Psychologische Bedürfnisse des Menschen: Eine umfassende Liste

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Läuft alles super, lassen wir es einfach laufen. Der Grund für diese Trägheit liegt auf der Hand. Allein das ist schon recht mühsam. Dazu kommt die Angst vor dem Unbekannten. Übersetzt heißt das, dass sich ein komisches Gefühl einstellt, weil schlichtweg etwas fehlt.

Zunächst musst du wissen, was deine Bedürfnisse sind. Du kannst dir hier eine Liste ansehen. Wenn du sie gut im Blick hast und nach ihnen lebst, hast du mehr Energie und Lust, deine Ziele zu verfolgen und bleibst nicht ständig in Gedankenspiralen hängen.

Die vermeintlich schlechte Nachricht - nur du allein kannst deine Bedürfnisse erfüllen.

Die Maslowsche Bedürfnispyramide

Den Begriff Bedürfnispyramide hat beinahe jede und jeder irgendwo schon einmal gehört, und besonders im Studium und auch in der Schule kommt man an dieser Theorie meist nicht vorbei. Aber was genau ist die Maslowsche Bedürfnispyramide, wer war deren Begründer und wie hat sich diese über die Jahre entwickelt? Das und noch viel mehr findest du in diesem Blogartikel heraus.

Abraham Maslow: Der Begründer

Um der Theorie der Maslowschen Bedürfnispyramide ein wenig genauer auf den Grund zu gehen, müssen wir uns zuerst auch mit deren Begründer, Abraham Maslow (*1908), auseinandersetzen. Er war ein US-amerikanischer Psychologe, dessen jüdisch-ukrainische Eltern nach Amerika immigrierten. Maslow gilt als einer der Gründerväter der humanistischen Psychologie. Als Kind verbrachte er nach eigenen Angaben viel Zeit alleine und in Bibliotheken. Er unterrichtete als Professor am Brooklyn College, der City University of New York und an der Brandson University. 1967 wurde er sogar als Humanist des Jahres geehrt. Besondere Bekanntheit erfuhr er jedoch durch die Maslowsche Bedürfnispyramide. Diese stellt hierarchisch die Bedürfnisse des Menschen dar. Mit seinem Werk beeinflusste er Bereiche wie die Psychologie, Erziehung und Management. In seinen letzten Jahren wurde er auch zu einem der Begründer der Transpersonalen Psychologie, wodurch er auch seine Bedürfnispyramide durch eine weitere, sechste Stufe ergänzte.

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Das Modell der Bedürfnispyramide

Die Bedürfnispyramide von Abraham Maslow ist ein klassisches Modell, von dem viele bereits gehört haben. Auch viele andere Modelle beruhen auf dessen Grundidee, wie zum Beispiel auch die 2-Faktoren-Theorie nach Herzberg. Das Modell von Maslow beschreibt die Bedürfnisse und Motivationen der Menschen anhand einer hierarchischen Struktur. Er stellte fest, dass manche der Bedürfnisse eine höhere Priorität als andere haben.

Die fünf Ebenen der Bedürfnispyramide

Die klassischen fünf Ebenen bzw. Kategorien der Maslowschen Bedürfnispyramide sind die Physiologischen Bedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, Soziale Bedürfnisse, Individualbedürfnisse und die Selbstverwirklichung.

Zu den Defizitbedürfnissen zählen die ersten 3 Ebenen der Bedürfnispyramide. Diese sind die Physiologischen Bedürfnisse, die Sicherheitsbedürfnisse und die Sozialen Bedürfnisse. Die Wachstumsbedürfnisse wiederum beinhalten die Individualbedürfnisse und die Selbstverwirklichung. Diese lassen sich nie ganz befriedigen, da sie mit zunehmendem Erfüllungsgrad wachsen.

1. Physiologische Bedürfnisse

Als physiologische Bedürfnisse zählt Maslow die sogenannten Grundbedürfnisse. Diese sind Bedürfnisse, die zum Erhalt des menschlichen Lebens notwendig sind. Hierzu zählt die Maslowsche Bedürfnispyramide zum Beispiel Schlaf, Wasser, Nahrung, Atmung, Fortpflanzung, Behausung usw. Diese Bedürfnisse entstehen täglich, in kurzen Abständen oder immer wieder neu.

2. Sicherheitsbedürfnisse

Zu den Sicherheitsbedürfnissen zählen körperliche und seelische Sicherheit, materielle Grundsicherheiten, Arbeit, Familie und Gesundheit. Maslow beobachtete dieses Bedürfnis nach Sicherheit vor allem an Kindern, da diese anders als Erwachsene unverfälscht reagieren. Durch Sozialisation haben Erwachsene bestimmte Verhaltensmuster nämlich erst erlernt. Maslow testete die Reaktionen von Kindern auf grobe Behandlung, sensorische Stimulationen wie Lärm und blinkende Lichter und vieles mehr. Die Maslowsche Bedürfnispyramide geht auch davon aus, dass der Mensch das Bekannte dem Unbekannten vorzieht.

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3. Soziale Bedürfnisse

Der Mensch hat einen Drang nach sozialen Beziehungen. Hierzu zählt die Maslowsche Bedürfnispyramide Familie, Freundschaften, Kommunikation, Zugehörigkeitsgefühle, Zuneigung, Beziehungen, Liebe und vieles mehr. Maslow betont hier stark, dass Liebe und Sex laut seiner Ansicht verschiedenen Stufen angehören können.

4. Individualbedürfnisse

Wertschätzung, Vertrauen, Erfolg, Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstbestätigung zählen zur Stufe der Individualbedürfnisse in der Bedürfnispyramide nach Maslow. Der Psychologe teilt diese zusätzlich in zwei weitere Unterkategorien: Der Wunsch und das Bedürfnis nach Ansehen, Prestige, Wertschätzung, Achtung und Wichtigkeit.

5. Selbstverwirklichung

Die letzte Ebene der klassischen 5 Kategorien ist die Selbstverwirklichung. Der Mensch strebt hier danach, seine Talente, Potentiale und die eigene Kreativität auszuleben und zu entfalten. Kurz gesagt, er möchte seinem Leben einen Sinn geben und dieses selber gestalten.

Laut Maslow führt eine (fast) vollständige Befriedigung der jeweiligen Kategorie, beginnend mit den physiologischen Grundlagen, zum Wunsch der Befriedigung der nächsten Kategorie. Sind also zum Beispiel der Großteil der Grundbedürfnisse gestillt, wächst der Wunsch der Sicherheitsbedürfnisse stärker an.

Erweiterung der Bedürfnispyramide

Kurz vor seinem Tod überarbeitete Maslow die Maslowsche Bedürfnispyramide noch einmal und fügte eine weitere Stufe über der Selbstverwirklichung hinzu, die sogenannte Transzendenz. Diese steht für Erfahrungen außerhalb der Sinneswahrnehmungen. Gemeint sind hier Themen wie Religion, Spiritualität, Erleuchtung, Göttlichkeit oder das Höhere Selbst. Außerdem kamen zwei weitere Kategorien hinzu, die über die Individualbedürfnisse eingegliedert wurden. Diese sind die kognitiven Bedürfnisse, die verantwortlich für Meinungsbildung, Erwartungen und Einstellungen sind und die ästhetischen Bedürfnisse. Diese behandeln Elemente wie Natur, Kunst, Musik, Aussehen. Die neuen Ergebnisse der Forschung wurden erst nach Maslows Tod veröffentlicht.

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Dynamische Darstellung statt starrer Pyramide

Die meisten Menschen kennt die Maslowsche Bedürfnispyramide, wie es der Name schon verrät, als starre Pyramide. In Wirklichkeit geht diese Darstellungsweise allerdings auf Charles McDermin oder Werner Corell zurück. Laut Maslow war dessen Grundidee also keine statische Darstellung, sondern vielmehr eine dynamische.

Maslows Menschenbild

Als modere psychologische Schule entwickelten sich die Psychoanalyse und der Behaviorismus, die von einem pessimistischen und negativen Menschenbild ausgingen. Maslow lehnte diese Ansichten ab und ging selber davon aus, dass der Mensch als „gut“ angesehen werden sollte. Anders als in den anderen Menschenbildern, in denen der Mensch auf Triebe und Reflexe reduziert wurde, war Abraham Maslow überzeugt, dass der Mensch durch ein angeborenes Wachstumspotential angetrieben wird, dessen höchstes Ziel die Selbstverwirklichung ist.

Entstehung der Theorie

Die erste Idee seines Modells wurde im Jahr 1943 unter dem Titel „A Theory of Human Motivation im Psychological Review“ veröffentlicht. Später reifte er die Idee in seinen Büchern „Motivation and Personality“ und „Farther Reaches of Human Nature“ weiter aus. Erkenntnisse die er zog, stammten hauptsächlich aus klinischen Erfahrungen. Seine erste Theorie hatte 5 Ebenen, später fügte er hier noch eine sechste hinzu. Bei seiner Forschung studierte Abraham Maslow ausgewählte Persönlichkeiten wie Albert Einstein, Eleanor Roosevelt oder Jane Addams. Diese waren meist bekannte und mental gesunde Persönlichkeiten. Ganz bewusst bezog er in seine Studie auch keine psychisch erkrankten oder labilen Personen ein. Gemeinsam mit Raskin und Freedman begann er eine 2 jährige Studie, in der lediglich das gesündeste Prozent der Studentenpopulation ausgewählt wurde. Diese musste später jedoch abgebrochen werden.

Da der Begriff „Selbstverwirklichung“ für viele sehr ungenau war, stellte Maslow außerdem eine Gruppe aus 60 Personen zusammen, von denen er behauptete, dass diese die Selbstverwirklichung erreicht haben. Großteils handelte es sich dabei um historische Persönlichkeiten der Zeitgeschichte, die demnach jedoch nur schwer zu Testzwecken herangezogen werden konnten.

Kritik an der Maslowschen Bedürfnispyramide

Wie bei beinahe jeder Theorie ist auch die Maslowsche Bedürfnispyramide nicht fehlerbefreit. Wie bereits erwähnt ist ein häufig kritisierter Punkt die Untersuchungsmethode, mit deren Hilfe Maslow seine Theorie aufstellte und belegte. Da er nur bekannte und mental stabile Persönlichkeiten in die Studie mit einbezog, ist diese laut Kritikerinnen und Kritikern unzureichend. Wie du allerdings vielleicht oben schon gelesen hast, bestätigt diesen Kritikpunkt auch Maslow selbst. Da Maslow die moderne Schule der Psychologie ablehnte, die von einem eher pessimistischen Grundbild des Menschen ausging, bezog er deren Motive auch nicht in seine Theorie mit ein. Als Resultat erntete er hierfür Kritik. Der Optimismus, den er dem Menschen zugrunde legt, sei laut Kritikerinnen und Kritikern nicht möglich zu bestätigen. Vielmehr kann nicht davon ausgegangen werden, dass Boshaftigkeit nicht ein grundlegender Bestandteil des menschlichen Charakters ist.

Ein weiterer Kritikpunkt, der oft genannt wird ist die statische Form der Pyramide, die auf den ersten Blick vermuten lässt, dass jede der „Stufen“ zu 100% befriedigt werden müssen, bevor der Mensch das nachstehende Bedürfnis anstrebt. Die Theorie erntet außerdem Kritik dafür, dass die Maslowsche Bedürfnispyramide ein westlich-industriell sozialisiertes Statusdenken und einen Individualismus voraussetzt. Dieser ist allerdings nicht automatisch auch so in anderen Kulturen gegeben. Oft sind Bedürfnisse wie Familie, Stammeszugehörigkeit, der Verbleib und die Aufnahme in Gruppen hier Voraussetzungen um die Grundbedürfnisse stillen zu können. Der Begriff „Gruppe“ oder „Gemeinschaft“ steht hier über dem Selbst und der Selbstverwirklichung. Die Menschen streben nicht danach, sich selber verwirklichen zu können sondern würden oft sogar ihr Leben für ihre Gemeinschaft geben, da man sich ohne sie als nicht lebensfähig sieht.

Obwohl sich der vorher genannte Punkt nur an andere Kulturen richtet, ist die Maslowsche Bedürfnispyramide allerdings auch nicht in allen westlichen Kulturkreisen anwendbar. Maslow selbst sagt, dass sich eines der Bedürfnisse, der Geschlechtsverkehr, nicht eindeutig in eine Kategorie einordnen lasse. Allerdings stellt sich bei genauer Betrachtung heraus, dass dies bei vielen der Bedürfnisklassen der Fall ist. Es ist oft nicht möglich, sie eindeutig voneinander abzugrenzen. Ein Beispiel ist Nahrung. Im einfachen Kontext betrachtet ist sie ein Grundbedürfnis, da der Mensch Nahrung zum Überleben benötigt. Betrachtet man sie aber zum Beispiel im sozialen Kontext, so ist Nahrung etwas, dass Menschen zusammenbringt. Beispiel hierfür ist ein regemäßiges gemeinsames Abendessen einer Familie. Hier ist die gemeinsame Nahrungseinnahme eher dem sozialen Kontext zuzuordnen. Außerdem ist auch die Wahl der Nahrung ausschlaggebend. Ein Steak ist somit zwar Nahrung, allerdings nicht als Grundbedürfnis anzusehen.

Ein weiterer Gedanke, den viele Kritikerinnen und Kritiker äußern ist der, dass Bedürfnisse auch substituiert werden können. Das bedeutet zum Beispiel, dass auf soziale Bedürfnisse verzichtet wird, um höhere Arbeitssicherheit zu erhalten.

Trotz all der Kritik hat Maslow eine Theorie entwickelt, die noch Jahre später immer wieder Anwendung findet und den Grundbaustein für viele weitere Motivationstheorien bildet.

Bedürfnisorientierte Prävention

Für die Arbeit von Präventionsexperten:-expertinnen ist es entscheidend, die Unterstützung der Führungskräfte zu gewinnen und die Beschäftigten zur Beteiligung zu motivieren. Was können wir als Präventionsexperten:-expertinnen tun, um besser auf Führungskräfte einzugehen und Beschäftigte optimal zu erreichen? Wenn wir uns mit psychologischem Fachwissen an deren tieferliegenden Bedürfnissen orientieren, dann fällt es uns viel leichter, Personen zu motivieren und an ihren tatsächlichen Interessen anzudocken.

Vor etwa 10 Jahren wurde eine Arbeitspsychologin von einem großen Unternehmen mit der Evaluierung psychischer Belastungen beauftragt. An der Projektplanung nahmen 21 Stakeholder:innen teil, darunter Vorstandsmitglieder, Arbeitsmediziner:innen, Sicherheitsvertrauenspersonen und Betriebsräte:-rätinnen. Die Herausforderung bestand darin, sich auf die Vorgehensweise für die Evaluierung zu einigen, da unterschiedlichste Vorstellungen auf dem Tisch lagen. Nach langer Diskussion einigte sich die Gruppe schließlich auf eine Online-Befragung. Der Rücklauf war jedoch extrem gering. Seitens der internen Projektleitung wurde vermutet, dass die Beschäftigten Anonymitätsbedenken hatten. Also wechselte man zu einer Papierbefragung mit verschlossenen Einwurfboxen - ohne Erfolg. In den folgenden Monaten stellte die Arbeitspsychologin mit dem Vorstand und dem internen Projektleiter regelmäßig Überlegungen an, wie dafür eine Lösung gefunden werden könnte. Aber es gelang nicht, die aktive Beteiligung in der Belegschaft zu erhöhen.

Auch jetzt, 10 Jahre später, bedauere ich immer noch, dass ich die wahren Bedürfnisse der anderen Stakeholder nicht ausreichend berücksichtigt habe. Heute weiß ich, dass das offizielle Commitment und die Unterstützung der Leitung allein nicht ausreichen. Bedürfnisorientierte Prävention bedeutet, die Motive der Stake­holder:innen zu erkennen und berücksichtigen. Das hat zur Folge, dass Beratung als hilfreich erlebt wird, Angebote angenommen und Präventionsmaßnahmen tatsächlich umgesetzt werden.

Ein Bedürfnis ist die Wahrnehmung eines Mangels verbunden mit dem Wunsch, diesen zu beheben. Dieses Bedürfnis kann grundlegend oder akut sein und wird manchmal synonym mit Motiv verwendet, was einen stabilen Antrieb für Verhaltensbereitschaft bedeutet. Es ist daher wichtig, sich bei Präventionsprojekten an den Bedürfnissen von Beschäftigten und Führungskräften zu orientieren, denn diese sind die Grundlage für Motivation.

Es gibt verschiedene psychologische Modelle über menschliche Grundbedürfnisse. Die Bedürfnispyramide nach Maslow ist dabei wohl das bekannteste Modell, jedoch ist die wissenschaftliche Evidenz dazu nicht ausreichend vorhanden. Vor allem die hierarchische Struktur können Sie getrost vergessen. Diese und weitere Bedürfnisse existieren nebeneinander und gleichzeitig.

In der Prävention arbeiten wir mit verschiedenen Stakeholdern:-holderinnen zusammen. Sie alle haben unterschiedliche Grundbedürfnisse, Persönlichkeiten, berufliche Rollen und damit einhergehend unterschiedliche Ziele und Interessen. Für eine erfolgreiche Präventionsarbeit ist es wichtig, diese unterschiedlichen Grundbedürfnisse zu erkennen und in der Projektorganisation und Kommunikation darauf einzugehen. Ich als Präventionsexperte:-expertin will mit meinem Fachwissen die Arbeitswelt verbessern.Der:Die Geschäftsführer:in will andere anführen und recht haben.Der Leitungsperson der Personalabteilung sind Strukturen und Regeln wichtig. In der Regel suchen wir uns unsere Rolle in der Arbeitswelt auch aus, um unsere Grundbedürfnisse gut zu erfüllen. Umgekehrt gehen mit unserer beruflichen Rolle auch Interessen und Ansprüche einher. Als Geschäftsführung eines Konzerns wollen Sie wahrscheinlich eine gewisse Macht ausstrahlen und autonom handeln können.

Soziale Dynamiken und Selbstwert

Soziale Dynamiken und soziale Lernerfahrungen: Wer behält oft das letzte Wort? Herrscht psychologische Sicherheit in der Gruppe? Welche Argumente sind in Diskussionen oft erfolgreich? Selbstwert-Erhaltung: Werde ich positiv wahrgenommen oder kritisiert? Wenn ja: von wem? Finde ich diese Person trotzdem sympathisch oder beeinträchtigt das unsere Zusammenarbeit? Bewusstsein und Wirkung: Bin ich mir meiner zugrunde liegenden Motive bewusst? Passt das zu meiner beruflichen Rolle?

In der Praxis erleben wir aber immer wieder das Kernproblem: Es kommen immer die gleichen Personen zu Workshops oder Gesundheitstagen, greifen in den Obstkorb und melden sich für Brandschutzübungen an. Wie erkennen Sie nun die Bedürfnisse derer, die sonst nicht oder eher widerwillig mitmachen? Stakeholder:innen haben alle unterschiedliche Grund­bedürfnisse, berufliche Rollen, Ziele und Interessen.

Aktives Zuhören und Beobachtung

Wir können keine Gedanken lesen. Daher ist es wichtig, genau zuzuhören und aufmerksam zu beobachten, wie unsere Gesprächspartner:innen agieren und reagieren. Dazu ein Beispiel - eine Besprechung mit einem Abteilungsleiter. Thema waren die psychischen Belastungen in seinem Team. Im Laufe des Gesprächs erwähnte er mehrfach, dass er frühzeitig Nachfolgeplanung betreibe, für sich selbst, aber aktuell auch für zwei ältere Beschäftigte. Sein Büro zeugte ebenfalls von Ordnung, auch elektronische Ablagesysteme kamen zur Sprache. Der Abteilungsleiter berichtete, dass er frühzeitig alle großen Projekte des Folgejahres plane und diese dann an seine Beschäftigten verteile. All das waren für mich Hinweise darauf, dass ihm Ordnung bei sich selbst und bei seinen Beschäftigten wichtig ist und er gerne „in Ruhe“ arbeitet.

Bei der Interpretation ist es wichtig zu bedenken, dass ein einzelnes Verhalten auf unterschiedliche Bedürfnisse zurückgeführt werden kann. Manchmal bestehen Menschen auf der strikten Einhaltung von vereinbarten Deadlines, weil ihnen Ordnung und Struktur extrem wichtig sind. Es kann jedoch auch sein, dass sich die Projektleitung dadurch Anerkennung vonseiten der Geschäftsführung sichern will. Gleichzeitig kann auch ein und dasselbe Bedürfnis auf unterschiedliche Arten gestillt werden. So kann etwa ein:e Mitarbeiter:in das Bedürfnis nach Anerkennung bei der Geschäftsleitung dadurch zu decken versuchen, dass er:sie viele Überstunden macht und dadurch von der - ebenfalls noch spät anwesenden - Geschäftsleitung lobende Worte erntet („Auch lang im Büro? Super!

Das macht es schwieriger, die Bedürfnisse von Gesprächspartnern:-partnerinnen zu erkennen. Menschen und ihre Psyche sind nun einmal nicht einfach. Betrachten Sie es als Herausforderung und verstehen Sie Ihre Interpretationen als ständig zu überprüfende Hypothese, die beim nächsten Gespräch mit einer Person schon wieder verworfen werden kann. Abb. Was machen wir jetzt mit der fundierten Vermutung darüber, was unserem Gegenüber wichtig ist? Wir passen unsere Vorgehensweise und auch unsere Kommunikation genau darauf an. Bei der Entwicklung der Maßnahmen habe ich darauf geachtet, dass diese gut strukturiert sind. Es bedurfte keiner langen Diskussionen, wissenschaftlichen Erklärungen und Auswahlmöglichkeiten. Für diese Empfehlung war er sehr dankbar und er erkundigte sich auch, ob er immer am Ende Lob aussprechen solle, weil er gehört habe, dass das motivierend sei. Abb.

Hören Sie genau zu und beobachten Sie Ihr Gegenüber aufmerksam. Selbst wenn Ihnen eine Vorgehensweise zunächst seltsam, ablehnend oder nicht hilfreich für die Prävention erscheint: Vielleicht entdecken Sie das zugrundeliegende Bedürfnis. Bleiben Sie dabei immer neugierig und gleichzeitig kritisch gegenüber Ihren eigenen Annahmen. In welchem Bereich können die Stakeholder:innen Dinge für andere entscheiden, das letzte Wort haben, die Initiative übernehmen und andere Personen anführen? Wie können die Stakeholder:innen ihre Leistung zeigen, also ihr Wissen und ihre Kompetenzen unter Beweis stellen? Wo müssen sie anspruchsvolle Aufgaben oder knifflige Probleme lösen? Wie können die Stakeholder:innen miteinander und mit Ihnen in Kontakt treten, informell und formell? Bedürfnisorientierte Prävention wird praxisnah erläutert. Die Autorin beschreibt, wie man Motive der Stakeholder:innen in Arbeitssicherheit und Gesundheitsmanagement durch aufmerksames Zuhören erkennt.

Die vier Formen der Motivation

Primäre Motivation: Hunger und Durst hat jeder Mensch. Außerdem braucht er Kleidung und Wärme. Im Vordergrund stehen bei der primären Motivation alle Dinge, die für sein Überleben wichtig sind.

Sekundäre Motivation: Die sekundäre Motivation kommt aus dem sozialen Umfeld heraus. Gesellschaftliche Anerkennung, Wunsch nach Sicherheit und Gemeinschaft stehen hier im Vordergrund.

Intrinsische Motivation: Bei der intrinsischen Motivation haben für den Menschen materielle Werte keinen Einfluss. Hier ist das Ziel, dass man sich selbst verwirklichen kann.

Extrinsische Motivation: Diese Art der Motivation ist gekennzeichnet von einem Drang nach Anerkennung. Sowohl von Seiten des Vorgesetzten als auch von Kollegen. Die größten Anreize bei der extrinsischen Motivation sind Einkommen, Besitz und Status.

Die Theorien X und Y

Aufbauend auf die vier Formen der Motivation wurden dann in den 1950er Jahren zwei Management-Modelle entwickelt. Für die Entwicklung verantwortlich zeigte sich der Sozialpsychologe Douglas McGregor. Die Theorien werden Theorie X und Theorie Y genannt. Basis für beide Theorien sind zwei unterschiedliche Bilder und Ansichten von Menschen.

Theorie X: Diese Theorie hat den Ausgangspunkt, dass in der Regel die meisten Mitarbeiter keine Verantwortung tragen wollen. Überdies sind sie eher unreif und arbeiten nicht sonderlich fleißig. Sie üben am liebsten Routinetätigkeiten aus. Für Vorgesetzte bedeutet dies, dass eine Bestrafung, eine Kontrolle oder eine Belohnung nur durch extrinsische Maßnahmen möglich sind. Diese Vorgesetzten legen in der Regel einen Führungsstil an den Tag, ganz nach dem Motto Zuckerbrot und Peitsche.

Theorie Y: Diese Theorie geht von der Annahme aus, dass für jeden Menschen die Arbeit einen hohen Stellenwert im Leben einnimmt. Eine hohe Leistungsbereitschaft und viel Ehrgeiz prägen diese Menschen. Jeder Erfolg im Beruf ruft eine hohe Befriedigung hervor. Führungskräfte nach dieser Theorie haben einen Führungsstil, der kooperativ und partizipativ ist. So wird Verantwortung delegiert und bei Mitarbeitern setzen sie auf Eigenkontrolle und Eigeninitiative.

Weitere wichtige psychische Bedürfnisse

  • Bindung: Jeder Mensch/Kind möchte sich sicher fühlen durch Zugehörigkeit, benötigt Liebe, Geborgenheit etc. Die ersten zwei bis drei Lebensjahre sind hier entscheidend, wie sich die Bindung vom Kind und Eltern entwickelt.
  • Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz: Wir alle haben das Bedürfnis uns als kompetent zu erfahren wenn wir handeln. Fühlen wir uns sicher in dem wie und was wir tun, weil wir einen guten Selbstwert haben, sind wir erfolgreicher im Tun und verfolgen Ziele. Wir wissen auch, dass wir bei Misserfolge trotzdem noch wertvoll sind.
  • Lustgewinn und Unlustvermeidung: Wir alle streben danach lustvolle Dinge zu tun und Unliebsames zu vermeiden. Doch im Laufe des Erwachsenwerdens müssen wir lernen, wenn wir Ziele erreichen wollen, dass wir auch mal Lustgefühle hinten an stellen müssen.
  • Kontrolle und Einfluss: Handlungen durchzuführen die für uns bedeutsam und wichtig sind, vs. fremdbestimmte Handlungen, kommen immer wieder mal in Konflikt miteinander. Wir möchten gerne Einfluss nehmen und proaktiv auf unser Leben, Handlungen und das was uns widerfährt, einwirken. Das Bedürfnis nach Kontrolle ist bei jedem unterschiedlich ausgeprägt.

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