Als Suizid oder fachsprachlich auch Suicidium (von lateinisch sui seiner [selbst] und caedere [er]schlagen, fällen, töten, morden) wird die vorsätzliche Beendigung des eigenen Lebens bezeichnet.
Weitere Synonyme dafür sind Selbstmord, Selbsttötung, Mors voluntaria oder Freitod.
Der psychische Zustand eines suizidgefährdeten Menschen wird als Suizidalität bezeichnet.
Der Suizid ist in Teilen der Gesellschaft ein Tabuthema, weshalb ein angemessener Umgang den beteiligten Personen besonders schwer fällt.
Der Suizid und seine Erscheinungsformen sind vor allem aus Tragödien bekannt.
Lesen Sie auch: Voraussetzungen für Reha
Somit sind heute relevante Suizidmethoden, wie der Suizid im Straßenverkehr und ein angemessener Umgang mit Suizidandrohungen häufig unbekannt.
Arten des Suizids
Suizid kann auf zwei Arten geschehen:
- entweder aktiv, indem man sich selbst Schaden zufügt (etwa durch tödliche Selbstverletzung oder die Einnahme von Gift),
- oder aber passiv, indem man nicht mehr für sich sorgt (wenn z. B. lebensnotwendige Medikamente, Nahrungsmittel oder Flüssigkeiten nicht (mehr) zu sich genommen werden).
Eine Suizidhandlung, die nicht direkt zum Tod führt, wird in der Fachsprache Suizidversuch oder Selbstmordversuch (lateinisch: Tentamen suicidii) genannt.
Suizidversuche sind sehr viel häufiger als vollendete Suizide.
Überlebende (z. B. durch Rettungsmaßnahmen nach vorzeitigem Auffinden) benötigen oft Intensivmedizin oder tragen bleibende Behinderungen wie etwa Hirnschäden davon.
Lesen Sie auch: Umfassende Inhalte zur Dualen Reihe Psychiatrie
Benennung
Suizid wurde in Gesellschaften und Epochen sehr unterschiedlich bewertet, was sich auch in der Sprache niederschlug.
Im Alltag wird meist der Begriff Selbstmord verwendet.
Das Wort Suizid wird vor allem in der wissenschaftlichen und der medizinischen Sprache verwendet.
Es gilt als sprachlich neutral; ebenso der Begriff Selbsttötung.
Dagegen kann Selbstmord unter Umständen als tabuisierend, stigmatisierend oder kriminalisierend aufgefasst werden.
Lesen Sie auch: Erholung auf Borkum
Freitod wird oft als heroisierend empfunden.
Die Bezeichnung Selbsttötung wird meist juristisch oder amtssprachlich verwendet und lässt den Unterschied zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit offen.
Selbstmord
Selbstmord ist die historisch älteste deutschsprachige Bezeichnung für einen Suizid.
Das vermeintlich wertende Wort ist keine eigentliche deutsche Wortschöpfung, sondern entstand als Lehnübersetzung des neulateinischen suicidium im 17. Jahrhundert.
Das Wort Selbstmörder erschien im 16. Jahrhundert, erstmals bei Martin Luther als sein selbs mörder (seiner selbst Mörder).
Die indogermanische Wurzel des Wortes Mord bedeutet aufgerieben werden, zerreiben (vgl. aus derselben Sprachwurzel mürbe und Schmerz).
Das Wort bedeutete ursprünglich Tod (vgl. das verwandte lateinische Wort mors für Tod).
Doch schon in altgermanischer Zeit hatte sich die Wortbedeutung bei vielen Stämmen verschoben und stand für absichtliche, heimliche Tötung.
1652 wurden durch John Donne die Begriffe self murder für den verwerflichen Selbstmord und self-homicide für den nicht von vornherein verwerflichen Suizid in der englischen Sprache etabliert.
Fritz Mauthner plädierte in seinem Wörterbuch der Philosophie (1923) dafür, den Begriff Selbstmord durch Freitod zu ersetzen: [Ich bin] geneigt, den neuen, nicht ganz einwandfrei gebildeten Ausdruck Freitod im D. W. noch nicht gebucht dem alten und an die Sprache des Strafrechts erinnernden Worte Selbstmord vorzuziehen.
[ ] Jean Paul konnte die Umformung Selbermord wagen; immer knüpft die Vorstellung an die des Verbrechens an, wie es denn im Französischen bis nach der Mitte des 18. Jahrhunderts homicie de soi-même hieß.
Freitod erinnert mich, wie Freitreppe, Freistatt, an etwas, das ins Freie führt, das Freiheit gewährt.
In den mit der Erscheinung befassten Wissenschaften wird der Begriff Selbstmord heute meist abgelehnt, da in ihm eine Beurteilung der Tat gesehen wird, die nach allgemeiner Ansicht vermieden werden soll.
Fred Dubitscher sagte, Selbstmord sei kein Mord im eigentlichen Sinn und kein Verbrechen.
Adrian Holderegger formulierte: Dieses Residuum eines religiösen Vorurteils und einer veralteten Rechtsauffassung hat in einem modernen Beurteilungsschema keinen Platz mehr.
Freitod
Die Bezeichnung Freitod geht davon aus, dass sich ein Mensch im Vollbewusstsein seines Geistes und selbstbestimmt tötet.
Der Begriff wurde Anfang des 20. Jahrhunderts aus Friedrich Nietzsches Vom freien Tode gebildet, einem Kapitel in seinem Werk Also sprach Zarathustra.
Wer einen freien Tod vorhat, soll nach Nietzsche zur rechten Zeit ein edles Sterben wählen: In eurem Sterben soll noch euer Geist und eure Tugend glühn, gleich einem Abendroth um die Erde: oder aber das Sterben ist euch schlecht gerathen.
Ein Beispiel für einen Freitod aufgrund philosophischer Erwägungen kann im Tod des Sokrates gesehen werden, der auf eine Flucht verzichtete, das richterliche Urteil mit Respekt vor den Gesetzen annahm und bis zuletzt mit seinen Freunden philosophisch diskutierte.
Auch Seneca, der bereits schwer krank gewesen war, nahm nach dem missglückten Anschlag auf Kaiser Nero sein Todesurteil im Geiste der Stoa als sittlich gleichgültiges Ding (Adiaphora) an und hat sich mit seinen Freunden mündlich und schriftlich ausführlich mit Sterben und Selbsttötung auseinandergesetzt.
Dabei kritisierte er jene Philosophen, die Suizid zur Sünde erklärten.
Der Philosoph Wilhelm Kamlah sprach von einem Entschluss zur Selbsttötung nach reiflicher Überlegung und aus innerer Ruhe und Freiheit heraus und bezeichnete es als ein Grundrecht.
Der Philosoph Ludger Lütkehaus plädiert ebenfalls dafür, die Freiheit zum Tode zu respektieren.
Aus psychiatrischer Sicht handelt es sich um eine Form der rationalen Bewältigung suizidaler Tendenzen, wie sie etwa der schwer traumatisierte Schriftsteller Jean Améry vorgenommen hatte.
Der Duden bezeichnet den Begriff als Hüllwort.
Assistierter Suizid und Tötung auf Verlangen
Wenn der Suizid mit Unterstützung durch eine andere Person vollzogen wird, spricht man je nach Tatherrschaft entweder vom assistierten Suizid oder in der Rechtssprache von Tötung auf Verlangen oder Beihilfe zum Suizid.
Solche Formen der Sterbehilfe werden international kontrovers diskutiert und juristisch unterschiedlich geregelt.
In der Geriatrie und Altenpflege wird eine Passive Sterbehilfe im Zusammenhang mit den Begriffen künstliche Ernährung bzw. Nahrungsverweigerung immer wieder thematisiert.
Ursachen
Die häufigste Ursache für einen Suizid bzw. Suizidversuch wird heute in diagnostizierbaren psychischen Erkrankungen gesehen.
Je nach Schätzung werden 90 % aller Suizide in westlichen Gesellschaften hierauf zurückgeführt.
Da die Diagnose häufig erst nach einem erfolgreichen Suizid als Verdachtsdiagnose gestellt wird, ist diese Einteilung zumindest fragwürdig, da zur Diagnose nur die Suizidhandlung an sich und die Beschreibungen von Angehörigen herangezogen werden können.
Letztere sind unter Umständen unvollständig oder fehlerhaft, oder es wird einzelnen Begebenheiten im Nachhinein eine unangemessene Bedeutung beigemessen (Recall Bias).
Andere Studien betrachten nur Patienten mit bereits bekannter psychiatrischer Krankheit und zeigen ebenfalls einen hohen Anteil von psychisch Kranken an den Suiziden, tendenziell wird dieser hier sogar unterschätzt, weil viele psychiatrische Erkrankungen nicht diagnostiziert werden.
Suizid kommt demnach vor allem bei Depressionen und manisch-depressiven Erkrankungen gehäuft vor.
Suchterkrankungen, Persönlichkeitsstörungen und chronische Schmerzen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, haben aber auch fließende Übergänge zur Depression.
Den Suizid auslösende Faktoren können dann zwar Lebenskrisen wie die Trennung vom Partner, Versagensängste oder der wirtschaftliche Ruin sein als alleiniger Hintergrund eines Suizids kommt dies aber nur in ca. 5 bis 10 % der Fälle vor.
tags: #Émile #Durkheim #psychosomatik