Die Psychotherapie ist eine Methode zur Behandlung und Diagnose psychischer und seelischer Erkrankungen. Dabei steht das Gespräch zwischen Patient und Therapeut im Vordergrund.
Das Erstgespräch
Zu Beginn jeder therapeutischen Arbeit steht das Erstgespräch. Hierbei geht es um ein gegenseitiges Kennenlernen. Im Erstgespräch legen wir gemeinsam die Rahmenbedingungen und mögliche Ziele für die therapeutische Arbeit fest.
Es macht einen Unterschied im Erstgespräch, ob Sie die/den Psychotherapeut:in erst kennen lernen wollen oder ob Sie sich schon sicher sind, zu dieser Psychotherapie zu gehen. Im ersten Fall geht es um das Finden bzw. Schaffen der grundsätzlichen Zusammenarbeit, im zweiten um das Aushandeln bzw. Besprechen ungeklärter Details. In beiden Fällen aber geht es darum, dass Klient:in und Psychotherapeut:in einander kennen lernen.
Wenn die/der Klient:in an eine Institution mit mehreren Psychotherapeut:innen überwiesen wird oder von sich aus herantritt, kann es sein, dass es sich erst über das Erstgespräch ergibt, bei welcher/welchem Psychotherapeut:in man schließlich landet.
Im Erstgespräch werden auch die Rahmenbedingungen für die Therapie besprochen. Wenn Ihnen der Therapeut in diesem Gespräch unsympathisch ist, oder das Vertrauen zu ihm fehlt, sollten Sie einen anderen Therapeuten aufsuchen.
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Zwei Ebenen sind hierbei wichtig:
- Erstens der Eindruck von der/dem Psychotherapeut:in, und hier zu aller erst, ob sie/er der/dem Klient:in sympathisch ist.
- Zweitens die Frage des Arbeitabkommens, die sachliche Übereinkunft betreffend wie z. B. Therapieziel, Höhe und Zahlungsmodus des Honorars, Regelung der Honorarfrage bei Krankheit oder Absage aus anderen Gründen, Häufigkeit der Treffen, angewandte Methode, Setting, Urlaub etc.
Beide Ebenen müssen für die/den Klient:in stimmen.
Diagnose und Therapieziele
Soll die Therapie fortgesetzt werden, muss der Therapeut eine Diagnose stellen. Ohne solch eine Diagnose übernehmen die Krankenkassen keine Kosten. Danach legt der Patient fest, welche Ziele er in der Therapie erreichen möchte.
Für die Diagnose orientieren sich die Therapeuten entweder am diagnostischen und statistischen Manual psychischer Störungen (DSM-V) oder an der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (derzeit ICD-10). Mithilfe von Fragebögen oder standardisierten Interviews, die sich an DSM-V oder ICD-10 orientieren, bestimmt der Therapeut, welche psychische Störung bei einem Patienten vorliegt.
Der Therapeut schätzt aufgrund der Diagnose und der individuellen Situation des Patienten ein, wie die psychische Störung verlaufen wird. Generell haben psychische Störungen eine bessere Prognose, wenn sie frühzeitig erkannt und behandelt werden. Liegen mehrere psychische Störungen gleichzeitig vor, wird die Behandlung meistens schwieriger.
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Viele psychische Störungen haben eine sogenannte hohe Komorbidität. Das bedeutet, dass neben der im Vordergrund stehenden psychischen Erkrankung gleichzeitig noch andere psychische oder körperliche Störungen bestehen. Die Psychotherapie ist nur dann erfolgreich, wenn diese ebenfalls erkannt und behandelt werden.
Ablauf einer Therapiesitzung
Die Psychotherapie selbst läuft bei jedem Menschen anders ab. Es gibt keinen einheitlichen Ablauf einer Psychotherapie, die Prozessgestaltung ist abhängig von der jeweiligen Methode. Erstgespräch und eine gemeinsame Therapievereinbarung sind jedoch feste Bestandteile (erheben von Beschwerden/Symptomen, Klärung gewisser biografischer Daten und gemeinsam festgelegter Ziele), gefolgt von einer Arbeitsphase, der Evaluierung und einem nach Möglichkeit gemeinsam vereinbarten Abschluss.
Das Kernstück der Gesprächstherapie ist das Gespräch zwischen Patient und Therapeut. Der Patient schildert seine Probleme und seine Sichtweisen. Der Therapeut ist bemüht, die Gefühle und Gedanken des Patienten möglichst genau zu verstehen.
Die klientenzentrierte Gesprächsführung basiert darauf, dass der Therapeut immer wieder die Aussagen des Patienten in seinen eigenen Worten zusammenfasst. Durch die Reflexion des Therapeuten gelangt der Patient zu einem besseren Verständnis seiner inneren Welt.
Was der Therapeut in einer Gesprächstherapie nicht macht, ist, dem Patienten Ratschläge oder Anweisungen zu erteilen. Er sagt dem Patienten also nicht, wie er sich verhalten soll, sondern hilft diesem vielmehr dabei, eine individuelle Antwort in sich selbst zu finden.
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Eine Sitzung bei einem Psychotherapeuten dauert normalerweise zwischen 25 und 90 Minuten, bei Einzeltherapien meist 50 Minuten. Die meisten Psychotherapien finden in einem wöchentlichen Rhythmus statt, aber auch das kann individuell festgelegt werden.
Verschiedene Therapieformen
Es gibt viele psychotherapeutische Methoden und deshalb nicht die eine Psychotherapie. Der Psychotherapeut gibt die Lösung für ein Problem nicht vor, viel mehr unterstützt er den Patienten bei der Suche nach einer Lösung.
Hier eine Übersicht über einige Therapieformen:
- Tiefenpsychologisch-psychodynamische Methoden: Bauen auf der Annahme auf, dass psychische Erkrankungen auf unbewusste Impulse und Konflikte aus der Kindheit zurückzuführen sind. In der Psychotherapie werden diese bewusst gemacht und aufgearbeitet, z.B. in der Psychoanalyse.
- Verhaltenstherapie: Verhaltenstherapie setzt beim Verhalten und Handeln des Patienten an. Das Ziel der Verhaltenstherapie ist es unter anderem, Sie als Klient:in zur Expertin/zum Experten der eigenen Problemfelder zu machen.
- Systemische Methoden: Setzen bei krankmachenden Kommunikationsformen innerhalb von Systemen, z.B. einer Familie (Systemische Familientherapie) an.
- Humanistisch-existenzielle Methoden: Sie bauen auf dem Wunsch nach Selbstverwirklichung auf. Ein Beispiel ist die Integrative Therapie, z.B. zur Behandlung von Neurosen oder Süchten.
Gesprächstherapie
Die Gesprächstherapie - auch Gesprächspsychotherapie, klientenzentrierte, personenzentrierte oder non-direktive Psychotherapie genannt - wurde Mitte des 20. Jahrhunderts vom Psychologen Carl R. Rogers begründet. Sie gehört zu den sogenannten humanistischen Therapien. Diese gehen davon aus, dass der Mensch sich ständig weiterentwickeln und wachsen will. Der Therapeut unterstützt diese sogenannte Aktualisierungstendenz, indem er dem Patienten hilft, sich selbst zu verwirklichen.
Im Gegensatz zu anderen Therapieformen konzentriert sich die Gesprächstherapie nicht auf die Probleme des Patienten, sondern auf dessen Entwicklungspotenzial im Hier und Jetzt.
Laut dem Konzept der Gesprächstherapie entstehen psychische Störungen dann, wenn jemand Probleme hat, sich selbst zu akzeptieren und wertzuschätzen. Der Betroffene sieht sich also verzerrt und nicht so, wie er oder sie wirklich ist. Beispielsweise sieht sich die Person als mutig, schreckt aber vor Herausforderungen zurück. Daraus entsteht eine Inkongruenz - eine Nichtübereinstimmung. Das bedeutet, dass der Patient ein Bild von sich hat, das nicht mit seinen Erfahrungen übereinstimmt. Diese Unstimmigkeit erzeugt Angst und Schmerz. An dieser These für die Entstehung psychischer Störungen setzt die Gesprächstherapie an.
Bedingungen für eine Gesprächstherapie
Carl R. Rogers hat für die Gesprächstherapie sechs entscheidende Bedingungen aufgestellt:
- Es ist notwendig für die Interaktion, dass ein Kontakt zwischen Therapeut und Patient besteht.
- Der Patient befindet sich in einem inkongruenten Zustand, der ihm Angst bereitet und ihn verletzlich macht.
- Der Therapeut ist in einem kongruenten Zustand. Das bedeutet, dass er gegenüber dem Patienten wahrhaftig ist und sich nicht verstellt.
- Der Therapeut akzeptiert den Patienten bedingungslos.
- Der Therapeut fühlt sich in den Patienten hinein, ohne sich in dessen Gefühlen zu verlieren.
- Der Patient nimmt den Therapeuten als einfühlend wahr und fühlt sich bedingungslos akzeptiert und wertgeschätzt.
Die Gesprächstherapie wird erfolgreich bei der Behandlung psychischer Störungen angewandt. Häufig handelt es sich um Angst- oder Zwangsstörungen, Depression oder Abhängigkeitsstörungen.
Wie in den oben genannten Bedingungen für eine Gesprächstherapie angeführt, eignet sich dieses psychotherapeutische Verfahren nur dann, wenn eine Person eine Unstimmigkeit (Inkongruenz) zwischen ihrem Selbstbild und ihren Erfahrungen wahrnimmt. Zudem sollte man eine gewisse Bereitschaft mitbringen, sich selbst genauer zu erforschen.
Bei psychotischen Symptomen sowie manchen Persönlichkeitsstörungen ist die Gesprächstherapie ungeeignet, weil die Betroffenen keine Problemeinsicht haben. Die Gesprächstherapie ist auch dann nicht zu empfehlen, wenn die Person Schwierigkeiten hat, sich sprachlich auszudrücken oder über sich selbst zu reflektieren.
In den ersten Probesitzungen kann der Patient herausfinden, ob ihm diese Art der Therapie zusagt. Zudem achtet der Therapeut auf die oben genannten Bedingungen und meldet dem Patienten zurück, ob die Gesprächstherapie für ihn geeignet ist oder nicht.
Ende der Therapie
Das Ende einer Psychotherapie zeichnet sich ab, wenn das vereinbarte Therapieziel erfüllt wurde oder wenn erkannt wird, dass das Therapieziel nicht erreicht werden kann.
Um das Beenden der Therapie zu erleichtern, kann der Therapeut die Abstände zwischen den Sitzungen allmählich vergrößern - die Therapie wird "ausgeschlichen", damit sich der Patient daran gewöhnt, ohne die Gesprächstherapie im Alltag zurechtzukommen.
Wenn Sie nach einer Psychotherapie merken, dass Ihre Probleme zurückkehren, kontaktieren Sie umgehend Ihren Therapeuten.
Da eine Psychotherapie auf Freiwilligkeit basiert, kann sie natürlich jederzeit beendet werden.
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