Panikstörungen
  • Komorbidität mit sozialer Phobie
  • Komorbidität mit Persönlichkeitsstörung
  • Risiko für Suizid
  • Schwere der Erkrankung
  • Anzahl der Hospitalisierungen
  • wiederkehrende Episoden
  • früher Krankheitsbeginn (18 vs.

Erschwerend kommt hinzu, dass eine antidepressive Behandlung auch heute noch in einer zu geringen Dosis und zu wenig lang verordnet wird, wodurch der Eindruck einer „Therapieresistenz“ auf ein Antidepressivum vermittelt wird. Nicht zuletzt spielt natürlich die Compliance/Adhärenz des Patienten eine wesentliche Rolle.

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Checkliste zur Überprüfung der Medikation

  1. Wurde die Medikation lange genug und in ausreichend hoher Dosis eingenommen? Hier empfiehlt sich zudem die Überprüfung der Plasmaspiegel, was für die meisten Antidepressiva möglich ist.
  2. Weist der Patient internistische Komorbiditäten auf - und nimmt er Medikamente ein?
  3. Besteht die Gefahr einer Polypharmazie?
  4. Handelt es sich womöglich um eine Depression mit atypischen Symptomen.

Definitionen und Abgrenzungen

Die Abgrenzung zwischen Therapieresistenz und Therapierefraktärität ist schwierig, jedoch anhand therapierelevanter Kriterien möglich.

  • Unzureichendes Ansprechen (EMA-Terminologie: Inadäquate Response): Wird bei Vorliegen einer Depression ein antidepressives Medikament in einer ausreichenden Dosis und und Zeitraum verabreicht, das keine ausreichende Wirkung zeigt, so macht es Sinn, ein weiteres Medikament dazu zu verordnen.

Therapierefraktäre Depression

Als therapierefraktäre Depression wird z.B. von Thase und Rush in einem fünfstufigen Verfahren Folgendes bezeichnet:

  1. Versagen eines adäquaten Therapieversuchs mit modernen Antidepressiva (SSRI)
  2. 1. plus Versagen eines adäquaten Therapieversuchs mit einem Antidepressivum einer anderen Substanzklasse
  3. 2. plus Versagen eines adäquaten Therapieversuchs mit Trizyklika
  4. 3. plus Versagen eines adäquaten Therapieversuchs mit MAO-Hemmer
  5. 4.

Behandlungsstrategien bei therapieresistenten Depressionen

Für das Management einer echten therapieresistenten Depression steht, im Einklang mit Empfehlungen der aktuellen international anerkannten Richtlinien, eine Reihe an Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Dabei stellt die Optimierung der bestehenden Behandlung mit einem Antidepressivum die erste therapeutische Option dar. Serumspiegel zu erheben ist wichtig um ev. In einem zweiten Schritt wird vorgeschlagen zu einem anderen Antidepressivum zu wechseln.

Der Wechsel des Antidepressivums soll aber vorwiegend bei Auftreten von inakzeptablen Nebenwirkungen und nicht so sehr bei Nichtwirksamkeit erfolgen.

  • Eine Umstellung von einem SSRI auf ein anderes SSRI wird bisher kontrovers beurteilt.
  • Eine Umstellung auf ein „stärker wirksames“ Antidepressivum kann in Erwägung gezogen werden. Hier ist zu Beginn die Frage zu stellen, wie „potentere Antidepressiva“ überhaupt definiert werden können.

Montgomery et al haben 2007 versucht, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Mit Hilfe eines Algorithmus wurde versucht, die Wirksamkeit der einzelnen zu dieser Zeit auf dem Markt befindlichen Antidepressiva zu untersuchen. Dabei stellte sich heraus, dass Clomipramim, Escitalopram und Venlafaxin zu den wirksamsten Antidepressiva gehören. Allerdings scheint der klinische Vorteil gemessen in NNT = number needed to treat mit einem NNT von 24 nicht besonders groß zu sein (Papakostas et al. Biol Psychiatry 2007). Aus heutiger Sicht, und aufgrund der vorliegenden Datenlage, sollte der Augmentationsbehandlung mit neueren Antipsychotika (dabei liegen Daten für Quetiapin XR, Olanzapin und Aripiprazol vor) der Vorzug vor dem Wechsel des Antidepressivums gegeben werden. Während in den USA von der FDA eine Indikation für Quetiapin XR, Aripiprazol und Olanzapin erteilt wurde liegt für Europa durch die EMA lediglich diese Indikation für Quetiapin vor. Der Unterschied zwischen diesen beiden bedeutenden Zulassungsbehörden liegt u.a.

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Bei einem ungenügenden Ansprechen auf eine Mono- oder Kombinationstherapie verschiedener Klassen von Antidepressiva hat sich über viele Jahre die Augmentationstherapie mit Lithium bewährt. Deshalb galt diese Therapie bei komplexer Depression als Mittel der ersten Wahl. Die Ansprechraten betragen bis zu 50 Prozent.

  • Die Aripiprazol, Olanzapin und Quetiapin Augmentation hat die meisten Daten und werden deswegen als Strategien der 1.
  • Lithium und T3 in der Augmentation der TZA sind zu empfehlen.

Kann auch hier kein befriedigendes Ansprechen erreicht werden, ist die Kombination mehrerer unterschiedlicher Antidepressiva möglich. Hierzu gibt es aber nur Evidenz zu Mianserin (unter Berücksichtigung des Agranulozytose -Risikos) und dessen Weiterentwicklung Mirtazapin in Kombination mit einem SSRI oder einem TZA, wobei nicht zu lange auf den Einsatz der EKT gewartet werden soll.

Pseudoresistenz ausschließen

Spricht ein depressiver Patient nicht auf die verordnete Therapie an, so kann es sich um eine therapieresistente Depression handeln (TRD) - mitunter liegt aber auch eine Pseudoresistenz vor. Bei unzureichendem Ansprechen auf die antidepressive Behandlung kann nicht immer von einer TRD ausgegangen werden. Als allererster Schritt sollte immer die sogenannte „Pseudoresistenz“ ausgeschlossen werden. Pseudoresistenz stellt einen mangelnden Behandlungserfolg dar, welcher meistens durch ungenügende Dosierung oder Behandlungsdauer der laufenden antidepressiven Therapie, Non-Adhärenz, unzureichende Medikamentenspiegel im Blut, Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen, aktuelle psychosoziale Belastungen sowie relevante und ev. nicht entsprechend behandelte psychiatrische und/oder somatische Komorbiditäten verursacht wird.

Durch Medikamentenspiegelbestimmungen im Blut (Therapy Drug Monitoring = TDM) können mögliche Abweichungen in der Metabolisierung aufgrund von Enzymvarianten v.a. des Cytochrom- P450-Systems in der Leber identifiziert werden. In Zusammenhang mit einer TRD ist die beschleunigte Metabolisierung (=ultra-rapid metabolization) von besonderer Bedeutung, auf welche oft niedrige Medikamentenspiegel im Blut trotz adäquater Dosierung hinweisend sind. Die Evaluierungsschritte einer Pseudoresistenz sind in Tabelle auf Seite 12 dargestellt. Nach Ausschluss einer Pseudoresistenz sollte das Ausmaß des unzureichenden Therapieansprechens genau eingestuft werden.

Einstufung des Therapieansprechens

Im Jahr 2013 wurde ein praktischer Ansatz für die Beurteilung einer insuffizienten Therapieresponse beschrieben, um die möglichen, gerade in letzter Zeit erarbeiteten Behandlungsoptionen, für jeden Patienten optimal einsetzen zu können.

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  • Inadäquate Response: Patient spricht auf eine adäquate antidepressive Therapie nur ungenügend an.
  • Dysthymie: Mindestens zwei Jahre anhaltende depressive Verstimmung, welche weder ausreichend schwer noch bezüglich einzelner Phasen anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen bzw.

Messung des Therapieerfolgs

Besonders relevant innerhalb der von internationalen psychiatrischen Fachgesellschaften wie der World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP) erstellten Kriterien für Therapieansprechen sind die Montgomery-Åsberg-Depressionsskala (MADRS) und die Hamilton-Depressionsskala (HAMD). Von einer Remission wird gesprochen, wenn der HAMD-Gesamtscore einen Wert von höchstens sieben erreicht. Eine Non-Response wird als eine Symptomreduktion von höchstens 25 Prozent bezeichnet.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Begriff „Therapieresistenz“ im Regelfall nach dem Scheitern von zwei adäquaten Therapieversuchen verwendet wird. Das europäische Forschungskonsortium „European Group for the Study of Resistant Depression (GSRD)” implementierte ein Staging- Modell, demzufolge Therapieresistenz als unzureichendes Ansprechen auf mindestens zwei konsekutive adäquate antidepressive Behandlungen, unabhängig von der verordneten antidepressiven Substanzgruppe, definiert wird.

Therapiealgorithmen und Behandlungsschritte

Um den gesamten Behandlungsprozess möglichst effektiv zu gestalten und das Therapieansprechen zu optimieren, wurden in den letzten Jahren von internationalen psychiatrischen Fachgesellschaften wie der WFSBP Therapiealgorithmen erarbeitet. Im Rahmen der Psychopharmakotherapie sollte die Evaluierung der Effektivität der initialen antidepressiven Behandlung in der Regel zwei bis vier Wochen nach Erreichen der Zieldosis erfolgen.

Nach Ausschluss einer Pseudoresistenz hat sich bei insuffizientem Therapieansprechen die Augmentationstherapie (Verabreichung einer zusätzlichen Substanz zur laufenden antidepressiven Therapie) mit Antipsychotika der zweiten Generation bzw. Außerdem wird die Kombinationstherapie von Antidepressiva mit verschiedenen Wirkungsmechanismen, wie z.B. Selektive Serotonin-Wiederaufnahme- Hemmer (SSRIs) bzw. Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme- Hemmer (SNRIs) in Kombination mit Mirtazapin bzw. Trazodon, als eine effektive Behandlungsmethode bei Nichtansprechen empfohlen. Darüber hinaus wird derzeit eine Augmentationstherapie mit Schilddrüsenhormonen von den WFSBP-Guidelines als legitim erachtet, wenn die initiale antidepressive Monotherapie nicht den erwünschten therapeutischen Effekt erbringen konnte. Hierbei ist jedoch die Beachtung potenzieller unerwünschter Nebenwirkungen wie z.B.

In Zusammenhang mit einer Augmentations- bzw. Kombinationstherapie hat sich sowohl in der klinischen Routine als auch in wissenschaftlichen Fachkreisen der Begriff der „Add-on“ Therapie etabliert, welcher die Behandlung mit einem zweiten Psychopharmakotherapeutikum, das zusätzlich zur bestehenden antidepressiven Therapie verordnet wird, beschreibt. Hingegen können weitere in der klinischen Routine häufig angewendete Therapieansätze, wie z.B.

Psychopharmakotherapie mit Antidepressiva

Antidepressiva stellen die Therapieoption der ersten Wahl in der Behandlung der unipolaren Depression dar. Die Effektivität konnte in einer Vielzahl von international durchgeführten klinischen Studien und Metaanalysen gezeigt werden. Bei der Auswahl des Antidepressivums sollten die klinische Symptomatik, psychiatrische und somatische Komorbiditäten, Nebenwirkungsprofile der jeweiligen Substanzen sowie die bisherigen Therapieerfahrungen der Patienten (Ansprechen, Verträglichkeit) berücksichtigt werden. Aufgrund ihrer mehrfach nachgewiesenen Effektivität und guten Verträglichkeit werden SSRIs als Antidepressiva der ersten Wahl betrachtet. Für Patienten mit Ein- und Durchschlafstörungen sind Antidepressiva mit sedierenden Eigenschaften wie z.B. das NaSSA Mirtazapin oder das SARI Trazodon geeignet.

Bei Patienten mit einer ausgeprägten Antriebslosigkeit stellen wiederum Antidepressiva mit einem noradrenergen Wirkmechanismus wie z.B. die SNRIs Venlafaxin, Milnacipran oder Duloxetin eine sinnvolle Therapieoption dar. Agomelatin verfügt als ein MT1-, MT2-Rezeptoragonist und ein 5-HT2c-Rezeptorantagonist über gute antidepressive Effekte und wirkt sich sehr positiv auf die Schlafqualität aus. Im Vergleich zu den moderneren Substanzen wie z.B. SSRIs, SNRIs, NaSSAs, NDRIs, SARIs sowie Agomelatin und Vortioxetin, welche über ein günstiges Nebenwirkungsprofil verfügen, weisen TZAs wesentlich mehr unerwünschte Nebenwirkungen auf, wobei das cholinerge Spektrum besonders erwähnenswert ist. Daher stellen TZAs eine „Second-Line“-Therapieoption dar. Im Rahmen einer antidepressiven Behandlung mit dem irreversiblen MAO-I Tranylcypromin ist auf die Einhaltung einer tyraminarmen Diät sowie auf das Risiko eines Serotonin- Syndroms im Falle einer Kombination mit Antidepressiva, die ihre Wirksamkeit über eine Monoamin-Wiederaufnahmehemmung ausüben, hinzuweisen.

Augmentationstherapie mit Antipsychotika der zweiten Generation

Antipsychotika der zweiten Generation, die im Rahmen einer Augmentationstherapie zusätzlich zu Antidepressiva verabreicht werden, verstärken nachweislich ihre antidepressive Wirksamkeit. Es ist hierbei erwähnenswert, dass bei depressiven Patienten in der Regel geringere Dosierungen als in der Behandlung einer Schizophrenie notwendig sind (z.B. Quetiapin XR 50-300mg tgl., Aripiprazol 2,5-10mg tgl., Olanzapin 2,5-10mg tgl.). Es sollte jedoch auf die höhere Vulnerabilität für das Auftreten von ev. Nebenwirkungen (metabolische Veränderungen, extrapyramidal-motorische Symptomatik) geachtet werden.

Augmentationstherapie mit Lithium

Lithium ist sowohl in den USA als auch in Europa für die Augmentationstherapie im Rahmen einer depressiven Störung zugelassen. Bei Patienten mit einer bipolaren Depression ist von Lithium eine hohe Effektivität zu erwarten. Darüber hinaus verfügt Lithium über eine sehr gute antisuizidale Wirksamkeit, welche unabhängig von der Grunderkrankung beobachtet werden konnte. Im Rahmen einer Augmentationstherapie mit Lithium empfehlen die meisten Behandlungsleitlinien einen niedrigeren Lithium-Spiegel als in der Behandlung einer akuten Manie, welcher im Zielbereich von 0,6-0,8mmol/l liegen sollte. Mit einem Behandlungseffekt kann nach etwa zwei bis vier Wochen in der erwünschten Zieldosis gerechnet werden und bei guter Wirksamkeit wird eine Fortführung dieser Add-on-Therapie für mindestens zwölf Monate empfohlen. Aufgrund einer engen therapeutischen Breite von Lithium sollten im Therapieverlauf regelmäßige Spiegelkontrollen im Blut durchgeführt werden.

Kombinationstherapie

Die internationalen Therapierichtlinien empfehlen eine Kombinationstherapie nur dann, wenn zwei antidepressive Substanzen mit verschiedenen Wirkungsprofilen kombiniert werden. Beispielsweise hat sich die Kombinationstherapie mit einem SSRI und Mirtazapin mehrfach als sehr wirksam erwiesen, während die Kombinationstherapie mit Venlafaxin und Mirtazapin mit einem potenziell höheren Risiko für die Entwicklung unerwünschter Nebenwirkungen assoziiert wurde. Eine Kombinationstherapie mit einem MAO-I und SSRIs oder anderen serotonerg wirksamen Antidepressiva (z.B.

Dosiseskalation

Dosiseskalation wird derzeit von den aktuellen internationalen Therapierichtlinien nicht als eine evidenzbasierte Behandlungsstrategie der TRD empfohlen. Die Effektivität einer Dosiseskalation scheint von der jeweiligen Substanzklasse der Antidepressiva abzuhängen. Während eine rezent durchgeführte Metaanalyse für Monoamin-Wiederaufnahme-Hemmer keinen Wirksamkeitsnachweis für eine Dosissteigerung aufzeigen konnte, existieren positive Studienergebnisse für TZAs, MAO-I sowie Venlafaxin und teilweise auch SSRIs.

Switching

Die Umstellung eines Antidepressivums auf ein anderes im Rahmen einer antidepressiven Monotherapie kann derzeit nicht als evidenzbasierte Therapieoption bei TRD angesehen werden. Laut aktueller internationaler Therapierichtlinien sollte Switching nur bei absoluter Non-Response bzw. bei Auftreten von nicht tolerablen Nebenwirkungen angewendet werden.

Off-Label-Behandlung mit Ketamin

Ketamin konnte bereits mehrfach in klinischen Phase-III-Prüfungen eine rasche antidepressive und eine antisuizidale Wirksamkeit beweisen. Patienten, welche unter einer unipolaren und bipolaren Depression leiden und bei denen die bisher angewendeten konventionellen Behandlungsoptionen entweder ausgeschöpft oder nicht verfügbar sind, können von einer Off-Label-Therapie mit Ketamin profitieren. Die Rechtslage verlangt, dass die Aufklärung und das Einverständnis der Patienten im Rahmen einer schriftlichen Einverständniserklärung, welche sowohl von Patienten als auch von behandelnden Ärzten unterschrieben wird, festgehalten werden sollte. Neben sorgfältiger psychiatrischer Untersuchung, internistischem Status, Routine- Labor, Harnlabor und EKG empfiehlt sich in der Vorbereitung die Vorlage von Depressionsskalen (HAMD oder MADRS bzw. Beck-Depressions-Inventar). Bei klinischem Ansprechen, d.h. bei zumindest 50-prozentiger Reduktion des Basiswerts einer Skala, gemessen z.B. am Abend oder darauffolgenden Tag nach Ketamingabe, kann eine Wiederholung zwei- bis dreiwöchentlich bis zur vollständigen Remission erwogen werden. Bei Nichtansprechen kann eine Dosiserhöhung auf 1mg/kg KG erfolgen, jedenfalls sollten bei Nichtansprechen nicht mehr als drei bis max. fünf Therapieversuche durchgeführt werden. Die Behandlung sollte in einem stationär- oder zumindest tagesklinisch-psychiatrischen Setting stattfinden; eine ambulante Therapie ist aufgrund potenzieller Vigilanzminderung nach Ketamingabe aktuell nicht empfehlenswert. Bei der Verabreichung ist auf ein angenehmes und ruhiges, womöglich ungestörtes Setting und ausreichende Vorbereitung durch die behandelnden Ärzte zu achten, sodass ev. Vor Infusionsbeginn sowie 15-minütig währenddessen sollten Vitalparameter (RR, sO2, HF) dokumentiert werden, sodass bei einem klinisch relevanten Blutdruckanstieg die Ketamininfusion rechtzeitig unterbrochen werden kann. Signifikante Sauerstoffsättigungsabfälle sind nicht zu erwarten, da Ketamin kaum atemdepressiv wirkt. Als weitere Nebenwirkungen während Ketamingabe sind Schwindel, Akkommodationsstörungen, Unruhe, Übelkeit, Kopfschmerz, phobische Reaktionen sowie Konzentrationsstörungen als auch Illusionen, Pseudohalluzinationen, oneiroidartige Zustände sowie dissoziative Symptome (z.B. Depersonalisation) bekannt.

Weitere Therapieansätze

Neben den medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlungen gibt es weitere Ansätze, die unterstützend wirken können:

  • Elektrokonvulsionstherapie (EKT): Verabreichung von Stromimpulsen unter Narkose, um einen Krampfanfall auszulösen.
  • Repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS): Anwendung elektromagnetischer Impulse auf die Kopfhaut.
  • Bewegungstherapie: Sport in der Gruppe als therapeutische Maßnahme.
  • Musiktherapie: Einsatz musikalischer Mittel zur Therapie.
  • Lichttherapie: Regulierung des Hormonspiegels durch Licht, besonders bei saisonalen Depressionen.
  • Schlafentzugstherapie: Gezielter Schlafentzug im Krankenhaus.

Positive Gedanken und Selbstachtsamkeit

Um Krisen besser zu bewältigen, ist es wichtig, auf Selbstachtsamkeit zu achten. Es ist ratsam, sich nicht ständig Nachrichten über belastende Ereignisse anzusehen, sondern in der Freizeit sinnvolle und erfreuliche Momente mit Freunden und Familie zu genießen und den Blick auf die schönen Seiten des Lebens zu wenden.

Wichtige Hinweise für Betroffene und Angehörige

  • Hilfe suchen: Es kann schwer sein, sich zu überwinden, Hilfe zu suchen.
  • Den Tag planen: Ein strukturierter Tagesablauf unterstützt im Alltag.
  • Austausch suchen: Selbsthilfegruppen können durch gegenseitigen Austausch entlasten.
  • Unterstützung für Angehörige: Auch für Angehörige kann es sehr schwer sein, wenn ein nahestehender Mensch an einer Depression erkrankt.

Schritte zur Besserung

Es dauert, bis Sie wieder fit sind. Im Laufe der Behandlung wird es Höhen und Tiefen geben. Es braucht vielleicht Zeit, die für Sie richtige Behandlung zu finden. Dabei sind Geduld und Ausdauer gefragt. Aber es lohnt sich.

Die fünf wichtigsten Punkte auf dem Weg zur Besserung sind:

  • Medikamente
  • Psychotherapie
  • Die eigenen Gedanken
  • Das eigene Handeln
  • Ein unterstützendes Umfeld

Behandlungsablauf

Der Behandlungsablauf ist in vier Abschnitte gegliedert:

  1. In der ersten Phase geht es um die akute Entlastung und Hoffnungsvermittlung.
  2. In der zweiten Phase wird das vordergründige Problemfeld bearbeitet und emotional bewältigt.
  3. In der dritten Phase wird das Erlernte zusammengefasst und das Ende der Akuttherapie besprochen.
  4. In der vierten Phase dreht es sich schließlich um die Erhaltung des Zustands und die Vermeidung eines Rückfalls (einer so genannten Remission).

Tabelle: Übersicht über Behandlungsstrategien bei Depressionen

Behandlungsstrategie Beschreibung Hinweise
Psychopharmakotherapie Einsatz von Antidepressiva zur Regulierung der Neurotransmitter im Gehirn. Auswahl des Antidepressivums basierend auf Symptomatik und Verträglichkeit.
Psychotherapie Gesprächstherapie zur Bearbeitung psychischer Probleme und zur Entwicklung von Lösungsstrategien. Verschiedene Therapieformen wie kognitive Verhaltenstherapie und interpersonelle Psychotherapie.
Augmentationstherapie Kombination von Antidepressiva mit anderen Medikamenten, z.B. Antipsychotika oder Lithium. Ziel ist die Verstärkung der antidepressiven Wirkung.
Weitere Therapien Elektrokonvulsionstherapie (EKT), repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS), Lichttherapie, etc. Anwendung bei schweren oder therapieresistenten Depressionen.
Selbsthilfe Bewegung, gesunde Ernährung, soziale Kontakte, Selbstachtsamkeit. Unterstützende Maßnahmen zur Verbesserung des Wohlbefindens.

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