Bipolare Störung: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Die Bipolare Störung betrifft rund ein Prozent der Bevölkerung - und damit bis zu 80 Millionen Menschen weltweit. Für Betroffene gleicht das Leben einer Achterbahnfahrt der Emotionen. Menschen mit einer Bipolaren Störung sind gefangen im extremen Gefühlsspektrum: zwischen unendlicher Euphorie und komplettem Tief.

Die Schwankungen im Antrieb, im Denken und in der Stimmungslage können viele Formen annehmen. Beim Großteil der Patientinnen und Patienten überwiegen aber die depressiven Phasen. Die Diagnose wird in der Regel im Rahmen eines ausführlichen psychiatrischen Gesprächs beim Facharzt oder bei der Fachärztin gestellt.

An der Universität Cambridge wurde nun offenbar ein Bluttest entwickelt, der über bestimmte Biomarker ebenfalls einen zuverlässigen Krankheitsbefund ermöglichen soll. Schon der Bluttest allein könne bei 30 Prozent der Betroffenen die bipolare Störung korrekt bestimmen. Noch effektiver sei das Verfahren in Kombination mit ausführlich via Fragebogen erhobenen Patientenangaben.

Damit nicht genug: Der Biomarker-Test könnte psychiatrisches Fachpersonal auch dabei unterstützen, zwischen einer schweren depressiven Störung und einer bipolaren Störung zu unterscheiden.

Was ist eine Bipolare Störung?

Eine Bipolare Störung ist eine psychische Erkrankung. Bei dieser schwankt die Stimmung zwischen zwei entgegengesetzten Extremen. In extremen Hochphasen (Manie) sind Menschen mit einer Bipolaren Störung unter anderem überschwänglich, extrem aktiv, reizbar, sprunghaft und unruhig.

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Diese Hochphasen wechseln sich mit extremen Tiefphasen ab (Depression). In diesen fühlen sich Betroffene unter anderem sehr niedergeschlagen, antriebslos und ihr Selbstwertgefühl nimmt stark ab. Die depressiven Phasen überwiegen gewöhnlich. Es gibt auch Mischformen, bei denen depressive und manische Symptome gleichzeitig auftreten. Zudem kann es vorkommen, dass die Manie nicht so stark ausgeprägt ist. Man spricht dann von Hypomanie.

Ursachen und Risikofaktoren

Wie es zu Bipolaren Störungen kommt, ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt. In der Fachwelt wird angenommen, dass mehrere Faktoren dabei eine Rolle spielen. Weiters dürften Umwelteinflüsse und Eigenschaften der Persönlichkeit eine Rolle spielen.

Risikofaktoren für eine Depression - ob alleine oder als Episode im Rahmen einer Bipolaren Erkrankung - finden Sie unter Depression: Entstehung, Schutz und Risikofaktoren. Ob einer Bipolaren Störung vorgebeugt werden kann, ist derzeit noch Gegenstand der Wissenschaft. Möglicherweise sind Stressbewältigungsstrategien für den Alltag hilfreich, um die Psyche zu entlasten. Menschen mit einer Bipolaren Störung haben ein erhöhtes Suizidrisiko.

Diagnose

Die Ärztin/der Arzt erhebt eine ausführliche Krankengeschichte (Anamnese). Es erfolgt eine allgemeine körperliche sowie neurologische Untersuchung. Gegebenenfalls sind eine Erhebung von Laborbefunden bzw. weitere Untersuchungen zur Abklärung der Beschwerden (z.B. Von der Bipolaren Störung abzugrenzen sind eine alleinige Depression sowie die Zyklothymie.

Symptome der verschiedenen Episoden

Je nachdem welche Symptome vorherrschen, wird die Bipolare Störung in Zusammenschau ihrer Episoden diagnostiziert - z.B. Dauer von zumindest vier Tagen. Die Symptome sind jenen der hypomanischen Episode sehr ähnlich. Sie sind allerdings stärker ausgeprägt. Dies führt unter anderem auch zu sozialen Schwierigkeiten sowie Problemen im Arbeitsleben und in Beziehungen.

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Es fällt zunehmend schwer, die Folgen des eigenen Verhaltens einzuschätzen, bis dies schließlich nicht mehr möglich ist. Das kann auch zu gefährlichen Situationen führen. Der manischen Episode geht oft eine Phase voraus, in der sich die Manie ankündigt: Das Energielevel steigt, das Schlafbedürfnis sinkt und die/der Betroffene fühlt sich zunehmend aufgewühlt.

Depressive Episoden einer Bipolaren Störung unterscheiden sich nicht von schweren Stadien einer reinen Depression. Jedoch ist die Behandlung unterschiedlich. Bei einer gemischten Episode treten manische und depressive Symptome gleichzeitig auf. Das äußert sich z.B.

Behandlung

Akuttherapie: Im Vordergrund steht die Verminderung der depressiven bzw. (hypo-)manischen Symptome. Phasenprophylaxe: Darunter versteht man eine vorbeugende Behandlung von (hypo-)manischen und depressiven Episoden. Das Auftreten von neuen Episoden sowie Einschränkungen der psychischen Funktion und Lebensqualität sollen dadurch vermieden werden.

Die Akuttherapie erfolgt meist in einem Krankenhaus, ggf. auch in einer Tagesklinik. Je nach Episode kommen Medikamente zum Einsatz sowie begleitende Therapien (z.B. Psychotherapie). Die Therapieziele sollten gemeinsam von Patientin/Patient und Ärztin/Arzt festgelegt werden. Es finden engmaschige Kontrollen bei der Fachärztin/dem Facharzt für Psychiatrie (und psychotherapeutische Medizin) statt, um die aktuellen Ziele der Behandlung zu besprechen, den Verlauf zu kontrollieren und ggf. auch Behandlungsalternativen anzubieten.

Medikamentöse Behandlung

Welches Medikament bei einer Bipolaren Störung verschrieben wird, hängt vom jeweiligen Verlauf der Erkrankung ab. Vor einer medikamentösen Therapie sollten Laborwerte erhoben werden, die für die Verlaufsbeobachtung wichtig sind.

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  • Stimmungsstabilisierer (auch Phasenprophylaktika genannt): Dazu zählen etwa Lithium sowie die Antiepileptika Carbamazepin, Valproinsäure, Lamotrigin etc. und Antipsychotika.
  • Antidepressiva: Diese sollen bei einer Bipolaren Störung nur in Zusammenhang mit Stimmungsstabilisierern und nicht in einer gemischten Episode zur Anwendung kommen.

Die Ärztin/der Arzt bespricht mit Ihnen die Wirkungen und möglichen Nebenwirkungen bzw. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Die Einnahme von Medikamenten sollte immer mit der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt abgestimmt werden. Halten Sie sich an den verordneten Therapieplan - auch wenn eine längere Behandlung erforderlich ist. Damit können Sie Ihre Genesung maßgeblich unterstützen und Rückfällen vorbeugen.

Psychotherapie

Psychotherapie ergänzt und unterstützt die medikamentöse Behandlung bei Bipolaren Störungen. Die Therapieziele werden gemeinsam mit der Patientin/dem Patienten festgelegt. Zum Beispiel: Symptome zu verstehen und zu mildern, die Lebensqualität zu steigern und Rückfälle zu verhindern.

Im Mittelpunkt stehen die therapeutische Beziehung, der Austausch und das Gespräch zwischen der Psychotherapeutin/dem Psychotherapeuten und der Patientin/dem Patienten über Gedanken, Gefühle, Beschwerden, Probleme im Alltag oder etwa die bisherige Lebensgeschichte. Diverse Übungen - je nach psychotherapeutischer Methode - können diesen Austausch unterstützen bzw. festigen. Auch soziale Kompetenzen können dabei erweitert werden.

Die sogenannte Psychoedukation ist ein wichtiger Baustein der Behandlung. Bei dieser soll das Verständnis für die Störung gefördert und der Bezug zum Alltag erläutert werden. Betroffene können so unter anderem auch lernen, ihr Verhalten, Fühlen und Denken besser zu verstehen und zu beobachten sowie bei nahenden Episoden so gut wie möglich gegenzusteuern.

Es wird dabei unter anderem besprochen welche Warnzeichen früh erkannt werden könnten, welche Lebensstilfaktoren hilfreich oder hindernd sein können und wie man mit Rückschlägen oder Stimmungsschwankungen umgehen kann. Weitere Informationen finden Sie unter Psychotherapie.

Weitere Therapiemöglichkeiten

  • Lichttherapie: Bei einer depressiven Episode - vor allem mit deutlicher Wiederkehr in den Wintermonaten - kommt diese Methode zum Einsatz.
  • Wachtherapie: Diese Behandlungsform eignet sich ebenso für depressive Episoden.
  • Elektrokonvulsionstherapie (EKT): Bei der EKT (früher auch Elektrokrampftherapie genannt) wird ein generalisierter Krampfanfall künstlich durch elektrische Erregung des Gehirns erzeugt.
  • Sport/Bewegungstherapie: Sportliche Aktivität bzw. Bewegung wirkt sich positiv auf die psychische Befindlichkeit aus.
  • Entspannungsmethoden: Durch das Erlernen und Ausüben von Entspannungstechniken unter professioneller Anleitung wird gelernt, mit Belastungen besser umzugehen und zur Ruhe zu kommen (z.B. Progressive Muskelentspannung nach Jacobson).
  • Ergotherapie: Mittels Ergotherapie soll es Betroffenen möglich gemacht werden, wieder mehr am Leben teilzunehmen.

Auch Musiktherapie oder klinisch-psychologische Behandlung können zum Einsatz kommen. Hilfreich sind zudem ein guter Tagesrhythmus und eine ausgewogene Balance zwischen Anforderungen im Alltag und Erholungsmöglichkeiten. Zudem ist ein geregelter Schlaf-Wach-Rhythmus empfehlenswert. Alkohol und Drogen hingegen verschlimmern die Erkrankung. Auch Stimmungstagebücher können unterstützend sein. Darin werden die Stimmung, wichtige Tagesereignisse, Therapiemaßnahmen etc. festgehalten.

In einer Selbsthilfegruppe können sich Betroffene zudem austauschen und voneinander lernen. Zudem bieten psychosoziale Dienste Unterstützung für den Alltag. Die Bipolare Störung führt meist zu Beeinträchtigungen im Umgang mit dem sozialen Umfeld. Daher ist es für Betroffene und auch ihre Angehörige wichtig, die soziale Teilhabe wieder zu ermöglichen.

Verlauf

Die Dauer der Krankheitsepisoden bei einer Bipolaren Störung kann zwischen einigen Tagen, mehreren Monaten und in sehr seltenen Fällen einige Jahre betragen. Durchschnittlich dauert eine Krankheitsepisode unbehandelt zwischen vier und zwölf Monaten. Manische, depressive oder gemischte Phasen können dabei auch ineinander übergehen.

Zwischen einzelnen Episoden können mehrere Monate oder Jahre liegen - im Durchschnitt zwei bis drei Jahre. In diesen kann die Patientin/der Patient beschwerdefrei sein oder zumindest eine stabile Stimmung aufweisen. Die Anzahl der Episoden kann sehr stark schwanken. Während manche Menschen ein oder zwei Episoden in ihrem Leben haben, erkranken andere deutlich häufiger. Im Durchschnitt kommt es bei Menschen mit Bipolaren Störungen zu etwas vier Episoden innerhalb der ersten zehn Jahre der Erkrankung. Je nach Art und Häufigkeit der Episoden richtet sich auch die Behandlung danach.

Frühwarnzeichen

Auf mögliche Warnsignale zu achten und die Selbstwahrnehmung zu schulen, kann Betroffenen und Angehörigen helfen, Krankheitsepisoden früh zu erkennen und rechtzeitig gegenzusteuern bzw. zu helfen. Gefühl, durch nichts zu stoppen zu sein und alles zu können.

Einbeziehung von Angehörigen

Eine Miteinbeziehung von nahen Angehörigen in die Therapie von Betroffenen mit Bipolarer Störung ist meist hilfreich. Voraussetzung dafür ist, dass die Patientin/der Patient damit einverstanden ist. Besonders bewährt hat sich ein trialogischer Zugang. Der „Trialog“ bezeichnet gemeinsame Gespräche zwischen Betroffenen, Angehörigen und professionellen Helferinnen/Helfern auf Augenhöhe. Dies ermöglicht es auch, besser an einem Strang zu ziehen, um die mit der Patientin/dem Patienten vereinbarten Therapieziele zu erreichen. Auch Selbsthilfegruppen für Angehörige bieten Möglichkeiten zum Austausch und zur Hilfe.

Komorbidität von Bipolarer Störung und Alkoholmissbrauch

Alkohol- und Substanzmittelkonsumstörungen, wie Abhängigkeit und schädlicher Konsum, zählen zu den häufigsten komorbiden Krankheitsbildern bei bipolaren Patienten. Diese komorbiden Störungen haben jeweils wechselseitig einen signifikanten Einfluss auf die Schwere und die Prognose der jeweils anderen Erkrankung.

Abhängig vom verwendeten Diagnosesystem und untersuchten Stichproben weisen bipolare Störungen in der Allgemeinbevölkerung eine Häufigkeit von 1 % bis maximal 5 % auf. Im Vergleich dazu treten in Europa und Amerika Alkoholkonsumstörungen wie Alkoholabhängigkeit mit einer Lebenszeitprävalenz von ca. 5-10 % auf. Bei beiden Störungsbildern handelt es sich um häufig chronisch verlaufende Erkrankungen, die die Betroffenen in ihrer sozialen Funktionsfähigkeit und Lebensführung erheblich beeinträchtigen können.

Häufigkeit von Alkoholmissbrauch bei Bipolarer Störung

Bei Betroffenen mit einer Bipolar-I-Störung (mindestens eine Episode einer Depression und einer Manie) wird im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung mindestens 3-mal häufiger eine Alkoholkonsumstörung (Alkoholabhängigkeit oder schädlicher Gebrauch = AUD) diagnostiziert. Generell lagen die Häufigkeiten von AUD bei bipolaren Patienten verschiedener Stichproben in der großen Spannweite von 6 % und 69 %, wobei die meisten Studien allerdings Raten von etwa 30 % und mehr berichteten.

Eine besonders häufig betroffene Stichprobe sind stationär behandelte Patienten mit einer bipolar affektiven Störung (BAS). Mehr als 42 % dieser Gruppe mit Bipolar-I- und -II-Störungen (Bipolar II: mindestens eine depressive und mindestens eine hypomanische Episode) hatten eine Lebenszeitdiagnose einer AUD. In der Epidemiological Catchment Area Study (ECA) wies dieser Personenkreis zu 46 % eine AUD auf. Ergänzt werden diese Angaben durch die Anfang des letzten Jahrzehnts in den USA durchgeführte NESARC-Studie, die über eine Häufigkeit von AUD (DSM-IV) bei Bipolar-I-Störungen von 23,6 % über die letzten 12 Monate und 58 % in der Lebenszeit berichtete. Störungen im Zusammenhang mit illegalen Substanzen traten bei 12,9 % im letzten Jahr und 37,5 % lebenslang betrachtet auf.

Auswirkungen der Komorbidität

Natürlich hat das gleichzeitige Bestehen zweier Erkrankungen signifikantere Auswirkungen als das Betroffensein von „nur“ einer der beiden Störungsbilder, welche jede für sich genommen die Lebensführung und -qualität der Betroffenen erheblich beeinflussen kann. Zahlreiche Untersuchungen weisen darauf hin, dass eine komorbide AUD den klinischen Verlauf von BAS ungünstig beeinflussen kann.

So kommt es bei Personen mit BAS und AUD zu einem früheren Beginn der BAS, häufiger zu Rehospitalisierungen wegen Rückfällen und zu einer höheren Rate von Komplikationen der BAS. Rapid Cycling (mehr als 4 affektive Episoden innerhalb eines Jahres) und gemischte Zustände (depressive und manische Symptome zeitgleich), die beide als schwerere und schwieriger zu behandelnde Formen der BAS gelten, treten bei komorbiden AUD vermehrt auf.

Therapeutische Ansätze bei Komorbidität

Obwohl Personen, die an beiden Störungen leiden, in ihren psychosozialen Funktionen häufig schwer beeinträchtigt sind, können Behandlungsansätze mit kombinierten psychotherapeutischen und pharmakologischen Verfahren zumindest die ausgeprägte Schwere und Chronizität beider Erkrankungen mildern. Beispielsweise ist es Personen mit BAS und sekundären AUD dann besser möglich, den Alkoholkonsum einzustellen, wenn ihre BAS medikamentös (und psychotherapeutisch) adäquat behandelt wird, der Patientenkontakt regelmäßig und die Compliance gut ist.

Allerdings stellen die Therapieadhärenz und Compliance bei dieser Personengruppe in der Tat eine Herausforderung dar, da Medikamente häufig nicht so wie verordnet eingenommen und Behandlungstermine oftmals nicht wahrgenommen werden. Die American Psychiatric Association (APA) gibt in ihren Richtlinien den Hinweis, dass bei der Behandlung von gleichzeitig bestehender AUD und BAS möglichst ein gleichzeitiges (integriertes) und kein sequenzielles therapeutisches Vorgehen zu empfehlen ist, also nicht erst die eine und dann die andere Störung behandelt wird.

Dies liegt insofern auf der Hand, da die Beschwerden beider Erkrankungen wechselwirken und die Symptome der einen Erkrankung weiterbestehen, wenn nur die jeweils andere behandelt wird. Besonders günstig sind Therapiekonzepte, die an „Doppeldiagnosen“ orientiert sind. Diese Behandlungsstrategien, für die weiter unten eine aktuelle Studie vorgestellt wird, sind inzwischen zunehmend verbreitet, zumal auch ausreichende Erfolgsraten berichtet werden.

Pharmakotherapeutische Studien

Zu bipolaren Störungen mit komorbider AUD liegt eine zunehmende Zahl an Studien vor, die pharmakotherapeutische Ansätze alleine und in Kombination mit psychotherapeutischen Verfahren verwenden. Tabelle 1 gibt einen Überblick zu aktuellen Studien mit einer Reihe von Substanzen zur Behandlung von komorbider BAS und AUD. Freilich ist die Anzahl der doppelblinden und placebokontrollierten Studien bisher sehr übersichtlich, obwohl dieser Studienansatz sicherlich einen höheren Evidenzgrad besitzt als Beobachtungsuntersuchungen an klinischen Kohorten.

In der Vergangenheit wurden für die Behandlung von BAS bekanntermaßen am häufigsten Lithiumpräparate und Valproat (Antiepileptikum) verwendet, weniger häufig Carbamazepin (Antiepileptikum). Lithium hat sich allerdings bei komorbiden Patienten als eher weniger wirksam erwiesen. Allerdings ist auch die Verwendung von Antiepileptika bei diesen Personen möglicherweise nur eingeschränkt möglich. Carbamazepin und Valproat können beispielsweise zu einer Induktion der Lebertransaminasen (ALAT, ASAT, γGT) führen, in seltenen Fällen auch zum Leberversagen.

Eine andere, komplementäre Strategie ist die Verwendung von Antipsychotika bei komorbiden Patienten. Die Wirksamkeit von Aripiprazol wurde zunächst an einer relativ kleinen Gruppe von 18 komorbiden Personen mit bipolaren oder schizoaffektiven Störungen mit einer AUD oder SUD (Substanzkonsumstörung) über 12 Wochen geprüft. Während alle affektiven Symptome sich besserten, waren die Ergebnisse hinsichtlich des Alkoholkonsums eher übersichtlich. In einer Studie der gleichen Arbeitsgruppe wurde Quetiapin in Dosierungen über 600 mg/d über 12 Wochen bei 115 komorbiden Patienten eingesetzt, von denen 102 mindestens einmal prospektiv untersucht werden konnten.

Naltrexon, das in der Rückfallprophylaxe der Alkoholabhängigkeit, insbesondere in den USA, einen nachgewiesenen Effekt hat, wurde in bisher 3 Studien untersucht. 50 komorbide BAS- und AUD-Personen wurden mit einer Dosis von 50 mg/d (als Add-on zur Phasenprophylaxe) oder Placebo über 12 Wochen untersucht.

Zusammengefasst bleiben somit die Ergebnisse pharmakologischer Strategien bei der Behandlung von komorbiden Personen zwiespältig. Die besten Ergebnisse werden bei der Medikation mit Valproat berichtet, die aber nicht mehr nachweisbar sein sollen, wenn diese Substanz mit Quetiapin kombiniert wird.

Psychotherapeutische Behandlungsansätze

Psychotherapeutische Verfahren erfordern einen hohen persönlichen und personellen Einsatz, sowohl in der Therapie von Abhängigkeitserkrankungen als auch bipolarer Störungen. In dem Therapiekonzept einer Forschungsgruppe um Farren und McElroy wurden 232 komorbide Patienten mit einer Alkoholabhängigkeit und einer affektiven Störung, darunter 102 Personen mit BAS über 4 Wochen stationär mit einem kognitiv-verhaltenstherapeutischen Programm behandelt. Dieses umfasste darüber hinaus auch eine Psychoedukation über beide Störungsbilder.

Beide Gruppen (depressive und bipolare Patienten) wiesen nach 3 und 6 Monaten eine signifikante Reduktion ihrer Trinkmenge auf, wobei kein Unterschied zwischen beiden Gruppen gefunden wurde. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich hinsichtlich des Konsums illegaler Substanzen, der in der Eingangsuntersuchung bei den bipolaren Patienten ­gegenüber den depressiv erkrankten Personen erhöht war.

Somit ist ein solches Therapiekonzept, wenn auch nicht aus einer kontrollierten Studie stammend, als sehr vielversprechend zu beurteilen. Bei Personen mit bipolaren Störungen sind Alkoholkonsumstörungen (Alkoholabhängigkeit oder schädlicher Gebrauch) häufig. Das Auftreten der einen Erkrankung hat einen ungünstigen Einfluss auf die jeweils andere Störung.

Für Betroffene gleicht das Leben einer Achterbahnfahrt der Emotionen.

Die Diagnose und Behandlung einer Bipolaren Störung erfolgt durch die Fachärztin/den Facharzt für Psychiatrie (und psychotherapeutische Medizin). Für Jugendliche unter 18 Jahren stehen auch spezialisierte Kinder- und Jugendpsychiaterinnen/Jugendpsychiater zur Verfügung. In die Diagnose bzw. Therapie werden meist weitere Gesundheitsberufe wie Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten, klinische Psychologinnen/klinische Psychologen oder Ergotherapeutinnen/Ergotherapeuten miteinbezogen.

Bei einem psychiatrischen Notfall (z.B. Suizidgefahr) ist rasche medizinische Hilfe unumgänglich. Rufen Sie in diesen Fällen sofort die Rettung unter 144! Wenn dies möglich ist, kann auch die nächstgelegene Ambulanz für Psychiatrie aufgesucht werden.

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