Psychologische Auswirkungen von Wasserschäden

Extremwetterereignisse belasten die mentale Gesundheit. Sie ist eine stille, eine vielfach übersehene Folge der Klimakrise: die Bedrohung der psychischen Gesundheit. Die stärksten Gesundheitsfolgen des Klimawandels sind in Österreich durch Hitze zu erwarten, gefolgt von Pollen und damit zusammenhängenden Allergien, Niederschlägen und Stürmen sowie durch Infektionskrankheiten, die von sich neu ansiedelnden Mücken übertragen werden.

Entsprechend licht erweist sich die Forschungslage in Österreich, doch der Bedarf an Studien zu den langfristigen psychischen Folgen der Erderwärmung ist groß. Darauf weist die Psychotherapieforscherin Henriette Löffler-Stastka von der Med-Uni Wien hin. Die Psychoanalytikerin und Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin versteht den Klimawandel als eine „chronische Veränderungskrise“: „Das spüren wir, und darauf müssen wir uns psychisch einstellen.“ Mit einem Mal tun sich etwa neue Grenzen auf, wenn bestimmte Güter nicht mehr leistbar sind oder die Lebensqualität auf andere Art und Weise eingeschränkt wird. „Für die Auseinandersetzung mit den Folgen, die auch die Verarbeitung von Schuld, Trauer oder Schäden beinhaltet, benötigt man manchmal Hilfestellung.“

Auswirkungen von Extremwetterereignissen auf die Psyche

Überschwemmungen, Muren, Stürme und Waldbrände führen hierzulande zahlenmäßig noch zu geringeren körperlichen Schäden als Hitze. Löffler-Stastka weist jedoch darauf hin, dass auch die damit verbundenen - manchmal sogar wiederholten - materiellen Schäden und Verluste zu psychischen Traumata führen können. „Wenn jemand sein Haus oder seine Heimat verliert, ist das eine akute Krise, die uns körperlich über die Cortisol-Stressachse in den psychischen Funktionen beeinflusst“, sagt die Ärztin. „Und auch Angst spürt man körperlich durch Herzrasen, Zittern und Atemnot. Dazu kommen die Emotionen bei der Vorstellung eines Bedrohungsszenarios.“

Aus anderen Ländern - unter anderem USA, Australien, Taiwan, Italien, China und Nicaragua - gibt es bereits Studien zur Auswirkung des Klimawandels auf die psychische Verfassung, die auch für Österreich plausibel erscheint. Eine Metaanalyse zeigte etwa, dass zwischen 6,9 und 39,9 Prozent der Menschen, die eine wetterbedingte Katastrophe erlebt haben, psychische Symptome aufwiesen (z. B. Angststörung, Phobie, Depression oder Alkoholismus). Nach dem Hurrikan Katrina (USA) litt knapp ein Drittel der 1043 Befragten aus der Gegend New Orleans an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).

Eine andere zusammenfassende Untersuchung mit Fokus auf Studien zu Opfern von Überschwemmungen (n=40.600) ergab, dass bei 16 Prozent der Betroffenen ein halbes Jahr nach dem Ereignis eine PTBS festgestellt werden konnte. Aber: Institutionelle Unterstützung (Staat, Versicherungen) und gesellschaftlicher Zusammenhalt beeinflussen die psychischen Folgen von Extremwetterereignissen.

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Einzelne Untersuchungen legen darüber hinaus die Vermutung nahe, dass Naturkatastrophen zu Aggression und Verhaltensproblemen bei Kindern führen. Nicht zuletzt können sich traumatische Erfahrungen auf die Bindungssicherheit auswirken, was eine gesunde psychische Entwicklung stört. Mögliche Folgen sind panische Angst, desorganisiertes Verhalten, Klammern, Weglaufen oder psychosomatische Symptome.

Schon die Ohnmacht angesichts einer vermeintlich unentrinnbaren Klimakatastrophe und die ständige Konfrontation damit können psychische Erkrankungen wie Angststörung oder Depression begünstigen.

Eigenverantwortung und Risikobewusstsein

Auch die Österreichische Strategie zur Anpassung an den Klimawandel beschreibt die Dringlichkeit eines Aufbaus bzw. der Bildung eines Gefahren- und Risikobewusstseins und der Eigenverantwortung in der Bevölkerung im Umgang mit dem Risiko durch Naturgefahren. Zwar hat sich der Staat der Daseins-Vorsorge angenommen, jedoch kann dieser im Rahmen seiner Möglichkeiten keine absolute Sicherheit vor Naturgefahren wie Hochwässer gewährleisten. Daher hat das Prinzip Eigenverantwortlichkeit für die eigene Sicherheit einen sehr hohen Stellenwert im Umgang mit Naturgefahren. Dies schließt das Gefahrenbewusstsein, die Wahrnehmung und Akzeptanz von Risiken sowie einen verantwortungsvollen Umgang mit diesen Gefahren ein.

Beratungsangebote und Schutzmaßnahmen

In Österreich ist bereits ein breites Angebot an entsprechenden Informationen vorhanden. Mögliche Betroffene erhalten beispielsweise durch Kartendarstellungen wie Hochwassergefahrenkarten, Gefahrenzonenpläne, Risiko-, und Restrisikountersuchungen Informationen zur Vorsorge bei der Planung, dem Gebäudeschutz sowie der Verhaltensvorsorge. Darüber hinaus stellen ausgewählte kleinere und größere Unternehmen wie Bau- und Lagerhäuser, Versicherungsunternehmen etc. Fach- und Informationsberater zur Verfügung.

Einige Firmen haben sich auf ein breites Angebot von hochwassergefährdeten Elementen spezialisiert und bieten fundiertes Fachwissen sowie Schutzsysteme für alle Einsatzbereiche - von Fenstern, Türen bis zu Garagentoren - an, um auch einzelne Objekte vor Hochwasser schützen zu können.

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Mittlerweile haben sich auch einige Städte wie zum Beispiel Steyr in OÖ, die regelmäßig von Hochwässern heimgesucht werden, intensiv mit der Thematik Hochwasser auseinandergesetzt. Privatpersonen, deren Bauten im Hochwasserabflussbereich von öffentlichen Gewässern situiert sind, erhalten eine Förderung für das Anbringen von Hochwasser-Schutzsystemen. Des Weiteren hat die Stadt Steyr eine Liste mit Anbietern von Schutzsystemen auf ihrer Homepage veröffentlicht.

Psychologische Folgen von Einbrüchen

Finanzielle Verluste nach einem Einbruch kann man ersetzen. Das ist die Aufgabe der Versicherungsunternehmen. Viel schwerwiegender sind jedoch psychologische Folgen eines Einbruchs. Viele traumatisiert ein Einbruch auf Monate oder Jahre. Im Zusammenhang mit Einbruchdiebstahl kommen allen voran die statistischen Daten wie Häufigkeit der Einbrüche und finanzielle Verluste oder die fehlenden Sicherheitseinrichtungen zur Sprache. Viel zu wenig aufgezeigt werden psychologische Folgen eines Einbruchs auf die Betroffenenen. Dabei können diese zum Teil gravierend sein: So zeigte eine Umfrage des Kuratoriums für Verkehrssicherheit aus dem Jahre 2011, dass sich 86 Prozent der Einbruchsopfer unmittelbar nach dem Einbruch in ihren vier Wänden nicht mehr sicher gefühlt haben. Die Opfer haben Angst erneut Opfer eines Einbruchs zu werden. Außerdem reagieren sie überempfindlich gegenüber Geräuschen, können nicht mehr alleine im Haus bleiben und entwickeln Schlafstörungen.

Andere Studien sprechen auch von Kopfschmerzen, Herz-Kreislaufstörungen oder Magen-Darm-Beschwerden als weitere körperliche Folgeerscheinungen. Ein Einbruch wird von den Opfern als Eindringen in die Privatsphäre, in den eigenen geschützten Raum verstanden. Wurden persönliche Dinge durchwühlt oder sogar persönliche Gegenstände entwendet, wirken sich Gefühle der Angst und der Unsicherheit besonders stark auf die Psyche aus. Das Erlebte kann zur traumatischen Belastung werden, die mitunter nur durch professionelle Hilfe bewältigt werden kann.

Umgang mit der aktuellen Hochwassersituation

Die massiven Regenfälle haben zu zahlreichen Feuerwehreinsätzen, Evakuierungen und verheerenden Überschwemmungen geführt. Tausende Menschen sind unmittelbar vom Hochwasser betroffen und die psychischen Belastungen sind enorm. Insbesondere mussten Familien ihr Zuhause verlassen, viele Häuser und Keller stehen unter Wasser. Für die Betroffenen ist das ein großer Schock - auch wenn die Regenmengen angekündigt waren und einige Vorbereitungen getroffen wurden, war das tatsächliche Ausmaß kaum vorhersehbar.

Neben den materiellen Schäden, finanziellen und existenziellen Sorgen belastet die Situation die Betroffenen auch psychisch enorm. "Man hat das sprichwörtliche Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren", sagt Psychotherapeutin Sonja Staunig vom Hilfswerk Kärnten. "Bei vielen Menschen war das Zuhause - der Ort, der Sicherheit und Schutz bietet - zerstört. Durch die Muren und Evakuierungen konnten einige nicht mehr in ihre Wohnungen zurückkehren, manche sogar bis heute. In solchen Momenten ist es wichtig, durch Gespräche Stabilität zu schaffen", erzählt sie.

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Viele Menschen sind in dieser Ausnahmesituation ununterbrochen beschäftigt, sei es mit dem Auspumpen der Keller oder mit dem Versuch, das Haus abzudichten. Dabei vergessen sie oft, zu essen, zu trinken oder Pausen einzulegen. Diese Grundbedürfnisse dürfen jedoch nicht vernachlässigt werden. Man versucht in der Situation sich zusammenzureißen und alles zu geben. Der Verlust des Zuhauses und die Kosten für die Wiederherstellung bringen viele an den Rand ihrer Kräfte. Existenzängste verstärken den emotionalen Druck.

Aber auch in der Akutsituation braucht es Pausen, um dem Körper und der Psyche Erholung zu geben. Gespräche mit Krisenpsychologen und Psychotherapeuten können Betroffenen Sicherheit und Halt geben. Meistens werden diese Angebote erst genutzt, wenn die akute Krise etwas nachgelassen hat. Meistens ist das Bedürfnis da, das Passierte zu erzählen. Es hilft, das Geschehene noch einmal auszusprechen und zu ordnen.

Wie mit Kindern darüber sprechen?

Ein häufiges Thema in den Gesprächen sei der Umgang mit Kindern in einer betroffenen Familien. "Wichtig ist, einen ruhigen Ort zu schaffen, wo die Familie gemeinsam über das Erlebte sprechen kann. Wenn Stress und finanzielle Sorgen die Familie belasten, können psychologische Gespräche dazu beitragen, zur Ruhe zu kommen." Selbst einfache Dinge, wie sich für fünf Minuten hinzusetzen und tief durchzuatmen, können sehr wirkungsvoll sein.

Im Gespräch mit Kindern braucht es altersgerechte Erklärungen. Dabei sollte man offen und ehrlich sein, aber ohne unnötige Details oder Ängste zu schüren. Kinder merken oft, wenn etwas verschwiegen wird, und das kann ihre Unsicherheit verstärken. Wenn man etwas nicht weiß, sollte man das zugeben und versuchen, gemeinsam eine Antwort zu finden. Eltern sollten Sicherheit vermitteln, etwa indem sie betonen, dass es viele Menschen gibt, die jetzt helfen, wie die Feuerwehr, Nachbarn oder Behörden. Zudem sollten Gefühle ernst genommen werden und soweit möglich, Normalität aufrechterhalten.

Langfristige Auswirkungen auf die Psyche

Manchmal wird den Betroffenen erst im Nachhinein bewusst, wie stark sie belastet sind. "Solche Katastrophen können auch alte, bereits überwundene psychische Probleme wieder auslösen. Wer in der Vergangenheit bereits etwas Ähnliches erlebt hat, kann durch den Verlust des sicheren Raumes erneut in Ängste verfallen", so Staunig. Sie betont, wie wichtig es ist, sich rechtzeitig Hilfe zu holen, wenn man merkt, dass man allein nicht weiterkommt.

Staunig: "Der große Unterschied zwischen Gesprächen mit Angehörigen und denen mit Psychologen oder Psychotherapeuten ist, dass Angehörige emotional oft selbst betroffen sind. Therapeuten können dagegen eine professionelle Distanz wahren. Viele Menschen möchten ihre Angehörigen nicht zusätzlich belasten, besonders wenn es ihnen selbst schlecht geht. Ein externer, professioneller Gesprächspartner ist hingegen speziell dafür da, zuzuhören und Unterstützung zu bieten."

Die psychischen Folgen von Naturkatastrophen wie Hochwasser reichen oft weit über den Moment hinaus. Auch Monate nach dem Ereignis können Symptome wie Schlafstörungen, Angstzustände oder das Wiedererleben traumatischer Momente auftreten.

Psychische Auswirkungen von wetterbedingten Katastrophen
Symptom Prozentualer Anteil der Betroffenen (ungefähre Werte)
Angststörung 6,9 - 39,9 %
Phobie 6,9 - 39,9 %
Depression 6,9 - 39,9 %
Alkoholismus 6,9 - 39,9 %
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) 16 - 33 % (je nach Ereignis)

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