Adaptogene Pflanzen: Natürliche Unterstützung in stressigen Zeiten

Chronischer Stress ist eines der Hauptprobleme unserer Zeit: Er gefährdet sowohl die psychische als auch die körperliche Gesundheit. Wenn es um Stress geht, dann hört man immer wieder von Adaptogenen. Dabei handelt es sich um Pflanzen oder Pilze, denen bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden. Pflanzliche Adaptogene enthalten Wirkstoffe, die den Körper in stressigen Phasen unterstützen.

Das Wort „Adaptogen“ leitet sich vom lateinischen Begriff „adapto“ ab. Dieser bedeutet so viel wie „anpassen“. Adaptogene Pflanzen helfen demnach unserem Körper, dass er sich in stressigen Phasen an hohe Belastungen besser anpassen kann. Der Begriff stammt ursprünglich vom russischen Forscher Nikolai Wassiljewitsch Lasarew (* 1895; † 1974) und war eng mit der Stress-Theorie des Österreichischen Mediziners, Biochemikers und Hormonforschers Hans Selye (* 1907 in Wien; † 1982) verknüpft.

Als „Vater der Stressforschung“ konnte Selye belegen, dass Stress das Gleichgewicht der physiologischen Körperfunktionen, die sogenannte Homöostase, bedroht. Mit Adaptogenen gelingt es uns, dass wir die Widerstandskraft gegen sogenannte Stressoren erhöhen können. Unter Stressoren versteht man bestimmte Einflüsse, die unsere Zellen in einen Stresszustand versetzen. Diese Faktoren können sowohl intern als auch extern auftreten. Ein innerer Stressor kann beispielsweise Perfektionismus sein. Zu den äußeren Stressoren zählen etwa ein Verkehrsstau, Wartezeiten oder auch Lärm.

Adaptogene helfen uns aber nicht nur dabei, dass wir mit unseren Stressoren besser umgehen und uns besser an sie anpassen können, sondern sie steigern gleichzeitig die Leistungsfähigkeit, indem sie den Energiestoffwechsel verbessern. Dadurch können wir in besonders stressbesetzten Phasen dennoch leistungsfähig bleiben. Im Unterschied zu synthetischen Stimulanzien führen adaptogene Pflanzen zu einem geringeren Verbrauch von Energie bei gleichzeitiger Verbesserung der Leistung.

Adaptogenen Pflanzen wird zugeschrieben, dass sie auf unterschiedlichen Ebenen wirken. Für einzelne Pflanzen, die als Adaptogen aus der Natur gelten, gibt es bereits tausende Studien. Was allerdings schwierig ist, ist die gesamte Substanzklasse der Adaptogene als solche zu erforschen. Der Grund dafür: Es gibt zahlreiche unterschiedliche Pflanzen oder Pilze, die als Adaptogen bezeichnet werden. Demnach müssen diese Arzneipflanzen aus der Natur jeweils individuell erforscht werden.

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Genauso groß wie die Substanzklasse „Adaptogen“ ist, ist auch der Begriff „Stress“, der sich auf geistige Belastungen im sozialen Zusammenleben genauso wie auf den Umgang mit intensiver Hitze oder auf sportliche Wettbewerbe, Lärm, Umwelteinflüsse oder auch den zellulären Stress beziehen kann. Dass die Forschung überhaupt so interessiert daran ist, gut verträgliche Wege zu finden, um die Widerstandskraft gegen Stress zu erhöhen, liegt nicht zuletzt darin begründet, dass Stress tatsächlich erhebliche Auswirkungen auf Körper und Geist haben kann.

Rosenwurz (Rhodiola rosea): Ein gut untersuchtes Adaptogen

Eines der besonders gut untersuchten Adaptogene ist die Rosenwurz (Rhodiola rosea). Da für dieses pflanzliche Adaptogen viele verschiedene Untersuchungen vorliegen, wird es im Folgenden zur Illustration einzelner Stressfaktoren verwendet. So kann die Pflanze, deren Wurzel leicht nach Rosen durftet, wertvolle Unterstützung bei der Anpassung an psychische und emotionale Stressfaktoren bieten. Für die Rosenwurz gibt es nicht nur belegte leistungssteigernde, sondern auch angstlösende und antidepressive Effekte zu verzeichnen. Sie stärkt den Organismus auf einem körperlichen genauso wie auf einem emotionalen Level und reduziert damit entsprechende Stress-Symptome.

Im Fall des pflanzlichen Adaptogens Rosenwurz gibt es sogar eine klinische Studie, die sich mit der Auswirkung auf Partien:innen beschäftigt, die konkret von einem Burn-out betroffen sind. Über einen Zeitraum von 12 Wochen haben knapp 120 Betroffene einen bestimmten Rosenwurzextrakt in der Dosierung von 400 mg erhalten. Herausragend ist: Schon nach sieben Tagen konnten bei den Probanden deutliche Verbesserungen ihrer durch Stress verursachten Symptome beobachtet werden.

Die Rosenwurz eignet sich auch ideal, um die adaptogene Wirkung bei körperlichen Belastungen im Zuge diverser Studien zu zeigen. So konnten Probanden im Alter zwischen 50 und 89 Jahren, die von geistigen und körperlichen Leistungsdefiziten betroffen waren, nach der Einnahme eines Extraktes aus der Rosenwurz über 12 Wochen hinweg eine deutliche Steigerung der Leistung verzeichnen. Weitere Untersuchungen mit der Rosenwurz zeigen zum Beispiel, dass die Einnahme eines Extrakts die Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit durch Nachtdienste bei Ärzt:innen signifikant verringerte.

Auch ein signifikanter Rückgang der stressbedingten Müdigkeit bei Studierenden während der Prüfungsphase konnte - zusätzlich zur gesteigerten Leistungsfähigkeit - durch Rosenwurz belegt werden. Und das sind nur einige wenige Beispiele für die Wirkung auf körperliche und mentale Fähigkeiten der Rosenwurz unter Stress.

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Weitere Adaptogene Pflanzen und ihre Eigenschaften

Aber auch andere Pflanzen belegen in Studien eindrucksvoll ihre adaptogene Wirkung. Ginseng zeigt beispielsweise ebenso die Fähigkeit als Adaptogen, die körperliche Leistung zu verbessern. Drei Monate lang wurden 60 Studienteilnehmende mit Ginseng bzw. Placebo behandelt.

Nicht nur aufgrund körperlicher oder emotional-mentaler Faktoren kann unser Körper Stress ausgesetzt sein. Es gibt auch bestimmte Umwelteinflüsse, die uns als Stressoren zusetzen. Dazu gehört beispielsweise große Hitze, starke Kälte oder auch Lärm. Manche adaptogene Pflanzen gedeihen allerdings gerade unter diesen sehr widrigen Bedingungen. Sie zeigen uns somit auch an, dass sie sehr robust sind. Maca beispielsweise gedeiht auf über 4000 Metern Seehöhe in kargen Bergregionen, wo die Pflanze starken Winden ausgesetzt ist. Und auch die Rosenwurz kann unangenehmen Rahmenbedingungen wie Kälte und Trockenheit besonders lange trotzen.

Auch wenn die Rosenwurz in Russland sowie in Skandinavien schon besonders lange als stärkende Arzneipflanze Tradition hat und vor vielen Jahrzehnten in der früheren Sowjetunion für die arzneiliche Verwendung empfohlen wurde, ist die Rosenwurz auch bei uns in Österreich heimisch. Als stärkende Arzneipflanze fand die Rosenwurz in der Volksmedizin des Alpenraums bereits im 17. Jahrhundert Verwendung. In Österreich kommt sie selten und eher zerstreut vor, insbesondere in den Zentralalpen. An und über der Waldgrenze wächst sie etwa in Felsspalten.

Da Adaptogene sich meist nicht auf eine bestimmte Krankheit beziehen bzw. nicht auf einen konkreten klinischen Zustand ausgerichtet sind, sondern unspezifische Effekte erzeugen, ist es gar nicht so einfach, Adaptogene allgemeingültig in das Konzept der evidenzbasierten Pharmakologie zu integrieren. Denn Adaptogene sollen darauf abzielen, die generelle Widerstandsfähigkeit und Resilienz zu verbessern, und darauf ausgerichtet sein, Komplikationen einer Krankheit zu verhindern. Deshalb werden Adaptogene selten als gesamte Wirkstoffgruppe in der aktuellen Pharmakologie und der modernen Phytotherapie betrachtet, sondern einzelne Pflanzen oder Pilze werden auf ihre adaptogene Wirkung hin untersucht.

Bei der Anwendung von adaptogenen Pflanzen zu bestimmten Zwecken sollten Sie auf pflanzliche Arzneimittel setzen. Mit dem Begriff des Adaptogens wird nämlich auch in der Welt der Nahrungsergänzungsmittel geworben. Im Gegensatz zu ausschließlich in der Apotheke erhältlichen Arzneimitteln können Nahrungsergänzungsmittel auch in Drogerien angeboten werden. Denn Nahrungsergänzung unterliegt dem Lebensmittelgesetzt. Damit muss lediglich sichergestellt sein, dass das Produkt zum Verzehr geeignet ist. Der Wirkstoffgehalt in Nahrungsergänzungsmitteln wird hingegen gesetzlich nicht zwingend überprüft.

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Es gibt eine Vielzahl an pflanzlichen Adaptogenen. Auffällig ist, dass viele davon seit langer Zeit in den verschiedenen volksmedizinischen Fachbereichen zur Anwendung kommen. Die viel zitierte Rosenwurz (Rhodiola rosea) darf in der Aufzählung der Adaptogenen Pflanzen selbstverständlich nicht fehlten. Man geht davon aus, dass besonders die enthaltenen Phenylethanoide, Phenylpropanoide (darunter Rosin, Rosavin sowie Rosarin) und Flavonoide für ihre Wirkung verantwortlich sind. Die Pflanze wird seit rund einem Jahrzehnt im Alpenbereich und in skandinavischen Gebieten in Kulturen angebaut, da der Bedarf an der Heilpflanze zunehmend steigt. Sie gehört zu den besonders wichtigen Adaptogenen, da sie für die Therapie von Stresssymptomen empfohlen ist. Rosenwurz beeinflusst die mitochondrialen zellulären Strukturen positiv und wirkt sich günstig auf die Stresshormonausschüttung aus.

Ist von Adaptogenen die Rede, kommt man um die Schlafbeere nicht umhin. Ebenso bekannt ist sie unter dem Namen Ashwagandha. Die Pflanze gehört zu den Nachtschattengewächsen. Übersetzt bedeutet Ashwagandha übrigens so viel wie „Geruch des Pferdes“. Das liegt daran, dass die Pflanzenwurzel selbst nach Pferden riecht und in den traditionell fernöstlichen Heilkünsten als Pflanze galt, die so „stark wie ein Pferd“ macht. Dementsprechend bedeutsam ist die krautige Pflanze in der TCM, wo sie zur Entspannung und auch zur Reduktion von Stress eingesetzt wird. Diese Wirkung scheinen auch Untersuchungen aus der evidenzbasierten Medizin zu belegen.

Ginseng gilt als das wissenschaftlich am häufigsten festgehaltene Beispiel für Adaptogene Pflanzen. Er ist Teil der Araliaceae-Familie und ist vorwiegend in China, Sibirien und Korea heimisch, wo er in freier Wildbahn unter strengem Naturschutz steht. Die Pflanze wird daher auf der ganzen Welt in Kulturen angebaut, um für pharmazeutische Präparate genutzt werden zu können. Insgesamt konnten bis zum jetzigen Zeitpunkt in der modernen Medizin rund 200 Inhaltsstoffe aus dem Ginseng bestimmt werden. Die Hauptwirkstoffe im Ginseng sind die sogenannten Ginsenoide, von denen mittlerweile 30 verschiedene bekannt sind. Als Adaptogene Pflanze wird dem Ginseng bescheinigt, dass er die Abwehrkräfte verbessert, die Zentralnervensystem-Aktivität steigert und sich regulierend auf den Blutdruck auswirken kann.

Die Taigawurzel ist ein dorniger Strauch und ein immunmodulierendes Gewächs, das ein Mitglied der Araliengewächse-Familie (Araliaceae) ist. Heimisch ist die Pflanze in China, Russland und Korea. Sowohl die getrockneten Rhizome und Wurzeln als auch Beeren und Blätter werden zu Arzneidrogen verarbeitet. Als wirksamkeitsbestimmend gelten die enthaltenen Eleutheroside, darunter Triterpensaponine und Phenylpropanoide. In Russland hat die Taigawurzel schon seit den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts arzneiliche Bedeutung. Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl wurde sie sogar gegen Strahlenschäden eingesetzt.

Auch der dunkle Pilz namens „Reishi“ gilt als Adaptogen aus der Natur. Große Bedeutung hat er vor allem in der Traditionellen Chinesischen Medizin, in der er seit über zwei Jahrtausenden genutzt wird und als „Pilz der Unsterblichkeit“ gilt. In China wird Reishi zur Therapie von Herzerkrankungen, Diabetes und sogar zur Behandlung von Krebs eingesetzt.

Maca wird ebenso als Adaptogene Pflanze eingestuft, die überdies auch als Superfood gilt und in der Volksmedizin vor allem mit der Steigerung von Libido und Potenz in Verbindung gebracht wird. Die Hochlandpflanze der Anden wird seit der Zeit der Inka kultiviert und sie weist tatsächlich zahlreiche therapeutische Eigenschaften auf. Untersuchungen mit Extrakten aus der Roten Maca zeigen beispielsweise, dass durch die Behandlung mit dem Adaptogen oxidativer Stress gesenkt werden kann.

Chaga, der auch unter „Schiefer Schillerporling“ bekannt ist, gilt ebenso als Adaptogen. In der Fachsprache wird er Inonotus obliquus genannt. Der Pilz wurde traditionell zur Behandlung verschiedener Magen-Darm-Erkrankungen verwendet. Seit einigen Jahren gibt es immer mehr Hinweise auf das Potenzial von Extrakten aus diesem Pilz zur Behandlung von viralen und parasitären Infektionen. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass Substanzen aus dem Pilz das Immunsystem stimulieren können. Außerdem scheint der Schiefe Schillerporling therapeutisches Potenzial zur Verlangsamung des Fortschreitens bestimmter Krankheiten (darunter Diabetes mellitus) zu haben. Derzeit steht die Wirkung auf einen bestimmten Rezeptor zur Diskussion, auf welchem die entzündungshemmenden und antioxidativen Eigenschaften des Adaptogens beruhen könnten.

Ein weiteres Adaptogen aus dem Reich der Pilze ist der Cordyceps. Er gehört zu den Schlauchpilzen und trägt auch den Namen „Chinesischer Raupenpilz“. Auch er hat in der Traditionell Chinesischen Medizin eine lange Historie und kommt dort zur Behandlung von Erschöpfung und Müdigkeit zum Einsatz. Die in dem Pilz enthaltenen Polysaccharide zeigen auch in wissenschaftlichen Untersuchungen die Fähigkeit, körperliche Eigenschaften zu verbessern.

Der Igelstachelbart (Hericium erinaceus) ist ein Speisepilz, der nicht nur als Delikatesse gehandelt wird, sondern der auch eine lange Geschichte in der Traditionellen Chinesischen Medizin hat. Extrakte aus dem Pilz sind reich an Phenolen, Flavonoiden und Ascorbinsäure und zeigen antioxidative Aktivitäten. Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Extrakte aus dem Igelstachelbart zur Behandlung von durch oxidativen Stress verursachten Beschwerden eingesetzt werden können.

Indisches Basilikum, wissenschaftlich bekannt als Ocimum tenuiflorum oder Tulsi, ist eine traditionsreiche Pflanze aus Indien. Die Pflanze gehört zur Familie der Lippenblütler und zeichnet sich durch ihre interessante Zusammensetzung der Inhaltsstoffe aus. In ihren Blättern und Blüten finden sich ätherische Öle, Flavonoide, Anthocyane, Ursolsäuren, Polysaccharide und weitere wertvolle Pflanzenstoffe. Diese Vielfalt an Inhaltsstoffen verleiht Tulsi seine vielseitigen Eigenschaften, darunter antioxidative, antimikrobielle und entzündungshemmende Wirkungen. Das Adaptogen wird zur Behandlung verschiedener Beschwerden eingesetzt, darunter auch Atemwegsprobleme. Ein Hauptanwendungsgebiet des „Heiligen Basilikum“ liegt heute auch in der Behandlung von Stress und den daraus resultierenden Beschwerden.

Die Zitronenmelisse (Melissa officinalis), auch Melisse, Frauenkraut, Bienenkraut oder Mutterkraut genannt, gehört zur Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Die Pflanze stammt ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeerraum und wird heutzutage in ganz Europa bis Zentralasien kultiviert. Für die Volksmedizin war die Melisse in früheren Epochen nahezu unentbehrlich. So schrieb ihr Hildegard von Bingen im 12. Jahrhundert gar die Heilkraft von 15 Kräutern zu und empfahl sie bei Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, rheumatischen Erkrankungen und Magenbeschwerden. Pharmazeutisch interessant sind dabei die Blätter mit ihrem wertvollen ätherischen Öl. Der zitronenartige Geruch der Blätter ist auf das enthaltene ätherische Öl mit den Hauptkomponenten Citral und Citronellal zurückzuführen. Die Zusammensetzung des ätherischen Öles kann abhängig von Herkunft, Klima, Erntezeitpunkt und Alter der Pflanze schwanken. Der Ölgehalt ist mit 0,02 bis 0,8% gering, was aromatische Extrakte sehr kostbar macht.

Das HMPC (Committee on Herbal Medicinal Products) der Europäischen Arzneimittelagentur EMA hat Melissentee und flüssige alkoholische Auszüge aus Melissenblättern als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Bei leichten bis mittelschweren Insomnien ist neben allgemeinen schlaffördernden Maßnahmen, insbesondere der Schlafhygiene, die Einnahme eines pflanzlichen Arzneimittels oft ausreichend. Zu den bekanntesten Heilpflanzen bei Schlafproblemen zählt neben Baldrian oder Hopfen die Zitronenmelisse. Bei bekannten Allergien gegen Melisse müssen Melissenzubereitungen gemieden werden.

Wenn Sie zu Adaptogenen in Form von pflanzlichen Arzneimitteln greifen, so werden diese auf Wirkungen und Nebenwirkungen genau wie alle anderen Arzneimittel in Studien untersucht und von Behörden geprüft.

Johanniskraut: Ein pflanzliches Antidepressivum

Inzwischen gehört das Johanniskraut zu den bestuntersuchten Heilpflanzen. Das erfahrungsheilkundliche Wissen wurde auch wissenschaftlich bestätigt: Johanniskraut hat eine stimmungsaufhellende Wirkung bei depressiven Verstimmungen. Es gilt damit als pflanzliches Antidepressivum. In wissenschaftlichen Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Wirkung mit der Aktivität der Neurotransmitter zusammenhängt.

Besonders der Neurotransmitter Serotonin wird durch die Inhaltsstoffe vom Johanniskraut positiv beeinflusst. Serotonin wird manchmal auch als „Glückshormon“ bezeichnet, obwohl es im eigentlichen Sinne des Wortes kein Hormon ist. Eine Depression geht meistens mit einem Serotoninmangel einher. Dementsprechend wirken sowohl pflanzliche als auch chemische Antidepressiva meist auf den Serotonin-Haushalt.

Nach heutigem Wissen sollte man aber einen auf die Inhaltsstoffe Hypericin bzw. Hyperforin standardisierten Trockenextrakt verwenden. Mindestens 300 mg von diesem Trockenextrakt sollten am Tag eingenommen werden, um eine stimmungsaufhellende Wirkung zu erzielen. Das muss über einen längeren Zeitraum kontinuierlich erfolgen. Entsprechende pflanzliche Arzneimittel gibt es in der Apotheke zu kaufen.

Es gibt jedoch auch verschiedene freiverkäufliche Johanniskraut-Produkte in der Apotheke. Diese können bei leichten depressiven Episoden unterstützen. Bei schweren Depressionen kommen synthetische Antidepressiva zum Einsatz, die wiederum der Arzt verschreiben muss.

An der Gesamt-Wirkung von Johanniskrautextrakten sind verschiedene Wirkstoffe beteiligt. Der exakte Wirkmechanismus ist nicht geklärt. Wissenschaftler halten jedoch die beiden Wirkstoffe Hypericin und Hyperforin besonders wichtig. Das rote Hypericin wird auch als Johannisblut bezeichnet. Es wirkt antidepressiv auf das Zentralnervensystem. Es kann aber auch eine Überempfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht bewirken. Auch die für Arzneimittel genutzten Extrakte sind aus diesem Grund eher hypericinarm und dafür hyperforinreich.

Ein Problem von hochdosiertem Johanniskraut-Extrakt kann beispielsweise sein, dass bestimmte Enzyme in der Leber in ihrer Aktivität angeregt werden. Manche dieser Enzyme sind unter anderem für den Abbau anderer Medikamente verantwortlich. Die Aktivierung kann dazu führen, dass diese Arzneimittel schneller als üblich abgebaut werden. Dadurch könnte ihre Wirkung beeinträchtigt werden.

Aus diesem Grund dürfen Johanniskraut-Produkte nicht zusammen mit lebenswichtigen Arzneimitteln eingenommen werden, die mit Hilfe dieser bestimmten Enzymgruppe abgebaut werden. Sie finden die entsprechenden Hinweise im Beipackzettel unter den Stichworten Gegenanzeigen bzw. Kontraindikationen. Manchmal steht dieser Hinweis auch unter der Überschrift „Wann dürfen Sie Johanniskraut nicht einnehmen?“. Werden wegen einer bestehenden Depression bereits andere Antidepressiva eingenommen, kann es durch die zusätzliche Einnahme hochdosierter Johanniskraut-Präparate zum so genannten Serotonin-Syndrom kommen. Besprechen Sie die kombinierte Einnahme von den hier genannten Arzneimitteln mit Johanniskraut immer vorher mit Ihrem Arzt oder Apotheker.

Johanniskraut wird im Allgemeinen sehr gut vertragen. Vereinzelt können beispielsweise Magen-Darm-Probleme auftreten. Am bekanntesten sind jedoch eventuell mögliche Nebenwirkungen, die in Zusammenhang mit der Sonne stehen.

Schützen Sie Ihre Haut immer gut vor zu viel UV-Strahlung und testen Sie Ihre individuelle Lichtverträglichkeit durch langsame Steigerung der Licht-Exposition vorsichtig aus. Das gilt in jedem Fall - auch, wenn Sie keine Johanniskraut-Präparate einnehmen.

Noch ein Tipp: Schauen Sie im Beipackzettel Ihrer anderen Arzneimittel nach, ob diese eventuell phototoxisch sind. Phototoxisch bedeutet, dass durch Sonnenlicht direkte Hautreaktionen auftreten können. Johanniskraut selbst wirkt jedoch nicht phototoxisch!

Obwohl der Heilige Johannes der Namensgeber für das Echte Johanniskraut ist, wird der Pflanzenname doch mit „i“ geschrieben. Zu Zeiten des Paracelsus wurde die Pflanze „Perforata” genannt. Grund war eines ihrer charakteristischen Merkmale: die wie perforiert, also durchlöchert scheinenden Blätter. Deshalb wird es auch Tüpfel-Johanniskraut genannt oder wissenschaftlich Hypericum perforatum.

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